Martin Opitz

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Martin Opitz, Porträt von Bartholomäus Strobel
Nobiliss. Excell. Dn. Martinus Opitius, Regiae Maiestatis Poloniae a Consiliis et Secretis, omnium Europae Poetarum Facile Princeps
Titelkupfer der Weltlichen Poemata in der Ausgabe von 1644
Grab von Martin Opitz in der Danziger Marienkirche

Martin Opitz (1628 nobilitiert mit Namensmehrung zu Opitz von Boberfeld; * 23. Dezember 1597 in Bunzlau, Herzogtum Schweidnitz-Jauer; † 20. August 1639 in Danzig) war der Begründer der Schlesischen Dichterschule, deutscher Dichter und ein bedeutender Theoretiker des Barock.

Leben und Werk

Opitz war der Sohn des Metzgers Sebastian Opitz und dessen erster Ehefrau Martha Rothmann. Er besuchte ab 1605 die Lateinschule seiner Vaterstadt und wechselte 1614 auf das Maria-Magdalenen-Gymnasium zu Breslau. Mit 20 Jahren immatrikulierte er sich 1617 am akademischen Gymnasium zu Beuthen an der Oder. Nachdem er 1618 einige Zeit als Hauslehrer in der Familie von Tobias Scultetus in Frankfurt (Oder) tätig war, wechselte er am 17. Juni 1619 an die Universität nach Heidelberg, wo er Philosophie und Jura studierte und mit Georg Michael Lingelsheim, Jan Gruter, Caspar von Barth, Julius Wilhelm Zincgref und Balthasar Venator in Kontakt kam.

Der kurpfälzische Geheimrat Lingelsheim stellte Opitz als Hauslehrer für seine Söhne an. Als ihn der Krieg in Heidelberg einholte, ging Opitz 1620 als Hauslehrer in die Niederlande. An der Universität Leiden schloss er Freundschaft mit Daniel Heinsius, dessen Lobgesang Jesu Christi er bereits in Heidelberg übersetzt hatte. Ein Jahr später ging Opitz nach Jütland, wo sein erst 13 Jahre später veröffentlichtes Werk Trostgedichte in Widerwärtigkeit des Kriegs entstand. Bald schon nahm er die Einladung des Fürsten Gábor Bethlen an und zog nach Weißenburg in Siebenbürgen, um am Akademischen Gymnasium Philosophie und schöne Wissenschaften zu lehren.

Er verfasste hier unter anderem das Gedicht Zlatna (Name eines anmutig gelegenen Fleckens in Siebenbürgen) und begann ein nie vollendetes großes Werk über die Altertümer Dakiens (Dacia antiqua). Von Heimweh getrieben, kehrte er 1623 nach Schlesien zurück. Schon ein Jahr später avancierte er zum Rat am Hof zu Breslau bei Herzog Georg Rudolf von Liegnitz.

1624 veröffentlichte Opitz sein Hauptwerk, das Buch von der Deutschen Poeterey. Hierin beschreibt er Regeln und Grundsätze einer neu zu begründenden hochdeutschen Dichtkunst, die sich nicht an den überlieferten antiken Versmaßen ausrichten, sondern vielmehr eine eigene, der deutschen Sprache gemäße metrische Form finden solle:

Nachmals ist auch ein jeder vers entweder ein jambicus oder trochaicus; nicht zwar das wir auf art der griechen und lateiner eine gewisse groesse der silben koennen in acht nemen; sondern das wir aus den accenten und dem thone erkennen / welche silbe hoch und welche niedrig gesetzt soll werden. Ein Jambus ist dieser: 'Erhalt vns Herr bey deinem wort.' Der folgende ein Trocheus: 'Mitten wir im leben sind.' Dann in dem ersten verse die erste silbe niedrig / die andere hoch / die dritte niedrig / die vierte hoch / und so fortan / in dem anderen verse die erste silbe hoch / die andere niedrig / die dritte hoch / etc. außgesprochen werden. Wie wohl nun meines wissens noch niemand / ich auch vor der zeit selber nicht / dieses genawe in acht genommen / scheinet es doch so hoch von noethen zue sein / als hoch von noethen ist / das die Lateiner nach den quantitatibus oder groessen der sylben jhre verse richten vnd reguliren.

Opitz wies darin auch der Echolyrik den Weg in die deutschsprachige Literatur; sein Gedicht Echo oder Widerschall wurde zum am häufigsten rezipierten Echogedicht des Barock. Anlässlich eines Besuchs in Wien verfasste Opitz 1625 ein Trauergedicht auf den Tod des Erzherzogs Karl. Dafür wurde er vom Kaiser Ferdinand II. eigenhändig zum Poeta Laureatus gekrönt und am 14. September 1628 als Opitz von Boberfeld in den Adelsstand erhoben. Opitz selbst machte jedoch zeit seines Lebens keinen Gebrauch von dieser Auszeichnung.

Um seine Anerkennung als Dichter voranzubringen, versuchte Opitz durch Vermittlung seines Freundes August Buchner in der in Köthen ansässigen Fruchtbringenden Gesellschaft Mitglied zu werden. Diesem Ansinnen begegnete man dort jedoch mit Zurückhaltung. Besonders Tobias Hübner, der die Versform der Alexandriner bevorzugte, war ein entschiedener Gegner von Opitz. Problematisch erschien ferner, dass Opitz, obwohl selbst Protestant, 1626 zum Sekretär des Grafen Karl Hannibal von Dohna ernannt worden war, des Führers der schlesischen Gegenreformation, der durch seine Protestantenverfolgungen berüchtigt war. Erst 1629 nahm Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen Opitz in die Fruchtbringende Gesellschaft auf. Besonders Diederich von dem Werder und Friedrich von Schilling hatten sich vehement für Opitz eingesetzt. Bei der Aufnahme verlieh ihm der Fürst den Gesellschaftsnamen der Gekrönte und das Motto mit Diesem. Als Emblem wurde ihm ein Lorbeerbaum mit breiten Blättern (Laurus nobilis L.) zugedacht.

1630 reiste er im Auftrag des Grafen Dohna nach Paris. Dort lernte Opitz Hugo Grotius kennen, dessen Über die Wahrheit der christlichen Religion er in deutsche Verse übertrug. 1632 trat er nach der Vertreibung der Dohnas aus Schlesien in den Dienst der schlesischen protestantischen Herzöge. Nach dem am 22. Februar 1633 erfolgten Ableben des Grafen Dohna wechselte Opitz im Folgejahr zu seinem alten Gönner, dem Herzog Georg Rudolf von Brieg und begleitete diesen nach dem Frieden von Prag auf dessen Flucht nach Thorn (Toruń). Opitz selbst ließ sich in Danzig nieder. Er war schwedischer Agent. 1636 trat er in den Dienst von König Władysław IV. Wasa von Polen, der ihn zum Sekretär und polnischen Hofhistoriographen ernannte. In dieser Eigenschaft begann Opitz das Studium der sarmatischen Altertümer, beschäftigte sich daneben mit altdeutscher Poesie und veröffentlichte 1639 das „Annolied“ mit einem lateinischen Kommentar im Druck. Die Handschrift ist verloren.

Opitz ließ in Breslau bei David Müller und in Danzig bei Andreas Huenefeld drucken. In Danzig widmete er seine „Geistigen Poemata“ der Gräfin Sibylle Margarethe Dönhoff, welche soeben den Grafen Gerhard Dönhoff geheiratet hatte. Sie war die Tochter des Herzogs Johann Christian von Liegnitz und Brieg, in dessen Diensten Opitz von 1633 bis 1636 stand.

Am 20. August 1639 starb Martin Opitz im Alter von 41 Jahren infolge einer in Danzig wütenden Pestseuche. Seine Grabstätte befindet sich in der Danziger Marienkirche. |

Bedeutung

Opitz wurde von seinen Anhängern Vater und Wiederhersteller der Dichtkunst genannt. Er verfolgte das Ziel, die deutsche Dichtung auf Basis von Humanismus und antiken Formen zu einem Kunstgegenstand höchsten Ranges zu erheben, und es gelang ihm, eine neue Art der Poetik zu schaffen.

Mit seinen Betrachtungen über Sprache, Stil und Verskunst gab Opitz der deutschen Poesie eine formale Grundlage. Dabei stellte er verschiedene Gesetze auf, welche über ein Jahrhundert hinaus als Richtlinie und Maßstab aller deutschen Poesie galten:

Zu Opitz' ästhetischen Grundsätzen gehörte das Horaz-Prinzip, dass die Poesie, indem sie ergötze, zugleich nützen und belehren müsse (siehe auch Regeldrama). Er verlangte auch, dass die Dichtung eine lebendige Malerei sei. Der ernsthaften Dichtung gab Opitz die Gegenüberstellung von Vergänglichem und Ewigem als zentrales Thema vor. In späteren Jahrhunderten sind Opitz' Regeln als Beengung des dichterischen Vermögens und der seelischen Schöpferkraft heftig kritisiert worden.

Für den Komponisten Heinrich Schütz schrieb Martin Opitz das Libretto der Tragicomoedia Dafne, die als erste deutsche Oper gilt. Die Uraufführung fand 1627 in Torgau statt; die Musik ist verschollen.

Deutung

Die germanistische Forschung hat sich lange Zeit auf eine Deutung Opitz' als des genialen „Schöpfers“ der deutschen Dichtersprache kapriziert. Das Buch von der Deutschen Poeterey bietet im Wesentlichen eine Reproduktion der humanistischen Poetik Scaligers. Dennoch war Opitz' Übertragung dieser lateinischen Dichtungslehre ins Deutsche sehr wirkungsvoll. In der Opitznachfolge entstanden weitere bedeutende Lehrbücher der Poesie, u.a. von August Buchner, Georg Philipp Harsdörffer und Sigmund von Birken. Es gibt eine Unzahl von Editionen, Auflagen und Kommentaren der Poeterey, ein Ende ist nicht abzusehen. Was jedoch immer gleich bleibt, ist die Wiederholung der Bedeutung, die Opitz für die Verslehre hatte. Eine originelle Deutung der Reform von Opitz mit seiner starken Betonung des Alternierens von Hebung und Senkung versucht Nicola Kaminski, wenn sie die poetische Reform als Reaktion auf die Militärreform von Moritz von Oranien interpretiert.

Ehrung

Der Bildhauer Hermann Michaelis schuf eine Büste Martin Opitz', die in Bunzlau aufgestellt wurde. Am 30. September 2012 wurde eine neue Büste des Bildhauers Boguslaw Nowak in Bunzlau enthüllt.[1]

Werkausgaben

  • Gesammelte Werke, Kritische Ausgabe, hrsg. George Schulz-Behrend, Bd. 1 ff. Stuttgart: Hiersemann 1968 ff. (Bibliothek des Literarischen Vereins Stuttgart, Bd. 295 ff.). – Enthält die deutschsprachigen Werke bis 1630 (mehr nicht erschienen)
  • Briefwechsel und Lebenszeugnisse. Kritische Edition mit Übersetzungen. Hrsg. von Klaus Conermann. 3 Bände. Berlin und New York: de Gruyter 2009.
  • Lateinische Werke, hrsg., übersetzt und kommentiert von Veronika Marschall, Robert Seidel, 3 Bde. Berlin, New York: de Gruyter 2009–2015.

Literatur

Bibliografien

  • [Artikel] Martin Opitz. In: Gerhard Dünnhaupt: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock, Bd. 4. Hiersemann, Stuttgart 1991, ISBN 3-7772-9122-6, S. 3005–3074 [Werk- und Literaturverzeichnis].

Übersichten

Einführungen

Studien zu speziellen Aspekten

  • Erwin Fuhrmann: Augustinus Iskra Silesius, ein unbekannter Verehrer von Martin Opitz. In: Schlesische Geschichtsblätter 1912, S. 32–34.
  • Richard Alewyn: Vorbarocker Klassizismus und griechische Tragödie: Analyse der "Antigone"-Übersetzung des Martin Opitz. Darmstadt 1962 (Ndr. d. Ausg. Heidelberg 1926).
  • Janis Little Gellinek: Die weltliche Lyrik des Martin Opitz. Bern 1973 (urspr. Diss. Yale 1965).
  • Franz Heiduk: Augustinus Iskra Silesius. Neue Daten zu Leben und Werk eines wenig bekannten Opitz-Verehrers. In: Daphnis 4 (1975), S. 187–189.
  • Rudolf Drux: Martin Opitz und sein poetisches Regelsystem. Bonn 1976.
  • Ulrich Seelbach: Mittelalterliche Literatur in der Frühen Neuzeit. In: Chloe. Beihefte zum Daphnis 33 (2000), S. 89-115 (Abschnitt III und IV: Melchior Goldast und Martin Opitz).
  • Wilhelm Kühlmann: Martin Opitz. Deutsche Literatur und deutsche Nation. Heidelberg 2001.
  • Thomas Borgstedt, Walter Schmitz (Hrsg.): Martin Opitz (1597–1639). Nachahmungspoetik und Lebenswelt. Tübingen 2002.
  • Raymond Graeme Dunphy: The Middle High German „Annolied“ in the 1639 Edition of Martin Opitz. Glasgow 2003. ISBN 0-907409-11-3
  • Nicola Kaminski: Ex Bello Ars oder Der Ursprung der "Deutschen Poeterey". Heidelberg 2004.
  • Jörg-Ulrich Fechner: Wolfgang Kessler [Hrsg.]: Martin Opitz 1597–1639. Fremdheit und Gegenwärtigkeit einer geschichtlichen Persönlichkeit. Freunde der Martin-Opitz-Bibliothek e.V., Herne 2006.
  • Raymond Graeme Dunphy: Melchior Goldast und Martin Opitz. Humanistische Mittelalter-Rezeption um 1600. In: Nicola McLelland, Hans-Jochen Schiewer, Stefanie Schmitt (Hrsg.): Humanismus in der deutschen Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Niemeyer, Tübingen 2008, 105–121.

Weblinks

Wikisource: Martin Opitz – Quellen und Volltexte
Commons: Category:Martin Opitz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pomnik Opitza odsłonięty (Opitz-Denkmal enthüllt)