Ośno Lubuskie

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Ośno Lubuskie
Wappen von Ośno Lubuskie
Ośno Lubuskie (Polen)
Ośno Lubuskie (Polen)
Ośno Lubuskie
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Lebus
Powiat: Słubicki
Gmina: Ośno Lubuskie
Fläche: 8,01 km²
Geographische Lage: 52° 27′ N, 14° 52′ OKoordinaten: 52° 27′ 0″ N, 14° 52′ 0″ O
Einwohner: 3888 (31. Dez. 2016)
Postleitzahl: 69-220
Telefonvorwahl: (+48) 95
Kfz-Kennzeichen: FSL
Wirtschaft und Verkehr
Straße: DW 134 Muszkowo–Rzepin–Urad
DW 137 SłubiceMiędzyrzeczTrzciel
Eisenbahn: Wierzbno–Rzepin
Nächster int. Flughafen: Poznań-Ławica



Ośno Lubuskie (deutsch Drossen) ist eine Stadt im Powiat Słubicki der polnischen Woiwodschaft Lebus mit etwa 3900 Einwohnern. Sie ist Sitz der gleichnamigen Stadt-und-Land-Gemeinde mit 6400 Einwohnern.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ort liegt in der Neumark, 25 Kilometer nordöstlich der Stadt Frankfurt (Oder) an der Lenka (Lenzebach).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gotische Jakobikirche aus dem 13. Jahrhundert
Drossen mit der Jacobikirche um 1900
Stadtmauer mit Buschturm (Baszta Krzaków)
Diebesturm (Baszta Złodziejska)
Großer Chyżańska-Turm (Baszta Wielka Chyżańska)
Priesterturm (Baszta Kapłańska)

Hauptstadt des Sternberger Landes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über die Gründung des Ortes liegen keine genauen Informationen vor. Sie erfolgte vermutlich im Zusammenhang mit der Gründung des Bistums Lebus im 1125 durch Herzog Bolesław III. Schiefmund. Der Marktflecken befand sich an der Stelle, wo die Straßen von der Bischofsstadt Göritz und von Frankfurt über Meseritz nach Posen zusammentrafen, durch den Lenzebach führten und die mit einer Handelsstraße von Schlesien nach Stettin kreuzten. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1252. Zu der Zeit befand sich das Städtchen Osna im Besitz der Lebuser Bischöfe. Schon nach kurzer Zeit erhielt Osna eine Neustadt. 1249 kam Osna in den Besitz des Bischofs von Magdeburg. 1298 erfolgte die Weihe der Jakobikirche, einer dreischiffigen gotischen Hallenkirche.

Im Jahre 1354 gelangte die Stadt, deren Name seit 1375 als Drossen überliefert ist, in den Besitz der Markgrafen von Brandenburg. 1401 ging Drossen, das bis dato ein Lehen war, in das Eigentum der Markgrafen über. Zu dieser Zeit war die Stadt das Zentrum, seit 1369 die Münzstatt und seit 1447 der Verwaltungssitz des Sternberger Landes. Drossen war seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts mit einer Stadtmauer aus Feldsteinen und zwei Stadttoren befestigt und gehörte im 14. und 15. Jahrhundert dem Bund der neumärkischen Städte an. Nachdem der Söldnerführer Herzog Hans II. von Sagan in der Zeit der Glogischen Fehde (1476–1488) auch in Drossen einzufallen versucht hatte, wurde die Stadtmauer 1477 ausgebaut und verstärkt.

Im Jahre 1596 zerstörte ein Stadtbrand auch die Jakobikirche, die bald wieder aufgebaut wurde. Die Drossener Bürger lebten von der Brauerei und die Stadt war ein bedeutendes Zentrum der Tuchmacherei. 1810 wurde die Verwaltung des Sternberger Landes nach Zielenzig verlegt. Mit der Kontinentalsperre von 1815 ging das Tuchmacherhandwerk zu Grunde.

Mit Beginn der Industrialisierung erlangte in Drossen die Möbelfabrikation größere Bedeutung, 1893 entstand die Küchenmöbelfabrik. Die Stadt betrieb seit 1846 im Stadtwald Braunkohlenbergwerke, zu denen später noch eine Brikettfabrik hinzukam. Bedeutsam und einmalig war vor allem die Maiblumenzucht.

Seit 1890 hat Drossen einen Eisenbahnanschluss an der inzwischen stillgelegten Strecke von Reppen nach Meseritz.

Drossen gehörte seit 1818 dem Landkreis Sternberg an und war seit 1852 Kreissitz. Nach der Teilung des Kreises kam die Stadt 1873 zum Landkreis Weststernberg und war dessen Kreisstadt. 1904 verlor Drossen den Kreissitz an Reppen. Im Jahre 1916 wurde Drossen zur Garnisonsstadt. Ab 1849 war das königliche Kreisgericht Zielenzig das zuständige Eingangsgericht. In Drossen war eine Zweigstelle (Gerichtskommission) eingerichtet. Diese wurde 1879 durch das Amtsgericht Drossen ersetzt.

Im Zweiten Weltkrieg griffen am 1. Februar 1945 unweit der Stadt Panzer der Roten Armee einen mit Zivilisten überfüllten Personenzug an, der die Stadt kurz zuvor in Richtung Westen verlassen hatte. Dabei wurden etwa 200 Menschen getötet, darunter Evakuierte aus Köln.[1]

Noch vor Kriegsende stellte die Rote Armee das eroberte Drossen unter die Verwaltung der Volksrepublik Polen. Diese benannte es in Ośno Lubuskie um, vertrieb die Einwohner und siedelte an ihrer Stelle Polen an.

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1719 2185 in 459 Häusern[2][3]
1750 1995 in 394 Häusern[2][3]
1800 2905 in 413 Häusern[2][3]
1802 2833 [4]
1810 3025 [4]
1816 3265 davon 3202 Evangelische, 35 Katholiken und 28 Juden[4]
1821 3351 in 450 Häusern[4]
1840 4026 in 514 Häusern[5][3]
1855 4563 in 471 Häusern, meist Evangelische, darunter 109 Katholiken und 84 Juden, letztere mit eigener 1850 erbauter Synagoge[3]
1864 5154 in 476 Häusern[6]
1867 5394 am 3. Dezember[7]
1871 5226 am 1. Dezember, in 502 Häusern, davon 5087 Evangelische, 81 Katholiken und 58 Juden[7]
1875 5167 [8]
1880 5357 [8]
1890 5058 meist Evangelische, davon 71 Katholiken und 33 Juden[8]
1900 5164 meist evangelische Einwohner[9]
1910 5006 am 1. Dezember[10][11]
1933 5313 [8]
1939 5667 [8]
Anzahl Einwohner seit 1946
1946 1970 2005
1194 3288 3733

Maiblumenstadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahre 1879 begann in Drossen der Gärtnermeister Max Friedrich mit der gewerbsmäßigen Zucht von Maiglöckchen. Binnen kurzer Zeit wurde die Drossener Maiblumenzucht, die zwölf Gärtnereibetriebe umfasste, weltbekannt. Neben der Anzucht besonders wirkstoffhaltiger Sorten erfolgte der Export der Drossener Maiglöckchen nicht nur ins europäische Ausland, sondern auch nach Australien und Amerika. Neben der Anzucht der Pflanzen wurde auch die Herstellung von Arzneien und anderen Essenzen aus Maiglöckchen zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in der Stadt. Der seit 1940 verwendete Ortswerbepoststempel der Stadt war ebenfalls mit einem Maiglöckchen versehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging diese Tradition verloren.

Gemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stadt-und-Land-Gemeinde (gmina miejsko-wiejska) Ośno Lubuskie umfasst ein Gebiet von 198 km². Dazu zählen neun Dörfer mit Schulzenämtern,

Rathaus
Friedhofskapelle
Ehemaliges Lehrerseminar

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die bis 1945 evangelische und seitdem katholische Kirche St. Jakob wurde von 1248 bis 1298 im gotischen Stil erbaut, die Innenausstattung stammt zu einem Großteil aus dem frühen 17. Jahrhundert. Seit 1990 wird die Kirche regotisiert.
  • Das Pfarrhaus birgt eine mittelalterliche Bibliothek, zu deren bedeutendsten Schätzen eine Weltchronik von Hartmann Schedel aus Nürnberg (1494) und das Posener Missal (1505) zählen.
  • Die spätgotische St.-Gertrud-Kapelle auf dem Friedhof von Ośno Lubuskie wurde Mitte des 15. Jahrhunderts errichtet.
  • Die nahezu vollständig erhaltenen Wehrmauern aus dem 14.–15. Jahrhundert umschließen die Altstadt auf einer Länge von 1350 Metern mit ursprünglich 12 Türmen, sie bestehen aus Felssteinen und wurden mit Ziegeln ergänzt. Von den beiden Stadttoren (Frankfurter und Zielenziger Tor) sind nur die Fundamente erhalten.
  • Das Rathaus wurde von 1841 bis 1844 nach Plänen des Architekten Emil Flaminius in neogotischem Stil an der Stelle des zuvor abgebrochenen älteren Rathauses von 1544 erbaut.
  • Das Gebäude des Lehrerseminar wurde 1862–1864 von Emil Flaminius errichtet.
  • Der 40 ha große Reczynek (Röthsee) nördlich der Stadt ist ein Erholungs- und Badegebiet.

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Stadt in Verbindung stehende Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Elias Loccelius (1621–1704), brandenburgischer Chronist, war ab 1674 Pfarrer in Drossen.
  • Als Katechet im Drossener Pfarrhaus wirkte zeitweilig der bedeutende Theologe Friedrich Schleiermacher.
  • Der Schriftsteller Hans Fallada arbeitete von November 1923 bis April 1924 in der Getreide- und Kartoffelhandlung Georg Kippferling.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Drossen, an der Lenze, Kreis Weststernberg. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Drossen (meyersgaz.org).
  • Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafenthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Band 3, 1. Ausgabe, Brandenburg 1856, S. 242–248 (Google Books).
  • W. Riehl und J. Scheu (Hrsg.): Berlin und die Mark Brandenburg mit dem Markgrafenthum Nieder-Lausitz in ihrer Geschichte und in ihrem gegenwärtigen Bestande. Berlin 1861, S. 479–481 (Google Books).
  • Eduard Ludwig Wedekind: Sternbergische Kreis-Chronik. Geschichte der Städte, Flecken, Dörfer, Kolonien, Schlösser etc. dieses Landestheiles von der frühesten Vergangenheit bis auf die Gegenwart. Zielenzig 1855, S. 224–232 (Google Books).
  • Heinz W. Linke: Rittergutsdörfer – Kohlow, Zerbow, Schmagorei, Lieben. Books on Demand, Norderstedt 2013, ISBN 978-3-8482-6786-6 (eingeschränkte Vorschau).
  • Martin Zeiller: Drossen. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae (= Topographia Germaniae. Band 13). 1. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1652, S. 53 (Volltext [Wikisource]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ośno Lubuskie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tragödie von Drossen. Kölner helfen bei Aufklärung eines Kriegsmassakers. Beitrag im Bonner General-Anzeiger vom 10. Dezember 2017, abgefragt am 14. Juni 2020.
  2. a b c Eduard Ludwig Wedekind: Sternbergische Kreis-Chronik. Geschichte der Städte, Flecken, Dörfer, Kolonien, Schlösser etc. dieses Landestheiles von der frühesten Vergangenheit bis auf die Gegenwart. Zielenzig 1855, S. 200.
  3. a b c d e W. Riehl, J. Scheu (Hrsg.): Berlin und die Mark Brandenburg mit dem Markgrafenthum Nieder-Lausitz in ihrer Geschichte und in ihrem gegenwärtigen Bestande. Berlin 1861, S. 479–481; Textarchiv – Internet Archive.
  4. a b c d Alexander August Mützell, Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Ausgearbeitet und herausgegeben von Alexander August Mützell. Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 272–279, Ziffer 135 (Google Books)
  5. Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. d. O. Gustav Harnecker’s Buchhandlung, Frankfurt a. O. 1844, S. 214, Ziffer 1 (Google Books).
  6. Topographisch-statistisches Handbuch des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. O. Verlag von Gustav Harnecker u. Co., 1867, S. 253, Ziffer 1 (Google Books).
  7. a b Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Teil II: Provinz Brandenburg. Kreis Weststernberg (Drossen). Königliches Statistisches Bureau, Berlin 1873, S. 166–167, Ziffer 1 (Google Books).
  8. a b c d e Michael Rademacher: Weststernberg. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. Drossen. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 5: Differenzgeschäfte–Erde. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1906, S. 212 (Digitalisat. zeno.org).
  10. Drossen, an der Lenze, Kreis Weststernberg, in: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Drossen (meyersgaz.org).
  11. Landkreis Weststernberg. In: Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900, bearbeitet von U. Schubert, 2022 (gemeindeverzeichnis.de).
  12. Jörg Lüderitz: Erkundungen östlich der Oder. Unterwegs zwischen Frankfurt, Skwierzyna und Żary. 1. Auflage. Trescher, Berlin 2005, ISBN 3-89794-082-5, S. 47; books.google.de