Otto Kemmerich

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Otto Kemmerich (* 1886 in Husum; † August 1952 bei Utersum, Föhr) war ein deutscher Langstreckenschwimmer und Volksheld der 1920er-Jahre.

Wirken

In den 1920er-Jahren galt er als bester Langstreckenschwimmer der Welt.[1] Sein Leben war geprägt von zahlreichen Rekorden im Dauerschwimmen. Außerdem widmete er sich der Dressurarbeit in verschiedenen Zirkusunternehmungen und arbeitete während seiner letzten Lebensjahre als Leiter einer Krankenkasse in Husum.[2]

Erfolge im Langstreckenschwimmen vor dem Zweiten Weltkrieg

1923 durchschwamm er den Bodensee. 1925 meisterte er die 80 Kilometer zwischen Fehmarn und Warnemünde schwimmend. Ein Dauerschwimmen von Fehmarn nach Dänemark trug ihm einen Preis der dänischen Zeitung Politiken ein.

Im Sommer 1925 hatte er vor, die Strecke von Husum über Nordstrand, Pellworm, Hooge, Langeness, Föhr und Amrum nach Sylt schwimmend zurückzulegen. Wegen tückischer Meeresströmungen war es noch niemandem gelungen, die 15 Kilometer lange Passage zwischen Amrum und der Nachbarinsel Sylt zu durchschwimmen. Ausgerüstet war er bei seinen Schwimmaktionen stets mit Uhr, Kompass und Seekarte. Eine rote Flagge signalisiert seine Position im Wasser. Ein Begleitboot lehnte Kemmerich meistens ab. Auf dieser großen Tour durch das nordfriesische Wattenmeer aber war zumindest auf der letzten Teilstück eines dabei; es nahm ihn auf, als er zwischen Amrum und Sylt erschöpft aufgeben musste.

Am 11. Juni 1925, auf der Strecke Norddeich-Norderney, waren es statt der roten Flagge zehn große rote Kinderluftballons – in 20 Meter Höhe schwebend – die seinen Standort markierten. Der Start erfolgte nachmittags um 15.00 Uhr:
„Mutterseelenallein zog er seine Bahn, um ihn herum der brausende Gesang des urewigen Meeres, gegrüßt von eilig vorüberziehenden Möwen im lichten Federkleid, betreut von der lachenden Junisonne“, schrieb der Buchdrucker, Redakteur und Heimatschriftsteller Jan Janssen.[3]

1926 versuchte er den Ärmelkanal zwischen Cap Gris-Nez und Dover in Bestzeit zu durchschwimmen, musste aber neun Meilen vor der Küste aufgeben: vermutlich attackierte ihn ein Hai und verletzte ihn schwer an der Hand. Seither hemmte ihn ein steifes Handgelenk. 1927 stellte Otto Kemmerich einen Weltrekord im Dauerschwimmen auf: 32 Stunden blieb er im Wasser. Im Sommer 1929 schwamm er ohne jede Begleitung die 100 Kilometer Wasserstrecke zwischen Pillau (Frische Nehrung/Ostpreußen) und dem Seebad Zoppot in der Danziger Bucht, wofür er 23:15 Stunden benötigte.

Bei Sturm durchquerte er am 17. August 1929 die Westerems von Rottum nach Borkum, am darauffolgenden Tag absolvierte er bei Sturm, Regen und Seegang die Etappe von Borkum nach Memmert. Sein in einem Seesack mitgeführtes Gepäck ging verloren; Uhr, Kompass und rote Flagge entriss die See, dazu trieb ihn der Ebbestrom von Memmert seewärts ab. Den Flutstrom ausnutzend und seit mehr als 12 Stunden im Wasser, erreichte er gegen 20:30 Uhr Norddeich.

Am 3. September 1929 schwamm Kemmerich die 62 Kilometer lange Strecke vom Leuchtturm Staberhuk (Fehmarn) nach Warnemünde trotz ungünstiger Witterung in 20 Stunden.

Am 5. Juli 1930 plante er, die Strecke von Juist nach Norderney schwimmend zu überwinden – groß angekündigt in der Norderneyer Badezeitung:
„Der Weltmeister hat sich absichtlich die denkbar schlechtesten Strömungsverhältnisse (Halbzeitstrom) gewählt und gibt sich selbst nur 50 % Chancen. Erfahrene Seeleute halten eine Durchschwimmung des Halbzeitstroms für ausgeschlossen.“ Er bestand auch diese Herausforderung, durchschwamm das Buse- und Seegatt und landete am Strand von Norderney, wo er wiederum von einer großen Menschenmenge erwartet wurde.[4]

1938 schwamm er von Borkum nach Norddeich.[5]

Letzte Dauerschwimm-Aktion und Tod 1952

Nach jahrelanger Pause startete er 66-jährig am 25. Juli 1952 von Esbjerg (Dänemark) nach Husum. Sein Ziel war, die 200-Kilometer-Meeresstrecke schwimmend zurückzulegen, dabei ohne Beiboot von Insel zu Insel zu gelangen, um dann nach einer Pause erneut zu starten, sobald es Tide und Wetter erlaubten. Das Unternehmen, das er als „private Olympiade“ bezeichnete, glückte bis Hörnum auf Sylt. Vor sich hatte er nun die 15 Kilometer breite Passage zwischen Sylt und Amrum, an der er 1925 schon einmal gescheitert war. Allen Warnungen zum Trotz startete er. Dreimal warf ihn die hohe Dünung an den Strand zurück. Er wagte noch einen vierten Versuch – das letzte Mal, dass man ihn lebend sah. Am 17. August 1952 wurde seine Leiche zwischen Amrum und Föhr von einem Sylter Schiffer geborgen. Schwimmflossen, Kompass und seine Uhr, die auf 15 Minuten vor 7 Uhr stehen geblieben war, trug er noch bei sich. Die Leiche des Schwimmers wurde in Schlepp genommen und etwa 500 Meter vor dem Hedehusumer Strand verankert. Dort wurde sie bei fallendem Wasser geborgen, eingesargt und nach Husum überführt. Auf dem dortigen Ostfriedhof wurde er beigesetzt.[6]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. [1]
  2. Karin de la Roi-Frey: Rekordversuch endet tragisch im Wattenmeer, Inselmagazin Nr. 30, Sommer 2012, Sonderveröffentlichung des SHZ Schleswig Holsteinischer Zeitungsverlag, Seite 43
  3. [2]
  4. [3]
  5. [4]
  6. Karin de la Roi-Frey: Rekordversuch endet tragisch im Wattenmeer, Inselmagazin Nr. 30, Sommer 2012, Sonderveröffentlichung des SHZ Schleswig Holsteinischer Zeitungsverlag, Seite 43