Power-to-Heat

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Unter Power-to-Heat (kurz PtH oder P2H, deutsch etwa: „Elektrische Energie zu Wärme“) versteht man die Erzeugung von Wärme unter dem Einsatz von Strom. Dies kann sowohl über herkömmliche Elektroheizungen als auch über Wärmepumpenheizungen erfolgen. PtH ist eine Möglichkeit Stromüberschüsse aus erneuerbaren Energien durch Kopplung von Strom- und Wärmesektor für die Wärmebereitstellung zu verwenden, womit dann fossile Energieträger als auch Emissionen im Wärmebereich eingespart werden können. Im Gegensatz zu ein reinen Elektroheizungen wie z.B. Nachtspeicherheizungen, die den kompletten Heizbedarf decken, sind Power-to-Heat-Anlagen Hybridsysteme, die immer auch über einen herkömmlichen, mit chemischem Brennstoff wie Holz oder Erdgas betriebenen Heizungsanlage verfügen.[1] Bei Stromüberschüssen kann somit die Wärmegewinnung aus elektrischer Energie erfolgen, ansonsten kommt das konventionelle Heizsystem zum Einsatz. Zur Erhöhung der Flexibilität sind Power-to-Heat-Anlagen häufig mit Wärmespeichern gekoppelt; die Einspeisung erfolgt zumeist in Nah- bzw. Fernwärmenetze.

Betrieb

Einsatzprofil

Power-to-Heat ist eine Power-to-X-Technologie, die im Zuge der laufenden Transformation der Energieversorgungsstrukturen im Rahmen von Energiemarktliberalisierung und der Energiewende durch Sektorkopplung eine bessere Integration von Erneuerbaren Energien in ein Intelligentes Stromnetz ermöglichen sollen. Steht bei starker Einspeisung variabler regenerativer Energien (insbesondere Windenergie und Photovoltaik) einer hohen Stromproduktion nur eine geringe Stromnachfrage gegenüber, soll mittels Power-to-Heat-Anlagen aus elektrischem Strom Wärme gewonnen werden. Dadurch sollen Abregelungen von regenerativen Erzeugern vermieden bzw. reduziert werden. Die auf diese Weise gewonnene Wärme kann zum Beispiel für Heizungsanlagen und Warmwasserbereitung verwendet werden und ersetzt dort durch Virtuelle Energiespeicherung wiederum fossile Energieträger wie Erdgas und Erdöl. Auf diese Weise kommt es zu einer Brennstoffeinsparung an fossilen Energieträgern und damit ebenfalls zu einer Einsparung von Treibhausgas- und Schadstoffemissionen.[2]

Die Wärme kann auf direktem Weg mittels Widerstands-Heisswasserkessel und/oder in Elektroden-Heisswasserkesseln erzeugt werden. Diese Anwendung findet ihren Einsatz z.B. in Fernwärmenetzen für die Versorgung von Heizungsanlagen und Warmwasserbereitung oder zur Speisung von Fernwärmespeichern. Ebenfalls möglich ist ein Einsatz von Wärmepumpen an Stelle der direkten Wärmeerzeugung aus Strom. Wärmepumpen weisen gegenüber Heizstäben und Elektrodenkesseln eine höhere Energieeffizienz auf, sodass für die gleiche Heizenergie weniger Strom benötigt wird. Die auf diese Weise eingesparte elektrische Energie steht somit für weitere Zwecke zur Verfügung.[3]

PtH ist eine Technik mit niedrigen Investitionskosten (100 €/kW) und eignet sich daher sehr gut für die Aufnahme hoher Leistungsspitzen, die nur selten im Jahr auftreten. Das Potential für PtH-Anlagen ist sehr groß: Theoretisch sind in Deutschland 200 GW im Winter und 50 GW im Sommer realisierbar. In der Praxis sollten hingegen klassische PtH-Anlagen, die auf dem Widerstandsprinzip basieren, nur als Ergänzung zu den deutlich effizienteren Wärmepumpenheizungen eingesetzt werden.[4]

Energiewirtschaftlich sinnvoll ist der Einsatz von Power-to-Heat-Anlagen nur während Zeiten sehr hoher Einspeisung aus regenerativen Quellen, da elektrischer Strom gegenüber Wärmeenergie eine qualitativ deutlich höherwertige Energieform darstellt und deshalb üblicherweise einen weitaus höheren Wert hat. Finanziell lohnt sich die Umwandlung in Wärme deshalb nur bei sehr niedrigen Börsenstrompreisen. Darüber hinaus ist die Wärmeproduktion aus Strom aus ökologischen Gründen immer dann kontraproduktiv, wenn zugleich noch fossile Kraftwerke größere Mengen Strom liefern, da die Verstromung in einem Kraftwerk (mit anschließender Wärmegewinnung aus der elektrischen Energie) einen viel geringeren Wirkungsgrad aufweist als die direkte Wärmeerzeugung mittels fossiler Energieträger. Wird hingegen aus (nahezu emissionsfreiem) Wind- oder Solarstrom Wärme gewonnen und damit im Gegenzug die Verbrennung fossiler Energieträger vermieden, ergibt sich eine Emissionsminderung.[2]

Daneben kann der verstärkte Einsatz von Power-to-Heat günstig negative Regelleistung bereitstellen und somit den Bedarf an fossilen Must-Run-Kapazitäten ersetzen. Diese Must-Run-Kapazitäten ergeben sich aus der bisher von konventionellen Kraftwerken übernommenen Funktion, notwendige Systemdienstleistungen und negative Regelleistung bereitzustellen und hängen unter anderem von der im Stromnetz bereitzustellenden Regelleistung sowie der technisch fahrbaren Minimalleistung eines konventionellen Kraftwerkes ab. Soll beispielsweise ein Kraftwerk mit 500 MW Nennleistung und 40 % technisch fahrbarer Minimallast 50 MW negative Regelleistung bereitstellen, dann ergibt sich eine Must-Run-Kapazität von mindestens 250 MW. Stehen hingegen alternativ PtH-Anlagen zur Verfügung, die anstelle des fossilen Kraftwerkes für negative Regelleistung sorgen können, entfällt der Bedarf an Must-Run-Lapazität und das Kraftwerk kann in Zeiten hoher erneuerbarer Erzeugung vollständig abgeschaltet werden.[5] Durch schnelles Abschalten von PtH-Anlagen können PtH-Anlagen aber ebenso kurzfristig positive Regelleistung bereitstellen. Günstig ist zudem die Kopplung mit in Kraft-Wärme-Kopplung betriebenen Anlagen wie Blockheizkraftwerke, die im Falle einer geringen regenerativen Energieerzeugung hochfahren können und ihre Wärme in ein gemeinsam mit der PtH-Anlage genutzten Wärmespeicher einspeisen.[4]

Vergleich mit Power-to-Gas

Technisch fungiert Power-to-Heat als sog. "virtueller Speicher", weshalb Power-to-Heat mit Speichertechnologien wie z.B. Power-to-Gas verglichen werden kann. Da der Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Strom in Wärme bei Power-to-Heat nahezu 100 % beträgt, ergeben sich deutliche Vorteile gegenüber einer Speicherung mit Hilfe eines Power-to-Gas-Ansatzes.[6] Durch Einsatz von Power-to-Heat im Wärmesektor ersetzt Strom fossile Brennstoffe im Verhältnis 1:1, während bei der Herstellung von Methan mit Hilfe des Power-to-Gas-Prozesses größere Verluste auftreten und damit nur ein Teil der ursprünglich vorhandenen elektrischen Energie genutzt werden kann. Im Wärmesektor wird also durch Power-to-Heat wesentlich mehr Erdgas eingespart als durch Power-to-Gas erzeugt werden kann. Das so eingesparte Erdgas kann wiederum vollständig für andere Zwecke eingesetzt werden; damit liegt der Gesamtwirkungsgrad von Power-to-Heat deutlich höher als bei Power-to-Gas.[7]

Neben Heizwiderständen kommen für Power-to-Heat anlagen auch Wärmepumpen in Frage, die jedoch höhere Investitionskosten erfordern als Widerstandsheizungen. Aufgrund ihrer großen Effizienzvorteile gegenüber der direkten Wärmeerzeugung in Widerstandsheizungen ist der Einsatz von Wärmepumpen dennoch zu bevorzugen. So hat die Nutzung zukünftiger Ökostromüberschüsse zum Betrieb von Wärmepumpen von allen Power-to-X-Konzepten den größten Umweltnutzen in Bezug auf Treibhausgasreduktion und Einsparung fossiler Energieträger.[8]

Da mit Power-to-Heat-Anlagen Brennstoffe zwar ersetzt, jedoch nicht erzeugt werden können, müssen diese langfristig betrachtet gegen Ende der Energiewende durch Power-to-Gas-Anlagen ergänzt werden, die die Herstellung von Brennstoffen (und ggf. eine anschließende Rückverstromung) erlauben. Notwendig ist diese Rückverstromung jedoch erst bei sehr hohen Anteilen der Erneuerbaren Energien am Strommix, um eine saisonale Speicherung zu ermöglichen. Solche saisonale Langfristspeicher, die praktisch nur auf Basis der Power-to-Gas-Technologie basieren können, werden ab einem Solar- und Windstrom-Anteil von etwa 80 % notwendig.[9] Es gibt auch Szenarien, die komplett ohne Rückverstromung von synthetisch hergestellten Brennstoffen wie Wasserstoff oder Methan auskommen. In diesen Modellen werden synthetisch hergestellte Brennstoffe ausschließlich für das Verkehrswesen (v.a. Langstreckenschiffstransport, Flugwesen) sowie als Rohstoffe für industrielle Anwendungen benötigt.[10]

Geplante und realisierte großtechnische Power-to-Heat-Anlagen (Stand 03/2015)

Dänemark

Die größte Erfahrung mit Power-to-Heat-Anlagen hat Dänemark, wo die dortige Energiewende mit Windstromanteilen von ca. 42,1 % im Jahr 2015[11] bereits viel weiter fortgeschritten ist als z.B. in Deutschland. In Dänemark begann der Bau von PtH-Anlagen bereits Mitte der 2000er Jahre. Bis Ende 2014 wurden rund 350 MW installiert, darunter Wärmepumpen mit einer thermischen Leistung von ca. 30 MW. Für Ende 2015 wird ein Anstieg auf 44 Anlagen mit rund 450 MW angestrebt.[12]

Deutschland

In Deutschland sind inzwischen viele Anlagen mit Elektrodenkesseln und Widerstandskesseln realisiert worden. Nachfolgend einige bekannte Projekte:

Anlagen in Planung bzw. im Bau

Anlagen in Europa

Weblinks

Literatur

  • Michael Sterner, Ingo Stadler: Energiespeicher – Bedarf, Technologien, Integration. Berlin - Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-37379-4.

Einzelnachweise

  1. Michael Sterner, Ingo Stadler: Energiespeicher – Bedarf, Technologien, Integration. Berlin - Heidelberg 2014, S. 124.
  2. a b Christoph Pieper et al.: Die wirtschaftliche Nutzung von Power-to-Heat- Anlagen im Regelenergiemarkt. In: Chemie Ingenieur Technik. Band 87, Nr. 4, 2015, S. 390–402, doi:10.1002/cite.201400118.
  3. Matthias Koch et al, Modellgestützte Bewertung von Netzausbau im europäischen Netzverbund und Flexibilitätsoptionen im deutschen Stromsystem im Zeitraum 2020–2050. In: Zeitschrift für Energiewirtschaft 39, (2015), 1-17, S. 15, doi:10.1007/s12398-015-0147-2.
  4. a b Michael Sterner, Ingo Stadler: Energiespeicher – Bedarf, Technologien, Integration. Berlin - Heidelberg 2014, S. 134.
  5. Diana Böttger et al.: Control power provision with power-to-heat plants in systems with high shares of renewable energy sources e An illustrative analysis for Germany based on the use of electric boilers in district heating grids. In: Energy. Band 82, 2015, S. 157–167, doi:10.1016/j.energy.2015.01.022.
  6. Dr. Helmuth-M. Groscurth, Dr. Sven Bode Discussion Paper Nr. 9 “Power-to-heat” oder “Power-to-gas”?. Abgerufen am 15. Mai 2014.
  7. Wolfram Münch et al., Hybride Wärmeerzeuger als Beitrag zur Systemintegration erneuerbarer Energien. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen 62, Nr. 5, (2012), S. 44–48, online
  8. André Sternberg, André Bardow, Power-to-What? – Environmental assessment of energy storage systems. In: Energy and Environmental Science 8, (2015), 389-400, S. 398f, doi:10.1039/c4ee03051f.
  9. Stefan Weitemeyer, David Kleinhans, Thomas Vogt, Carsten Agert, Integration of Renewable Energy Sources in future power systems: The role of storage. In: Renewable Energy 75, (2015), 14–20, doi:10.1016/j.renene.2014.09.028.
  10. Mark Z. Jacobson et al, 100% clean and renewable wind, water, and sunlight (WWS) all-sector energy roadmaps for the 50 United States. In: Energy and Environmental Science 8, (2015), 2093-2117, doi:10.1039/c5ee01283j.
  11. Wind energy in Denmark breaking world records. In: The Copenhagen Post, 15. Januar 2016. Abgerufen am 17. Januar 2016.
  12. Power-to-Heat zur Integration von ansonsten abgeregeltem Strom aus Erneuerbaren Energien. Studie im Auftrag von Agora Energiewende. Abgerufen am 21. August 2015.
  13. Unternehmenswebseite der ENERSTORAGE GmbH (30. Juli 2015)
  14. Erste Bilanz bei Power to Heat (20. Februar 2013).
  15. [1][2]
  16. Auch in Westfalen Wärme aus Windstrom. In: Zeitung für kommunale Wirtschaft, 2. Februar 2016. Abgerufen am 2. Februar 2016.
  17. Stadtwerk in Schleswig-Holstein errichtet Power-to-Heat-Anlage. In: IWR, 9. Dezember 2015. Abgerufen am 9. Dezember 2015.
  18. Enerstorage realisiert Power-to-Heat-Anlage für Südzucker. In: Euwid Neue Energie, 10. Mai 2016. Abgerufen am 10. Mai 2016.
  19. Vattenfall steigt 2017 in Klingenberg aus der Kohle aus. In: Berliner Morgenpost, 27. September 2016. Abgerufen am 28. September 2016.
  20. http://eventmaker.at/uploads/4261/downloads/SCHULLER_Power2Heat_-_Erste_Betriebs-_und_Einsatzerfahrungen.pdf
  21. http://www.hall.ag/News/Tirols-erste-Power-To-Heat-Anlage-wird-in-Hall-i.-T.-Realitaet