Schwetzinger SWR Festspiele
Die Schwetzinger SWR Festspiele (vormals: Schwetzinger Festspiele) sind ein modernes internationales Festival der klassischen Musik, das seit dem 24. Mai 1952 jährlich im Frühjahr (Ende April bis Anfang Juni) in den Räumlichkeiten des Schwetzinger Schlosses (Schwetzingen, Nordbaden) stattfindet. Einige Konzerte (hauptsächlich Kirchenkonzerte) finden auch im nahen Speyer (Dom, Dreifaltigkeitskirche) statt. Veranstaltet werden die Festspiele von der Schwetzinger SWR Festspiele gGmbH, deren Gesellschafter neben dem Südwestrundfunk zu gleichen Teilen der Rhein-Neckar-Kreis und die Stadt Schwetzingen sind.
Das Schwetzinger Schloss mit Park und Hoftheater waren die Sommerresidenz der Kurpfälzischen Kurfürsten, die im nahe gelegenen Heidelberg beziehungsweise Mannheim residierten. Das heute so genannte Rokokotheater wurde von Nicolas de Pigage erbaut und am 15. Juni 1753 eingeweiht. Nach der Übersiedlung des letzten Kurfürsten Karl Theodor nach München (Jahresbeginn 1778) fiel nicht nur die Residenz in Mannheim in einen Dornröschenschlaf, sondern auch das Sommerschloss in Schwetzingen. Erst 1937 wurde das Rokokotheater mit original erhaltener Bühnenmaschinerie wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt. Aus feuerpolizeilichen Gründen musste 1971 die Entscheidung gefällt werden, ob das Theater künftig als Museum geführt oder aber bespielt werden solle. Man entschied sich für die Bespielung und dafür, einen kompletten Abriss und Neubau des Bühnenhauses vorzunehmen (der historische Zuschauerraum blieb erhalten).
In der Regel gibt es seither zwei Opernproduktionen (Kooperationen mit bekannten Opernhäusern, da die Festspiele selbst über keine Werkstätten verfügen) im historischen Rokokotheater, dem ältesten, original erhaltenen Rangtheater der Welt. Das Repertoire umfasst Uraufführungen von Auftragswerken (d. h. die Vergabe des Kompositionsauftrages erfolgt durch die Schwetzinger SWR Festspiele) und klassische Werke, in den letzten Jahrzehnten vermehrt Ausgrabungen unbekannter Opern des Barock und der Klassik. Dabei entstanden auch zahlreiche Neueditionen unbekannter und verschollener Barockopern. Ein weiterer Schwerpunkt der Schwetzinger Festspiele liegt auf Kammermusik und Orchesterwerken, präsentiert von international renommierten Künstlern und hochbegabten Nachwuchskünstlern.
Der SWR überträgt alle Konzerte auf SWR2 und vermittelt eine Auswahl der Konzerte auch an weitere deutsche und internationale Rundfunkanstalten. Einige Veranstaltungen werden auch vom SWR-Fernsehen für die Ausstrahlung auf arte und 3sat aufgezeichnet. Dank der Mitschnitte des SWR können die Konzerte der Festspiele nach der Hörfunkausstrahlung auch auf der Website der Festspiele nachgehört werden.
Liste wichtiger Wiederentdeckungen (Auswahl)
- 2001 „La divisione del mondo“, Oper von Giovanni Legrenzi, UA 1675
- 2003 „Il figlio delle selve“, Oper von Ignaz Holzbauer, UA 1753 in Schwetzingen
- 2005 „Telemaco“, Oper von Alessandro Scarlatti, UA 1718
- 2006 „Proserpina“, Oper von Joseph Martin Kraus, UA 1781
- 2007 „Il Giustino“, Oper von Giovanni Legrenzi, UA 1683 (Wiederentdeckung des Jahres)
- 2008 „Niobe, Regina di Tebe“, Dramma per musica in drei Akten von Agostino Steffani, Libretto von Luigi Orlandi, UA 1688 in München
- 2012 „Rosamunde“, Oper von Anton Schweitzer, Libretto von Christoph Martin Wieland, UA 20. Januar 1780, Nationaltheater Mannheim
- 2014 „Leucippo“, Oper von Johann Adolph Hasse, UA 1747
- 2016 „Veremonda, l'amazzone di aragona“, Oper von Francesco Cavalli, Deutsche Erstaufführung, UA 1652 in Venedig
Liste bedeutender Uraufführungen (Auswahl)
- 1957 „Der Revisor“, Oper von Werner Egk
- 1960 „La Battaglia oder Der rote Federbusch“, Oper von Gerhard Wimberger
- 1961 „Elegie für junge Liebende“, Oper von Hans Werner Henze
- 1962 „In seinem Garten liebt Don Perlimplin Belisa“, Oper von Wolfgang Fortner
- 1964 „Demeter“, Ballett von Boris Blacher
- 1968 „Présence“, Ballett von Bernd Alois Zimmermann
- 1969 „Das Märchen von der schönen Lilie“, Oper von Giselher Klebe
- 1971 „Melusine“, Oper von Aribert Reimann
- 1972 "Klarinettenkonzert" von Boris Blacher
- 1977 Streichquartett Nr. 4 und Nr. 5 von Hans Werner Henze
- 1982 „Die wundersame Schustersfrau“, Oper von Udo Zimmermann
- 1983 „Die englische Katze“, Oper von Hans Werner Henze
- 1984 „Ophelia“, Oper von Rudolf Kelterborn
- 1986 „Die Leiden des jungen Werthers“, Oper von Hans-Jürgen von Bose
- 1988 „Der Wald“, Oper von Rolf Liebermann
- 1988 „Gastmahl oder Über die Liebe“, Oper von Georg Katzer
- 1991 „Enrico“, Oper von Manfred Trojahn
- 1991 „Spiel von Liebe und Zufall“, Oper von Helge Jörns
- 1994 „Sansibar“, Oper von Eckehard Mayer
- 1994 „Schachnovelle“, Oper von Violeta Dinescu
- 1997 „Tanzstunden“, Ballett von Hans Werner Henze
- 1997 „Babylon“, Oper von Detlef Heusinger
- 1998 „Die tödliche Blume“, Oper von Salvatore Sciarrino
- 2000 „Gute Miene böses Spiel“, Oper von Karl-Wieland Kurz
- 2001 „Bacon“, Oper von Manuel Hidalgo
- 2002 „Macbeth“, Oper von Salvatore Sciarrino (Uraufführung des Jahres)
- 2005 „Zaubern“, Oper von Frederik Zeller
- 2006 „Kälte“ (Da Gelo a Gelo), Oper von Salvatore Sciarrino
- 2007 „Der Alte vom Berge“, Oper von Bernhard Lang
- 2008 „Hybris/Niobe“, Drama für Stimmen von Adriana Hölszky
- 2009 „Proserpina“, Monodram für Sopran, Frauenchor und Orchester von Wolfgang Rihm (Uraufführung des Jahres)
- 2010 „Le Père“, Musiktheater von Michael Jarrell
- 2011 „Bluthaus“, Oper von Georg Friedrich Haas
- 2012 „IQ“, Oper von Enno Poppe
- 2013 „Thomas“, Oper von Georg Friedrich Haas
- 2014 „Re:igen“, Oper von Bernhard Lang
- 2015 „Wilde“, Oper von Hèctor Parra
- 2016 „Koma“, Oper von Georg Friedrich Haas (Uraufführung des Jahres)
Literatur
- B. Hermann, P. Stieber (Hg.) Ein Arkadien der Musik – 50 Jahre Schwetzinger Festspiele 1952–2002, Metzler Verlag Stuttgart
- B. Hermann, E. Stett, P. Stieber (Hg.) Arkadien klingt weiter – Schwetzinger SWR Festspiele 2003–2012, Schwetzinger SWR Festspiele GmbH
- S. Leopold, B. Pelker (Hg.) Hofoper in Schwetzingen – Musik, Bühnenkunst, Architektur, Winter Verlag Heidelberg