St. Maria Magdalena (Münnerstadt)

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Die St.-Maria-Magdalena-Kirche von Münnerstadt.

Die römisch-katholische Kirche St. Maria Magdalena befindet sich in Münnerstadt, einer Stadt im unterfränkischen Landkreis Bad Kissingen. Sie ist der hl. Maria Magdalena geweiht.

Die Kirche gehört zu den Münnerstädter Baudenkmälern und ist unter der Nummer D-6-72-135-41 in der Bayerischen Denkmalliste registriert.

Geschichte

Anfänge

Der Bau der St.-Maria-Magdalena-Kirche durch die Ritter des Deutschen Ordens begann um 1230 unter dem Henneberger Grafen Poppo († 1245). Von dem spätromanischen Kirchenbau der Anfangsphase existiert heute noch das Westportal im Westturm.

Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts schwand die Macht des Deutschen Ordens, der nun lediglich für die Pfarrrechte und die Pfarrkirche zuständig war. Zwischen 1428 und 1446 führte der Orden einen Umbau des spätromanischen Kirchenbaues im gotischen Stil durch und versah den Chor mit sieben Farbfenstern. Bei dem Umbau hatte die Bürgerschaft bereits ein Mitspracherecht.

Aus der gleichen Zeit stammen die Sakramentsnische an der Nordseite des Chorhauptes sowie – im Chor – die Figuren der Apostel Johannes und Paulus, eine Darstellung eines Heiligen (mit der Darstellung zweier sich anknurrender Drachen im Sockel)[1] sowie – im südlichen Seitenschiff – Jakobus der Ältere, Philippus und Simon. Im Jahr 1612 wurden die Figuren der noch fehlenden Apostel ergänzt.

Glasfenster

Elisabethfenster, Leichenzug (Detailaufnahme).

Ob bereits der erste romanische Bau der St.-Maria-Magdalena-Kirche bereits Farbfenster hatte, ist nicht erwiesen. Die Anlage der heutigen Glasfenster entstand ab dem Jahr 1415. Es wurde sehr viel Sorgfalt bei der theologischen Konzeption sowie der Auswahl der Glaswerkstatt aufgewendet.

Das mittlere Passionsfenster mit einer Darstellung der Passion Christi wurde mit dem Entstehungsjahr 1430 später als die meisten anderen Fenster sowie auch von einem anderen Künstler geschaffen. Es ist umgeben von:

  • Links vom Passionsfenster: dem Elisabethfenster, dem Pfingstfenster und nicht weiter lokalisierbaren Fragmenten
  • Rechts vom Passionsfenster: dem Katharinen-Kilian-Fenster, dem Magdalenen-Fenster und dem Apostelfenster.

Die Fenster wurden im 16., 19. und 20. Jahrhundert mehrfach restauriert. Während der Kirchenrenovierung 1605–1612 unter Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn änderte sich möglicherweise die Abfolge der Fenster.

Schunterkapelle (1428)

Ölberggruppe in der Schunterkapelle.

Aus dem Jahr 1428 stammt die rechts neben der Vorhalle – in der, wie die dort befindlichen Sitzbänke wie auch schriftliche Dokumente belegen, einst Gericht abgehalten wurde – der Kirche befindliche Schunterkapelle. Die Inschrift auf der Innenseite des Portals lautet »M.CCCC.XX.V.II. iar. zu. sant. michels. tag. hub. richart. von schunter. disen. bau. und. figur.an«. Das Portal und die Fenster sind spätgotisch und entstanden bei einer Restaurierung im Jahr 1501. Die ursprünglich gewölbte Decke des rechteckigen Raumes wurde im Jahr 1610 durch eine stuckgerahmte Flachdecke ersetzt.

Aus den Jahren 1428/30 stammt das an der Ostwand der Kapelle befindliche Relief mit der Darstellung der Messe des heiligen Gregor, vor dem ehemals ein Altar stand. Das Relief wird von den knienden Figuren der Stifter – was auf den Charakter des Reliefs als Familienepitaph hinweist – sowie von den trauernden Figuren von Maria und Johannes flankiert.

Rechts neben dem Relief befindet sich die Ölberggruppe, die aus einem Fresko und überlebensgroßen, farbig gefassten Figuren aus Stein besteht. Das Fresko zeigt Judas Iskariot, der sich gerade mit den Häschern nähert. Die Figuren stellen den betenden Jesus, der auf den Engel mit dem Kelch blickt, sowie die schlafenden Jünger dar. Die Ölberggruppe gehört unter anderem in ihrer lyrischen Stimmung dem Weichen Stil an, während sich in der realistischen Darstellung bereits der spätgotische Stil andeutet.

Riemenschneider-Altar (1492)

Der Altar der Kirche (Tilman Riemenschneider, 1490-92).

Am 26. Juni 1490 erhielt der Würzburger Bildhauer Tilman Riemenschneider vom Münnerstädter Rat den Auftrag, ein Retabel für den Altar der St. Maria Magdalena-Kirche anzufertigen. Der Altar sollte an Ostern 1492 aufgestellt werden.

Der Altar wurde mit Verspätung im Herbst 1492 und mit geringfügigen Abweichungen von den Entwürfen aufgestellt. Riemenschneiders Konstruktionszeichnung ist zwar verloren gegangen, doch lässt sich das geplante Aussehen des Retabel durch die erhalten gebliebenen Ausführungsbestimmungen nachvollziehen. Riemenschneider fertigte für das Retabel Figuren der Kirchenpatronin Maria Magdalena, des Frankenapostels Kilian und der hl. Elisabeth von Thüringen an. Die Magdalenenretabel ist der erste Altaraufsatz, dessen Figuren keine konventionelle Farbfassung, sondern einen mit Farbpigmenten versehenen Leimüberzug bekamen.

Im Jahr 1504 bekam der Nürnberger Künstler Veit Stoß, der kurz zuvor wegen eines drohenden Prozesses zu seinem Schwiegersohn Jörg Trümmer nach Münnerstadt geflohen war, den Auftrag, den Leimüberzug durch eine konventionelle Farbfassung zu ersetzen. Zusätzlich schuf Veit Stoß vier Tafelbilder mit einer Darstellung der Verschwörung von Gailana, die zum Märtyrertod des hl. Kilian führte. Es handelt sich bei den Bildern um die einzigen erhaltenen Gemälde von Veit Stoß.

Im Jahr 1649/53 wurde der Altar abgerissen; einzelne Teile des Altars wurden veräußert. Im Rahmen der Renovierung der Kirche Ende der 1970er Jahre wurde der Altar von 1979 bis 1981 rekonstruiert. Bildhauer Lothar Bühner fertigte hierfür Kopien der einst verkauften Altarteile an. Der restaurierte Hochaltar wurde im Jahr 1981 geweiht.

Ritterkapelle (1500)

Kalvarienberg in der Ritterkapelle.

Aus der Zeit um 1500 stammt die zwischen Chor und südlichem Seitenschiff befindliche, der hl. Elisabeth von Thüringen (Mitpatronin des Deutschen Ordens) geweihte Ritterkapelle. Hierbei handelt es sich um einen Schnitzaltar, von dem nur noch die Mittelgruppe mit dem Kalvarienberg vorhanden ist. Schrein, Gesprenge, Predella sowie die Seitenflügel mit den Reliefs des hl. Stephanus und des hl. Laurentius sind nicht mehr erhalten.

Der Schnitzaltar zeigt Jesus am Kreuz sowie vor dem Kreuz Maria und Johannes in Trauer sowie den Hauptmann von Kaparnaum und die Soldaten Longinus mit dem Speer und Stephaton mit dem Schwamm. Der Stil der schon im Tode erstarrten Christusgestalt des Kalvarienbergs sowie der trauernden Gruppe vor dem Kreuz lassen den Einfluss von Veit Stoß erkennen.

Der Name der Ritterkapelle geht auf die zahlreichen Grabdenkmäler zurück, die sich um den Schnitzaltar herum befanden. Bei den zwei erhaltenen Grabdenkmälern vor der Ritterkapelle handelt es sich um von Bernhard Friedrich gestaltene Grabplatten für den Ritter Claus von Heßberg (gest. 1539) links vom Eingang der Kapelle sowie Martin Luthers Freund Silvester von Schaumberg rechts am Eingang zur Kapelle (wahrscheinlich 1534 entstanden). Bernhard Friedrich hatte vorher bereits das in der Westwand des südlichen Seitenschiffes befindliche Flachrelief von Cäcilie von Schaumberg (gest. 1525) im gotischen Stil mit Renaissancemotiven geschaffen.

Neuzeit

Taufstein (Georg Prünn, 1613).
Tod Mariens, vermutlich vom Nürnberger Meister des Deichsler-Altars geschaffen.

Ebenfalls um 1500 entstand die auf dem Triumphbogen über dem Zelebrationsaltar befindliche Kreuzigungsgruppe. Sie entstand im Umkreis Tilman Riemenschneiders mit einem spätgotischen Jesuskopf und einem Korpus aus dem 19. Jahrhundert. Ebenfalls nach 1500 entstand die in der südlichen Chorschräge befindliche Anna selbdritt-Darstellung aus dem Spätstil Riemenschneiders. Die Pietà neben der Anna selbdritt-Darstellung stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Das südliche Seitenschiff entstand um das Jahr 1503. Bei einer Renovierung in den Jahren 1605–1612 unter Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn wurde das nördliche Seitenschiff wegen Einsturzgefahr neu erbaut. Nachdem im Zuge der Reformation der evangelische Glaube eingeführt worden war, ließ der Fürstbischof im Zuge der Gegenreformation als Zeichen des katholischen Glaubens das Langhaus komplett umgestalten: Arkaden und Wände des Mittelschiffes wurden nach Tieferlegung des Fußbodens neu errichtet, bemalte Flachdecken eingezogen sowie an zahlreichen Stellen des Langhauses Grisaille-Malereien angebracht.

Der vor der Ritterkapelle befindliche Taufstein stammt aus dem Jahr 1613 und wurde von Georg Prünn angefertigt. Auf dem Taufstein befinden sich Darstellungen von der Verkündigung, Geburt, Beschneidung und Taufe sowie Maria, Schmerzensmann und Johannes dem Täufer.

Im Jahr 1649/53 wurde der Riemenschneider-Altar abgerissen; einzelne Teile des Altars wurden veräußert. Der neue Barockaltar umfasste als Mittelteil ein vom Neustädter Maler Hans Caspar Haas um 1650 geschaffenes »Noli me tangere«-Bildnis. Es stellt – inspiriert von einem Stich von Federico Barocci – die Begegnung von Maria Magdalena mit dem wiederauferstandenen Jesus Christus dar. Heute befindet sich das Bild an der Südwand des Chores beim Zelebrationsaltar.

In den Jahren 1818/20 sowie 1833 wurde die bis dahin barocke Kirche im gotischen Stil umgestaltet. Der Fußboden wurde erhöht, wobei zahlreiche alte Grabdenkmäler zerstört wurden; an die Stelle des barocken Hochaltars trat ein neugotischer Hochaltar.

Im Jahr 1832 wurde im Nürnberger Kunsthandel das Tafelgemälde Tod Mariens für die Kirche erworben. Das Gemälde wurde um 1420 vermutlich – wie Zeichnung, Malweise sowie die starke Weißhöhung vermuten lassen – vom Nürnberger Meister des Deichsler-Altars geschaffen und befindet sich an der Stirnwand des nördlichen Seitenschiffes.

Zwanzigstes Jahrhundert und Gegenwart

Ein Minenblindgänger führte kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges an Chor, Schiff und Hochaltar zu Beschädigungen, die 1950/52 vorläufig repariert wurden. Die Glasmalereien und Riemenschneiders Altar waren zur Zeit des Krieges ausgelagert.

Unter Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und dem Bischöflichen Bauamt Würzburg fand von 1970 bis 1979 eine grundlegende Gesamtrestaurierung der Kirche statt. In diesem Zusammenhang wurden die Glasgemälde restauriert, die unter Fürstbischof von Mespelbrunn im Langhaus angemalten Malereien freigelegt sowie die ursprüngliche Höhe des Fußbodens wiederhergestellt. Ferner wurde unter dem Triumphbogen der Zelebrationsaltar mit Blickrichtung des Pfarrers zur Gemeinde aufgestellt. Bildhauer Lothar Bühner ersetzte die verloren gegangenen Skulpturen der Apostel Andreas, Matthäus und Thomas durch neue Plastiken und schuf zusätzlich eine Figur der Maria Magdalena.

Im Rahmen der Renovierung wurde Riemenschneider-Altar rekonstruiert, wobei die noch erhaltenen Bestandteile des Altars restauriert wurden und Bildhauer Lothar Bühner Kopien der einst verkauften Bestandteile der Mittelgruppe anfertigte. Der restaurierte Hochaltar wurde im Jahr 1981 geweiht.

Literatur

  • Julia Hecht, Christian Hecht: Meisterwerke mittelalterlicher Glasmalerei in der Pfarrkirche St. Maria Magdalena zu Münnerstadt (= Henneberg-Museum Münnerstadt. Band 4). Schnell und Steiner, Regensburg 2001, ISBN 3-7954-1456-3.
  • Werner Eberth: Auf den Spuren der Heiligen ... im Landkreis Bad Kissingen, Verlag T. A. Schachenmayer GmbH + Co, Bad Kissingen, 1994
  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bayern I: Franken: Die Regierungsbezirke Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken: BD I, Deutscher Kunstverlag München Berlin, 2., durchgesehene und ergänzte Auflage, 1999, S. 643-646
  • Eva Ulrich, Hartmut Krohm: Die Magdalenenkirche in Münnerstadt, Karl Robert Langewiesche Nachfolger, Hans Köster Verlagsbuchhandlung KG, Königstein im Taunus, 2004 (5. Auflage)
  • Der Riemenschneideraltar in der Pfarrkirche St. Maria Magdalena Münnerstadt, Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, ISBN 978-3-7954-4682-6, 5. neu bearbeitete Auflage: 2010

Weblinks

Commons: St. Maria Magdalena Münnerstadt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. In der Literatur (Eberth, S. 58ff. sowie Ulrich, Krom S. 16) ist die Rede davon, dass es sich hierbei um den Evangelisten Markus handelt.

Koordinaten: 50° 14′ 57,8″ N, 10° 11′ 44,8″ O