Vinzenz von Paul

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 24. April 2016 um 10:27 Uhr durch GuddenTag (Diskussion | Beiträge) (BKL). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Vinzenz von Paul

Vinzenz von Paul oder Vinzenz Depaul (französisch Vincent de Paul, * 24. April 1581 in Pouy, heute Saint-Vincent-de-Paul in der Nähe von Dax in der Gascogne; † 27. September 1660 in Paris) war Priester und gilt als Begründer der neuzeitlichen Caritas. Am 13. August 1729 wurde Vinzenz durch Benedikt XIII. selig- und am 16. Juni 1737 durch Clemens XII. heiliggesprochen. 1885 ernannte Leo XIII. ihn zum Schutzpatron des Ordens der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul („Vinzentinerinnen“). Leitsatz des hl. Vinzenz von Paul war: „Liebe sei Tat.“

Biografie

Vinzenz von Paul studierte in den südfranzösischen Städten Dax (1594 bis 1597) und Toulouse (1597 bis 1604) Theologie. Er wurde im Jahre 1600 zum Priester geweiht und war jahrelang – auch auf abenteuerliche Weise – auf der Suche nach einträglichen kirchlichen Pfründen. Unter anderen wurde er 1605 von türkischen Piraten gefangengenommen und in Tunis als Sklave verkauft.[1] Nach drei Jahren Gefangenschaft wurde er 1607 befreit und kam über Rom 1608 nach Paris. Durch die Begegnung mit den Ärmsten der Gesellschaft, persönliche Krisen und die geistliche Begleitung des späteren Kardinals de Berulle vollzog sich in ihm eine Wandlung. Er wurde ein hingebungsvoller Pfarrer in Clichy (1612–1613), später Hauskaplan Margaretes von Valois' (geschiedene Gattin Heinrichs IV.) sowie Hauslehrer und Hauskaplan bei der adeligen Familie de Gondi. Er begleitete diese Familie auf ihre Güter und lernte dabei die religiöse Not der Landbevölkerung kennen. Um Abhilfe zu schaffen, begann er Missionen in den Pfarreien zu predigen. Bald fand er Helfer, und 1625 entstand daraus die Kongregation der Mission, auch Lazaristen oder „Vinzentiner“ genannt.

1617 gründete er in der Pfarrei Châtillon-les-Dombes (heute Châtillon-sur-Chalaronne) die erste Confrérie des Dames de la Charité, die „Bruderschaft der Damen der christlichen Liebe“, eine karitative Frauenvereinigung, die sich um Arme und Kranke sorgte. Sie war der Vorgänger der heutigen Internationalen Vereinigung der Caritas-Verbände. Sie verstanden sich bewusst als eine Alternative zur strengen Klausur der Nonnen. Eine diesbezügliche Aussage des hl. Vinzenz ging in die Lebensregel der Schwestern über: Ihr habt als Kloster die Häuser der Kranken, als Zelle eine Mietkammer, als Kapelle die Pfarrkirche, als Kreuzgang die Straßen der Stadt, als Klausur den Gehorsam, als Gitter die Gottesfurcht und als Schleier die heilige Bescheidenheit.[2] Sie legten keine ordensrechtliche Profess ab, sondern ein Versprechen, das für ein Jahr gilt und bis zum Tod erneuert werden konnte, oder auch nicht.

Den Damen wurde die Arbeit in den Caritasgruppen, vor allem in Paris, bald zu viel und zu schwer, so dass junge Landmädchen als Helferinnen angestellt wurden. Louise de Marillac, eine enge Mitarbeiterin von Vinzenz von Paul, nahm sich dieser Helferinnen an, und allmählich wurde daraus die Gemeinschaft der Töchter der christlichen Liebe.

1619 begegnete er in Paris Franz von Sales, zu dem er eine innige Freundschaft aufbaute, die bis zu dessen Tod 1622 anhielt.

Nachleben

Vinzentinerinnen

Sie sind heute mit rund 24.000 Mitgliedern unter dem Namen AIC (Association Internationale de Charité) die größte Frauengemeinschaft der katholischen Kirche. Daneben gibt es viele andere Frauengemeinschaften auf der ganzen Welt, die ebenso die Regel des hl. Vinzenz befolgen und als „Vinzentinerinnen“ oder „Barmherzige Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul“ gelten. Die Vinzentinerinnen waren auch das Vorbild für die von Mutter Teresa gegründete Ordensgemeinschaft Missionarinnen der Nächstenliebe. 1840 gründete Anna Weißebach nach dem Vorbild des hl. Vinzenz in Deutschland die Elisabeth-Vereine, aus denen die heutigen Caritas-Konferenzen Deutschlands hervorgegangen sind.

Kanonisierung

Vinzenz von Paul wurde im Jahr 1737 heiliggesprochen. Dabei wurde insbesondere sein Engagement für Kranke, Bettler, Findelkinder, verwahrloste Jugendliche, Geisteskranke, Sträflinge, Flüchtlinge und Vertriebene gewürdigt. Dom Hélder Câmara sprach in diesem Zusammenhang einmal von seinen „Antennen der Liebe“, die ihn jede Notsituation deutlich erkennen ließen. Dadurch konnte er zu einem sozialen Vorkämpfer des 17. Jahrhunderts werden.

Bestattung

Reliquienschrein

Sein Körper wurde 1712 – 53 Jahre nach seinem Tode – zum ersten Mal exhumiert. Ein Augenzeuge beschrieb, dass „… nur seine Augen und Nase Zeichen von Verwesung“ aufwiesen. Als sein Körper nach der Heiligsprechung im Jahre 1737 erneut exhumiert wurde, stellte sich jedoch heraus, dass sich der Körper aufgrund von Wassereinwirkung zersetzt hatte. Die Knochen wurden in ein wächsernes Abbild eingesetzt und diese Figur 1830 dann in einem Glassarg in der neuen Kapelle der Lazaristen, Chapelle Saint-Vincent-de-Paul, in der Rue de Sèvres in Paris zur Verehrung ausgestellt. Die Überführung der Reliquien veranlasste der Lazaristen-Ordensgeneral Dominique Salhorgne.[3]

Das Herz des Heiligen wird in der Mutterhauskapelle der Vinzentinerinnen in Paris (Rue du Bac) aufbewahrt.

Namensgebung

Die im 19. Jahrhundert von Frédéric Ozanam gegründete karitativ tätige Vinzenzgemeinschaft trägt seinen Namen. Auch die am 19. Juli 1927 gegründete Vinzentiner Kongregation von Malabar beruft sich auf den Heiligen.

Gedenktag

Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der 19. Juli als Gedenktag gefeiert. Heute ist sein Todestag, der 27. September, der offizielle evangelische, anglikanische und römisch-katholische Gedenktag des Ordensgründers.

Patronate

Der hl. Vinzenz gilt als Patron aller Vereinigungen, insbesondere:

Außerdem soll er neben dem hl. Antonius beim Wiederfinden verlorener Dinge helfen.

Literatur

Film

Weblinks

Commons: Saint Vincent de Paul – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Hünermann: Vinzenz von Paul. Theresia-Verlags AG, Lauerz 2005, Seite 60ff
  2. Mary Elizabeth O'Brien, Spirituality in Nursing (Sudbury [Massachusetts, USA] 2011, ISBN 978-0-7637-9650-1) S. 45.
  3. Chapelle Saint-Vincent-de-Paul, Paris in der französischen Wikipedia