Yogyakarta-Prinzipien

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Die Yogyakarta-Prinzipien (Im Original: „The Yogyakarta Principles. Principles on the application of international human rights law in relation to sexual orientation and gender identity“) wenden mit 29 Prinzipien die Menschenrechte in Bezug auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität an. Sie sollen angewandt werden in Fällen einer möglichen Verletzung der Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender, zusammengefasst LGBT. Sie wurden am 23. März 2007 von international anerkannten Menschenrechtlern im indonesischen Yogyakarta veröffentlicht.

Hintergrund

Die Prinzipien weisen geltende Menschenrechtsstandards aus, an die Regierungen sich halten sollten. Ziel ist es, auf internationaler und nationaler Ebene Richtlinien zum diskriminierungsfreien Umgang zu schaffen. Die Prinzipien verbieten Folter, Todesstrafe, Ehrenmord[1] und staatliche Diskriminierung und schreiben das Recht eine Familie zu gründen und das Recht auf Schutz der Gesundheit vor. Die Bundesregierung bezeichnete am 27. Dezember 2007 in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Linkspartei vom 11. Dezember 2007 die Yogyakarta-Prinzipien als „einen wichtigen Beitrag der Zivilgesellschaft, der geeignet ist, die Debatte zum Thema Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität zu versachlichen“.[2]

Neben dem Originaltext in englischer Sprache liegen inzwischen Fassungen in arabischer, chinesischer, französischer, russischer und spanischer Sprache vor. Im Sommer 2008 wurden die Richtlinien von der Hirschfeld-Eddy-Stiftung ins Deutsche übersetzt.

In 77[3] Ländern sind Handlungen aus Gründen sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität – also das Bekennen gleichgeschlechtlicher Lebensweise – strafbar, in sieben islamischen Ländern droht die Todesstrafe. Dies führt zu Anfeindungen, Verletzung der Persönlichkeit bis hin zu körperlichen Angriffen, Schändung und sogar Totschlag. Hinzu kommen unbegründete Festnahmen und Gefangenschaft. Auch in Europa werden LGBT behördlicherseits vielfach ausgegrenzt oder zumindest ignoriert. Vielfach wird ihnen das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit abgesprochen. Anhand der Yogyakarta-Prinzipien kann geprüft werden, inwieweit die Menschenrechte für LGBT vollständig umgesetzt wurden.

Die Prinzipien zielen auf eine cohärente und umfassende Identifizierung der Verpflichtung der Staaten ab, die Menschenrechte von allen Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität, zu respektieren.[4]

Zu den Erstunterzeichnern gehören:

Die Yogyakarta-Prinzipien

Die Yogyakarta-Prinzipien[5] sind mit einer 29-Punkte-Liste gegliedert. „Die Yogyakarta-Prinzipien sind die erste systematische Gesamtschau auf die Menschenrechtsgewährleistung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender.“ [6] Sie erklären die Anwendung der in den Menschenrechtspakten kodifizierten Rechte auf Lesben, Schwule und Transgender. Zu diesen Rechten zählen die Anerkennung vor dem Gesetz (Prinzip 3), das Recht auf Schutz vor willkürlicher Inhaftierung und das Recht auf einen fairen Prozess (Prinzipien 7 und 8), das Recht auf Meinungs- und Ausdrucksfreiheit und das Recht auf friedliche Versammlungsfreiheit (Prinzipien 19 und 20) sowie das Recht auf Wiedergutmachung (Opfer) und Strafrechtliche Verantwortung (Täter) (Prinzipien 28 und 29).

Kritik

Die Yogyakarta-Prinzipien werden von mancher Seite als Versuch einer Manipulation der Menschenrechte kritisiert. Insbesondere hat das amerikanische Catholic Family and Human Rights Institute (New York) alle bei den UN in NewYork akkreditierten Ständigen Vertretungen kontaktiert und ihnen eine Analyse übermittelt, der zufolge die Yogyakarta-Prinzipien die Autorität von Eltern und Familie, die Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit und die Souveränität der UN-Mitgliedstaaten infragestellen. Außerdem fehle es in dem Dokument an nachvollziehbaren Kriterien zur Unterscheidung zwischen verantwortbaren und nichtverantwortbaren sexuellen Verhaltensweisen.[7]

Die Generalversammlung der OSZE hat am 29. Juni 2013 mit großer Mehrheit (23:4) eine Begrüßung der umstrittenen Prinzipien abgelehnt.[8][9]

Einzelnachweise

  1. UNHCR Guigance Note on Refugee Claims Relating to Sexual Orientation and Gender Identity
  2. Deutscher Bundestag: Kleine Anfrage: Bewertung und Einschätzung der Yogyakarta-Prinzipien durch die Bundesregierung
  3. Human Rights Watch: UN: Support Global Gay Rights Charter, 5. November 2007
  4. Michael O’Flaherty and John Fisher, Sexual Orientation, Gender Identity and International Human Rights Law: Contextualising the Yogyakarta Principles, Human Rights Law Review 2008 8(2):207-248.
  5. Hirschfeld-Eddy-Stiftung: Yogyakarta-Prinzipien, deutsche Fassung, Berlin 2008. (PDF-Datei; 534 kB)
  6. Hirschfeld-Eddy-Stiftung: Menschenrechtsgewährleistung für Lesben, Schwule Bisexuell und Transgender
  7. Piero A. Tozzi J.D., Six Problems with the Yogyakarta Principles, Catholic Family and Human Rights Institute: International Organizations Research Group Briefing Paper (2007)
  8. OSCE Press Releases vom 29. Juni 2013: 24 items approved for Istanbul Agenda
  9. OSCEPA Video: Meeting of the Standing Committee 2013 OSCE PA ANNUAL SESSION ISTANBUL", 29. Juni 2013, 1:33:05–1:33:40; Diskussion beginnt 1:20:25

Literatur

  • Hirschfeld-Eddy-Stiftung: Die Yogyakarta-Prinzipien. Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität (= Schriftenreihe der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. Bd. 1, ISSN 1865-6056). Hirschfeld-Eddy-Stiftung, Berlin 2008.
  • Michael O'Flaherty, John Fisher: Sexual Orientation, Gender Identity and International Human Rights Law: Contextualising the Yogyakarta Principles. In: Human Rights Law Review. Bd. 8, Nr. 2, 2008, ISSN 1461-7781, S. 207–248.

Siehe auch

Weblinks