Haenel MK 556

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Haenel MK 556
MK 556
Allgemeine Information
Entwickler/Hersteller Haenel
Waffenkategorie Sturmgewehr
Ausstattung
Gesamtlänge 16 Zoll:
923 mm / 838 mm
14,5 Zoll:
883 mm / 798 mm
12,5 Zoll:
812 mm / 748 mm
10,5 Zoll:
781 mm / 696 mm
Gewicht (ungeladen) 3,6 kg (bei 16 Zoll)
3,5 kg (bei 14,5 Zoll)
3,4 kg (bei 12,5 Zoll)
3,35 kg (bei 10,5 Zoll) kg
Lauflänge 16 Zoll / 408 mm
14,5 Zoll / 368 mm
12,5 Zoll / 318 mm
10,5 Zoll / 266 mm
Technische Daten
Kaliber 5,56 × 45 mm NATO
Mögliche Magazinfüllungen 30 Patronen
Munitionszufuhr STANAG-Magazin
Montagesystem NATO-Schiene
Verschluss Drehkopfverschluss
Ladeprinzip Gasdrucklader[1]
Listen zum Thema

Das MK 556 ist ein Sturmgewehr des Suhler Waffenherstellers C. G. Haenel. Die Waffe basiert auf der Konstruktion des AR-15.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das MK 556 ist ein Gasdrucklader mit Drehkopfverschluss und kurzem Gaskolbenhub im Kaliber 5,56 × 45 mm NATO. Es weist Parallelen zum zivilen Selbstladegewehr Haenel CR223 auf. Serienmäßig ist es mit 4 NATO-Schienen ausgerüstet, an die beliebiges Zubehör montiert werden kann, so optische Visiere und auch ein klappbares offenes Visier. Die Feuerwahl- und Sicherungshebel sind beidhändig bedienbar, und Gasabnahme verstellbar. Es sind die Lauflängen 408 mm, 368 mm, 318 mm und 266 mm verfügbar.[1] Der Name der Waffe nimmt Bezug auf das Wort MaschinenKarabiner und das verwendete Kaliber.[2] Eine direkte Grundlage des MK 556 ist das Sturmgewehr Caracal CAR 816 des Haenel-Mutterkonzerns Caracal International.[3][4]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 2016 beliefert Haenel die Bundeswehr bereits mit dem Scharfschützengewehr G29, das jedoch in wesentlich geringeren Stückzahlen produziert wird. Im Oktober 2019 orderte die polnische Polizei 546 Sturmgewehre des Typs MK 556 über die Handelsgesellschaft UMO, einer Tochter der staatlichen Rüstungsholding Polska Grupa Zbrojeniowa, um damit HK416-Gewehre zu ersetzen.[5][6] Die halbautomatische Version des MK 556, das CR 223, ist bereits bei der sächsischen Polizei im Einsatz.[7]

Am 4. Januar 2024 gab die deutsche Bundesregierung bekannt, 5.000 Sturmgewehre MK 556 als militärische Unterstützungsleistung der Ukraine im Krieg gegen Russland zu liefern.[8]

Vergabeverfahren „System Sturmgewehr“ der Bundeswehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im September des Jahres 2020 hatte das MK 556 das vom Beschaffungsamt der Bundeswehr (BAAINBw) eröffnete Vergabeverfahren „System Sturmgewehr“ für die zukünftige Ordonnanzwaffe der Bundeswehr gewonnen.[9] Gefordert wurde ein Sturmgewehr im Kaliber 5,56 × 45 mm NATO oder 7,62 × 51 mm NATO mit beidseitigen Bedienelementen, einem Höchstgewicht von 3,6 kg und einer Lebensdauer von mindestens 30.000 Schuss (Lauf: 15.000 Schuss) sowie Varianten mit langem und kurzem Lauf. Das erste Los sollte ursprünglich im III. Quartal 2020 geliefert werden.[9][10] Die Bundeswehr sah einen Anschaffungsbedarf von 120.000 Ordonnanzwaffen,[9] bei einem zunächst angegebenem Auftragswert von 250 Millionen Euro.[10] Damit sollte das MK 556 das Sturmgewehr HK G36 des Herstellers Heckler & Koch (H&K) in dieser Position ablösen.[11][12]

Als Konkurrenzmodelle hatten neben dem MK 556 noch das HK416 und das HK433, mit denen sich H&K beworben hatte, am vorläufigen Ende des Vergabeverfahrens in der engeren Auswahl gestanden.[13] Ursprünglich bewarben sich auch SIG Sauer und eine Kooperation zwischen Rheinmetall und Steyr Mannlicher mit jeweils eigenen Modellen. SIG Sauer und Rheinmetall/Steyr schieden jedoch mit Hinweisen auf eine aus ihrer Sicht unfaire Ausgestaltung des Vergabeverfahrens aus.[14][15] Als im September 2020 das Vergabeverfahren entschieden schien, reichte H&K Beschwerde ein.[16] Durch die Vergabebeschwerde Heckler & Kochs kam zutage, dass beide Bieter im Verfahren die Angebotssummen deutlich gesenkt hatten – H&K auf 179 Millionen Euro, Haenel auf etwa 130 Millionen Euro.[16][17] Berichtet wurde, dass es illegale Preisabsprachen zwischen dem Beschaffungsamt der Bundeswehr und Haenel selbst gab.[18]

Im Oktober 2020 wurde der Produktionsauftrag aufgrund eines Nachprüfungsantrags des unterlegenen Bieters H&K schließlich gestoppt. H&K reklamierte eine Patentrechtsverletzung.[19] Laut Bewertung von H&K beging Haenel eine Patentverletzung bei der „Over the beach“-Fähigkeit.[20][21] Dabei soll es sich um ein H&K-Patent handeln, das die Schussfähigkeit der Waffe nach dem Auftauchen aus dem Wasser betrifft. Die entsprechende Klage von H&K bezieht sich allerdings auf das CR 223,[22] und laut Haenel verletzt das MK 556 das entsprechende Patent nicht.[23] Zu diesem Patentstreit lief Stand Juli 2021 ein Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf.[17] Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) teilte jedoch die Einschätzung hinsichtlich der Patentverletzung und schloss Haenel daraufhin vom Vergabeverfahren aus.[17] Haenel stellte einen Antrag, um wieder am Vergabeverfahren teilzunehmen.[21] Im Juni 2021 lehnte das Bundeskartellamt (BKartA) jenen Antrag ab und verwies darauf, dass die letzte Senkung der Angebotssumme, durch die Haenel seinen Konkurrenten Heckler & Koch preislich unterboten hatte, laut deutschem Vergaberecht nicht mehr zulässig gewesen war.[17] Im Jahr 2022 scheiterte C. G. Haenel mit einer Beschwerde in letzter Instanz vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.[24]

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Interne Gutachten bei der Bundeswehr bescheinigen dem MK 556 schlechtere Eigenschaften als dem HK416-Gewehr von Heckler und Koch. Diese Fakten sollen ebenfalls beim Vergabeprozess unterschlagen worden sein.[18]

Anfang Oktober 2020 äußerten die Bundestagsabgeordneten Tobias Lindner (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) ihre Bedenken gegen die Beschaffung, weil durch einen etwaigen Abfluss von Gewinnen aus dem Geschäft an Caracal International die arabische Militärintervention im Huthi-Konflikt im Jemen angeblich unterstützt werden könnte.[25] Lindner ergänzte später: „Wenn der Gewinn für den Bundeswehrauftrag im Unternehmen verbleiben sollte, ist das weniger bedenklich.“ Der Thüringer FDP-Landtagsabgeordnete Robert-Martin Montag bezeichnete die Kritik von Lindner und Strack-Zimmermann als absurd; folgte man der Argumentation, dürfe man auch kein Öl aus Saudi-Arabien importieren oder Autos von Mercedes-Benz kaufen, weil Kuwait an Daimler beteiligt sei – beides ebenfalls an der Militärintervention beteiligte Staaten.[25]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b MK 556. In: cg-haenel.de. C. G. Haenel, abgerufen am 14. September 2020.
  2. CR 223. In: cg-haenel.de. C. G. Haenel, abgerufen am 14. September 2020.
  3. Gernot Kramper: Die Firma, die das Sturmgewehr erfunden hat, liefert die neue Waffe der Bundeswehr. In: stern.de. Stern, 15. September 2020, abgerufen am 15. September 2020.
  4. CAR 816. In: caracal.ae. Caracal International, abgerufen am 15. September 2020 (arabisch, englisch).
  5. Arkadiusz Stando: Nowa broń dla policji. Ponad pół tysiąca karabinków za 6 milionów złotych. In: tech.wp.pl. wp-tech, 7. November 2019, abgerufen am 19. September 2020 (polnisch).
  6. Remigiusz Wilk: Haenel MK556 dla Policji. In: milmag.pl. MilMag – The Military Magazine, 4. November 2019, abgerufen am 19. September 2020 (englisch, polnisch).
  7. dr: Suhler Waffenhersteller C.G. Haenel liefert Gewehre an Polizei in Sachsen. In: mdr.de. MDR Thüringen, 24. April 2020, abgerufen am 14. September 2020.
  8. Liste militärischer Unterstützungsleistung. In: Deutsche Bundesregierung. 4. Januar 2024, abgerufen am 4. Januar 2024.
  9. a b c Germany Selects Haenel MK 556 to Replace HK G36 in Surprise Move. In: tactical-life.com. Athlon Outdoors, 16. September 2020, abgerufen am 17. September 2020 (englisch).
  10. a b Thomas Wiegold: Bundeswehr schreibt Auftrag für G36-Nachfolger aus – 120.000 Gewehre geplant. In: augengeradeaus.net. Thomas Wiegold, 21. April 2017, abgerufen am 17. September 2020.
  11. dpa/nto.: Waffenschmiede Haenel aus Thüringen soll neues Sturmgewehr liefern. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. September 2020, abgerufen am 14. September 2020.
  12. Waldemar Geiger: System Sturmgewehr Bundeswehr – C.G. Haenel gewinnt Ausschreibung um die G-36-Nachfolge. In: soldat-und-technik.de. S&T – Soldat und Technik, Mittler Report Verlag GmbH, 14. September 2020, abgerufen am 14. September 2020.
  13. Haenel von Vergabe des neuen Sturmgewehrs ausgeschlossen (Update) – Augen geradeaus! Abgerufen am 2. März 2021 (deutsch).
  14. dpa: Vergabeverfahren für G36-Nachfolge: Sig Sauer zieht sich zurück. In: shz.de. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag – Quelle: https://www.shz.de/147334 ©2020, 24. November 2017, abgerufen am 15. September 2020.
  15. Thomas Oberfranz: Auch Rheinmetall will den G36-Nachfolger nicht bauen. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. Februar 2018, abgerufen am 15. September 2020.
  16. a b Wolf von Dewitz, dpa: Doch Gewehr für die Bundeswehr?: Heckler & Koch zieht in juristische Schlacht. In: n-tv.de. n-tv, 29. September 2020, abgerufen am 29. September 2020.
  17. a b c d Bundeswehr: Großauftrag für neues Sturmgewehr – Kartellamt kritisiert wohl Beschaffungsamt. In: Der Spiegel. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  18. a b Lars Petersen: Heckler & Koch soll doch zum Zuge kommen: Bundeswehr will C.G. Haenel den Sturmgewehr-Auftrag entziehen. 19. Februar 2021, abgerufen am 19. Februar 2021.
  19. Thomas Wiegold: Vergabeverfahren für neues Bundeswehr-Sturmgewehr vorerst gestoppt. In: augengeradeaus.net. Thomas Wiegold, 9. Oktober 2020, abgerufen am 10. Oktober 2020.
  20. HK416 A8 wird System Sturmgewehr Bundeswehr – BMVg will Auftrag an Heckler & Koch vergeben. In: soldat-und-technik.de. S&T – Soldat und Technik, Mittler Report Verlag GmbH, 2. März 2021, abgerufen am 2. März 2021.
  21. a b Patentstreit um Haenel-Waffe: Sturmgewehr-Deal geht an Heckler & Koch. In: n-tv.de. 1. März 2021, abgerufen am 2. März 2021.
  22. Thomas Wiegold: Vergabeverfahren fürs neue Sturmgewehr: Mitten im Patentstreit. In: augengeradeaus.net. Thomas Wiegold, 12. Oktober 2020, abgerufen am 17. Oktober 2020.
  23. Lars Petersen: Verteidigungsministerium räumt Probleme bei Sturmgewehr-Auftrag ein. In: businessinsider.de. 27. Oktober 2020, abgerufen am 27. Oktober 2020.
  24. Bundeswehr: Haenel scheitert mit Beschwerde gegen Sturmgewehr-Auftrag für Heckler & Koch. In: Der Spiegel. 22. Juni 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 22. Juni 2022]).
  25. a b seg: Grüne und FDP wenden sich gegen Sturmgewehr-Auftrag an Haenel. In: mdr.de. 4. Oktober 2020, abgerufen am 10. Oktober 2020.