„Deutsch-Französischer Krieg“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Ficbot (Diskussion | Beiträge)
Matthead (Diskussion | Beiträge)
Zeile 167: Zeile 167:
* [http://www.omaha-beach.org/Travel/1870/1870-71.html Informationen und Karten zu den Schlachten von Weissenburg, Wörth und Gravelotte]
* [http://www.omaha-beach.org/Travel/1870/1870-71.html Informationen und Karten zu den Schlachten von Weissenburg, Wörth und Gravelotte]
* [http://petitsamisdelacommune.chez-alice.fr/ Der Deutsch-Französische Krieg in Bildern] (Französisch)
* [http://petitsamisdelacommune.chez-alice.fr/ Der Deutsch-Französische Krieg in Bildern] (Französisch)
* [http://einestages.spiegel.de/static/authoralbumbackground/247/kurt_juergen_voigt_mit_musik_nach_paris.html Briefe des preuß. Militärmusikus F.-W. Voigt 1870/71 von Potsdam bis Paris]


[[Kategorie:Geschichte (Deutschland)]]
[[Kategorie:Geschichte (Deutschland)]]

Version vom 28. Oktober 2007, 14:27 Uhr

Zeitgenössische Darstellung der Schlacht von Mars-la-Tour, aus Canadian Illustrated News, 19 November 1870, vol.II, no. 21, 336.


Den Deutsch-Französischen Krieg von 1870–1871 (umgangssprachlich auch „Siebziger Krieg“) erklärte das Kaiserreich Frankreich gegen Preußen nach Streitigkeiten um die spanische Thronfolge. Die bewusst verkürzte Veröffentlichung der sog. Emser Depesche (eines Berichts Wilhelms I. an Bismarck) durch den preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck diente den Franzosen als Vorwand zur Erklärung des Krieges am 19. Juli 1870.

Die Herrscher der süddeutschen Staaten, die noch 1866 im Deutschen Krieg gegen Preußen gekämpft hatten, stellten sich gemäß ihren Bündnisverträgen und der öffentlichen Meinung – jedoch vom französischen Kaiser Napoléon III. unerwartet – gegen Frankreich. Der Krieg endete in einer schnellen Niederlage des französischen Kaisers und gipfelte in der Reichsgründung von Versailles, wurde aber von republikanischen Kräften noch monatelang weitergeführt, u. a. mit Guerilla-Methoden. Erst Anfang 1871, nach der Gründung des zweiten Deutschen Kaiserreiches, gab Paris auf. In diesem Zusammenhang muss auch der Kommune-Aufstand erwähnt werden (→ Abs. unten), obwohl er erst zwei Monate nach der Kapitulation von Paris dort begann (28. März) und erst nach Abschluss des Friedensvertrages (10. Mai 1871) niedergeschlagen werden konnte (28. Mai 1871).

Der Krieg wird in Frankreich und im englischen Sprachraum auch – nach der Gewohnheit, den Angreifer zuerst, den Angegriffenen als zweiten zu nennen – „Französisch-Deutscher Krieg“ (Guerre Franco-Allemande bzw. Franco-Prussian War) genannt.

Vorgeschichte

Der französische Kaiser Napoléon III. hatte bereits im Vorfeld des Deutschen Krieges (1866) versucht, Vorteile aus der Rivalität zwischen Österreich und den anderen süddeutschen Ländern gegenüber Preußen zu schlagen, indem er mit beiden Seiten über ein mögliches Eingreifen oder eine französische Neutralität verhandelte. In diesen Krieg konnte Frankreich aufgrund des schnellen Sieges von Preußen aber dann gar nicht eingreifen. Kaiser Napoleon sah dies indirekt als französische Niederlage an; der Ruf nach „Rache für Sadowa“ (frz. Name der Schlacht von Königgrätz) kam in Frankreich auf.

Statt mit geschwächter Machtstruktur im deutschen Staaten-Konglomerat war Preußen 1866 gestärkt aus dem Konflikt mit Österreich hervorgegangen: Als Folge des sog. Deutschen Krieges wurde unmittelbar nach 1866 der Norddeutsche Bund gegründet, was in Frankreich als weitere Provokation angesehen wurde. Bismarck hatte Napoleon III. zwar zugesagt, das „norddeutsche Bündnis“ nicht über den Main hinaus zu erweitern, es wurden jedoch ergänzend zu den Friedensverträgen mit den süddeutschen Staaten (außer Österreich) geheime „Schutz- und Trutzbündnisse“ (gegenseitige Verteidigung im Falle eines Angriffskriegs, siehe auch die Textpassage im Deutschlandlied) eingegangen.

Im weiteren Verlauf der 1860er wurden die französisch-preußischen Spannungen weiter verschärft, insbesondere durch Bündnisverhandlungen Frankreichs mit Österreich und Italien. 1867 kam es zur Luxemburgkrise. Vor dem Krieg 1866 hatte Napoleon mit Preußen über Gebietserwerbungen als Kompensation für seine Neutralität verhandelt. Dabei war auch Luxemburg erwähnt worden. Bismarck hatte keine Einwände offengelegt, aber angedeutet, dass Frankreich selbst aktiv werden müsse. Luxemburg war vormals Mitglied des Deutschen Bundes und hatte aus dieser Zeit noch eine preußische Garnison. Die Luxemburger hatten im Mittelalter mehrere Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gestellt und waren durch den Großherzog von Luxemburg, der auch König der Niederlande war, mit den Niederlanden in Personalunion verbunden. 1867 wollte Frankreich Luxemburg vom finanziell angeschlagenen König erwerben. Als dies ruchbar wurde, kam es in den deutschen Fürstentümern zu heftigen Protesten, u.a. zu einer von Bismarck bestellten Anfrage im Reichstag des Norddeutschen Bundes. Napoleon musste seine Pläne fallen lassen, und Luxemburg wurde im Zweiten Londoner Vertrag von 1867 für neutral erklärt.

Für Napoleon war dies eine Niederlage, die sein ohnehin schon angekratztes politisches Ansehen weiter minderte. Innenpolitisch musste er sich gegen republikanische Bestrebungen wehren, ruhmreiche Schlachten in der Tradition seines Vorfahren hätten in dieser Situation hilfreich sein können.

Ursache und Anlass

1868 hatten spanische Militärs die Königin Isabella II. abgesetzt. Seitdem suchten die Spanier in den europäischen Fürstenhäusern nach einem Kandidaten, den das Parlament zum König wählen könnte. Ein vielversprechender Kandidat war Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, Spross einer süddeutschen Nebenlinie der Hohenzollern. Er war gemäßigt katholisch, wenig ehrgeizig und zudem mit Napoleon verwandt. Der Prinz selbst hatte wenig Ambitionen auf den spanischen Thron, lehnte ihn auch im April 1870 ein erstes Mal ab, ließ sich aber 1870 von Bismarck überreden, die Kandidatur doch anzunehmen. Auch König Wilhelm I. gab, wenn auch widerstrebend, seine Zustimmung.

Sowohl Bismarck als auch Napoleon spielten mit der Kandidatur, um die jeweils andere Seite zu provozieren und ihr eine diplomatische Niederlage beizubringen. Napoleon war mehr als jeder andere Monarch in Europa von der Unterstützung des Volks abhängig, und es galt gleichzeitig, gravierende innenpolitische Mängel zu überdecken. Deshalb suchte Napoleon sein Heil in der Außenpolitik, von der er sich Erfolge erhoffte, seine Popularität weiterhin sichern zu können.

Bismarck wiederum hoffte, nationale Begeisterung zu erzeugen. Beide Seiten wussten natürlich auch, dass sie mit der Kriegsgefahr spielten. Als die Kandidatur offiziell bekannt wurde, reagierte man in Frankreich überrascht und bereitwillig empört über das Ansinnen, Frankreich mit einem deutschen König in Spanien in den Rücken zu fallen. Der Außenminister, Herzog von Gramont, hielt eine leidenschaftliche Rede im Parlament, in der er mit Krieg drohte.

Der preußische König Wilhelm I. und Prinz Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen zogen daraufhin die Kandidatur zurück, zur Enttäuschung vieler Deutscher. Anstatt sich mit diesem diplomatischen Sieg zu begnügen, verlangte Gramont von König Wilhelm zusätzlich eine Entschuldigung und das Versprechen, nie wieder einer hohenzollernschen Thronkandidatur in Spanien zuzustimmen. Die Forderungen wurden nicht nur über normale diplomatische Kanäle gestellt, sondern auch direkt vom französischen Botschafter Graf Benedetti an Wilhelm selber, auf der Kurpromenade in Bad Ems.

Der König reagierte auf die an ihn herangetragenen Forderungen höflich und reserviert, er habe noch keine neuen Nachrichten bekommen, weitere Audienzen seien unnötig; Heinrich Abeken berichtete darüber nach Berlin an Otto von Bismarck, den preußischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes. Dieser kürzte die telegrafische Nachricht seines Mitarbeiters über die Unterredung, und zwar so, dass sowohl das Auftreten Benedettis als auch die Ablehnung des Königs schroffer aufgefasst werden konnten. Die Veröffentlichung dieser Emser Depesche am 13. Juli in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" nahm die französische Öffentlichkeit, wie angesichts der gespannten Lage zu erwarten, als Provokation und Kriegsgrund auf.

Damit hatte Bismarck die französischen Drohungen, das ungeduldige Vorgehen Benedettis und die Empfindsamkeiten der Franzosen geschickt ausgenutzt, indem er auch selber anstatt direkter diplomatischer Kanäle den Gang an die Öffentlichkeit vorzog. Am 19. Juli 1870, nachdem schon zuvor die Mobilisierung angelaufen war, beugte sich Napoleon III. dem Druck der Öffentlichkeit und nationaler Kreise und erklärte Preußen den Krieg. Damit erfüllte die Depesche den von Bismarck beabsichtigten Zweck: Frankreich betätigte sich als Aggressor, denn auch in den Augen der Weltöffentlichkeit war der Anlass nichtig, die Franzosen hatten sich durch überhöhte Forderungen selbst in Zugzwang gebracht.

Bismarck hatte diese französische Antwort auf seine Veröffentlichung der geänderten Depesche richtig einkalkuliert, denn nur bei einem Angriff von außen konnte er die bestehenden militärischen Beistandsbündnisse der einzelnen süddeutschen Staaten einfordern und damit sein politisches Ziel erreichen: ein „kleindeutsches Reich“ unter Preußens Führung.

Durch geschickte Diplomatie seitens Bismarcks und ebenso ungeschickte seitens Napoleons war Frankreich isoliert und galt als der Aggressor. Das 1866 geschlagene Österreich zog es u.a. wegen mangelnder Vorbereitung, drückender Schulden und Maßnahmen von Seiten des propreußischen Russlands vor, neutral zu bleiben, ebenso wie Dänemark. Die Beneluxländer und Großbritannien hielt Bismarck aus dem Krieg, indem er ein Papier hervorholte, in welchem Frankreich im Vorfeld des Krieges 1866 Pläne zur Annexion des frankophonen Teils Belgiens niedergelegt hatte. Russland war Frankreichs Gegner im Krimkrieg gewesen, der noch nicht vergessen war. Die jüngst teilweise geeinten Italiener hatten zwar erduldet, dass Savoyen von Frankreich annektiert wurde; sie beanspruchten aber den Kirchenstaat um Rom herum. Frankreich trat allerdings als Schutzmacht des Papstes auf; aber durch den Krieg 1870/71 ging diese Position verloren, so dass Preußen indirekt den Papst schwächte (siehe Kulturkampf).

Sturm auf die Spicherer Höhen bei Saarbrücken - Gemälde von Anton von Werner

Frankreich, damals die wohl stärkste Großmacht auf dem europäischen Kontinent, mit einer sich massiv überschätzenden Berufsarmee, hielt sich in dem nun folgenden Krieg auch ohne Verbündete für überlegen. Die militärische Kraft des Norddeutschen Bundes wurde unterschätzt. Einer kompletten Fehleinschätzung erlag man auch hinsichtlich der Tatsache, dass die süddeutschen Staaten mit Preußen (und nicht gegen Preußen) auftraten. Auch der Zeitvorteil der eigenen stehenden Berufsarmee gegenüber den Wehrpflicht-Armeen in Deutschland war geringer als erhofft.

Am 16. Juli trat der Bundesrat zusammen und erklärt sich mit den Erklärungen Bismarcks einverstanden. Zum 19. wurde der Reichstag des Norddeutschen Bundes einberufen und von König Wilhelm, dem Bundespräsidenten, mit einer verhältnismäßig gemäßigten Thronrede eröffnet. Unmittelbar nach der Feierlichkeit empfing Bismarck die französische Kriegserklärung; die Mitteilung darüber wurde in der sogleich anschließenden Reichstagsitzung mit Jubel aufgenommen. Die süddeutschen Fürsten befahlen aufgrund dieser Kriegserklärung ebenfalls die Mobilmachung ihrer Truppen.

Verlauf

Napoléon III. als preußischer Gefangener im Gespräch mit Bismarck nach der Schlacht von Sedan

Durch die gut geplante Mobilisierung, die als Reaktion auf die turbulente Sitzung im französischen Senat vom 15. Juli in Bayern und in Preußen bereits am 16. Juli angelaufen war, wurden mit Hilfe der Eisenbahnen deutsche Truppen schnell ausgerüstet und in den Einsatzräumen zusammengezogen, während die Organisation in Frankreich schleppender verlief. Der König von Bayern befahl die Mobilmachung bereits am 16. Juli, ebenso der Großherzog von Baden, der König von Württemberg am 17. Juli. So war die gesamte deutsche Heereskraft unter der vereinigten Führung des Königs von Preußen vertragsmäßig zusammengefasst. Trotzdem ließ man sich planmäßig Zeit, Reserven und weitere Pferde auszuheben, so dass alle Truppenteile auf volle Kriegsstärke gebracht wurden. Erst nachdem dies vollendet war, marschierte man an der Grenze auf.

Die Streitkräfte der verbündeten deutschen Staaten betrugen: in erster Aufstellung zu den Operationen 447.000 Mann, als erste Reserve zum Nachrücken bereit 188.000 Mann, als zweite Reserve 160.000 Mann Landwehr und 226.000 Ersatztruppen, im Ganzen also 1.021.000 Mann.

Die höchste Effektivstärke der deutschen Heere betrug gegen Kriegsende (1. März 1871) unter Einschluss der Ärzte und Beamten 1.350.787 Mann, von denen auf französischem Boden 464.221 Mann Infanterie, 55.562 Reiter und 1.674 Geschütze an Feldtruppen sowie 105.072 Mann Infanterie, 5.681 Reiter und 68 Geschütze an Besatzungstruppen standen.

Deutsche Feldtruppen in Frankreich, gegen Ende des Krieges (1. März 1871), ohne Besatzungs- und Ersatztruppen
Infanterie Kavallerie Geschütze
Norddeutscher Bund 385.600 Mann 48.000 Mann 1284 Geschütze
Bayern 50.000 Mann 5500 Mann 192 Geschütze
Württemberg 15.000 Mann 1500 Mann 54 Geschütze
Baden 11.700 Mann 1800 Mann 54 Geschütze
462.000 Mann 56.800 Mann 1584 Geschütze

Der ursprüngliche Plan des Franzosen Adolphe Niel, über Trier ins Rheinland vorzustoßen, wurde aufgegeben; stattdessen war man zunächst defensiv aufgestellt und sollte gemäß dem Plan von General Charles Frossard innerdeutsche Auseinandersetzungen abwarten, worauf man als Befreier einmarschieren könnte.

„Die Berennung von Lichtenberg“ (Elsass), August 1870

Der Aufmarsch der deutschen Truppenteile erfolgte dagegen in einem sehr hohen Tempo und traf die französische Armee zum Teil unvorbereitet. Schon am 3. August standen 320.000 Deutsche an der Grenze, eine vom französischen Volk erhoffte Großoffensive wäre gescheitert. Saarbrücken jedoch, strategisch eher isoliert und nur mit einer Division geschützt, wurde zunächst eingenommen, dann aber wieder geräumt.

Drei Armeen, geführt von Karl Friedrich von Steinmetz, Prinz Friedrich Karl von Preußen und Kronprinz Friedrich Wilhelm, marschierten durch Elsaß-Lothringen ein, das Ludwig XIV. knappe zwei Jahrhunderte zuvor annektiert hatte. Die Franzosen wurden durch die beweglichere deutsche Führung ausmanövriert, die koordiniert war vom preußischen Generalstab unter Helmuth von Moltke: Dadurch verlor Frankreich in kurzer Folge die Schlachten bei Weißenburg, Wörth und Spichern. Nach seiner Niederlage bei Wörth räumte das französische Feldheer das Elsass und überließ das Rheintal der deutschen 3. Armee, die nach Süden vorrückte, das Elsass besetzte und schließlich die Festung Belfort belagerte. Einzig die Zitadelle von Bitsch konnte von den Deutschen nicht eingenommen werden und ergab sich erst am 25. März 1871.

Während die preußischen Hinterlader-Zündnadelgewehre gegen Österreich noch überlegen waren, hatten die Franzosen nun Vorteile bei Reichweite und Schussfolge mit dem neuen Chassepot-Gewehr und dem Mitrailleuse-Maschinengewehr. Dafür waren die stählernen Hinterlader-Geschütze von Alfred Krupp die ausschlaggebende Artillerie, die mit mehr als 4 km über die doppelte Reichweite verfügte.

Die französischen Armeen konnten meist umfasst und dann zu überstürzten Rückzügen oder zu Teil-Kapitulationen gezwungen werden. Die Preußen setzten sich aber auch gegen vierfache Überzahl durch, etwa als bei Mars-la-Tour der französischen „Rhein-Armee“ der Rückzug nach Verdun verwehrt wurde, so dass diese in der Schlacht bei Gravelotte gestellt werden konnte.

Napoléon III. bei Sedan von Wilhelm Camphausen

Nach der Niederlage bei Gravelotte zog Marschall Bazaine die französische Rheinarmee zurück nach Metz in den Schutz des starken Festungsgürtels. Dort wurden er und seine Truppen ab dem 20. August von der 2. Armee unter Führung von Prinz Friedrich Karl (linkes Moselufer) und der 1. Armee unter Manteuffel (rechtes Moselufer) eingeschlossen. Um die Belagerung von Metz zu beenden wurden die unter dem Kommando von Marschall Mac Mahon um Châlons zusammengezogenen Truppen zur Verstärkung nach Metz beordert. Mac Mahon begann am 23. August 1870 mit dem Marsch nach Reims mit der Absicht, weiter über Montmédy und dann entlang der belgischen Grenze nach Metz zu gelangen.

Im Gefecht von Beaumont am 30. August 1870 schlugen Teile der deutschen 3. und 4. Armee die französischen Châlons-Armee, die sich nun auf Sedan zurückzog. Die Hauptmasse der französischen Truppen erlitt am 1. September 1870 in der Schlacht von Sedan die entscheidende Niederlage.

Die Kapitulation erfolgte einen Tag später, am 2. September, dem späteren Sedantag, durch Emanuel Félix de Wimpffen, der am 1. September, nach Mac Mahons Verwundung, den Oberbefehl übernommen hatte. Auch Napoléon III. geriet bei Sedan in preußische Kriegsgefangenschaft, er wurde zunächst in Kassel interniert und emigrierte später nach London.

Napoleon übergibt seinen Degen - Lithographie von Hartwich

Mit der Kapitulation des Franzosen-Kaisers und seiner Armee sowie der noch Wochen andauernden Belagerung seiner Rhein-Armee in Metz war mehr als eine Vorentscheidung gefallen. Bismarck wollte den Krieg beenden, da ein Eingreifen eines der verfeindeten Nachbarländer nicht auszuschließen war, und bot moderate Friedensbedingungen an, mit geringen Grenzverschiebungen im Elsaß, auch weil man fürchtete, dass weitere Gebietszuwächse, insbesondere mit Katholiken, schwer zu verdauen sein würden.

Die Bevölkerung von Paris revoltierte daraufhin, die Regierung von Kaiser Napoléon III. wurde abgesetzt und die Dritte Republik ausgerufen. Die neue „Regierung der nationalen Verteidigung“, unter anderen mit Léon Gambetta, war jedoch zu keinerlei Zugeständnissen bereit. Sie veröffentlichte am 4. September 1870 einen Aufruf an das französische Volk (Proclamation au peuple français), der die Aufforderung enthielt, in „nationalem Widerstand“ weiterhin das Land zu verteidigen. Im Süden und Westen des Landes wurden neue Zivilisten für das Militär rekrutiert.

Das führte ab dem 19. September zur Belagerung der französischen Hauptstadt und – noch vor Jahresende – zu deren systematischer Beschießung durch preußische und verbündete Streitkräfte. Dies und der völkerrechtswidrige Guerillakrieg der Franc-tireur (Freischützen/Freischärler) führte zu einer erheblichen Verbitterung auf beiden Seiten.

Nach der Kapitulation von Metz im Oktober wurde ein Großteil der deutschen Truppen frei, und Prinz Karl konnte gegen die neu aufgestellten französischen Armeen in Flandern, an der Loire, im Lyonnais und in der Normandie vorgehen und sie an einem Entsatz des belagerten Paris hindern. Unter anderen wurden Franzosen bis auf Schweizer Gebiet getrieben und dort von Eidgenossen interniert.

Am 28. Januar 1871 kapitulierte schließlich Paris. Aber die Stadt blieb ein Unruheherd: Der „Kommune-Aufstand“ (→ Abs. unten) begann zwar erst am 28. März, aber bis zum Abschluss des Friedensvertrages (10. Mai) dauerte es noch sechs Wochen. In der Tat war dieser Aufstand erst am 28. Mai endgültig niedergeschlagen und schon dadurch auch für die deutsche Politik im damaligen Frankreich wichtig. Die Frage war, ob man es bei reiner Militärpolitik belassen und im Übrigen nach dem Prinzip der Nichteinmischung verfahren konnte.

Reichsgründung und Kriegsende

Reichsgründung im Spiegelsaal von Schloss Versailles

Nach dem erfolgreichen Kriegsverlauf konnte Bismarck die süddeutschen Staaten zum Eintritt in einen „kleindeutschen" Nationalstaat (d.h. einen deutschen Nationalstaat ohne Österreich) bewegen. Am 18. Januar 1871 ließ sich Wilhelm I. auf Betreiben Bismarcks im Spiegelsaal des französischen Schlosses zu Versailles zum Kaiser proklamieren. Die Proklamation Wilhelms zum deutschen Kaiser, noch dazu an diesem Ort, wurde in Frankreich als Demütigung empfunden. Sie war eine Demonstration der absoluten Überlegenheit und somit eine nicht unerhebliche politische Entscheidung, die die deutsch-französische Feindschaft anheizte. Am 10. Mai 1871 wurde im Frankfurter Hotel zum Schwan, nach langwierigen Verhandlungen in Brüssel und Frankfurt, ein Friedensvertrag mit Frankreich geschlossen. Diesem vorausgegangen war der Vorfrieden von Versailles, der am 26. Februar 1871 geschlossen wurde.

Der Tag der Schlacht bei Sedan wurde als „Sedantag“ gefeiert. Bald wurde die Schlacht zum Symbol der Überlegenheit über den „Erbfeind“ hochstilisiert. Militärs und Zivilisten glaubten fest daran, diesen Sieg jederzeit wiederholen zu können.

Der Aufstand der Pariser Kommune

Am 18. März 1871 versuchte der französische Premierminister Adolphe Thiers, die verteidigungsbereite Nationalgarde von Paris entwaffnen zu lassen. Dies führte zu einem Aufstand. Am 26. März 1871 übernahm in Paris eine Revolutionsregierung die Macht, die Commune de Paris. Die republikanische Übergangsregierung wurde als abgesetzt erklärt. Die bewaffneten Milizen der Pariser Kommune wurden erst im Mai 1871 von der neu geordneten konterrevolutionären französischen Armee im Straßenkampf in Paris besiegt. In der Blutigen Woche vom 21. bis 28. Mai gab es 25.000 Tote. Es folgten 38.000 Verhaftungen und 7500 Deportationen.

Kriegsfolgen

Preußische Truppen ziehen nach dem Krieg in Berlin ein

Das besiegte Frankreich musste im Frieden von Frankfurt die seit den mittelalterlichen „Straßburger Eiden“ zum Ostfrankenreich („Königreich der Deutschen”) bzw. dem nachfolgenden Heiligen Römischen Reich gehörenden und überwiegend von deutschsprachigen Menschen besiedelte Gebiete des Elsass und einen Teil von Lothringen abtreten, die es beginnend mit dem Westfälischen Frieden Mitte des 17. bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts annektiert hatte. Dabei spielten nicht nur die Sprachgrenzen eine Rolle, auch Gebiete mit vorwiegend französischsprachiger Bevölkerung in Nordlothringen wurden wegen der dortigen Eisenerzminen vom neuen Deutschen Reich verlangt. Außerdem musste Frankreich Kontributionszahlungen in Höhe von 5 Milliarden Francs an das Deutsche Reich leisten. Dieser „Reichskriegsschatz“ wurde zu einem kleinen Teil (120 Mio.) im Juliusturm der Zitadelle Spandau eingelagert. Dieser Teil fiel nach Ende des Ersten Weltkrieges zurück an Frankreich.

Der größere Teil der hohen Kriegsentschädigungen war eine der Ursachen des Gründerzeitbooms. Unter anderem wurden mit ihnen Infrastrukturmaßnahmen im ganzen Deutschen Reich finanziert (Poststationen in Ostpreußen, Kirchen und Schulen in der Pfalz und im Elsaß sind heute noch sichtbare Zeichen). Im Gegenzug wurde die französische Wirtschaft durch die Aufbringung der Kriegsentschädigungen in ihrer Entwicklung behindert. Das Deutsche Reich wurde in der Folge die größte Binnenvolkswirtschaft der Welt. Die Wirtschaftskraft ermöglichte dem Reich die Finanzierung einer hochmodernen und schlagkräftigen Hochseeflotte, die ebenso wie der Anspruch, neben Großbritannien und Frankreich als weitere Großmacht akzeptiert zu werden, das Misstrauen der bis zu diesem Zeitpunkt einzigen global agierenden Seemacht Großbritannien erregte.

Bismarck zementierte mit der von ihm betriebenen Kaiserproklamation die Teilung des ehemaligen Territoriums des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“ in ein norddeutsches „Deutsches Reich“ und die - mittlerweile durch den Ausgleich von 1867 geschaffene - Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, die aufgrund ihrer weit über das alte Reichsgebiet des „Heiligen Römischen Reiches (deutscher Nation)" hinausgehenden Territorien als Vielvölkerstaat unter der Herrschaft der deutschen Habsburger fortbestand. Die Reichsidee war gleichwohl ideelle Grundlage des späteren Beistandspaktes zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn (gemeinsam mit Italien als „Dreibund" vertraglich sanktioniert). Dieser Beistandspakt war es, der das Deutsche Reich 1914 ohne eigene, unmittelbare Bedrohung veranlasste, in „Nibelungentreue" an der Seite Österreich-Ungarns den Ersten Weltkrieg einzugehen.

Kriegerdenkmal in Hamburg

Die Abtretung Elsaß-Lothringens - und damit auch die Revision der französischen Expansionspolitik seit dem Dreißigjährigen Krieg am Rhein - manifestierte den politischen Gegensatz („Erbfeindschaft“) zwischen Frankreich und dem neu gegründeten Deutschen Reich. Léon Gambetta, Staatsmann der Dritten Republik, fasste die weitverbreiteten französischen Revanchegelüste mit dem Satz „Niemals davon sprechen, immer daran denken.“ (frz. Original: „Toujours y penser, jamais en parler“) zusammen. Während Bismarck außenpolitisch das Ziel verfolgte, Frankreichs Augenmerk auf die Erweiterung des kolonialen Überseebesitzes abzulenken, verstärkte Wilhelm II. bewusst den Gegensatz mit Frankreich, indem er das Deutsche Reich beispielsweise in Marokko (Panthersprung nach Agadir) offen gegen dessen Ziele positionierte. Innenpolitisch gelang es dem Deutschen Reich zu spät, die neu hinzu- bzw. zurückgewonnenen Territorien westlich des Rheins als gleichberechtigte Teile in das Deutsche Reich zu integrieren.

Wenngleich festgestellt werden kann, dass auf den 1870/71-Krieg eine der längsten Friedensphasen (bis 1914) in Westeuropa folgte, konnte und sollte ein politischer Ausgleich zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich nicht erreicht werden. Der Ausbruch des Krieges 1914 emotionalisierte daher Deutsche und Franzosen gleichermaßen: die Deutschen in der Erwartung, den „Welschen“ nachhaltig alle Ambitionen auf Ostexpansion auszutreiben, die Franzosen in dem revanchistischen Ziel, die Deutschen weit hinter den Rhein zurückzudrängen und die Schmach von 1870/71 wettzumachen. Nachdem der Krieg von 1914/18 erfolgreich für die Franzosen und ihre Verbündeten endete, legte der dem Zeitgeist entsprechende revanchistische Versailler Vertrag die Grundlagen für die tiefgreifende Staatskrise der jungen deutschen Republik (Weimarer Republik) und erleichterte es nunmehr umgekehrt nach Revanche rufenden Kreisen auf deutscher Seite, einen Ausgleich zwischen den Nachbarländern erfolgreich zu verhindern.

Quellen

  • Helmuth von Moltke: Geschichte des deutsch-französischen Krieges von 1870–71. Volksausgabe zur Wiederkehr der Gedenktage unserer vor 25 Jahren erfochtenen Siege in den großen Kämpfen von 1870–71. Mittler, Berlin 1895 (Reprint: Melchior, Wolfenbüttel 2005, ISBN 3-939102-10-5).
  • Theodor Fontane: Der Krieg gegen Frankreich 1870–1871. 1873–1876 (Reprint: Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza 2004, ISBN 3-937135-25-1, ISBN 3-937135-26-X, ISBN 3-937135-27-8).
  • Sigismund von Dobschütz: „Wir sind dahin gekommen, ganze Dörfer niederzubrennen“. Briefe aus dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und der Okkupationszeit 1872/73 von Paul von Collas an seine Eltern. In: Ostdeutsche Familienkunde (OFK), ISSN 0472-190X, Heft 1/2006, Seite 321f. (Paul von Collas war damals Generalstabsoffizier und Adjutant unter Karl Friedrich von Steinmetz und später unter General Edwin von Manteuffel, dessen Memoiren er schrieb.)
  • Émile Leclercq: La Guerre de 1870. L’ésprit parisien produit du regime impérial. 5. Auflage, Claassen, Brüssel 1871 (Digitalisat als PDF).

Literatur

  • François Roth: La guerre de 1870. Fayard, Paris 1990, ISBN 2-213-02321-2.
  • David Wetzel: Duell der Giganten. Bismarck, Napoleon III. und die Ursachen des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71. Schöningh, Paderborn u. a. 2005, ISBN 3-506-71791-X.
  • Matthias Steinbach: Abgrund Metz. Kriegserfahrung, Belagerungsalltag und nationale Erziehung im Schatten einer Festung 1870/71. Oldenbourg, München 2002, ISBN 3-486-56609-1.
  • Illustrierte Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges 1870–1871. Melchior, Wolfenbüttel 2006, ISBN 978-3-939791-06-5.
  • Martin Feller: Der Dichter in der Politik: Victor Hugo und der deutsch-französische Krieg von 1870/71. Phil. Diss., Marburg 1988.
  • Andreas Metzing: Kriegsgedenken in Frankreich (1871–1914). Studien zur kollektiven Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Dissertation, Universität Freiburg 1995 (Volltext, PDF).
  • Geoffrey Wawro: The Franco-Prussian War. The German conquest of France in 1870 - 1871.. New York, 2003, ISBN 978-0-521-61743-7.

Weblinks