„Karfreitag“ – Versionsunterschied

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Version vom 20. März 2008, 16:35 Uhr

Pontius Pilatus zu Jesus:
„Was ist Wahrheit?“

Der Karfreitag (althochdeutsch „kara“ = Klage, Kummer, Trauer), ist der Freitag vor Ostern. Die Christenheit gedenkt an diesem Tag des Kreuzestodes Jesu Christi. Er folgt auf den Gründonnerstag und geht dem Karsamstag voraus.

Der Karfreitag wird auch „Stiller“ oder „Hoher Freitag“ genannt. Bei den Katholiken ist er ein strenger Fast- und Abstinenztag, während ihn die Evangelischen Kirchen zu den höchsten Feiertagen zählen. Die Bezeichnung „Guter Freitag“ geht auf Martin Luther zurück. Unter Einbeziehung des Gründonnerstagabends ist der Karfreitag der erste Tag der österlichen Dreitagefeier (Triduum Sacrum oder Triduum paschale).

Bedeutung im Christentum

Der Karfreitag ist im Zusammenhang mit Ostern für die Christen einer der höchsten Feiertage. An ihm feiert die Kirche den Tod Jesu und erwartet die Feier seiner Auferstehung. Nach ihrem Glauben litt und starb Jesus als Märtyrer seiner Predigt über Gott und nahm als „Gottesknecht“ im Kreuzestod freiwillig die Schuld aller Menschen auf sich. Durch Tod und Auferstehung Jesu werde allen Menschen erst Sündenvergebung und damit Errettung aus dem Tod und ewiges Leben ermöglicht. Gleichzeitig betont die katholische Theologie zunehmend die Konsequenz seiner Gottessohnschaft, deren Botschaft von der Zuwendung des Schöpfergottes zu den Menschen eben nicht an Gewalt und Tod ihre Grenzen findet.

Das Karfreitagsgeschehen ist nicht alleine und isoliert zu betrachten, sondern steht in einer Reihe mit Ostern, Christi Himmelfahrt und Pfingsten. Nicht der Tod Jesu soll damit alleine das Große sein, sondern der Sieg Jesu über Hölle, Tod und Grab.

Besonders für die Liturgiewissenschaft ist die Karfreitagsliturgie von großem Interesse, da sich an ihr der Grundsatz bewahrheitet: „Älteste Überlieferungen erhalten sich am ehesten in liturgisch hochwertiger Zeit“ (Anton Baumstark).[1] Zu den ältesten Überlieferungen zählen hier der Verzicht auf die Eingangsliturgie, die Verlesung der Passion, die Verwendung von Holzklappern statt Metallglocken, die Prostratio, die Improperien und die typisch römische Fürbittweise, nämlich die Großen Fürbitten. Denn bereits ab 500 übernahm die römisch-katholische Kirche unter Papst Gelasius die Kyrielitanei aus der orthodoxen Kirche, in deren Liturgie bis heute noch viele frühkirchlichen Riten erhalten sind.

Die Feier

In der römisch-katholischen Kirche

Passionsprozession in Stuttgart-Bad Cannstatt
Das Kreuzigungsbild in Stuttgart-Bad Cannstatt
Das Schlussbild in Stuttgart-Bad Cannstatt

Der Karfreitag ist eingebunden in die „Dreitagefeier von Leiden, Tod und Auferstehung des Herrn“, das Triduum paschale. Es beginnt am Gründonnerstag mit der Messe vom Letzten Abendmahl und findet seinen Höhepunkt mit der Feier der Osternacht. Als Teil des Osterfastens ist der Karfreitag in der Katholischen Kirche ein strenger Fast- und Abstinenztag. Die Tradition, freitags kein Fleisch zu essen, ist auf den Karfreitag zurückzuführen.

Wie seit dem frühen Christentum kirchliche Tradition, wird am Karfreitag keines der mit Festfreude verbundenen Sakramente gefeiert („Ecclesia … sacramenta penitus non celebrat“), daher auch nicht das Altarssakrament (Eucharistie).

Die liturgische Ordnung der Römischen Liturgie kennt an diesem Tag einen Hauptgottesdienst besonderer Art: Die „Feier vom Leiden und Sterben Christi“. Sie besteht aus drei Teilen mit unterschiedlichem liturgiegeschichtlichen Hintergrund:

Der Gottesdienst beginnt gewöhnlich gegen 15 Uhr, zur überlieferten Todesstunde Jesu, im Bedarfsfall auch zu späterer Zeit. Die liturgische Farbe ist seit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht mehr schwarz, sondern rot. Rot wird hier als Zeichen des im Martyrium Jesu vergossenen Blutes gedeutet.

Der Wortgottesdienst des Karfreitags bildet den alten und eigentlichen Kern der „Feier vom Leiden und Sterben Christi“. Er beginnt nach schweigendem Einzug mit einem stillen Gebet aller, während dessen sich Vorsteher und Assistenz als Zeichen äußerster Demut auf den Boden hinstrecken (Prostratio), die übrigen Mitfeiernden niederknien. Dieses Gebet wird abgeschlossen (daher ohne: „Lasset uns beten“) mit einer Oration des Vorstehers und dem „Amen“ der Gemeinde.

Es folgen biblische Lesungen aus Vorlage:Bibel2 und Vorlage:Bibel2, dazwischen der Gesang von Vorlage:Bibel2. Höhepunkt der Wortfeier ist die Verkündigung des Leidensevangeliums Christi (Passion) nach dem Evangelisten Johannes, die mit verteilten Rollen (Evangelist, Christus, Sonstige) erfolgen kann.

Darauf folgen gegebenenfalls eine kurze Predigt und immer die Großen Fürbitten, welche die Anliegen der Kirche, der Welt und der Notleidenden vor Gott tragen. Jede der zehn Bitten besteht aus vier Teilen: (1) Gebetseinladung mit Nennung des Anliegens, (2) stilles Gebet aller, meist im Knien, (3) zusammenfassende Oration des Vorstehers, (4) „Amen“ als Ausdruck der Bekräftigung der Bitte durch alle Feiernden.

Die Bitte für die Juden, deren aus dem Mittelalter stammender und bis ins 20. Jahrhundert gebrauchter Wortlaut als abwertend empfunden werden konnte, ist heute in einer Form formuliert, die die Wertschätzung für das Volk Israel, „das du als erstes zu deinem Eigentum erwählt hast“, zum Ausdruck bringt und die Bestimmung des jüdischen Volkes offen lässt („damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein [Gottes] Ratschluß sie führen will“), also nicht mehr wie früher ihre Bekehrung zu Christus fordert. Im Februar 2008 hat der Vatikan die Karfreitagsfürbitte für die Juden des wieder zugelassenen Usus antiquor auf Latein neu formuliert. Mit der neuen Formulierung beten die Teilnehmer eines Karfreitagsgottesdienstes nach dem insoweit geänderten Rituale von 1962 jetzt wieder für die Bekehrung der Juden zum Christentum. Dies stieß innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche auf Unverständnis und Kritik.[2].


Kreuzverehrung – Adoratio crucis

Die Kreuzverehrung (Adoratio crucis) bildet den zweiten Teil der Feier. Ein Kreuz mit oder ohne Darstellung des Gekreuzigten wird den Mitfeiernden hoch erhoben gezeigt („Kreuzerhöhung“) und der Priester lädt alle mit einem gesungenen Ruf zur Kreuzverehrung ein. Dieser traditionelle Gebetsruf lautet „Ecce lignum crucis, in quo salus mundi pependit. Venite adoremus“ – zu deutsch „Seht das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen. Kommt, lasset uns anbeten!“

Dabei wird entweder ein verhülltes Kreuz in den Altarraum gebracht, dort in drei Schritten enthüllt und gezeigt. Oder ein unverhülltes Kreuz wird in Prozession vom Kircheneingang zum Altarraum getragen und während der Prozession dreimal die Kreuzerhöhung mit dem Aufruf zur Kreuzverehrung vorgenommen. Danach treten alle Mitfeiernden in einer Art Prozession zum Kreuz und verehren es durch die klassischen Zeichen der anbetenden Kniebeuge und des Kusses. Zunehmend üblich werden auch Alternativformen der Kreuzverehrung wie das Niederlegen von Blumen oder das Aufstecken von Kerzen. Ab der Enthüllung des Kreuzes wird bis zur Osternacht eine Kniebeuge vor jedem Kreuz gemacht, an dem man vorüberschreitet. Verschiedene Gesänge begleiten die Kreuzverehrung, an erster Stelle ein aus den Ostkirchen übernommenes Responsorium, das den österlichen Charakter auch der Karfreitagsfeier erkennen lässt: „Dein Kreuz, o Herr, verehren wir, und deine heilige Auferstehung preisen und rühmen wir: Denn siehe, durch das Holz des Kreuzes kam Freude in alle Welt“. Gebräuchliche Lieder sind auch „Heil'ges Kreuz, sei hochverehret“ oder die klassischen Improperien und der Hymnus Pange lingua gloriosi proelium certaminis des Venantius Fortunatus. Alles wird a-cappella gesungen, das heißt nicht mit Instrumenten begleitet.

Die folgende schlichte Kommunionfeier erinnert daran, dass der Karfreitag kein Festtag ist, sondern ein österlicher Fasttag (Osterfasten). Sie wird eingeleitet mit dem Vaterunser und abgeschlossen durch ein Dankgebet nach dem Kommunionempfang. Da am Karfreitag die Feier der Heiligen Messe unterbleibt (siehe oben), werden für die Karfreitagskommunion genügend Hostien aus der Messe des Gründonnerstags aufbewahrt. Die Feier der Kommunion mit „vorgeheiligten Gaben“ (Praesanctificata) gehört seit dem 8. Jahrhundert fest zur Karfreitagsliturgie auch der Westkirche, die faktische Kommunion aber beschränkte sich seit dem hohen Mittelalter (in Deutschland ab dem 16. Jh.) auf den Klerus, in kleineren Gemeinden auf den Priester allein (Laien erhielten auf Wunsch die Kommunion außerhalb der Feier). Papst Pius XII. stellte 1956 die ursprüngliche Kommunionfeier für die ganze Gemeinde, Kleriker und Laien, wieder her. Das im deutschsprachigen Raum mancherorts üblich gewordene Unterlassen der Kommunionfeier am Karfreitag ist in der geltenden kirchlichen Ordnung nicht vorgesehen und in der Liturgiewissenschaft durchaus umstritten. Der geistliche Sinn der Karfreitagskommunion ist die innige, sakramentale Vereinigung der Christgläubigen mit dem leidenden und sterbenden Christus (vgl. die Feier des Abendmahls im evangelischen Karfreitagsgottesdienst). Der ganze karfreitägliche Hauptgottesdienstes endet mit einem Segensgebet über das Volk.

Mancherorts schließt sich als weiteres, eher volkstümliches Element die Grablegung an. Das in der Feier verehrte Kreuz oder eine Figur des Leichnams Jesu werden dabei unter Gesang und Gebeten an einen feierlich geschmückten Ort, meist in einer Seitenkapelle der Kirche, verbracht. Jede Aussetzung des Allerheiligsten ist dabei ausdrücklich untersagt. Das in der Kirche ausgestellte Kreuz wird bis zur Feier der Osternacht in der Form verehrt wie sonst das Allerheiligste, also durch einfache oder doppelte Kniebeuge.

Neben der Hauptfeier sind der Kreuzweg, die Trauermette und die „Andacht von den Sieben Worten (Jesu am Kreuz)“ beliebte Frömmigkeitsformen am Karfreitag. Verschiedenorts sind auch Karfreitagsprozessionen üblich, so in Lohr am Main, in Stuttgart-Bad Cannstatt und an anderen Orten des deutschen Sprachraums. Sehr verbreitet sind sie in Süditalien und Sizilien, in Spanien – insbesondere in Andalusien – und in Guatemala. Von überregionaler Bedeutung sind die Karfreitagsprozessionen in Jerusalem (durch die Via Dolorosa) und die vom Papst begleitete Prozession in Rom.

Karfreitagsratsche aus Rottenburg am Neckar, 19. Jahrhundert

In katholischen Kirchen wird die Orgel nach dem Gloria der Gründonnerstagsmesse traditionell nicht mehr gespielt, und die Kirchenglocken schweigen. Die Orgel schweigt faktisch an vielen Orten nur am Karfreitag und am Beginn der Osternacht. Die Glocken „fliegen“, wie die kindliche Legende sagt, „nach Rom“. Stattdessen werden in vielen katholischen Landstrichen, etwa in Süddeutschland, die Kirchgänger nach alter Tradition mit sogenannten Karfreitagsratschen zur Kirche gerufen. Das sind Holzkästen, auf die von einer Kurbel angetriebene Hämmer schlagen. Geratscht wird bis zum Beginn der Feier der Osternacht, der Feier der Auferstehung Christi. Dann „kehren die Glocken aus Rom zurück“. Sie läuten zum Gloria; auch die Orgel wird wieder gespielt. Am Karfreitag und Karsamstag brennt das Ewige Licht nicht, und die Liturgie wird an einem von jeglichem Schmuck entblößten Altar gefeiert. Die einzigen brennenden Kerzen stehen beim provisorischen Aufbewahrungsort des Allerheiligsten. Andere Leuchter sind nicht selten mit schwarzem Tüll umwickelt, sofern sie nicht aus der Kirche entfernt werden können. Des Weiteren wird seit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils am Karfreitag keine Beräucherung mehr mit Weihrauch vorgenommen.

Nicht zur kirchlichen Karfreitagsliturgie gehört die mancherorts geübte „Verwüstung des Altarraumes“, bei der alle Leuchter kreuz und quer auf dem Altarraum verteilt werden. Sie soll das Erdbeben beim Tod Christi darstellen.

In den evangelischen Kirchen

Durch die Konzentration der evangelischen Predigt auf die Bedeutung des Erlösungswerkes Christi (Solus Christus) und die Theologie des Kreuzes entwickelte sich der Karfreitag in der Zeit der Lutherischen Orthodoxie zum wichtigsten Feiertag in den evangelischen Landeskirchen – eine Bedeutung, die er bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts beibehielt. Im Zentrum der Feier stand dabei die Betrachtung der Passionsgeschichte durch Predigt, Gebet und Lieder. In den von Johannes Bugenhagen verfassten norddeutschen Kirchenordnungen war festgelegt, dass die von ihm zusammengestellte Passionsharmonie am Karfreitag zu verlesen sei. Ein weiteres wichtiges Element der betrachtenden Vergegenwärtigung war die Kirchenmusik in der Gestalt von Passionschorälen wie O Haupt voll Blut und Wunden von Paul Gerhardt. Aus den Passionsmusiken, die die responsorisch vorgetragene Passionsgeschichte mit einer belehrenden Einleitung (Exordium) und einem meditativen Schluss verbanden, entwickelte sich das Passions-Oratorium (Johannespassion, Matthäuspassion, Lukaspassion).

Nachdem vor allem die lutherischen Kirchen bis ins 18. Jahrhundert hinein die vorreformatorische liturgische Praxis – von einigen als Missbräuchen empfundenen Stücken bereinigt – beibehielten, änderte sich das mit dem aufkommenden Einfluss rationalistischer und pietistischer Theologie und Frömmigkeit, in deren Folge die Deutung des Heiligen Abendmahls als Sakrament stark an Bedeutung verlor. Das hatte zur Folge, dass im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts nun der Karfreitag einer der wenigen Tage war, an dem in fast allen evangelischen Kirchen das Abendmahl gefeiert wurde. Auch heute noch ist der Empfang des Abendmahls an diesem Tag ein wichtiger Teil der Spiritualität in manchen Gemeinden. In anderen Kirchengemeinden wird der Karfreitag in altkirchlicher Tradition als aliturgischer Tag, also ohne Abendmahl begangen. Hier spielt dann die Abendmahlsfeier im Oster(nacht)gottesdienst eine wichtige Rolle. Als liturgische Farbe gilt schwarz, ersatzweise violett, auch wenn häufig auf jegliche Paramente verzichtet wird. Auch Blumenschmuck und Kerzen sind am Karfreitag eher unüblich. Am Karfreitag – wie auch am Karsamstag – schweigen mancherorts in Anlehnung an die katholische Tradition die Glocken oder es läutet nur die größte Glocke (Pulsglocke).

Die Lesungen sind Verse aus Psalm 22 (Ps 22 LUT), das Gottesknechtslied aus Deuterojesaja (Jes 53,1-12 LUT), eine Stelle aus dem 2. Korintherbrief (2 Kor 5,19-21 LUT) als Epistel sowie eine Kurzfassung der Passionsgeschichte aus dem Johannesevangelium (Joh 19,16-30 LUT) als Evangelium. Es kann auch die gesamte Passionsgeschchte nach Johannes (Joh 18-19 LUT) gelesen werden. Die Fürbitten werden meist nach dem Muster der Großen Fürbitten oder auch als Litanei unter dem Kreuz (die aus der Tradition der Berneuchener Bewegung stammt) gestaltet.

In manchen evangelischen Kirchen findet neben dem Hauptgottesdienst am Morgen oder statt dessen eine Liturgische Feier zur Todesstunde Jesu um 15:00 Uhr oder eine Aufführung der Johannespassion oder einer anderen Passionsmusik in einem gottesdientlichen Rahmen statt.

Auch im Familienbrauchtum vieler evangelischer Familien spielt der Karfreitag eine besondere Rolle durch gemeinsamen Kirchgang und oft auch ein Fischessen.

In den Ostkirchen byzantinischer und slawischer Tradition

Russisch-Orthodoxes Segenskreuz

Die Karfreitagsfeier in den orthodoxen und katholischen Ostkirchen byzantinischer und slawischer Tradition beginnt in der Regel am Donnerstagabend mit dem Morgengottesdienst (Orthros/utrenja). Dieser Gottesdienst – im Volksmund oft einfach „Die zwölf Evangelien“ genannt – wird von zwölf Evangelienlesungen bestimmt. Die offizielle Bezeichnung lautet „Akoluthia der heiligen Leiden“. In dem Gottesdienst werden die Passionstexte aus den vier Evangelien gesungen, außerdem fünfzehn, zum Teil altkirchliche Antiphonen und Kathismen. Der Kanon dieses Gottesdienstes stammt von Kosmas von Majuma und ist ein Musterbeispiel aus der Zeit der zweiten Hochblüte byzantinischer Kirchendichtung im 7./8. Jahrhundert. In der griechischen, aber z.B. auch in der rumänischen Tradition hat der Gottesdienst einen besonders dramatischen Höhepunkt mit dem Gesang des 15. Antiphonon. Hier wird ein Kruzifix aus der Nordtür der Ikonostase in die Mitte der Kirche getragen und dort befestigt. Daran schließt sich die Verehrung des Kreuzes durch die Gemeinde an. Der Text der ersten Strophe des 15. Antiphonon lautet:

„Heute hängt am Holz, der die Erde in die Wasser gehängt hat.
Mit einem Kranz aus Dornen wird umwunden der König der Engel.
Lügenhaft wird mit Purpur verhüllt, der den Himmel mit Wolken verhüllt.
Schläge hat empfangen, der im Jordan den Adam befreite.
Mit Nägeln wurde befestigt der Bräutigam der Kirche.
Mit einer Lanze wurde durchbohrt der Sohn der Jungfrau.
Wir verehren deine Leiden, Christus.
Zeige uns auch deine herrliche Auferstehung!“

Die nächsten Gottesdienste, die am Freitagmorgen gefeiert werden, sind die „Königlichen Stunden“. Bei ihnen wird in der griechischen Tradition die Abbildung Christi vom Kruzifix, welches am Abend davor in der Kirche aufgestellt wurde, abgenommen und in ein weißes Tuch gehüllt.

In der anschließenden Vesper erfolgt die feierliche Auslegung des Grabtuchs Christi (epitaphios/plaschtschanica) in der Kirche. Dieses verbleibt dort bis zum Osterfest als Ort, an dem die Gläubigen den ins Grab gestiegenen Christus verehren.

Am Abend des Karfreitag findet im Karsamstagsmorgengottesdienst die Prozession des Epitaphios (plaschtschanica) statt. In den ostkirchlichen Karfreitagshymnen finden sich zahlreiche Vorgriffe auf die Auferstehung.

Als besonderes Zeichen der Stille im Angesicht des Todes wird am Karfreitag keine eucharistische Liturgie gefeiert. Die Konstantinopler Tradition angehörende karfreitägliche Kommunionfeier (Liturgie der vorgeheiligten Gaben) kam im 15. Jahrhundert abhanden, örtlich bereits etwas früher.

Der einzige Fall, in dem am Karfreitag eine volle Liturgie gefeiert wird, ist, wenn dieser mit der Verkündigung des Herrn am 25. März zusammenfällt; für diesen Fall gibt es eine spezielle vereinigte Liturgie der beiden Feste. Anders als die lateinische Tradition kennen die Ostkirchen keine Umlegung von Feiertagen.

Der Karfreitag ist in den orthodoxen Kirchen strenger Fastentag. Wenn überhaupt gegessen wird, so beschränkt sich das auf einfachste fettfreie pflanzliche Lebensmittel (in der Praxis halten sich jedoch bei weitem nicht alle Gläubigen daran).

Staatliches Recht

In Deutschland und den meisten Kantonen der Schweiz ist Karfreitag ein gesetzlicher Feiertag. In Österreich und Luxemburg ist der Karfreitag kein gesetzlicher Feiertag für die Allgemeinheit, nur evangelische Christen, Altkatholiken und Methodisten haben in Österreich an diesem Tag arbeitsfrei.

Insbesondere viele Nichtchristen kritisieren das am Karfreitag wie auch an anderen „stillen Tagen“ geltende Tanzverbot, welches auch für sie gilt. Es verbietet verschiedenartige öffentliche Veranstaltungen, wie zum Beispiel Tanz- oder Sportveranstaltungen, an diesem Tag abzuhalten, selbst wenn man sich nicht dem Christentum verbunden fühlt. Selbst Theater müssen in ihrem Spielplan den Karfreitag berücksichtigen, reine Komödien dürfen nicht gespielt werden. In Bremen z. B. bleibt die traditionelle „Osterwiese“, eine Kirmes mit Fahrgeschäften etc., am Karfreitag geschlossen, ebenso in Hamburg der „Frühlingsdom“. Es wird von Nichtchristen argumentiert, dass es jedem selbst überlassen sein sollte, wann man sich zu einer Tanzveranstaltung begibt, außerdem dürften Nichtchristen im Zuge der Religionsfreiheit christliche Vorgaben nicht aufgezwungen werden.

Die christlichen Kirchen argumentieren, dass öffentlicher Tanz ohne Beeinträchtigung der Nachbarn nicht möglich sei, und sie erwarten deshalb Rücksichtnahme auf den stillen Charakter des Karfreitags.

In der Praxis wird das in verschiedenen Ausprägungen in allen Bundesländern gültige Tanzverbot auch je nach Bundesland oder Gemeinde unterschiedlich durchgesetzt. Es kann durchaus vorkommen, dass es gar nicht angewandt wird und z. B. Diskotheken ohne Einschränkungen öffnen, während andernorts etwaige Tanzveranstaltungen polizeilich geschlossen und als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

In Bayern dürfen die Gemeinden für den Karfreitag im Gegensatz zu allen anderen Sonn-, Feier- und stillen Tagen keine Befreiungen von den Verboten des Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage erteilen.

Literatur

  • G. Romer: Die Liturgie des Karfreitags. In: Zeitschrift für Katholische Theologie 77 (1955) 39-92 (liturgiehistorisch).
  • Sebastià Janeras: Le Vendredi-Saint dans la tradition liturgique byzantine. Structure et histoire de ses offices; Rom: Benedictina, 1988; keine ISBN.
  • Holger Kaffka: „Die Schädelstätte wurde zum Paradies“. Das Kreuz Christi im orthodoxen Gottesdienst der byzantinischen und slawischen Tradition; Oikonomia 35; Erlangen 1995.
  • Kongregation für den Gottesdienst: Rundschreiben Über die Feier von Ostern und ihre Vorbereitung; in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 81; Bonn 1990; S. 15–46.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Das Gesetz der Erhaltung des Alten in liturgisch hochwertiger Zeit; in: JLw 7 (1927), S. 1–23
  2. Spiegel Online - Protest von Rabbinern - Katholische Kirche hat ihre antisemitischen Tendenzen nicht im Griff
Wiktionary: Karfreitag – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen