„Heinrich Schliemann“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
→Weblinks: Audioporträt über Heinrich Schliemann auf Mediathek Bayern 2 |
||
Zeile 80: | Zeile 80: | ||
* {{PND|118608215}} |
* {{PND|118608215}} |
||
* {{LBMV SWW|schliemann,+heinrich}} |
* {{LBMV SWW|schliemann,+heinrich}} |
||
*[http://podster.de/episode/535832/download/2008_02_21_14_47_05_podcast_radiowissen_schliemann_a.mp3 Audioporträt über Heinrich Schliemann auf Bayern2Radio – radioWissen] |
|||
* [http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/arch/digilit/schliemann.html Digitalisate von Büchern Schliemanns] der [[Universitätsbibliothek Heidelberg]] |
* [http://www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/arch/digilit/schliemann.html Digitalisate von Büchern Schliemanns] der [[Universitätsbibliothek Heidelberg]] |
||
* http://www.schliemann-museum.de - das Heinrich-Schliemann-Museum Ankershagen ist ein Zentrum der internationalen Schliemannforschung |
* http://www.schliemann-museum.de - das Heinrich-Schliemann-Museum Ankershagen ist ein Zentrum der internationalen Schliemannforschung |
Version vom 11. Oktober 2008, 16:40 Uhr
Johann Ludwig Heinrich Julius Schliemann (* 6. Januar 1822 in Neubukow; † 26. Dezember 1890 in Neapel) war ein Kaufmann in St. Petersburg und Pionier der Feldarchäologie.
Schliemann war der erste, der eine umfassende Ausgrabung im türkischen Hissarlık unternahm und dort schließlich die Überreste des antiken Troja fand.[1] Die Lage Trojas in Hissarlık war jedoch – entgegen der heute weitverbreiteten Ansicht – bereits lange vor Schliemann behauptet worden und Mitte des 19. Jahrhunderts allgemein anerkannt.[2]
Leben
Heinrich Schliemann wurde in Neubukow (Mecklenburg) als fünftes von neun Kindern des Pastors Ernst Schliemann (1780-1870) und dessen Frau Luise, geb. Bürger (1793-1831), Tochter des späteren Bürgermeisters von Sternberg geboren. Weil der Vater 1823 die einträgliche Pfarrstelle in Ankershagen übernommen hatte, wuchs Schliemann in jenem Dorf in Ostmecklenburg auf und verlebte hier bis zum Alter von zehn Jahren seine Kindheit. Nach dem Tod der Mutter 1831 kam er in die Familie seines Onkels Friedrich Schliemann in die Nähe von Grevesmühlen. Aus Geldmangel musste er den 1833 begonnenen Besuch des Gymnasiums abbrechen und auf die Realschule wechseln. 1836 begann er eine Lehrzeit als Handelsgehilfe bei einem Krämer in Fürstenberg, die er aus gesundheitlichen Gründen nach fünfeinhalb Jahren abbrechen musste. Danach war Schliemann für kurze Zeit in Hamburg angestellt. 1841 wollte er – völlig verarmt – nach Venezuela auswandern, das Schiff strandete jedoch vor der niederländischen Insel Texel. Ein Jahr später bekam er eine Stellung als Kontorbote in Amsterdam und begann Fremdsprachen zu erlernen – was ihm anscheinend außerordentlich leichtfiel. Innerhalb eines Jahres lernte er Niederländisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch. 1844 begann er noch Russisch zu lernen. 1846 gründete er im Auftrag seines Arbeitgebers eine Handelsniederlassung in St. Petersburg; bereits ein Jahr später eröffnete er dort ein eigenes Handelshaus und erwarb die russische Staatsbürgerschaft.
In den folgenden Jahren gründete Schliemann eine Bank für Goldhandel in Sacramento (Kalifornien) und investierte erfolgreich in amerikanische Eisenbahnprojekte. Schließlich wurde er US-amerikanischer Staatsbürger. Durch Waffenlieferungen an die zaristische Armee im Krimkrieg wurde er sehr reich und heiratete die russische Kaufmannstochter Jekaterina Petrowna Lyshina (1826–1896). 1856 erlernte er Latein und Altgriechisch und wollte sich aus dem Geschäftsleben zurückziehen.
Dies gelang ihm erst 1864; in diesem Jahr ging er auf ausgedehnte Studienreisen nach Asien sowie Nord- und Mittelamerika. 1865 verfasste er sein erstes Buch: La Chine et le Japon. Von 1866 an studierte er Altertumswissenschaften an der Sorbonne in Paris. 1868 übersiedelte er nach Griechenland und unternahm eine Studienreise in die Gegend von Troja und auf die Insel Ithaka, der vermuteten Heimat des Odysseus. 1869 folgten die Promotion zum Dr. phil. an der Universität Rostock, Scheidung von seiner ersten Frau und die unverzügliche Hochzeit mit der 17-jährigen Griechin Sophia Engastroménos.
1870 unternahm er an dem Hügel Hissarlık – illegal – erste Probegrabungen, ein Jahr später erfolgte die erste offizielle Grabungskampagne. 1873 fand Schliemann den sogenannten Schatz des Priamos und erklärte Troja für gefunden. Das war der Durchbruch zu seinem Ruhm als Entdecker Trojas.[3]
1874 führte er Versuchsgrabungen in Mykene durch, wo er zwei Jahre später die berühmten Schachtgräber entdeckte. Es folgten Ausgrabungen in Orchomenos und Alba Longa. 1881 schenkte er – auf Vermittlung seines Förderers Rudolf Virchow – seine Sammlung trojanischer Alterthümer dem deutschen Volk und wurde Ehrenbürger Berlins. Er veröffentlichte seine Forschungsergebnisse unter dem Titel Ilios sowie seine Autobiografie. Im folgenden Jahr nahm erstmals Wilhelm Dörpfeld an einer Grabung Schliemanns in Troja teil. 1884 begann er mit den Grabungen in Tiryns, die er – neben Sondierungen in Alexandria – 1885 fortsetzte. 1890 finanzierte er eine internationale Gelehrtenkonferenz am Ausgrabungsort in Troja.
Nach der siebten Kampagne in Troja starb Schliemann am 26. Dezember 1890 überraschend nach einer Ohrenoperation in Neapel an den Folgen eines langjährigen Ohrenleidens (Cholesteatom). Seine Leiche wurde von Freunden nach Athen überführt und dort in einem prächtigen, von ihm selbst entworfenen Mausoleum auf dem Ersten Friedhof von Athen (Proto Nekrotafeion Athinon) beigesetzt.
Ausgrabungen
Troja
Heinrich Schliemann war nicht der Erste, der unter dem Hügel namens Hissarlık in der Troas die Reste der Stadt Troja (auch Ilion, daher auch der Name des Epos Ilias Homers) vermutete. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts brachte der britische Reisende Edward Daniel Clarke diese Idee auf.[4] 1863 publizierte der Journalist Charles MacLaren dieselbe Idee, die dann von dem Briten Frank Calvert aufgegriffen wurde. Calvert führte erste Ausgrabungen durch, verdichtete seine Hypothese jedoch nicht zur Behauptung.[5] Schliemann schrieb offen darüber, was er Calvert verdankte: „... teile ich vollkommen die Überzeugung Calverts, dass die Hochfläche von Hissarlik die Stelle des alten Troja bezeichnet“.[6]
1869/70 verifizierte Schliemann die Vermutungen Calverts anhand der teils sehr exakten Beschreibung der landschaftlichen Lage der Stadt durch Homer und nachfolgende antike Schriftsteller und führte erste Sondierungsgrabungen durch. Während der ersten drei Grabungs-Kampagnen (ab 1871) ließ Schliemann von seinen Arbeitern einen 40 Meter breiten und über 15 Meter tiefen Graben mitten durch den Hügel treiben, in der Hoffnung, so Ilion, die Burg des Priamos, zu finden. Dabei wurden wichtige Siedlungsspuren aus sämtlichen Schichten unwiederbringlich zerstört. In den folgenden Jahren und bei Grabungen an anderen Orten nahm er daher die Hilfe eines Fachmannes (Wilhelm Dörpfeld) in Anspruch und ging erheblich vorsichtiger zu Werke.
1873 erklärte Schliemann der Öffentlichkeit, Troja gefunden zu haben. Den eigentlichen Durchbruch zum Ruhm erlangte er allerdings durch Fund des sogenannten Schatzes des Priamos im selben Jahr.[7]
Es gibt überzeugende Hinweise, dass um diesen strategisch und handelspolitisch bedeutsamen Siedlungsplatz immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen geführt worden sind. Ein archäologischer Beweis dafür, dass der Trojanische Krieg Homers tatsächlich um eben diese Siedlung geführt worden ist (dies war Schliemanns Kernthese), ist jedoch bis heute nicht erbracht – weder von ihm noch von seinen Nachfolgern. Trotz des fehlenden Beweises ist heute in der Fachwelt unumstritten, dass es sich bei der von Schliemann ausgegrabenen Stätte tatsächlich um Troja/Ilion handelt. Die Grabungen und Forschungen werden seit 1988 durch das Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der Universität Tübingen und das Department of Classics der University of Cincinnati fortgesetzt.
Zweifellos aber hat Schliemann als Erster eine bronzezeitliche Siedlung außerhalb Ägyptens und Mesopotamiens aufgedeckt und damit der Altertumswissenschaft ein völlig neues Arbeitsgebiet eröffnet.
Mykene
Die frühhistorische Ruinenstätte Mykene besuchte Schliemann erstmals 1869. Hier suchte er – im Gegensatz zu anderen – die Grablege Agamemnons (des sagenhaften Königs und Oberbefehlshabers der griechischen Streitmacht vor Troja) nicht außerhalb, sondern innerhalb der Burgmauern. Er begann 1876 mit den Ausgrabungen. Der größte Fund war die sogenannte Goldmaske des Agamemnon aus Mykene, die nach heutigen Erkenntnissen allerdings nicht Agamemnon zugesprochen werden kann, da sie aus einer um etwa 300 Jahre früheren Ära stammt.
Weitere Ausgrabungsorte
Weiterhin unternahm Schliemann teils umfangreiche Grabungskampagnen in Orchomenos (Schatzhaus des Minyas), Ithaka und Tiryns.
Würdigung
Sein unbekümmertes Vorgehen bei den ersten Grabungen in Hissarlik hat Schliemann viel Kritik eingebracht. Dabei wurde übersehen, dass er sich nicht auf Vorbilder stützen konnte. Dass er seine Methoden grundlegend geändert hat, machte ihn (neben Flinders Petrie und besonders Wilhelm Dörpfeld) zu einem der Wegbereiter der Archäologie als Feldarbeit und der wissenschaftlich-methodischen Grabungstechnik, welche bis dahin lediglich in der schatzsuchhaften Aushebung wertvoller Einzelobjekte, nicht aber der nun systematischen Freilegung eines Grabungsareals bestand.
Durch seine zahlreichen Publikationen hat er das Interesse der Öffentlichkeit an seriöser archäologischer Forschung entscheidend gefördert. Seine Berichte über die Zusammenhänge zwischen Tiryns, Mykene und Kreta rückten diese Stätten erst in das Bewusstsein der Geschichtswissenschaft. In Fachkreisen ist Schliemann daher heute zu Recht als „Vater der mykenischen Archäologie“ anerkannt.
Heute tragen die Heinrich-Schliemann-Gymnasien in Neubukow, Fürth und Berlin sowie das Heinrich-Schliemann-Institut für Altertumswissenschaften der Universität Rostock den Namen Schliemanns. In Schwerin steht am Pfaffenteich seit 1895 ein Büstendenkmal Schliemanns von Bildhauer Hugo Berwald.
Sein Elternhaus in Ankershagen beherbergt seit 1980 das Heinrich-Schliemann-Museum. Dort werden unter anderem keramische und bronzene Originalfundstücke bzw. Nachbildungen aus Mykene und Troja präsentiert.
Werke (Auswahl)
- La Chine et le Japon au temps présent, Paris: Librairie centrale 1867
- Ithaka, der Peloponnes und Troja, Leipzig 1869 (mit Autobiographie)
- Trojanische Altertümer, Leipzig 1874
- Mykenä, Leipzig 1877
- Ilios, Leipzig 1881
- Orchomenos, Leipzig 1881
- Reise in der Troas, Leipzig 1881
- Troja, Leipzig 1883
- Tiryns, Leipzig 1886.
Verfilmungen
- 1981: Der Schatz des Priamos – mit Tilo Prückner als Schliemann.
- 2007: Der geheimnisvolle Schatz von Troja – mit Heino Ferch als Schliemann.
Literatur
- Wilfried Boelke: Heinrich Schliemann. Ein berühmter Mecklenburger. Schwerin, Demmler ca 1996.
- Wilfried Boelke und Reinhard Witte: Heinrich-Schlienmann-Museum Ankershagen/Mecklenburg. Führer durch die ständige Ausstellung, Ankershagen 2003 (mit ausführlichem Literaturverzeichnis).
- Alfred Brueckner: Schliemann, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 55, Duncker & Humblot, Leipzig 1910, S. 171–184.
- Justus Cobet: Heinrich Schliemann. Archäologe und Abenteurer, München: Beck 1997.
- Manfred Flügge: Heinrich Schliemanns Weg nach Troja - Die Geschichte eines Mythomanen. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2001, ISBN 3-423-24292-2
- Carl Schuchhardt: Die Ausgrabungen Schliemanns in Troja, Tiryns, Mykenä, Orchomenos und Ithaka. Leipzig 2000 (Reprint der Ausgabe von 1891)
- Heinrich Alexander Stoll: Der Traum von Troja Leipzig 1956. (Neuauflage 2002) ISBN 3-356-00933-8
- Irving Stone: Der griechische Schatz. Der Lebensroman von Sophia und Heinrich Schliemann, Reinbek, Rowohlt 2004 ISBN 3-499-23533-1
- Reinhard Witte und Wilfried Boelke (Hrsg.), Mitteilungen aus dem Heinrich-Schliemann-Museum Ankershagen (zuletzt Heft 8 "Schliemann einmal heiter betrachtet" von R. Witte), 2004
- Philipp Vandenberg: Der Schatz des Priamos – Wie Heinrich Schliemann sein Troja erfand. Gustav Lübbe, Bergisch Gladbach 1995. ISBN 3-7857-0804-1
- Danae Coulmas: Schliemann und Sophia: Eine Liebesgeschichte, Taschenbuchausgabe 2007, Piper, ISBN 3-492-23699-5
Weblinks
- Vorlage:PND
- Literatur über Heinrich Schliemann in der Landesbibliographie MV
- Audioporträt über Heinrich Schliemann auf Bayern2Radio – radioWissen
- Digitalisate von Büchern Schliemanns der Universitätsbibliothek Heidelberg
- http://www.schliemann-museum.de - das Heinrich-Schliemann-Museum Ankershagen ist ein Zentrum der internationalen Schliemannforschung
- http://www.uni-rostock.de/schliemann/ - Biografie, Steckbrief
- Vorlage:BAM
Einzelnachweise
- ↑ Flügge 2001, S. 156
- ↑ Der Neue Pauly 15/3, Artikel „Troja“, Spalte 594-610.
- ↑ Flügge 2001, S. 212 f.
- ↑ Flügge 2001, S. 149
- ↑ Flügge 2001, S. 154 ff.
- ↑ Flügge 2001, S. 176
- ↑ Flügge 2001, S. 212 f., S. 220
Personendaten | |
---|---|
NAME | Schliemann, Heinrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Archäologe |
GEBURTSDATUM | 6. Januar 1822 |
GEBURTSORT | Neubukow |
STERBEDATUM | 26. Dezember 1890 |
STERBEORT | Neapel |