„Rita Gorr“ – Versionsunterschied

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Version vom 1. Februar 2012, 11:56 Uhr

Rita Gorr (* 18. Februar 1926 in Zelzate; † 22. Januar 2012 in Benidorm, Spanien[1][2][3]) war eine belgische Opernsängerin (Dramatischer Mezzosopran und Alt).

Leben

Gorr wurde als Marguerite Geirnaert in Zelzate, einer belgischen Kleinstadt in der Nähe von Gent, geboren.[4] Sie studierte Gesang in Gent und seit 1943 am Königlichen Konservatorium Brüssel (Conservatoire Royal de Bruxelles) bei Vina Bovy and Germaine Hoerner. 1943 gewann sie den Gesangswettbewerb von Verviers (Concours de Chant de Verviers).

1949 gab sie an der Flämischen Oper (De Vlaamse Opera) in Antwerpen ihr Bühnendebüt als Opernsängerin mit der Rolle der Fricka in Die Walküre. Von 1949 bis 1952 war Gorr festes Ensemblemitglied an der Opéra du Rhin in Straßburg. Sie sang dort unter anderem die Titelrolle in Carmen, Amneris in Aida und die Hosenrolle des Orpheus in Orpheus und Eurydike. 1951 trat sie dort auch in der französischen Erstaufführung der Oper Mathis der Maler in der Rolle der Ursula auf. 1957 gastierte sie dort als Ortrud in Lohengrin neben Wolfgang Windgassen in der Titelrolle.[4]

1952 wurde sie erstmals an die Grand Opéra Paris verpflichtet (Antrittsrolle: Magdalene in Die Meistersinger von Nürnberg); 1953 folgte ihr Debüt an der Pariser Opéra-Comique mit der Rolle der Charlotte in Werther. 1958 sang sie erstmals bei den Bayreuther Festspielen. Sie sang die Rollen Fricka in Das Rheingold und Die Walküre, Grimgerde in Die Walküre und 1. Norn in Götterdämmerung. 1959 übernahm sie in Bayreuth an der Seite von Sándor Kónya in der Titelrolle die Rolle der Ortrud in der mittlerweile legendären blauen Lohengrin-Inszenierung von Wieland Wagner.

1958 gastierte sie erstmals an der Mailänder Scala als Santuzza in Cavalleria rusticana; 1960 sang sie dort die Kundry in Parsifal unter der Leitung von André Cluytens; in der letztgenannten Rolle hatte sie zuvor am Opernhaus von Rom ihr Rollendebüt gegeben.[4] Von 1959 bis 1971 trat Gorr regelmäßig an der Covent Garden Opera in London auf; sie debütierte dort als Amneris in Aida. 1961 sang sie dort die Iphigenie in Iphigénie en Tauride. 1963 trat sie dort, neben Régine Crespin als Elsa, als Ortrud in Lohengrin auf.[4]

1960 sang Gorr an der Wiener Staatsoper die Rollen Fricka (Das Rheingold, Die Walküre), Waltraute (Götterdämmerung) und Brangäne (Tristan und Isolde).[5] Von 1962 bis 1966 trat Gorr an der Metropolitan Opera in New York City auf. Sie sang dort in vier Spielzeiten in circa 40 Vorstellungen, unter anderem Amneris in Aida (Debütrolle), Santuzza in Cavalleria rusticana, Azucena in Der Troubadour, Prinzessin Eboli in Don Carlos und Dalila in Samson und Dalila.

Gorr sang beim Edinburgh Festival (1961, als Iphigenie in Iphigénie en Tauride), am Opernhaus von Monte Carlo (1963, als Charlotte in Werther), am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel, am Teatro San Carlos in Lissabon, am Teatro San Carlo in Neapel (1960 als Fricka in Der Ring des Nibelungen, Brangäne), beim Maggio Musicale in Florenz (1962, als Iphigenie in Iphigénie en Tauride), an der Lyric Opera of Chicago (1962) und an den Opernhäusern von Dallas und Philadelphia.

1972 zog sich Gorr von der Opernbühne zurück. Anfang der 1980er Jahre kehrte sie, nach einem vollzogenen Fachwechsel, auf die Opernbühne zurück. Gorr sang nun nicht mehr die dramatischen Mezzosopran- und Altrollen, sondern übernahm in diesen Stimmlagen wichtige Rollen des Charakterfachs. Mit diesen Partien hatte Gorr eine erfolgreiche Alterskarriere.

Sie sang Rollen wie die Mutter in Louise von Gustave Charpentier (1981, Théâtre Royal de la Monnaie), die Zauberin Tavern in Mireille von Charles Gounod (in den 1980er Jahren an der Pariser Opéra-Comique), die Kabanicha in Katja Kabanowa, Herodias in Salome (1990, Opéra de Lyon), Marthe Schwerdtlein in Faust (1994, Opéra de Nantes) und die Amme Filipjewna in Eugen Onegin (1995, Opéra Bastille; 1998 Teatro Nacional de São Carlos, Lissabon). Eine wichtige Altersrolle Gorrs war außerdem die alte Priorin (Madame de Croissy) in der Oper Dialogues des Carmélites, die sie unter anderem in Lyon, Seattle, an der Deutschen Oper Berlin (1994) und am Opernhaus Essen (1998) sang.

Zur Glanzrolle ihrer Alterskarriere wurde jedoch insbesondere die Gräfin in Pique Dame. Gorr gastierte mit dieser Rolle unter anderem in Amsterdam (1994), an der Wiener Staatsoper (Mai/Juni 1999), an der Vlaamse Opera in Gent und Antwerpen (1999, anlässlich ihres 50jährigen Bühnenjubiläums an der Flämischen Oper) und an der Bayerischen Staatsoper in München (2001). Im Juli 2006 nahm sie mit der Rolle der Gräfin endgültig Abschied von der Opernbühne.[2] Ihren letzten öffentlichen Auftritt hatte sie 2007 anlässlich einer Hommage im Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel.[1]

Gorr starb am 22. Januar 2012 im Alter von 85 Jahren in Benidorm, Spanien, wo sie seit einigen Jahren lebte.[2][3] Als Todesurssache wurden Herzprobleme angegeben.[1]

Stimme und Tondokumente

Gorr besaß eine „umfangreiche, voluminöse“ Stimme, deren „dramatische Steigerungsfähigkeit“ sich insbesondere in den Partien des Wagner-Fachs, aber auch in den dramatischen Mezzosopranrollen der italienischen und französischen Opernliteratur bestens zur Geltung kam.[6] Ihre Stimme hatte ein „reiches, metallisches“ Timbre, wurde in der Höhe und im oberen Register jedoch teilweise schrill.[4]

Neben ihrer überzeugenden stimmlichen Interpretation wurden in Kritiken auch immer wieder Gorrs schauspielerisches Potential, ihre Darstellungskraft und ihre Bühnenpräsenz hervorgehoben, die insbesondere auch in ihren Altersrollen eindrucksvoll zur Geltung kamen.

Gorrs Stimme ist in zahlreichen Operngesamtaufnahmen und Live-Mitschnitten dokumentiert. Bei der französischen EMI nahm Gorr unter der Leitung von Georges Prêtre die mittlerweile als legendär geltende Gesamtaufnahme von Samson und Dalila im Studio auf (1962, mit Jon Vickers als Samson). Außerdem sang sie bei EMI die Marthe Schwerdtlein in Faust (1958, unter der Leitung von André Cluytens, mit Victoria de los Angeles, Nicolai Gedda und Boris Christoff als Partnern).

Insbesondere nahm Gorr ihre Rollen des französischen Repertoire für die Schallplatte auf: Geneviève in Pelléas et Mélisande (1953, Philips; Dirigent: Jean Fournet), Marguerite in Le Roi d’Ys (1958, Columbia; Dirigent: André Cluytens), Charlotte in Werther (1964, Mondiophonie; Dirigent: Jésus Etcheverry), Mère Marie in Dialogues des Carmélites (1958, EMI; Dirigent: Pierre Dervaux), später auch die Priorin (1992, Virgin; Dirigent: Kent Nagano.

Weitere Studioaufnahmen Gorrs entstanden für Decca und RCA. Sie sang Amneris in Aida unter der Leitung von Georg Solti (Partner: Leontyne Price als Aida, Jon Vickers als Radames) und Ortrud unter der musikalischen Leitung von Erich Leinsdorf (wieder mit Sándor Kónya in der Titelrolle).

Live-Mitschnitte von den Bayreuther Festspielen (1958, 1959) mit Gorr als Fricka und Ortrud wurden mittlerweile bei verschiedenen Labels auf CD veröffentlicht. Ebenso wurde der Live-Mitschnitt des Parsifal aus der Mailänder Scala (1960) mittlerweile auf CD veröffentlicht.

Literatur

  • Karl J. Kutsch und Leo Riemens: Großes Sängerlexikon. Vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage. München 2003. Band 3: Franc–Kaidanoff, S. 1791/1792. ISBN 3-598-11598-9

Einzelnachweise

  1. a b c Mezzosopranistin Rita Gorr verstorben Todesmeldung bei klassik.com; zuletzt abgerufen am 31. Jänner 2012
  2. a b c The mezzo Rita Gorr has died aged 85 Todesmeldung bei Gramophone; zuletzt abgerufen am 31. Jänner 2012
  3. a b Zum Tod von Rita Gorr Todesmeldung bei Tamino Klassikforum; zuletzt abgerufen am 31. Jänner 2012
  4. a b c d e Gorr, Rita Biografie (engl.)
  5. Rollenverzeichnis von Rita Gorr in: Chronik der Wiener Staatsoper 1945-2005, S. 433. Löcker Verlag, Wien 2006. ISBN 3-85409-449-3
  6. Karl J. Kutsch und Leo Riemens: Großes Sängerlexikon. Vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage. München 2003. Band 3: Franc–Kaidanoff, S. 1791/1792. ISBN 3-598-11598-9