Tischino (Kaliningrad)
Siedlung
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Tischino (russisch Тишино, deutsch Abschwangen) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad. Er liegt im Rajon Bagrationowsk und gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Bagrationowsksk.
Geographische Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Tischino liegt im Osten des Rajon Bagrationowsk, 17 km nordöstlich der Rajonshauptstadt und früheren Kreisstadt Bagrationowsk (Preußisch Eylau). Durch den Ort verläuft die russische Regionalstraße 27A-083 (ex A 196, ehemalige deutsche Reichsstraße 131), die von Kaliningrad (Königsberg) bis nach Krylowo (Nordenburg) an der russisch-polnischen Grenze führt und vor 1945 bis nach Angerburg (heute polnisch: Węgorzewo) und Arys (Orzysz) reichte.
Bis 1945 bestand Bahnanschluss über die Bahnstation in Neu Waldeck (heute russisch: Kaschtanowo) an der Bahnstrecke von Königsberg (Kaliningrad) nach Angerburg (Węgorzewo), die nicht mehr in Betrieb genommen wurde.
Ortsname
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der bis 1947 geltende Name Abschwangen war prußischer Herkunft und setzte sich aus „abse“ (= Espe) und „wangus“ (= Busch, Gesträuch) zusammen, bedeutete also so viel wie „Espenbusch“. Andere Namensformen waren „Abswangin“ (1407), „Abiswange“ (1437), „Apschwangen“ (1508) „Abswangen“ (1541). Diese Ortsbezeichnung gab es damals nur hier. Der heutige Name Tischino wurde von den Neusiedlern aus dem Dorf (Derewnja) Tischino in der russischen Oblast Rjasan mitgebracht.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das alte Kirchdorf Abschwangen wurde im Jahr 1365 als deutsches Zinsbauerndorf gegründet, wahrscheinlich von dem Brandenburger Komtur Kuno von Hattenstein.
Am 7. Mai 1874 wurde der Ort namensgebend für den neu errichteten Amtsbezirk Abschwangen[2], der bis zum Jahr 1945 zum Landkreis Preußisch Eylau im Regierungsbezirk Königsberg in der preußischen Provinz Ostpreußen gehörte. Der Amtsbezirk setzte sich aus vier Landgemeinden und fünf Gutsbezirken zusammen:
Name (bis 1946) | Name (seit 1946) | Bemerkungen |
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Landgemeinde Abschwangen | Tischino | |
Landgemeinde Almenhausen | Kaschtanowo | |
Landgemeinde Bönkeim | Iljuschino | |
Gutsbezirk Bönkeim | Iljuschino | 1928 in die Landgemeinde Bönkeim eingegliedert |
Gutsbezirk Freudenthal | NN.[3] | 1928 in die Landgemeinde Almenhausen eingegliedert |
Gutsbezirk Groß Waldeck | Ossokino | 1928 in die Landgemeinde Mostitten eingegliedert |
Gutsbezirk Klein Waldeck | Nowosjolki | 1928 in die Landgemeinde Mostitten eingegliedert |
Landgemeinde Mostitten | Ostrowskoje | |
Gutsbezirk Wisdehnen | Ljubimowo | 1928 in die Landgemeinde Bönkeim eingegliedert |
Im Jahr 1910 zählte die Landgemeinde Abschwangen 533 Einwohner.[4] Während des Ersten Weltkrieges kam es am 29. August 1914 in Abschwangen zu einem Massaker, bei dem russische Soldaten 74 Zivilisten töteten. Das Dorf wurde vollständig niedergebrannt.[5] Im Jahr 1933 betrug die Einwohnerzahl 574 und stieg bis zum Jahr 1939 auf 608.[6]
Infolge des Zweiten Weltkrieges kam Abschwangen 1945 mit dem nördlichen Ostpreußen zur Sowjetunion. Der Amtsbezirk, der am 1. Januar 1945 noch aus den Gemeinden Abschwangen, Almenhausen, Bönkeim und Mostitten bestand, wurde aufgelöst. Abschwangen erhielt 1947 die Ortsbezeichnung Tischino.[7] Bis 1954 war Tischino Sitz eines Dorfsowjets im Rajon Bagrationowsk. Später war der Ort in den Dorfsowjet Tschechowski selski Sowet eingegliedert. Von 2008 bis 2016 gehörte der Ort zur Landgemeinde Gwardeiskoje selskoje posselenije und seither zum Stadtkreis Bagrationowsk.
Kirche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ehemalige Evangelische Pfarrkirche stammt wahrscheinlich noch aus dem 14. Jahrhundert und gehörte zum Kloster Patollen, das in der Reformationszeit aufgelöst und übereignet wurde. Der von 1858 stammende Holzturm im Westen stürzte nach 1945 ein und wurde abgerissen. Die Innenausstattung aus dem 18. Jahrhundert wurde ebenfalls vernichtet.[8]
(siehe hierzu den Hauptartikel Kirchspiel Almenhausen / Abschwangen)
Seit 1946
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Zeit der Sowjetunion war kirchliches Lebens nicht möglich. Erst in den 1990er Jahren bildeten sich in der russischen Oblast Kaliningrad neue Kirchengemeinden, darunter auch die Tischino am nächsten liegenden Gemeinden in Gwardeiskoje (Mühlhausen) und Domnowo (Domnau). Beide sind Filialgemeinden der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) in der Propstei Kaliningrad[9] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
- ↑ Rolf Jehke, Amtsbezirk Abschwangen
- ↑ kein russischer Name bekannt
- ↑ Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Preußisch Eylau
- ↑ Holger H. Herwig: The First World War. Germany and Austria-Hungary, 1914–1918. Arnold, London 1996, ISBN 0-340-67753-8, S. 130.
- ↑ Michael Rademacher: Landkreis Preußisch Eylau (russ. Bagrationowsk). Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 17 июня 1947 г.«Об образовании сельских советов, городов и рабочих поселков в Калининградской области» (Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 17. Juni 1947: Über die Bildung von Dorfsowjets, Städten und Arbeitersiedlungen in der Oblast Kaliningrad)
- ↑ Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler West- und Ostpreußen, München 1993, ISBN 3-422-03025-5
- ↑ Ev.-luth. Propstei Kaliningrad ( des vom 29. August 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Horst Schulz: Die Städte und Gemeinden des Kreises Preußisch Eylau. Hrsg. von der Kreisgemeinschaft Preußisch Eylau in der Landsmannschaft Ostpreußen e. V., Verden 1990.