Benutzer:Andibrunt/Paul

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Robert W. Paul mit seiner Filmkamera. Fotografie aus The Strand Magazine, August 1896.

Robert William Paul, auch Robert Paul und R. W. Paul genannt (geboren 3. Oktober 1869 in London, England; gestorben 28. März 1943 ebenda) war ein britischer Ingenieur, Erfinder und Filmproduzent, der als „Vater der britischen Filmindustrie“ zu den führenden Filmpionieren Europas zählt. Paul entwickelte mit dem Theatrograph ein frühes Modell des Filmprojektors und setze es bei der ersten kommerziellen Filmvorführung im Vereinigten Königreich am 20. Februar 1896 ein. Durch seine Auftritte in den britischen Music Halls trug Paul wesentlich zur Popularisierung des Mediums Film bei. 1898 richtete Paul in Muswell Hill im Norden Londons das erste britische Filmstudio ein, das er bis 1910 leitete.

Als Produzent von mehr als 700 Filmen war Paul verantwortlich für zahlreiche technische und künstlerische Innovationen in der Frühphase des Kinos. Gemeinsam mit Birt Acres entstanden 1895 die ersten öffentlich vorgeführten Filmaufnahmen aus England. 1898 war Robert W. Paul der erste Filmemacher, der den Filmschnitt als erzählerisches Mittel einsetzte. Scrooge, or Marley’s Ghost, eine von Paul produzierte Adapation von Charles DickensA Christmas Carol, gilt als der erste Film, bei dem Zwischentitel verwendet wurden. Durch die Verwendung im Theatrograph setzte sich das Malteserkreuzgetriebe für den Filmantrieb in Projektoren durch. Pauls Filmkameras ermöglichten Kameraschwenks und Doppelbelichtungen, die in Trickfilmen eingesetzt wurden.

Daneben war Paul als Konstrukteur elektrischer Messgeräte bekannt, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. 1903 erfand er das Unipivot-Galvanometer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frühe Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Robert William Paul wurde am 3. Oktober 1869 im Londoner Ortsteil Islington geboren. Seine Eltern waren George Butler Paul, ein Kaufmann aus Lincolnshire, und Elizabeth Paul, geborene Lyon. Er war das älteste von fünf Kindern.[1] George Paul besaß mehrere Handelsschiffe und so verbrauchte Robert Paul einen Teil seiner Kindheit auf Reisen mit seinem Vater.[2] Im Alter von 16 Jahren besuchte Robert Paul die City of London School, eine der ersten weiterführenden Schulen im Vereinigten Königreich, die naturwissenschaftlichen Unterricht anbot. 1885 wechselte Paul an das Finsbury Technical College, das erste technische College im Vereinigten Königreich[3]. Zu den Dozenten in Finbury zählten die Physiker William Edward Ayrton und John Perry, denen Paul auch nach dem Abschluss seines Studiums verbunden blieb. 1888 schloss Paul sein Studium in Elektrotechnik mit eienr Auszeichnung ab. In den folgenden zwei Jahren arbeitete Paul bei verschiedenen Unternehmen, unter anderem bei Elliott Brothers in London und bei der Bell Telephone Company in Antwerpen.

1890 wurde der 21jährige Paul Mitglied der Institution of Electrical Engineers. In folgenden Jahr gründete er in Hatton Garden, einem Viertel im Londoner Stadtteil Holborn, sein eigenes Unternehmen, die Robert W. Paul Instrument Company.[4] Das Unternehmen spezialisierte sich auf die Konstruktion von Messinstrumenten. Zu den erfolgreichsten Produkten der frühen Jahre zählte ein von seinem ehemaligen Lehrer William Ayrton gemeinsam mit Thomas Mather entwickeltes Galvanometer, dessen Weiterentwicklung Paul 1892 patentieren ließ.[5] Im Frühjahr 1892 berichtete Robert W. Paul vor der Physical Society über seine Verbesserung des von William Thomson entwickelten Spiegelgalvanometers in Anwesenheit des Erfinders.[6] 1896 hatte die Robert W. Paul Instrument Company bereits rund 30 Mitarbeiter.[7]

Einstieg ins Filmgeschäft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachbau von Edisons Kinetoskop[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innenansicht von Edisons Kinetoskop.

Im Herbst 1894 suchten die griechischen Unternehmer George Georgiades und George Tragidis die Werkstatt von Robert W. Paul auf und beauftragten ihn, einen Nachbau von Thomas Alva Edisons Kinetoskop anzufertigen. Das Kinetoskop war ein Guckkasten, in dem Filmstreifen in einer Endlosschleife mit einer edisonschen Glühlampe beleuchtet und durch ein Vergrößerungsglas betrachtet wurden. Es war das erste kommerziell vertriebene Gerät zur Präsentation von Filmen und wurde von Edison seit dem Frühjahr 1894 in eigens eingerichteten Kinetoskop-Salons erfolgreich vermarktet. Georgiades und Tragidis hatten mehrere Geräte von Edison gekauft und diese in Paris und London vorgeführt. Wegen der hohen Kosten für den Erwerb und Transport weiterer Kinetoskope suchten sie einen Partner für den Nachbau des Gerätes.[8]

Paul zögerte zuerst, den Auftrag anzunehmen, erkannte dann aber, dass Edison es unterlassen hatte, seine Erfindung außerhalb der Vereinigten Staaten zum Patent anzumelden. Bis zum Dezember 1894 fertigte Paul sechs Kinetoskope an, die Georgiades und Tragidis zusammen mit den originalen Geräten in ihrem Salon vorführten. Paul wurde zu einem der führenden Konstrukteure von Kinetoskopen, die er unter eigenem Namen vermarktete und auch selbst ausstellte. Er verkaufte seine Geräte bis nach Japan; zu seinen Kunden zählte auch der französische Filmpionier Charles Pathé.[9] Nach eigenen Angaben hatte Robert W. Paul bis Ende 1895 mehr als 60 Kinetoskope gebaut[10], für deren Fertigung er eine zweite Werkstatt in Saffron Hill eingerichtet hatte.[11]

Auch wenn Edison die Nachbauten seines Kinetoskops nicht verhindern konnte, so behielt er die Kontrolle über die Produktion und den Vertrieb der Filme, die in ihnen gezeigt wurden. Die von William K. L. Dickson für Edison entwickelte Filmkamera, der Kinetograph, war weltweit patentiert und die Filme der Edison Manufacturing Company waren urheberrechtlich geschützt. Als Anfang 1895 Edisons Manager der Verkauf der Filme an nicht autorisierte Betreiber von Kinetoskop-Salons einstellten, musste sich Robert W. Paul um alternativen Quellen für Filme bemühen.[12]

Partnerschaft mit Birt Acres[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filmstreifen von Incident Outside Clovelly Cottage.

Durch einen gemeinsamen Bekannten kam Paul in Kontakt mit dem gebürtigen Amerikaner Birt Acres, einem Fotografen, der bereits die Idee einer eigenen Filmkamera entwickelt hatte. Anfang 1895 kam es zu einem ersten Treffen, innerhalb weniger Wochen entstand dann der Prototyp einer Kamera, die basierend auf den Forschungen des Filmhistoriker John Barnes als Paul-Acres-Kamera bezeichnet wird.[13] Grundlage für diese Kamera war der Chronophotographé von Étienne-Jules Marey[14], allerdings verwendeten Paul und Acres anstelle fotografischer Platten einen Zelluloidfilm. Ähnlich wie in Edisons Kinetograph hatte der Film ein Breite von 35 mm und war beidseitig perforiert.

Der erste erfolgreiche Test gelang Paul und Acres im März 1895, als sie vor Acres Haus in Chipping Barnet im Norden Londons eine kurze Szene unter der Mitwirkung von Acres Familie drehten. Die Aufnahme mit dem Titel Incident Outside Clovelly Cottage gilt als der erste erfolgreiche Film, der in England hergestellt wurde.[15] Von dem Film sind nur einzelne Aufnahmen erhalten, darunter ein Filmstreifen, den Paul am 29. März 1895 einem Brief an Edison beigelegt hatte, in dem er erfolglos für eine Zusammenarbeit zwischen beiden geworben hatte.[16] Ebenfalls am 29. März hatten Paul und Acres ihre Partnerschaft vertraglich festgelegt: Paul baute für Acres die gemeinsam entwickelte Kamera, eine Perforiermaschine und eine Kopiermaschine; Acres drehte die Film, die Paul exklusiv in seinem Kinetoskopen vermarktete.[17]

Zwischen März und Juni 1895 entstanden 13 Filme unter der Regie von Birt Acres. Einige Film griffen Sujets auf, die auch schon für Edisons Kinetoskop gefilmt wurden, wie ein boxendes Känguru (The Boxing Kangaroo), Hundedressuren (Skipping Dogs) oder den Schnellzeichner Tom Merry (Tom Merry, Lightning Cartoonist). Während Edisons Filme wegen des elektrischen Antrieb der Kamera zumeist in den geschlossenen Räumen des Black-Maria-Filmstudios aufgenommen wurden, konnte Acres mit der per Handkurbel angetriebenen Kamera auch im Freien drehen.[18] Am 30. März 1895 filmte er das Boat Race zwischen den Universitäten Oxford und Cambridge (The Oxford and Cambridge University Boat Race) und am 29. Mai das Epsom Derby (The Derby). Acres’ Drearbeiten bei dem Pferderennen in Epsom sind auf einer vielzitierten Fotografie festgehalten.[19] Acres' berühmtester Film aus dem Frühjahr 1895 ist eine Aufnahme des stürmischen Seegangs im Hafen von Dover (Rough Sea at Dover)[20], die weite Verbreitung fand und unter anderem bei der ersten Vorführung von Edisons Vitascope-Projektors am 23. April 1896 in New York gezeigt wurde[21].

Im Sommer 1895 endete plötzlich die Zusammenarbeit zwischen Robert W. Paul und Birt Acres. Die Gründe für die Trennung sind unklar, Paul und Acres blieben aber bis zu Acres’ Tod im Jahr 1918 zerstritten. Ein Grund dürfte Acres’ Patentanmeldung einer eigenen Kamera, der Kinetic Camera, vom 27. Mai 1895 sein,[22] bei der er auch Bauteile beschrieb, die Paul entwickelt hatte. Für Acres war dagegen Pauls Weigerung, ihn an dem Gewinn durch die Vermarktung der Filme zu beteiligen, Grund für die Trennung.[23] Paul stellte sich in Zeitungsanannoncen als den „einzigen europäischen Hersteller“ von Kinetoskop-Filmen dar, ohne Acres’ Beteiligung zu erwähnen.[24] In den folgenden Jahren bestritt Acres dagegen Pauls Mitwirkung bei der Erfindung der ersten kommerziell einsetzbaren britischen Filmkamera[25] und bezeichnete ihn als „Kopierer der Arbeit anderer Leute“[26]. Acres fand in dem Kölner Unternehmer Ludwig Stollwerck einen neuen Mentor und reiste noch im Juni 1895 für Filmaufnahmen nach Deutschland.[27]

Entwicklung der ersten Filmprojektoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pauls Theatrograph-Projektor No 2, Mark 1 von 1896, ausgestellt im National Science and Media Museum.

Im Sommer und Herbst 1895 arbeiteten mehrere Erfinder, unter ihren die Brüder Lumière in Frankreich, unabhängig voneinander an der Entwicklung von Filmprojektoren, die das Kinetoskop als Apparatur zur Präsentation von Filmen ablösen sollten.[28] Paul konzentrierte sich aber nach dem Ende der Partnerschaft mit Birt Acres auf die Vermarktung seiner Kinetoskope und der von Acres produzierten Filme. Er stellte gleich mehrere seiner Kinetoskope während der Kolonialausstellung Empire of India Exhibition aus, die von Mai bis Oktober 1895 im Earls Court Exhibition Centre veranstaltet wurde. Mit den Kinetoskopen nahm Paul täglich bis zu 50 Pfund ein.[29] Angesichts dieses Erfolgs dachte Paul darüber nach, wie man Filme durch die Projektion auf eine Leinwand ähnlich wie bei der Laterna magica einem größeren Publikum zugänglich machen konnte.[30] Paul entwickelte zur gleichen Zeit ein Konzept für eine neue Jahrmarktsattraktion basierend auf H. G. Wells’ Roman Die Zeitmaschine. Das am 24. Oktober 1895 eingereichte Patent sah eine Art Fahrsimulator vor, bei dem der Eindruck einer Zeitreise durch die Bewegung der Bühne, Windeffekte und die Projektion von Bildern erweckt werden sollte. Die hohen Kosten für die Umsetzung des Konzepts sorgen aber dafür, dass Paul diese „Zeitmaschine“ nie verwirklichte.[31]

Erst als Anfang 1896 die Nachricht des sensationellen Erfolgs der ersten öffentlichen Filmvorführungen der Brüder Lumière London erreichte und darüber hinaus Birt Acres am 14. Januar 1896 einen eigenen Filmprojektor der Royal Photographic Society vorgestellt hatte[32] begann Paul mit der Entwicklung eines eigenen Projektors, den er innerhalb weniger Wochen fertigstellte. Die erste öffentliche Vorführung hatte sein Theatrograph genannter Filmprojektor am 20. Februar an Pauls alten Schule, dem Finsbury Technical College. Am gleichen Tag wurde auch erstmals der Kinematograph der Brüder Lumière in London vorgestellt.[33] Eine Woche später gab Paul am 28. Februar 1896 eine weitere Vorführung an der Royal Institution.[34] Nach dieser Präsentation erhielt Paul eine Einladung vom Impresario Augustus Harris, seinen Projektor im Londoner Olympia zur Schau zu stellen.[35] Seine Premiere im Olympia feierte der Theatrograph am 21. März 1896. Vier Tage später kam ein erster Auftritte in der Music Hall Alhambra im West End hinzu, der von der Zeitung The Era als ein „beachtlicher Erfolg“ gefeiert wurde. [36] Noch vor der ersten Vorführung im Olympia hatte der Zauberkünstler David Devant am 19. März in der Egyptian Hall ein von Paul erworbenes Exemplar des Projektors unter der Bezeichnung Animatograph vorgestellt. [37] In den folgenden Wochen nahm Paul weitere Engagements in Music Halls an, sodass er allabendlich an bis zu sechs Orten sein jeweils 10-minütiges Programm präsentierte.[35]

Neben den Vorführungen von Paul und Devant präsentierte ab Anfang April der Franzose Félicien Trewey in der Marlborough Hall und im Empire Theatre Filme mit dem lumièreschen Kinematographen. Paul besuchte selbst eine von Treweys Vorstellungen und musste sich eingestehen, dass sein Theatrograph nicht mit der Qualität des Kinematographen mithalten konnte.[35] Bereits am 2. März 1896 hatte Paul das Modell No. 2 des Theatrographen zum Patent angemeldet, das ein stabileres Bild bei der Projektion ermöglichte.[38] Basierend darauf wurde in den folgenden Monaten der Theatrograph kontinuierlich weiter verbessert.

Da Paul Mitte 1896 der einzige Hersteller von Filmprojektoren war, der auch seine Erfindung verkaufte, gab es eine weltweite Nachfrage nach seinen Geräten. Bis Ende 1896 gab es Filmvorführungen mit dem Theatrograph in Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, den Niederlanden, Russland, Südafrika, Australien, Tasmanien und Kanada.[39]. Insgesamt soll Paul mehr als 100 Exemplare des Theatrograph No. 2 verkauft haben[40]. Eines der wenigen erhaltenen Modelle stammt aus dem Besitz des französischen Filmpioniers Georges Méliès, der damit seine ersten Filmvorführungen bestritt.[41]

Vom Filmvorführer zum Filmemacher[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelbild aus The Soldiers Courtship, April 1896.
Werbung für Pauls Theatrograph (links) und Programm der Filmvorführungen im Alhambra vom 31. August 1896 (rechts).

Ein dreiviertel Jahr lang zeigte Paul zuerst in seinen Kinetoskopen und dann in seinem Bühnenprogrammen die Filme, die aus seiner Zusammenarbeit mit Birt Acres entstanden waren. Im April 1896 konstruierte Paul auf Basis des Theatrographs eine neue Filmkamera, die als Cinematograph Camera No. 1 zum Patent angemeldet wurde. Der erste Film, der mit dieser Kamera gedreht wurde, war eine kurze Szene aus John Pooles Komödie A soldier's courtship. Die Aufnahme gilt gemeinhin als der erste Spielfilm der britischen Filmgeschichte[42], wobei bereits frühere Filme von Paul und Acres inszenierte Szenen zeigten.[43]. Der Film The Soldier’s Courtship entstand auf Anregung von Alfred Moul, dem Betreiber des Alhambra. Gedreht wurde auf dem Dach des Theaters mit Bühnenschauspielern, Paul bediente selbst die Kamera. Der Film wurde erstmals Anfang Mai vorgeführt und wurde zu einem großen Publikumserfolg.[44] Das Dach des Alhambra diente Paul im Sommer 1896 als Freiluftstudio für weitere Filme, so nahm er unter anderem einige Zaubertricks von David Devant auf.[45]

Thematisch unterschieden sich die ersten Filme Pauls kaum von denen, die Acres im Vorjahr gedreht hatte.[46] Anstelle von Rough Sea at Dover entstanden Aufnahmen an der Küste von Ramsgate, im Juli 1896 filmte Paul an der Henley Royal Regatta. Pauls erfolgreichster Film von 1896 war seine Aufnahme des Epson Derbys am 3. Juni, wo er den überraschenden Sieg des Rennpferdes Persimmon aus dem Besitz des Prince of Wales, dem späteren König Eduard VII., filmte.[45] Paul entwickelte und vervielfältige seine Aufnahme über Nacht, um sie schon am nächsten Abend im Alhambra sowie in der Canterbury Music Hall seinem Publikum zu zeigen. Bei der Premiere des Films jubelte das Publikum, sang auf den Stühlen stehend God Bless the Prince of Wales und verlangte mehrmals die Wiederholung des Films als Zugabe.[47]

Mehrere Zeitungen berichteten von Pauls Vorführung des Films The Derby, das Strand Magazine beschrieb in ihrer August-Ausgabe in einem mehrseitigen Artikel die Entstehung des Films.[48] Bei einer Sondervorstellung im Alhambra war der Prince of Wales persönlich zugegen.[49] Der Erfolg von Pauls The Derby markierte den Beginn des Nachrichtenfilms im Vereinigten Königreich. Paul filmte in den folgenden Monaten weitere Ereignisse wie die Hochzeit von Prinzessin Maud, ehe er am 22. Juni 1897 die Parade zur Feier des diamantenen Thronjubiläums von Königin Victoria in mehreren Filmen festhielt. Er war sich des dokumentarischen Werts seiner Filme bewusst, so warb er Ende 1896 dafür, dass das British Museum eine Auswahl seiner Filme archivierte.[50]

Neben den Nachrichtenfilmen fing Paul in seinem Filmen die Alltagswelt Londons ein. Er filmte unter anderem den Straßenverkehr an der Westminster Bridge und der Blackfriars Bridge sowie Freizeitaktivitäten im Hyde Park, in Hampstead Heath und im Londoner Zoo. Mehrere Filme zeigten Kleinkinder beim Spielen.[51] Diese Aktualitätenfilme waren sehr beliebt beim Publikum, und so entschied sich Paul im September 1896, seinen Mitarbeiter Henry Short für Filmaufnahmen auf die iberische Halbinsel zu entsenden. Short drehte unter anderem in Cádiz, Lissabon, Madrid und Sevilla und bracht von seiner Reise 14 Filme zurück, die Ende Oktober im Programm A Tour in Spain and Portugal ihre Premiere feierten. Mit diesen Reisefilmen probierte Paul erstmals, mehrere kurze Filme, die aus einzelnen Einstellungen bestanden, in einem gemeinsamen Programm zu vereinigen. Nur zwei dieser Reisefilme blieben erhalten, darunter A Sea Cave Near Lisbon. Im März 1897 wurde A Sea Cave Near Lisbonvon Paul als erste britische Filmproduktion im Stationers’ Register hinterlegt.[52] Der Film war äußerst populär und wurde über Jahre im den Katalogen angeboten. Anfang 1897 brach Short zu einer weiteren Reise nach Ägypten auf; die 13 Filme wurden im April 1897 uraufgeführt. Paul selbst unternahm im Sommer 1897 eine mehrmonatige Reise nach Schweden, wo er nicht nur dem schwedischen Königshaus sein Theatrograph präsentierte, sondern auch 11 Filme aufnahm.

Da Paul zunehmend seine Filme außerhalb von London zeigen ließ, kamen zusätzlich lokale Ansichten aus Schottland, xxx hinzu. Juni 1896: Leicester. Meist als Animatograph oder Animatographe. 6. Juli 1896: „R. W. Paul’s Celebrated Animatographe“ in Brighton.

Wirken als Filmproduzent[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pauls Filmstudio in Muswell Hill, um 1901.
Werbeanzeige für Pauls Animatograph-Projektor von 1905.

Filme vom Diamantenen Jubiläum waren der Höhepunkt der frühen Aktualitätenfilme und Nachrichtenfilme. Das Interesse nahm langsam ab. Paul entschied sich daher dazu, mehr fiktionale Filme wie The Soldier’s Courtship zu drehen.[47]


Späte Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Robert W. Paul, undatierte Fotografie.
Unipivot-Galvanometer (aus Electrical Engineering, 1915).

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filmische Innovationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Scrooge, or, Marley’s Ghost, 1901.
The ‘?’ Motorist, 1906.


Handkolorierte filme

Bewertung als Filmpionier[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Internet Movie Database listet mehr als 700 Filme, an denen Robert W. Paul als Regisseur oder Produzent beteiligt war. Da aber nur ein Teil der Kataloge von Pauls Produktionsfirma erhalten ist, ist eine eindeutige Zuordnung nicht immer möglich.[53] Ein Großteil der Filme gilt als verschollen; die nachfolgende Filmografie listet nur die Filme auf, die ganz oder teilweise erhalten sind.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • R. W Paul, C. M. Hepworth, W. G. Barker: Before 1910. In: Proceedings of the British Kinematograph Society. Nr. 38, 1936, S. 1-16.
  • Leslie Wood: The Miracle of the Movies. Burke Publishing, London 1947.
  • John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1: 1894-1896. University of Exeter Press, Exeter 2014. ISBN 978-0-85989-954-3
  • Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema. University of Chicago Press, Chicago and London 2019. ISBN 978-0-226-10563-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Andibrunt/Paul – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 36-37.
  2. Michael J.G. Cattermole, Arthur F. Wolfe: Horace Darwin's Shop: A History of the Cambridge Scientific Instrument Company 1878-1968. Hilger, Bristol und Boston 1987. ISBN 0-85274-569-9, S. 68.
  3. William H. Brock: An experiment in technical education. In: New Scientist, 22. November 1979, S. 622-623.
  4. Trade Notes and Notices. In: The Electrician, 20. November 1891, S. 74.
  5. C. N. Brown: Instrument Making to Instrument Manufacturing. R W Paul’s Unipivot Galvanometer as a Case Study. In: Bulletin of the Scientific Instrument Society No. 71, 2000, S. 17-20.
  6. Robt. W. Paul: Some Elecxtrical Instrument. In: The Electric Journal, 1. April 1892, S. 566-567.
  7. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 50.
  8. Richard Brown und Barry Anthony: The Kinetoscope: A British History. John Libbey Publishing, East Barnet 2017. ISBN 0-86196-730-8, S. 24-27.
  9. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S.16-19.
  10. Leslie Wood: The Miracle of the Movies, S. 94.
  11. John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1, S. 17.
  12. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 19.
  13. John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1, S. 21.
  14. Brian Coe: The History of Movie Photography. Eastview editions, Westfield (N.J.) 1981. ISBN 978-0-89860-067-4, S. 72.
  15. John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1, S. 23.
  16. Alan Kattelle: Home Movies: A History of the American Industry, 1897 - 1979. Transition, Nashua 2000, ISBN 0-9654497-8-5, S. 47-48.
  17. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 225.
  18. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 26.
  19. C. W. Ceram: Archaeology of the Cinema. Thames & Hudson, London 1965, S. 157.
  20. Deac Rossell: Rough Sea at Dover: A Genealogy. In: Early Popular Visual Culture Vol. 15 (1), 2017, S. 59 - 82.
  21. David Robinson: From Peep Show to Palace: The Birth of American Film. Columbia University Press, New York 1996, ISBN 0-231-10338-7, S. 63.
  22. Hauke Lange-Fuchs: Birt Acres. W.G. Mühlau, Kiel 1987. ISBN 978-3-87559-054-8, S. 32.
  23. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 22.
  24. Janet Harbord: Ex-centric Cinema: Giorgio Agamben and Film Archaeology. Bloomsbury, New York, London 2016. ISBN 978-1-6289-2242-4, S. 182.
  25. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 20.
  26. Deac Rossell: Birt Acres's annotations to F A Talbot's Moving Pictures (1912). Auf Academia.edu (undatiert)
  27. Martin Loiperdinger: A foreign affair: Birt Acres and Ludwig Stollwerck. In: Early Popular Visual Culture Vol 3, No 1, 2005, S. 77-94.
  28. Kristin Thompson, David Bordwell: Film History: An Introduction. McGraw-Hill Education, New York 2019. ISBN 978-1-260-08485-6, S. 8-9.
  29. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 31.
  30. R. W Paul, C. M. Hepworth, W. G. Barker: Before 1910, S. 2.
  31. John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1, S. 38-41.
  32. Hauke Lange-Fuchs: Birt Acres. W.G. Mühlau, Kiel 1987. ISBN 978-3-87559-054-8, S. 74.
  33. David Robinson: From Peep Show to Palace: The Birth of American Film. Columbia University Press, New York 1996, ISBN 0-231-10338-7, S. 61-62.
  34. Frederick A. Talbot: Moving Pictures : How They are Made and Worked. Heinemann, London 1912, S. 39.
  35. a b c Leslie Wood: The Miracle of the Movies, S. 101.
  36. The Era, 28. März 1896, S. 18. Zitiert in John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1, S. 116.
  37. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 53-55.
  38. John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1, S. 48.
  39. Deac Rossell: A Chronology of the Cinema 1889–1896. In: Film History, Vol. 7, No. 2, Summer 1995, S. 115-236.
  40. Michael Harvey: Inscribing a new technology: The cinematography collection of the National Museum of Photography, Film & Television. In: John Fullerton (Hrsg.): Celebrating 1895: The Centenary of Cinema. John Libbey & Company, Sydney 1998, ISBN 1-86462-015-3, S. 4.
  41. John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1, S. 56.
  42. Jörg Helbig: Geschichte des britischen Films. J.B. Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01510-6, S. 5.
  43. The Soldier’s Courtship, The Bioscope, 25. Juli 2011.
  44. R. W Paul, C. M. Hepworth, W. G. Barker: Before 1910, S. 4.
  45. a b John Barnes: The Beginnings of the Cinema in England,1894-1901. Vol 1, S. 126.
  46. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 66.
  47. a b Leslie Wood: The Miracle of the Movies, S. 103.
  48. The Prince’s Derby: Shown by Lightning Photography. In: The Strand Magazine. August 1896, S. 137-140.
  49. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 68.
  50. Stephen Bottomore: 'The Collection of Rubbish.' Animatographs, Archives and Arguments: London, 1896-97. In: Film History, Vol. 7 (No. 3), S. 291-297.
  51. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 78-79.
  52. Richard Brown: The Briitsh Film Copyright Collection. In: Journal of Film Preservation, No. 54, 1997, S. 52.
  53. Ian Christie: Robert Paul and the Origins of British Cinema, S. 271.