Flugzeugkollision von Mailand-Linate 2001

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Flugunfall von Mailand-Linate)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Flugzeugkollision von Mailand-Linate 2001

Rekonstruktion des Unfallhergangs

Unfall-Zusammenfassung
Unfallart Flugzeugkollision am Boden
Ort Flughafen Mailand-Linate
Datum 8. Oktober 2001
Todesopfer 114
Todesopfer am Boden 4
Verletzte am Boden 4
1. Luftfahrzeug
Luftfahrzeugtyp McDonnell Douglas MD-87
Betreiber SAS Scandinavian Airlines
Kennzeichen SE-DMA
Name Lage Viking
Abflughafen Flughafen Mailand-Linate
Zielflughafen Flughafen Kopenhagen-Kastrup
Passagiere 104
Besatzung 6
Überlebende 0
2. Luftfahrzeug
Luftfahrzeugtyp Cessna CitationJet CJ2
Betreiber Air Evex
Kennzeichen D-IEVX
Abflughafen Flughafen Mailand-Linate
Zielflughafen Flughafen Le Bourget
Passagiere 2
Besatzung 2
Überlebende 0
Listen von Luftfahrt-Zwischenfällen

Bei der Flugzeugkollision von Mailand-Linate kollidierte am 8. Oktober 2001 am Flughafen Mailand-Linate eine McDonnell Douglas MD-87 der SAS Scandinavian Airlines (Flugnummer SK686) beim Start mit einem Cessna CitationJet CJ2 der Air Evex. Alle 114 Personen an Bord der beiden Flugzeuge sowie vier weitere am Boden kamen bei dem Unglück ums Leben. Außerdem gab es vier Verletzte. Es war das bisher schwerste Luftfahrtunglück Italiens.[1]

Am Tag des Unglücks lag dichter Nebel über dem Stadtflughafen Mailands, die Sichtweite lag bei weniger als 200 Metern.

Der Kapitän des Cessna CitationJet wurde angewiesen, vom westlichen Vorfeld über die nördliche Rollbahn R5 (grün) in Richtung des nördlichen Vorfeldes zu rollen, von wo aus das Hauptrollfeld ohne Querung der Startbahn hätte erreicht werden können. Stattdessen steuerte er die Maschine jedoch über die südliche, die Startbahn kreuzende Rollbahn R6 (rot).

Zur selben Zeit, um 8:09:28 Uhr, bekam die MD-87 der SAS die Startfreigabe für Startbahn 36R (blau) und kollidierte 35 Sekunden später bei einer Geschwindigkeit von etwa 270 km/h mit der Cessna.

Bei dem Aufprall kam einer der Insassen der Cessna sofort ums Leben, die anderen drei verbrannten. Der schwedische Kapitän der MD-87 versuchte die Maschine abzuheben. Da jedoch beim Aufprall das rechte Triebwerk verloren gegangen war und das linke durch Einsaugen von Trümmerteilen an Schub verlor, erreichte das Flugzeug lediglich eine Höhe von etwa 12 m und stürzte wieder zu Boden. Der Kapitän versuchte nun mittels Schubumkehr und Bremsen die Maschine anzuhalten, welche das rechte Hauptfahrwerk verloren hatte. Dennoch prallte die MD-87 mit etwa 250 km/h in einen am Ende der Startbahn befindlichen Hangar. Dabei und beim anschließenden Feuer starben alle Insassen der Maschine sowie vier italienische Bodenmitarbeiter. Vier weitere Hangararbeiter wurden verletzt.[2][3][4]

Neben dem Fehler der Piloten der Cessna identifizierte die italienische Behörde für Flugunfalluntersuchung (ANSV) auch eine Reihe weitere Unfallursachen.

  • Der Flughafen verfügte zum Unglückszeitpunkt nicht über ein funktionierendes Bodenradar, obwohl bereits einige Jahre zuvor dessen Installation und Inbetriebnahme möglich gewesen wäre. Das System ging wenige Monate später in Betrieb.
  • Die Leittafeln entlang der Rollfelder entsprachen nicht den offiziellen Richtlinien. Nachdem die Cessna irrtümlich Rollfeld R6 erreicht hatte, konnten die Piloten diesen Fehler nicht mehr erkennen.
  • Als die Piloten der Cessna korrekterweise an einer Haltemarkierung stoppten und ihren Standort (S4) an die Bodenkontrolle durchgaben, reagierte diese nicht, da die Markierung nicht auf deren Karten verzeichnet war.
  • Keiner der beiden Piloten der Cessna war für Landungen mit einer Sichtweite unter 550 m zertifiziert, sie waren jedoch nur wenige Minuten vor dem Unglück unter entsprechend schlechten Sichtbedingungen gelandet.

Am 16. April 2004 erkannte das Gericht in Mailand vier Personen für schuldig:

  • Flughafendirektor Vincenzo Fusco und Fluglotse Paolo Zacchetti wurden zu jeweils acht Jahren Gefängnisstrafe verurteilt.
  • Der ehemalige Vorgesetzte der Fluglotsengesellschaft, Sandro Gualano, sowie Francesco Federico, ehemaliger Flughafenchef, wurden zu jeweils 6½ Jahren verurteilt.

Im Berufungsverfahren wurden am 7. Juli 2006 die beiden Flughafenchefs freigesprochen und vier weitere Personen verurteilt.[5]

Nationalität SAS 686 Cessna Boden Total
Passa-
giere
Crew Passa-
giere
Crew
Italien Italien 58 - 2 - 4 64
Schweden Schweden 17 3 - - - 20
Danemark Dänemark 16 3 - - - 19
Finnland Finnland 6 - - - - 6
Norwegen Norwegen 3 - - - - 3
Deutschland Deutschland - - - 2 - 2
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich 2 - - - - 2
Rumänien Rumänien 1 - - - - 1
Sudafrika Südafrika 1 - - - - 1
Total 104 6 2 2 4 118

Insgesamt kamen bei dem Unglück 118 Menschen aus neun verschiedenen Herkunftsländern ums Leben, wobei mehr als die Hälfte der Opfer Italiener waren.[6][7] Ein britischer Fluggast der SAS-Maschine hatte außerdem auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.[8]

Am 12. und 13. Oktober wurden für die Opfer in Dänemark, Norwegen, Schweden sowie Italien Gedenkgottesdienste abgehalten.[9] Im März 2002 wurde im Gedenken an die Verstorbenen im Forlanini Park in der Nähe des Flughafens ein Wald mit 118 Buchen und einer Skulptur des schwedischen Künstlers Christer Bording eröffnet.

Die beiden Mailander Fußballclubs AC und Inter (Derby della Madonnina) trugen am 1. September 2002 das Benefizspiel „Für die Opfer von Linate“ aus. Die Einnahmen kamen den Familien der Opfer zugute.[10][11]

In der kanadischen Fernsehserie Mayday – Alarm im Cockpit wurde der Unfall in Staffel 11, Episode 12 The Invisible Plane (deutscher Titel: Kollision auf der Rollbahn) nachgestellt.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Eleven on trial over Milan collision. BBC, 4. Juni 2003, abgerufen am 19. Juli 2013 (englisch).
  2. Unfallbericht DC-9-87 SE-DMA, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 1. Dezember 2017.
  3. Milano Linate, ground collision between Boeing MD-87, registration SE-DMA and Cessna 525-A, registration D-IEVX. ANSV, 20. Januar 2004, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Dezember 2013; abgerufen am 19. Juli 2013 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ansv.it
  4. Final Report. (PDF; 715 kB) ANSV, 20. Januar 2004, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 19. Juli 2013 (englisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.ansv.it (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Motivi della decisione. (doc; 553 kB) 16. April 2004, abgerufen am 19. Juli 2013 (italienisch).
  6. Passenger and Crew List Scandinavian Airlines Flight SK 686. (PDF; 79 kB) SAS, 8. Oktober 2001, abgerufen am 19. Juli 2013 (englisch).
  7. SK686 Update: Nationality Distribution. (PDF; 40 kB) SAS, 10. Oktober 2001, abgerufen am 19. Juli 2013 (englisch).
  8. British plane crash victims named. BBC, 10. Oktober 2001, abgerufen am 13. Juli 2013 (englisch).
  9. Memorial Service for the Causalities in Milan. (PDF; 57 kB) SAS, 11. Oktober 2001, abgerufen am 19. Juli 2013 (englisch).
  10. inter.it: Inter and Milan: Derby Memorial Match for Linate's Victims Artikel vom 12. November 2001(englisch)
  11. magliarossonera.it: Milan vs. Internationale 1:0 (italienisch)

Koordinaten: 45° 26′ 42,4″ N, 9° 16′ 36,3″ O