Großer Preis der Schweiz 1948

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Der VIII. Große Preis der Schweiz – und gleichzeitig IX. Große Preis von Europa – fand am 4. Juli 1948 auf der Bremgarten-Rundstrecke in Bremgarten bei Bern statt. Das Rennen zählte zur Kategorie der Grandes Épreuves und wurde nach den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Formel bzw. Formel 1 (Rennwagen mit Motoren bis 1,5 Liter Hubraum mit Kompressor bzw. bis 4,5 Liter Hubraum ohne Kompressor; Renndistanz mindestens 300 km bzw. mindestens drei Stunden Renndauer) über 40 Runden à 7,280 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 291,1 km entsprach.

Sieger wurde Carlo Felice Trossi auf einem Alfa Romeo Tipo 158 Alfetta. Das Rennwochenende wurde von den tödlichen Unfällen von Achille Varzi (Alfa Romeo; Trainingsunfall), Christian Kautz (Maserati; Hauptrennen) sowie dem Motorrad-Rennfahrer Omobono Tenni überschattet. Bei einem weiteren schweren Unfall in einem Rahmenrennen trug Maurice Trintignant schwere Verletzungen davon.

In Anknüpfung an die 1920er Jahre hatte der internationale Automobilverband FIA nach dem Krieg (und nach Abschaffung der früheren Grand-Prix-Europameisterschaft) die alte Tradition wieder aufleben lassen, jeweils einem der Grandes Épreuves einer Saison den Ehrentitel eines Großen Preises von Europa zu verleihen. Für 1948 wurde hierfür der Große Preis der Schweiz auserkoren, der mit einem umfassenden, aus diversen national oder international ausgeschriebenen Läufen für Voiturette-Rennwagen, Rennsportwagen, wie auch Motorradrennen zusammengesetzten Rennwochenende wie immer ein würdiges Rahmenprogramm bot.

Dem Ereignis angemessen kehrte nach einigem Zögern schließlich auch die erfolgsverwöhnte Mannschaft von Alfa Romeo nun doch wieder auf die Grand-Prix-Bühne zurück, nachdem das Team zuvor den Großen Preis von Monaco noch ausgelassen hatte. Die Veranstaltung stand jedoch von Beginn an unter einem unglücklichen Stern, denn schon am ersten Trainingstag verunglückten auf der bei Nässe besonders tückischen und gefährlichen Bremgarten-Rundstrecke zunächst das bekannte Motorrad-As Omobono Tenni und wenig später mit Achille Varzi auch einer der Top-Piloten der Alfa-Romeo-Grand-Prix-Mannschaft mit seinem „Alfetta“ tödlich.

Angeblich auf Drängen von Varzis Witwe entschied sich das Team dennoch, mit seinen drei verbliebenen Fahrern zum Rennen anzutreten. Jean-Pierre Wimille nahm dabei nach dem Tod seines teaminternen Erzrivalen nun unangefochten die Rolle des Teamkapitäns ein, weil Carlo Felice Trossi körperlich bereits zusehends mit den Auswirkungen eines Gehirntumors zu kämpfen hatte, während Consalvo Sanesi hauptsächlich auf Druck der Arbeitnehmerschaft in die Mannschaft aufgenommen worden war und fahrerisch nie wirklich an die Ergebnisse seiner Teamkollegen heranreichen konnte.

Hauptkonkurrent für Alfa Romeo war einmal mehr Maserati, zumal die kleine italienische Rennwagenschmiede gerade eben erst mit dem Maserati 4CLT/48[1] ein neues Grand-Prix-Modell auf die Räder gestellt hatte, das prompt schon beim Debüt im Rennen von San Remo mit Alberto Ascari vor Luigi Villoresi einen aufsehenerregenden Doppelerfolg errang. Auch hier in Bern waren die beiden eng befreundeten Fahrer wieder mit ihren von der Scuderia Ambrosiana als halboffizielles Werksteam eingesetzten neuen Rennwagen vertreten. Die übrigen Maserati-Piloten, darunter mit Giuseppe Farina der Sieger des Grand Prix von Monaco sowie der nach längerer Krankheit wieder genesene Grand-Prix-Veteran Luigi Fagioli, mussten sich dagegen noch mit den Vorläufermodellen vom Typ Maserati 4CL zufriedengeben.

Die stärkste Herausforderung für das italienische Lager stellten wie üblich die Lago-Talbot dar, die zwar bezüglich der Motorleistung benachteiligt waren, im Gegensatz zur kompressorgeladenen Konkurrenz mit ihren genügsamen 4,5-Liter-Saugmotoren aber die Rennen mit deutlich weniger, bzw. zumeist sogar ganz ohne zeitraubende Tankstopps durchstehen konnten. Zu Altmeister Louis Chiron, der mit dem von der Ecurie France eingesetzten Vorkriegsmodell „Monoplace Centrale“ im Vorjahr den Großen Preis von Frankreich gewonnen hatte, gesellten sich mit Louis Rosier und Gianfranco Comotti nun bereits zwei Piloten, die über das neue Grand-Prix-Modell vom Typ Talbot T26C mit DOHC-Motor verfügten.

Der Rest des Felds setzte sich im Wesentlichen aus Vorkriegsfahrzeugen und Formel-2-Rennwagen zusammen, unter denen bezeichnenderweise die mit ihren 1,5-Liter-Saugmotoren deutlich untermotorisierten Simca-Gordini T15 noch die stärksten Leistungen boten. Noch am Morgen des Renntags war jedoch Maurice Trintignant bei einem Rennen im Rahmenprogramm damit so schwer verunglückt, so dass er zwischenzeitlich sogar bereits für tot erklärt worden war und Raymond Sommer nun als alleiniger Vertreter der kleinen französischen Rennwagenmarke zum Grand Prix antreten musste.

Bei mittlerweile sonnigem Wetter kam Alfetta-Fahrer Wimille wie erwartet in Führung liegend aus der ersten Runde zurück, doch zur allgemeinen Überraschung musste sich sein Teamkollege Trossi zunächst hinter den beiden Maserati-Fahrern Farina und Villoresi auf Platz vier einreihen. Bereits in der zweiten Rennrunde kam es dann zu einem weiteren tragischen Zwischenfall, als der Schweizer Christian Kautz mit seinem Maserati von der Strecke abkam und sich beim nachfolgenden Aufprall gegen einen Mast tödliche Verletzungen zuzog. Das Rennen wurde jedoch davon unbeeindruckt fortgesetzt und bis zur 13. Runde hatte sich Trossi schließlich zur standesgemäßen Doppelführung für Alfa Romeo auf die zweite Position vorgearbeitet.

Abgesehen vom Ausfall Farinas blieb die Reihenfolge danach lange Zeit weitgehend unverändert, bis Wimille in der 26. Runde einen zweiten, außerplanmäßigen Boxenstopp einlegen musste, um Kühlwasser nachzufüllen, wodurch Trossi nun die Führung übernahm. Zwar hatte Wimille nach kurzer Zeit wieder aufgeschlossen, doch verzichtete er danach ganz demonstrativ auf einen Überholversuch, sei es aufgrund von Stallorder oder aus Respekt vor dem bereits von seiner Krankheit gezeichneten Teamkollegen, und beendete das Rennen mit wenigen Metern Rückstand auf dem zweiten Rang. Dritter wurde Villoresi, der am Ende als einziger Teilnehmer nicht von den beiden Alfa-Romeo-Piloten überrundet worden war.

Team Nr. Fahrer Info Chassis Motor Reifen
Frankreich Garage Bonnet 02 Frankreich René Bonnet DNA DB Citroën 2.0L I6
Frankreich Écurie France 04 Monaco Louis Chiron Talbot-Lago T26 „Monoplace Centrale“ Talbot-Lago T26 4.5L I6
54 Frankreich Yves Giraud-Cabantous Talbot-Lago T26 „Monoplace Décalée“
Frankreich Écurie Lutetia 06 Frankreich Eugène Chaboud DNS Delahaye 135S „Spéciale“ Delahaye 175 4.5L V12
08 Frankreich Charles Pozzi Talbot-Lago T150C/T26SS „Spéciale“ Talbot-Lago T26 4.5L I6
Frankreich Équipe Simca-Gordini 10 Thailand „B. Bira“ DNA Simca-Gordini T15 Simca-Gordini 1.4L I4
10 Frankreich Raymond Sommer
12 Frankreich Maurice Trintignant DNS a
Frankreich P. Bouillin 14 Frankreich „Pierre Levegh“ DNA Talbot-Lago T26C Talbot-Lago T26 4.5L I6
Frankreich H. Louveau 16 Frankreich Henri Louveau DNA Maserati 4CL Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
Frankreich Écurie Rosier 18 Frankreich Louis Rosier Talbot-Lago T26C Talbot-Lago T26 4.5L I6
Vereinigtes Konigreich G. Abecassis b 20 Vereinigtes Konigreich George Abecassis Alta „Grand Prix“ Alta 1.5L I4 Kompressor
Vereinigtes Konigreich R. Gerard 22 Vereinigtes Konigreich Bob Gerard DNS ERA A-Type ERA 1.5L I6 Kompressor
Vereinigtes Konigreich R. Mays 24 Vereinigtes Konigreich Raymond Mays DNS ERA D-Type ERA 1.5L I6 Kompressor
Italien Alfa Corse 26 Italien Carlo Felice Trossi Alfa Romeo 158 Alfa Romeo 1.5L I8 Kompressor
28 Italien Achille Varzi DNS c
30 Frankreich Jean-Pierre Wimille
56 Italien Consalvo Sanesi
Italien Scuderia Ambrosiana 32 Italien Alberto Ascari Maserati „4CLT/48“ d Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
34 Italien Luigi Villoresi
Italien G. Comotti 36 Italien Gianfranco Comotti Talbot-Lago T26C Talbot-Lago T26 4.5L I6
Italien G. Farina 38 Italien Giuseppe Farina Maserati 4CL(T) e Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
Italien Scuderia Inter 40 Italien Clemente Biondetti Ferrari 166 Spyder Corsa/„Inter“ Ferrari 166 2.0L V12
42 Frankreich „Pr. Igor“
Italien Scuderia Milan 44 Argentinien Clemar Bucci DNS f Maserati 4CL Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
44 Italien Luigi Fagioli
46 Italien Luigi Fagioli DNS f Maserati 6CM
Italien Scuderia E. Platé 48 Schweiz Emmanuel de Graffenried Maserati 4CL(T) Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
50 Schweiz Christian Kautz
52 Thailand „B. Bira“
50 Italien Piero Taruffi RES
Italien L. Platé 52 Italien Luigi Platé DNA Platé-Talbot „Speziale“ Talbot 1.5L I8 Kompressor
a 
Nach schwerem Unfall im vorangegangenen Formel-2-Rennen (Preis von Bern) verletzungsbedingt nicht am Start.
b 
Gemeinsam mit John Heath war Abecassis Begründer und Mitinhaber des britischen Rennstalls HW Motors. Die Meldungen erfolgten wahlweise privat oder im Namen des Teams.
c 
Im Training tödlich verunglückt.
d 
Maseratis 1948er Modell lief weiterhin offiziell unter der Typbezeichnung 4CL, wich aber sowohl technisch als nun auch in der Formgebung von der ursprünglichen Baureihe ab. Zur Unterscheidung wird in der Literatur daher üblicherweise die Modellangabe „4CLT/48“ verwendet.
e 
Bei Maseratis 1947er Baureihe waren die bisherigen Profilträger im Chassis nun durch einen Rohrrahmen (Italienisch: „tubolare“) ersetzt worden, bei einigen Fahrzeuge kamen außerdem bereits Motoren mit zweistufiger Kompressoraufladung zum Einsatz. Generell entsprachen Konstruktion und Formgestaltung jedoch weitgehend dem Ursprungsmodell, wie auch die offizielle Typbezeichnung „4CL“ weiterhin beibehalten wurde.
f 
Das Auto mit der Startnummer 44 war ursprünglich für Bucci gemeldet worden. Nachdem dieser jedoch Fagiolis Rennwagen bei einem Unfall im Training irreparabel beschädigt hatte, musste er für das Rennen sein Fahrzeug an seinen Stallgefährten abtreten.

Startaufstellung

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3 2 1
Italien Villoresi
2:56,7 min
Italien Farina
2:55,6 min
Frankreich Wimille
2:42,0 min
5 4
Italien Ascari
3:00,7 min
Italien Trossi
2:58,3 min
8 7 6
Monaco Chiron
3:07,2 min
Frankreich Sommer
unbekannt
Italien Sanesi
3:04,9 min
10 9
Frankreich Pozzi
unbekannt
Vereinigtes Konigreich Mays
3:08,2 min
13 12 11
Schweiz de Graffenried
unbekannt
Vereinigtes Konigreich Abecassis
unbekannt
Schweiz Kautz
unbekannt
15 14
Italien Biondetti
unbekannt
Frankreich Rosier
unbekannt
18 17 16
Frankreich „Pr. Igor“
unbekannt
Italien Fagioli
unbekannt
Thailand „B. Bira“
unbekannt
20 19
Frankreich Giraud-Cabantous
unbekannt
Italien Comotti
unbekannt
Pos. Nr. Fahrer Konstrukteur Runden Zeit Ausfallgrund
1 26 Italien Carlo Felice Trossi Italien Alfa Romeo 40 1:59:17,3 h
2 30 Frankreich Jean-Pierre Wimille Italien Alfa Romeo 40 1:59:17,5 h
3 34 Italien Luigi Villoresi Italien Maserati 40 2:01:54,6
4 56 Italien Consalvo Sanesi Italien Alfa Romeo 39 + 1 Runde
5 32 Italien Alberto Ascari Italien Maserati 39 + 1 Runde
6 4 Monaco Louis Chiron Frankreich Talbot 38 + 2 Runden
7 8 Frankreich Charles Pozzi Frankreich Talbot 37 + 3 Runden
8 54 Frankreich Yves Giraud-Cabantous Frankreich Talbot 36 + 4 Runden
9 42 Frankreich „Pr. Igor“ Italien Ferrari 35 + 5 Runden
DNF 40 Italien Clemente Biondetti Italien Ferrari 31 Benzinpumpe
DNF 44 Italien Luigi Fagioli Italien Maserati 28 Kolben
DNF 38 Italien Giuseppe Farina Italien Maserati 28 Kompressor
DNF 24 Vereinigtes Konigreich Raymond Mays Vereinigtes Konigreich ERA 23 Halbwelle
DNF 18 Frankreich Louis Rosier Frankreich Talbot 10 Ölleitung
DNF 52 Thailand „B. Bira“ Italien Maserati 10 Getriebe
DNF 48 Schweiz Emmanuel de Graffenried Italien Maserati 9 Benzintank nach Kollision
DNF 36 Italien Gianfranco Comotti Frankreich Talbot 7 Ölleitung
DNF 10 Frankreich Raymond Sommer Frankreich Simca-Gordini 5 Motor
DNF 20 Vereinigtes Konigreich George Abecassis Vereinigtes Konigreich Alta 4 Unfall
DNF 50 Schweiz Christian Kautz Italien Maserati 2 Tödlicher Unfall
DNS 6 Frankreich Eugène Chaboud Frankreich Delahaye
DNS 12 Frankreich Maurice Trintignant Frankreich Simca-Gordini Im vorangegangenen Formel-2-Rennen tödlich verunglückt
DNS 22 Vereinigtes Konigreich Bob Gerard Vereinigtes Konigreich ERA
DNS 28 Italien Achille Varzi Italien Alfa Romeo Im Training tödlich verunglückt
DNS 46 Italien Luigi Fagioli Italien Maserati Auto durch Clemar Bucci bei Trainingsunfall irreparabel beschädigt;
Fagioli daher mit Startnummer 44 ins Rennen gegangen

Schnellste Rennrunde: Frankreich Jean-Pierre Wimille (Alfa Romeo), 2:51,0 min

Einzelnachweise/Anmerkungen

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  1. Die offizielle Typbezeichnung lautete weiterhin 4CL wie beim Vorgängermodell, die Benennung als 4CLT/48 wurde zur besseren Unterscheidung erst nachträglich in die Literatur eingeführt, hat sich seitdem jedoch mittlerweile allgemein durchgesetzt.