Herzogin Cecilie
Herzogin Cecilie war eine berühmte deutsche Viermastbark und ein frachtfahrendes Segelschulschiff, das schnellste seiner Zeit. Namenspatronin war die seefahrtbegeisterte deutsche Kronprinzessin Cecilie Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin (1886–1954) und Gemahlin von Wilhelm von Preußen.
Beschreibung
Die Herzogin Cecilie wurde 1902 auf der Werft Rickmers Schiffbau AG in Geestemünde für den Norddeutschen Lloyd Bremen (NDL) als frachtfahrendes Segelschulschiff zur Ausbildung des Offiziersnachwuchses der Reederei gebaut. Der Großherzog von Mecklenburg Friedrich Franz IV., sein Onkel Johann Albrecht zu Mecklenburg, die Namenspatronin Cecilie Herzogin zu Mecklenburg-Schwerin und der Generaldirektor Dr. Heinrich Wiegand des Norddeutschen Lloyd waren beim Stapellauf am 22. April 1902 zugegen. Rumpf und Aufbauten des Schiffes waren gemäß der Reedereitradition des NDL (und der Schulschifftradition dieser Zeit) in strahlendem Weiß, das Unterwasserschiff mit Wasserpass in Rot gehalten, was die eleganten Linien des hervorragenden Seglers noch unterstrich - ganz im Gegensatz zu den schwarz-weiß-roten Laeisz-Seglern und den grün-roten Rickmers-Schiffen. Sie hatte eine kurze Back, als Schulschiff eine überlange, bis an die Achterkante der Mittschiffsbrücke reichende Poop, so dass man fast von einem Zweiinselschiff sprechen könnte. Sie fuhr ein modernes Standardrigg als Viermastbark: Stahlmasten mit Mars- und Bramstengen, geteilte Mars- und Bramsegel, Royalsegel, Besanmast mit Stenge und zwei Gaffeln. Sie hatte für eine Viermastbark gehobener Größe (3242 BRT) eine beträchtliche Segelfläche von 4.400 m² (4.181 m²), was mit zu ihrer Schnelligkeit beitrug. Die Herzogin Cecilie war einer der schnellsten Segler ihrer Zeit (1931: 20,75 kn mit Chronometer zwischen zwei Leuchttürmen gemessen, und 19,75 kn mit Patentlog - ein Wert, mit dem sie sich mit dem schnellen Klipper James Baines hätte messen können - nur war sie viel größer) und konnte es ohne weiteres mit den meisten Schiffen der Reederei F. Laeisz aufnehmen. Die Strecke von Portland (Oregon) nach Lizard (England), ihre Rückreise von der Jungfernfahrt nach Astoria, Oregon, vollendete sie am 19. August 1903 in nur 106 Tagen. Allerdings wurde sie einmal von der großen Preussen überholt, die der schnellste Tiefwassersegler ihrer Zeit in der Welthandelsflotte war. Die Herzogin Cecilie war aufgrund ihres Erscheinungsbildes und ihrer Segeleigenschaften weltweit berühmt und unter ihrem Rufnamen "Die Herzogin" (engl. "the Duchess", frz. "la Duchesse", span. "la Duquesa") bekannt.
Reisen
Erste Fahrten
Ihre Jungfernreise unter Kapitän Max Dietrich führte die schöne Viermastbark am 25. Juni 1902 ausreisend nach Astoria, OR, via Kap Horn. Vor der Hornregion bekam sie Probleme mit drei Rahracks, die brachen, weswegen das Schiff am 22. August zur Reparatur Montevideo anlaufen musste. Nach Abschluss der Arbeiten am 9. Oktober setzte sie ihre Reise ungehindert an die amerikanische Westküste fort und erreichte nach 65 Tagen ihr Ziel am 13. Dezember. Wie viele andere Großsegler der damaligen Zeit, wurde sie überwiegend, aber nicht ausschließlich in der Salpeterfahrt von Chile nach Europa, aber auch schon frühzeitig in der Weizenfahrt von Australien nach Europa eingesetzt. 1908 übernahm Kapitän Otto Walther, das Schiff, der 1913 von Kapitän Dietrich Ballehr abgelöst wurde.
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde das Schiff am 25. Juli 1914 in Chile nach Löschen der Kohleladung in der Herradura-Bucht nördlich Valparaísos interniert und seit November 1918 nach Verholen nach Coquimbo zeitweise durch die chilenische Marine genutzt. Nach sechs Jahren Abwesenheit verließ das Schiff mit 3.900 ts Salpeter am 1. Oktober 1920 den Salpeterhafen Caleta Coloso bei Antofagasta und erreichte nach 82 Tagen am 23. Dezember Falmouth, von wo es zum Löschen der Ladung nach Ostende dirigiert wurde. Am Sylvestertag 1920 war das Schiff wieder in seinem Heimathafen Bremen. Am 20. Juni 1921 wurde die Herzogin Cecilie als Reparationsleistung an Frankreich übergeben, das das Schiff im selben Jahr an den finnischen Großreeder Gustaf Erikson für nur US-$ 20.000 verkaufte. Der neue Eigner war regelrecht in seine neue Errungenschaft verliebt - sie war das schnellste und schönste Schiff, das er je hatte. Da er es nicht als Schulschiff nutze, waren oft Passagiere an Bord, für die der sparsame Reeder eigens eine Stewardess anheuerte. Heimathafen des Schiffes war nun Mariehamn auf den finnischen Ålandinseln am Eingang zum bottnischen Meerbusen der Ostsee. Kapitän (ab 8. Dezember 1921) an Bord der schnellen Bark war nun der legendäre Kapitän und späterer Reeder Karl Reuben de Cloux (1884-1949), unter dem 1927/28 Alan Villiers anheuerte. 1929 wurde Karl Reuben de Cloux von Hugo Donatus Karlsson (29 Tage) und ab dem 17. August 1929 von Mathias Sven Erikson, einem Verwandten des Reeders, als Kapitän abgelöst wurde. Ihm gelang ein Wettrennen mit einem britischen Dampfer, den er auf dem Südatlantik mit 18 Knoten überholte und dessen Kapitän zum Zeichen der Anerkennung dreimal die Flagge senkte und das Schiffshorn ertönen ließ, was Kapitän Erikson mit derselben Geste seiner finnischen Handelsflagge als Dank entgegnete.
Weizenfahrt
Nach dem Niedergang der Salpeterfahrt wurde die Herzogin Cecilie durch Gustaf Erikson in der australischen Weizenfahrt erfolgreich eingesetzt. Insgesamt wurden elf Fahrten von der australischen Westküste nach Europa durchgeführt. Auf einer Reise von Australien nach Dänemark strandete sie 1927 im Nebel vor dem dänischen Vorupør, kam aber wieder frei. Bei den sogenannten Weizenregatten siegte die Herzogin Cecilie insgesamt achtmal, viermal vor 1921 sowie 1927 auf der Strecke Port Lincoln–Queenstown in 98 Tagen, 1928 von Port Lincoln nach Falmouth in 96 Tagen, 1931 vom südaustralischen Wallaroo (engl. Wikipedia: Wallaroo) nach Falmouth in 93 Tagen und 1936 auf der selben Strecke in nur 86 Tagen (27. Januar - 23. April). Damit war sie für die gezählten Jahre von 1921 bis 1949 nach der Parma das zweitschnellste Segelschiff auf dieser Strecke. Die Herzogin Cecilie kehrte nach dieser letzten schnellen Fahrt aber nicht mehr in ihren Heimathafen zurück. Sie lief nach einer kleinen Havarie mit dem deutschen Fischereischiff Rastede zunächst nach Falmouth zur Bezahlung der Kaution ein, das sie am Folgetag verließ. Beim Ansteuerungskurs nach Ipswich, wo die 4.295 ts Weizenladung gelöscht werden sollte, fuhr die Herzogin Cecilie bei dichtem Nebel und rauer See am Morgen des 25. April 1936 auf die Klippen von Ham Stone Rock bei Salcombe, South Hams, Devon, und schlug leck. Nach dem Abbergen eines Teils der verquollenen Weizenladung wurde das Schiff wieder schwimmfähig gemacht, im Juni 1936 in die Starhole-Bucht an der Westküste des Salcombemündung geschleppt und dort auf den Strand gesetzt, und nicht, wie ursprünglich geplant, in den Hafen von Salcombe zur völligen Entleerung des Schiffes, da man Krankheiten und Umweltprobleme seitens des faulenden Weizen fürchtete. Letztere Maßnahme hätte das Schiff gerettet. In der Folgezeit wurde der faulenden Weizen in die Bucht gespült, der größtenteils von den Seemöven gefressen wurde. Dennoch haben die übelriechenden Faulgase lange Zeit die Luft in der Bucht verpestet. Im darauffolgenden Juli war der Kiel bereits gebrochen und das Schiff wurde allmählich durch die Wellen zerschlagen. Reste des Wracks sind weiterhin vorhanden und ein beliebtes Tauchziel (Pos.: N 50°12' 52.21", W 3°46'49.00"). Bei Niedrigwasser wird eine Wrackboje gesetzt.
Schiffsdaten
- Konstruktion: Stahl-Rumpf als Dreiinselschiff, kurze Back, lange Poop bis Achterkante Mittschiffsbrücke
- Rigg: Viermastbark-Standardrigg: doppelte Mars- und Bramrahen, Royals; Untermasten/Mars-/Bramstenge; Besanmast mit Stenge und 2 Gaffeln
- Mastfolge: Fock-, Groß-, Kreuz-, Besanmast
- Anzahl der Decks: zwei durchgehende Stahldecks, partielles Deck (Stahl/Holz) als Brückendeck, Poop und Back
- Stapellauf: 22. April 1902
- Jungfernfahrt: 25. Juni 1902 nach Astoria, Oregon
- Unterscheidungssignal: Q H L K; 21. November 1921: T P M K, 1. Januar 1934: O H A U
- Bauwerft: Rickmers Schiffbau AG in Geestemünde
- Reederei: Norddeutscher Lloyd, Bremen
- weitere Reedereien: 1918 chilenische Marine; 1921 Gustav Erikson
- weitere Namen: keine
- Heimathafen: Bremen; Valparaíso (Chile); Mariehamn (Ålandinseln, Finnland)
- Galionsfigur: ja; Figur der Namenspatronin, Kronprinzessin Herzogin Cecilie von Preußen
- Länge über alles (Lüa): 116,0 m
- Länge Galion-Heck (Rumpflänge): 104 m
- Länge an Deck (LaD): 102,7 m
- Länge in der KWL (LWL): 96 m
- Länge zwischen den Loten (LzL, LPp): 94,2 m
- Breite: 14,10 m
- Raumtiefe: 8,5 m
- Seitenhöhe: 9,1 m
- Tiefgang: 7,40 m
- Vermessung: 3.242 BRT (Bruttoregistertonnen) / 2.786 NRT (Nettoregistertonnen) ; 3.111 BRT / 2.584 NRT (1935)
- Verdrängung: 6.500 t (Schiffsmasse 2.200 t inkl. Ladung 4.300 t)
- Ladekapazität/Tragfähigkeit: 4.300 t / 4.232 ts (1 ton standard = 1,01605 t)
- Segelfläche: 4.400 m² (34 Segel: 18 Rah-, 4 Vor-, 9 Stagsegel (zw. den Masten), 2 Besane, 1 Gaffeltoppsegel)
- Masthöhe: 53,5 m Unterkante Kiel-Flaggenknopf, 46 m Wasserlinie-Flaggenknopf, 40 m Deck-Flaggenknopf
- Klassifikation: Lloyd's / Bureau Véritas +100A
- Erster Schiffsführer: Kapitän Max Dietrich
- weitere Kapitäne: Otto Walther 1908, Dietrich Ballehr 1913; Karl Reuben de Cloux 1921–1929, Amandus Ferdinand Grönlund 1924 (8 Monate), Hugo Donatus Karlsson 1929 (1 Monat), Mathias Sven Erikson 1929–1936
- Besatzung: Kapitän, 3 Offiziere, 27 Mann Stamm, 50 Kadetten
- Höchstgeschwindigkeit: 18 kn, Rekordmessung 1931: 19,75 kn unter Segeln
- Bestes Etmal: 400 sm
- Besonderheiten: große Poop als Unterkunft für Seekadetten, später für Passagiere
Einzelnachweise
- Hans-Jörg Furrer: Die Vier- und Fünfmast-Rahsegler der Welt. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984, S. 103; ISBN 3-7822-0341-0
- Basil Greenhill & John Hackman: Herzogin Cecilie - Lebensgeschichte einer Viermastbark. Verlag: Edition Maritim GmbH, Hamburg 1993; ISBN 3-89225-269-6
- Peter Pedersen & Joseph Conrad: Strandung und Schiffbruch. Mit Entscheidungen der Seeämter des Deutschen Reiches. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1989; ISBN 3-86047-245-3
- Fred Schmidt & Dietrich Reimer: Schiffe und Schicksale. Andrews & Steiner, Berlin 1942.
- Alan Villiers: Falmouth for Orders - The Story of the Last Clipper Ship Race around Cape Horn. Patrick Stephens Publ., London 1972; ISBN 0-850591007