Zwerg-Holunder

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Zwerg-Holunder

Zwerg-Holunder (Sambucus ebulus)

Systematik
Asteriden
Euasteriden II
Ordnung: Kardenartige (Dipsacales)
Familie: Moschuskrautgewächse (Adoxaceae)
Gattung: Holunder (Sambucus)
Art: Zwerg-Holunder
Wissenschaftlicher Name
Sambucus ebulus
L.

Der Zwerg-Holunder, Zwergholunder oder Attich (Sambucus ebulus, Synonyme: zum Beispiel Viburnum ebulus[1] und Ebulum humile) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Holunder (Sambucus). Der Zwerg-Holunder ist eine krautige Pflanze und unterscheidet sich hierdurch von den beiden anderen in Mitteleuropa heimischen Arten der Gattung Holunder, dem Schwarzen Holunder und dem Roten Holunder, die zu den Gehölzen gehören.

Illustration aus Flora Batava, Volume 18
Blütenstand
Ansichten einer einzelnen Blüte
Oberseite eines Blatts
Nebenblätter
Früchte
Der Pollen der Blüten wird gern von Rosenkäfern gefressen

Vegetative Merkmale

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Der Zwerg-Holunder ist eine ausdauernde, sommergrüne, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 50 bis 150[2] bzw. 200[3] Zentimeter erreicht und unterirdische Ausläufer bildet.[4] Der gefurchte Stängel ist normalerweise unverzweigt.[2][5] Die gegenständigen Blätter sind unpaarig gefiedert und bestehen aus fünf bis dreizehn[6] lanzettlichen, 5 bis 16 Zentimeter langen und 1 bis 4,5 Zentimeter breiten[6], fein gesägten Fiederblättchen.[7] Die Fiederblättchen besitzen einen schiefen Blattgrund.[5] Sie sind kahl oder können auf der Blattunterseite flaumig behaart sein.[5] Die auffälligen, lanzettlichen bzw. mehr oder weniger eiförmigen Nebenblätter sind laubblattartig und besitzen einen gesägten Blattrand.[4][5][6]

Generative Merkmale

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Die Blütezeit reicht von Juni bis Juli[2] bzw. bis August[3]. Zahlreiche Blüten stehen in wenig gewölbten, doldenrispigen Blütenständen[3] mit einem Durchmesser von 5 bis 16 Zentimetern[6] zusammen. Die Blüten sind bei einem Durchmesser von etwa 5 bis 7 Millimetern[3] radiärsymmetrisch.[8] Die Blütenkrone ist weiß und selten auf der Außenseite rosa.[3][6] Die Staubbeutel sind rot und färben sich später schwarz.[4] Die Blüten duften nach bitteren Mandeln.[5]

Als Früchte werden glänzend-schwarze, beerenartige Steinfrüchte gebildet.[8] Sie besitzen einen Durchmesser von 5 bis 7 Millimeter[3] und enthalten meist 3(4) Samen.[5] Die Fruchtäste sind zur Reifezeit normalerweise violett oder purpurrot gefärbt.[5]

Sonstige Merkmale

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Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 36.[9]

Der Zwerg-Holunder soll einen widerlichen Geruch besitzen.[8]

Der Zwerg-Holunder kommt ursprünglich im Mittelmeerraum, im warmgemäßigten Europa bis einschließlich Mitteldeutschland sowie östlich bis zum nördlichen Iran und Turkmenien vor.[4][1] Weiter kommt er im westlichen Nordafrika vor.[1] In Irland, Großbritannien, Dänemark, Schweden, den baltischen Staaten, Zypern und Teilen des westlichen Nordamerikas ist er ein Neophyt.[1]

In Österreich kommt der Zwerg-Holunder in allen Bundesländern häufig bis zerstreut vor.[10]

Der Zwerg-Holunder wächst an Gebüsch- und Waldrändern, auf Lichtungen und Ödland,[8] auf frischen Waldschlägen und in ruderalen Staudenfluren.[4] Im Tiefland tritt er nur vereinzelt auf, ebenso in kalkarmen Gebieten, sonst wächst er zerstreut und ist meist bestandsbildend. Er bevorzugt stickstoffreiche und basische Böden.[8] Er ist eine Charakterart des Sambucetum ebuli aus dem Aegopodion-Verband, kommt jedoch auch in Gesellschaften des Atropion-Verbands vor.[9]

In den Allgäuer Alpen steigt er in Vorarlberg am Hirschberg zwischen Oberer und Unterer Hirschbergalpe bis in eine Höhenlage von 1520 Meter auf.[11]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Ellenberg sind: Lichtzahl: 8 = Halblicht- bis Volllichtpflanze; Temperaturzahl: 6 = Mäßigwärme- bis Wärmezeiger; Kontinentalitätszahl: 3 = ozeanisch bis subozeanisch; Reaktionszahl: 8 = Schwachsäure-/Schwachbasen- bis Basen- und Kalkzeiger; Feuchtezahl: 5 = Frischezeiger; Stickstoffzahl: 7 = Stickstoffreichtumzeiger; Salzzahl: 0 = nicht salzertragend; Schwermetallresistenz: - = nicht schwermetallresistent.[12]

Der Zwerg-Holunder ist ein Hemikryptophyt, der sich durch Samen und vegetativ durch sein Ausläufer bildendes Rhizom vermehrt.[2]

Die Blüten sind Scheibenblumen mit freiliegendem Nektar. Die Bestäubung der zwittrigen Blüten erfolgt normalerweise durch Insekten, wie Käfer, Fliegen, Schwebfliegen, Wespen und mittelrüsselige Bienen.[2]

Inhaltsstoffe, Giftigkeit

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Ebulosid

Die Hauptwirkstoffe in den Früchten sind ein giftiger Bitterstoff mit den beiden Esteridoidglykosiden Ebulosid und Isoswerosid, daneben Kaffeesäure, p-Cumarsäure und Spuren eines Blausäureglykosids. Aus dem methanolischen Extrakt der Wurzel wurden 14 Substanzen isoliert, unter anderem Ebulosid[13] als Hauptinhaltsstoff, 7-Hydroxyebulosid, 6´-O-β-D-Apiofuranosylebulosid, Isoswerosid, Secoebolosid, Morronisid und Koaburasid.[14]

Alle Pflanzenteile sind giftig, besonders jedoch die Samen der schwarzen Beeren. Die akute Toxizität der Wurzel liegt im ungefährlichen Bereich und ist während der Blütezeit am größten.[14]

Bei der Aufnahme von Früchten traten spontanes Erbrechen, Übelkeit und Durchfall auf; auch tödliche Vergiftungen sind bekannt.

Verwendung als Heilpflanze

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Der Zwergholunder gilt als wassertreibend, schweißtreibend und abführend. Die Anwendungsgebiete sind Wassersucht und Rheumatismus. Der arzneilich verwendete Pflanzenteil ist die Wurzel, die als Zwergholunderwurzel bzw. Ebuli radix (früher: Radix ebuli) bezeichnet wird.[15][16] Allerdings wird der Zwergholunder heute wohl kaum mehr als Heilpflanze genutzt.

Früher wurde der Zwerg-Holunder (auch Attich, gelegentlich auch Attig oder Atig;[17] lateinisch in der Spätantike ebulum, später, vielleicht mit gallisch odocus „Attich“[18] verwandtem, ebulus und seltener sambucus,[19] genannt) als schädliche Körpersäfte abführendes[20] Heilmittel angesehen, das bereits im Altertum (so in der Medicina antiqua) unter anderem bei Nierensteinen, Milzschmerzen, Schlangenbiss und Wassersucht eingesetzt wurde.[21]

Verwendung als Zier- und Nutzpflanze

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Der Zwerg-Holunder wird als Zierpflanze verwendet und zur Dünenbefestigung gepflanzt.

  • Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Giftpflanzen von A–Z. Notfallhilfe. Vorkommen. Wirkung. Therapie. Allergische und phototoxische Reaktionen. 4. Auflage. Nikol, Hamburg 2000, ISBN 3-933203-31-7, S. 632 (Nachdruck von 1994).
  • Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8, S. 419.
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
  • Bettina Rahfeld: Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8274-2781-6.

Einzelnachweise

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  1. a b c d Datenblatt mit weltweiter Verbreitungskarte für Sambucus ebulus L. In: Plants of the World Online
  2. a b c d e Biologische Merkmale von Sambucus ebulus L., Zwerg-Holunder In: FloraWeb
  3. a b c d e f Sambucus ebulus L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 25. August 2023.
  4. a b c d e Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8, S. 419.
  5. a b c d e f g Gustav Hegi, Illustrierte Flora von Mitteleuropa, VI. Band, Erste Hälfte, J. F. Lehmanns Verlag, München, 1918, S. 236–237
  6. a b c d e T. G. Tutin, V. H. Heywood u. a.: Flora Europaea, Plantaginaceae to Compositae (and Rubiaceae), Volume 4, Cambridge Univ. Press, 1976, S. 44, ISBN 0-521-08717-1
  7. Thomas Schauer, Claus Caspari: Der BLV Pflanzenführer für unterwegs. 2., durchgesehene Auflage. BLV, München 2008, ISBN 978-3-8354-0354-3, S. 462.
  8. a b c d e Dietmar Aichele, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? 57. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10212-2, S. 104.
  9. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5.
  10. Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S. 804.
  11. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 518.
  12. Lebensraum und Ökologie von Sambucus ebulus L., Zwerg-Holunder In: FloraWeb
  13. Gross, G. A., Sticher, O., Anklin, C.: Ein neues Esteriridoidglycosid aus Sambucus ebulus L.(Caprifoliaceae). 1. Mitteilung über die inhaltsstoffe der Zwergholunderwurzel, Helvetica chimica acta, 1986, 69(1), S. 156–162, doi:10.1002/hlca.19860690119
  14. a b Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Giftpflanzen von A–Z. Notfallhilfe. Vorkommen. Wirkung. Therapie. Allergische und phototoxische Reaktionen. 4. Auflage. Nikol, Hamburg 2000, ISBN 3-933203-31-7, S. 632 (Nachdruck von 1994).
  15. Apotheker M. Pahlow: Das Grosse Buch der Heilpflanzen, Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Augsburg, 2001, ISBN 3-8289-1839-5, S. 355
  16. Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, Madaus, 1938 In: Henriette's Herbal Homepage
  17. Vgl. etwa Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 801: Atig Ebulis in Oeconomia von 1579).
  18. Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser, Basel/Stuttgart 1976, ISBN 3-7643-0755-2, S. 152.
  19. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 141 (Ebulus) und 154 (Sambucus).
  20. Peter und Ingrid Schönfelder: Der Kosmos-Heilpflanzenführer. Europäische Heil- und Giftpflanzen. 2. Auflage. Stuttgart 1988, S. 76.
  21. Hans Zotter: Antike Medizin. Die medizinische Sammelhandschrift Cod. Vindobonensis 93 in lateinischer und deutscher Sprache. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1980 (= Interpretationes ad codices. Band 2); 2., verbesserte Auflage ebenda 1986, ISBN 3-201-01310-2, S. 160 f.
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