Ines Schwerdtner
Ines Schwerdtner (* 26. August 1989 in Werdau[1]) ist eine deutsche Publizistin und Politikerin (Die Linke). Seit Oktober 2024 ist sie gemeinsam mit Jan van Aken Bundesvorsitzende ihrer Partei. Bei der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 tritt sie als Direktkandidatin im Wahlkreis Berlin-Lichtenberg an und folgt damit auf Gesine Lötzsch.[2]
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Frühes Leben und Ausbildung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ines Schwerdtner wurde 1989 in Werdau (Sachsen) geboren und wuchs ab dem vierten Lebensjahr in Hamburg auf. Nach eigenen Angaben zog ihre Familie nach der Wende aufgrund wirtschaftlicher Umbrüche in den Westen. Schwerdtner beschreibt sich selbst als „Wendekind“ und betont, dass die Trennlinie zwischen Ost und West auch ihre eigene Biografie geprägt habe. Nach dem Abitur studierte sie Politikwissenschaft und Anglistik an der Freien Universität Berlin. 2014 zog sie für ein Masterstudium in Politischer Theorie nach Frankfurt am Main. 2015 wurde sie Mutter eines Sohnes.[3]
Publizistische Arbeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits während ihres Masterstudiums übernahm Schwerdtner die Koordination der marxistischen Zeitschrift Das Argument. 2020 gründete sie gemeinsam mit anderen die deutschsprachige Ausgabe des sozialistischen Magazins Jacobin, das sie bis 2023 als Chefredakteurin leitete.[4] Ihr Ziel war es, politische und gesellschaftliche Themen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.[3]
Ferner war sie Moderatorin des politischen Podcasts halbzehn.fm.[5] Sie veröffentlichte politische Analysen und Kommentare unter anderem in Der Freitag[6] und in Analyse & kritik.[7] 2019 schrieb sie zusammen mit Marco Bülow einen Gastkommentar bei Business Insider.[8] Seit 2023 ist sie alleinige Redakteurin des Hyperpolitik Podcast.[9]
Politische Laufbahn
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während ihres Studiums engagierte sie sich in politischen Initiativen und war einige Jahre Sprecherin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).[3]
Schwerdtner engagierte sich in der Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen.[10] Sie war eine der Initiatorinnen der Kampagne „Genug ist Genug“, die 2022 als Reaktion auf steigende Preise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine und ihrer Meinung nach unzureichende Maßnahmen der Regierung zur Unterstützung ärmerer Teile der Bevölkerung gegründet wurde.[11][12] Beide Initiativen setzten sich gegen soziale Ungerechtigkeit und für die Rekommunalisierung von Wohnraum ein. Im Jahr 2022 wirkte sie in der gemeinnützigen Bundesstiftung COMÚN in Österreich als Themenbeirätin mit.[13] Außerdem war sie Referentin im Vorstandsbereich der Rosa-Luxemburg-Stiftung.[14]
Im Sommer 2023 trat Schwerdtner auf Anregung von Gesine Lötzsch der Partei Die Linke bei und kandidierte bei der folgenden Europawahl 2024 auf Listenplatz fünf. Während des Wahlkampfs reiste sie durch ostdeutsche Kreisverbände, um die Anliegen der Basis besser kennenzulernen.[3] Sie verpasste jedoch den Einzug ins Europaparlament, weil auf Die Linke mit 2,7 Prozent nur drei Abgeordnete fielen.[15] Dennoch suchte sie weiter den Austausch mit Parteimitgliedern, insbesondere im Osten Deutschlands, der durch parteiinterne Konflikte und Abspaltungen geschwächt war.[16]
Im August 2024 kündigte Schwerdtner ihre Kandidatur für den Bundesparteivorsitz der Linken an.[17] Als Grund für ihre Entscheidung zur Kandidatur sagte sie zum einen, dass sie von anderen in der Partei dazu ermutigt worden sei und sie denke, dass die Linke wieder erfolgreich sein werde. Sie bedankte sich zudem bei den dann ehemaligen Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler. In der Partei wolle sie eine neue politische Kultur etablieren.[18] Auf dem Bundesparteitag in Halle (Saale) im Oktober 2024 wurde Schwerdtner gemeinsam mit Jan van Aken zur Bundesvorsitzenden gewählt.[19] Für die Bundestagswahl 2025 verfolgt sie eine Doppelstrategie: die Überwindung der 5-Prozent-Hürde und den gezielten Gewinn von Direktmandaten, insbesondere in Ostdeutschland.[20] Schwerdtner kandidiert dabei im Wahlkreis Berlin-Lichtenberg als Direktkandidatin und tritt die Nachfolge von Gesine Lötzsch an.[2] Sie wurde bei der Vollmitgliederversammlung des Kreisverbandes Lichtenberg mit 95,6 Prozent der Stimmen zur Direktkandidatin gewählt.[21] Zudem kandidiert sie auf der Landesliste auf Listenplatz 2, hinter Gregor Gysi und vor der Vizelandesvorsitzenden der Linken Berlin Katalin Gennburg.[22]
Positionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ines Schwerdtner setzt sich bei der Bundestagswahl 2025 vor allem für soziale Gerechtigkeit, eine friedliche Außenpolitik und eine stärkere Unterstützung ostdeutscher Regionen ein. Sie verfolgt einen Ansatz, der soziale und wirtschaftliche Themen miteinander verknüpft und sich auf konkrete Lösungen für Alltagsprobleme konzentriert.[23]
Antifaschismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein zentrales Anliegen Schwerdtners ist die Verbindung von Antifaschismus und sozialer Politik. Sie betont, dass wirtschaftliche Unsicherheit den Nährboden für rechtspopulistische Bewegungen bildet, und sieht in einer aktiven Sozial- und Wirtschaftspolitik ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung dieser Entwicklungen.[23]
Nach Angriffen auf Wahlhelfer im Mai 2024 zeigte sich Schwerdtner solidarisch und erklärte, dass die darauffolgenden Proteste richtig seien. Diese seien allerdings nicht ausreichend. Die Demonstrationen würden zwar zum Nachdenken anregen, aber nicht die Ursachen von rechter Gewalt bekämpfen. Sie erklärt zudem, dass die neoliberale Politik der Entsolidarisierung zur Erstarkung rechter Gewalt führen würde. Die Linke sehe sich demnach in der Verantwortung „Gewalt die Stirn zu bieten, aufeinander zu achten und Schutz zu bieten und zugleich ihre Ursachen langfristig anzugehen“. Nach ihrer Auffassung bedeute Antifa ein Wohlfahrtsstaat.[24]
Sozialpolitik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schwerdtner fordert Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit. Sie spricht sich für einen bundesweiten Mietendeckel, Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und den Ausbau öffentlicher Infrastruktur aus.[25]
Wirtschaftspolitik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Wirtschaftspolitik plädiert sie für eine stärkere Mitbestimmung von Beschäftigten und einen gerechten Umbau der Industrie.[23]
Friedenspolitik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schwerdtner lehnt die Militarisierung der Außenpolitik und weitere Aufrüstung ab. Sie fordert stattdessen Investitionen in Bildung, sozialen Wohnungsbau und Klimaschutz. Sie sieht den Einsatz für Frieden als zentrale Aufgabe einer verantwortungsvollen Politik.[23]
Ostdeutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Direktkandidatin im Wahlkreis Lichtenberg setzt Schwerdtner einen Schwerpunkt auf die Gleichstellung von Ost- und Westdeutschland. Dazu zählt die Angleichung von Löhnen und Renten sowie die Förderung des wirtschaftlichen Strukturwandels in Ostdeutschland.[26]
Politische Glaubwürdigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schwerdtner begrenzt ihr Einkommen als Parteivorsitzende, wie ihr Co-Vorsitzender Jan van Aken, auf den durchschnittlichen Arbeitslohn. Den darüber hinausgehenden Teil ihrer Bezüge spendet sie an soziale Projekte.[27] Abgehobene Gehälter führten ihrer Meinung nach auch zu abgehobener Politik.[28]
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lukas Scholle, Ines Schwerdtner (Hrsg.): Genug! Warum wir einen politischen Kurswechsel brauchen. Brumaire, Berlin 2023, ISBN 978-3-948608-27-9.
- Kollektiv MF3000: Ändern wir die Welt, sie braucht es! Eine marxistisch-feministische Ansage. Querverlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-89656-328-6.[29]
- Beiträge von Ines Schwerdtner bei LUXEMBURG — Gesellschaftsanalyse und linke Praxis
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Ines Schwerdtner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Ines Schwerdtner.
- Hyperpolitik, Podcast von Ines Schwerdtner.
- »Wir brauchen die Arbeiter auf unserer Seite«, Interview mit Ines Schwerdtner, veröffentlicht am 17. November 2024 auf jacobin.de.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ines Schwerdtner: inesschwerdtner.eu. 2023, abgerufen am 25. Januar 2024.
- ↑ a b Andreas Fritsche: Lichtenberg: Auf Gesine Lötzsch folgt Ines Schwerdtner. Abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ a b c d Ines Schwerdtner. 29. Dezember 2024, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ Ines Schwerdtner. Abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ Information auf planet-wissen.de
- ↑ Zum Beispiel: Nur Mut! Linkspartei Die Linken müssen sich von ihren Milieubefindlichkeiten lösen und knallhart für die Ausgegrenzten eintreten, meint Jacobin-Chefredakteurin Ines Schwerdtner, Der Freitag, 44/2021.
- ↑ Zum Beispiel: Ein letzter Anlauf für die SPD, AK, 10. Dezember 2019.
- ↑ Marco Bülow, Ines Schwerdtner: Mythos Soziale Marktwirtschaft: Warum Deutschland eine völlig neue Wirtschaftsordnung braucht. In: Business Insider Deutschland. 7. Juli 2019, abgerufen am 6. September 2022.
- ↑ Jacobin-online-Impressum , abgerufen am 25. Juli 2023.
- ↑ Berliner Linke wollen beim Thema Enteignungen Druck machen. In: sueddeutsche.de. 5. März 2022, abgerufen am 13. Juni 2022.
- ↑ Maximilian Beer: „Genug ist Genug“: Linke Kampagne ruft zu Protesten gegen Bundesregierung auf. In: Berliner Zeitung. 2. September 2022, abgerufen am 6. September 2022.
- ↑ GENUG IST GENUG! Abgerufen am 26. September 2022.
- ↑ Gemeinwohlstiftung COMÚN vergibt erstmals Stipendien an Journalist*innen. Abgerufen am 19. Oktober 2024.
- ↑ Ines Schwerdtner. Abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ gooddev.de: Sitzverteilung im EU-Parlament und deutsche MdEP. In: Deutscher Naturschutzring. Abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ Ost-Tour. 21. Mai 2024, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ Linke: Jan van Aken und Ines Schwerdtner wollen Parteiführung übernehmen. In: Spiegel Online. 20. August 2024, abgerufen am 20. August 2024.
- ↑ Ich kandidiere. 20. August 2024, abgerufen am 30. Dezember 2024.
- ↑ Linken-Parteitag: Schwerdtner und van Aken neue Vorsitzende. 19. Oktober 2024, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ Pascal Beucker: Linkspartei nominiert Spitzenduo: Hauptsache vor der „asozialen FDP“. In: Die Tageszeitung: taz. 10. November 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 29. Dezember 2024]).
- ↑ Linke-Chefin Schwerdtner Direktkandidatin in aussichtsreichem Berliner Wahlkreis. In: stern.de. 23. November 2024, abgerufen am 23. November 2024.
- ↑ „Silberlocke“ auf Platz 1 in Berlin: Berliner Linkspartei wählt Gysi zum Spitzenkandidaten. In: Die Tageszeitung: taz. 20. Dezember 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 21. Dezember 2024]).
- ↑ a b c d Dafür stehe ich. 29. Dezember 2024, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ Antifa heißt Wohlfahrtsstaat. 7. Mai 2024, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ Mietenstopp: Nicht nur nachdenken, sondern machen. 19. November 2024, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ 13.000 Euro Unterschied nach 33 Jahren. 19. Juli 2023, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ 2.850 Euro im Monat: Spitze der Linken halbiert ihr Gehalt. 21. Oktober 2024, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ deutschlandfunk.de: Partei - Neue Linken-Chefs Schwerdtner und van Aken verzichten auf Teil ihres Gehalts: Abgehobene Gehälter führten auch zu abgehobener Politik. 21. Oktober 2024, abgerufen am 29. Dezember 2024.
- ↑ Kollektiv MF3000: Wer wir sind.
Personendaten | |
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NAME | Schwerdtner, Ines |
ALTERNATIVNAMEN | Schwerdtner, Ines Maria (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Publizistin |
GEBURTSDATUM | 26. August 1989 |
GEBURTSORT | Werdau |