Kargopol

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Stadt
Kargopol
Каргополь
Wappen
Wappen
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Archangelsk
Rajon Kargopolski
Oberhaupt Alexander Rjabow
Gegründet 1146
Stadt seit 1784
Fläche 13 km²
Bevölkerung 10.214 Einwohner
(Stand: 14. Okt. 2010)[1]
Bevölkerungsdichte 786 Einwohner/km²
Höhe des Zentrums 120 m
Zeitzone UTC+3
Telefonvorwahl (+7) 81841
Postleitzahl 164110–164111
Kfz-Kennzeichen 29
OKATO 11 218 501
Website kargopol.ru
Geographische Lage
Koordinaten 61° 30′ N, 38° 56′ OKoordinaten: 61° 30′ 0″ N, 38° 56′ 0″ O
Kargopol (Europäisches Russland)
Kargopol (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Kargopol (Oblast Archangelsk)
Kargopol (Oblast Archangelsk)
Lage in der Oblast Archangelsk
Liste der Städte in Russland

Kargopol (russisch Каргополь) ist eine Stadt in der Oblast Archangelsk im Nordwesten Russlands mit 10.214 Einwohnern (Stand 14. Oktober 2010)[1]. Kargopol ist eine der ältesten Städte im Norden Russlands.

Geografie

Kargopol befindet sich am linken Ufer des Flusses Onega, 350 km südwestlich der Stadt Archangelsk und wenige Kilometer vom Latschasee entfernt. Es liegt nahe den Grenzen der Republik Karelien und der Oblast Wologda im Südwesten der Oblast Archangelsk. Die Stadt Kargopol ist Verwaltungszentrum des gleichnamigen Kargopolski rajon. Die nächstgelegene Stadt ist das etwa 70 Kilometer östlich gelegene Njandoma.

Das Klima der Stadt ist kaltgemäßigt kontinental, mit kurzen kühlen Sommern und langen kalten Wintern.

Name

Ortsnamen mit dem Bestandteil -pol sind in Russland seit dem 15. Jahrhundert bekannt.

Über die Herkunft des Namens Kargopol gibt es zwei Hypothesen. Nach der ersten ist das Wort eine Russifikation der finno-ugrischen Wörter „karuh“ (zu deutsch: Bär) und „puoli“ (zu deutsch: Seite).[2] Nach der zweiten Hypothese leitet sich der Name vom regionalen Wort „kargo“ (zu deutsch: Krähe) und dem russischen Wort „pole“ (zu deutsch: Feld) ab.

Geschichte

Die Gegend am Onega-Fluss wurde spätestens seit dem 12. Jahrhundert von Kolonisten aus dem Nowgoroder Gebiet besiedelt. Über das Entstehungsjahr Kargopols gibt es keine genauen Angaben. Man geht anhand von Chroniken davon aus, dass es 1146 gegründet wurde. In diesem Jahr besiegte der Belomorsker Fürst Wjatscheslaw hier den finno-ugrischen Stamm der Tschuden.

1378 wird in der Nikon-Chronik (Никоновская летопись) erstmals ein Fürst von Kargopol Gleb erwähnt, der sich dem Moskauer Großfürsten Dmitri Donskoi unterwirft. 1447 wird der Ort selber erstmals erwähnt, als die Fürsten Dmitri Schemjaka und Iwan Moschaiski in Kargo pole kurze Zeit Schutz vor der Rache des Moskauer Großfürsten Wassili II. suchten.[3] Kargopol gehörte in dieser Zeit meist zur Republik Nowgorod, aber es kam wiederholt zu Kämpfen mit dem Großfürstentum Moskau um diese Region [4]

Mit der Zerschlagung der Republik Nowgorod im Jahr 1478 durch Iwan III. wurde Kargopol Teil des Großfürstentums Moskau.[4]

Kirche Mariä Geburt aus dem Jahr 1680

Vom 15. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts war Kargopol, auf Grund seiner Lage an der Handelsroute von Moskau nach Archangelsk, eine der bedeutendsten Handelsstädte. Demzufolge war es auch eine der 19 zaristischen Städte, welche für den Unterhalt der Opritschnina aufkamen. Zudem war Kargopol zu Zeiten Iwans des Schrecklichen eine der wenigen Städte die das Recht auf den gewinnbringenden Salzhandel erhielten.

Kargopol war außerdem eine wichtige Festungsstadt und wurde zwischen 1612 und 1614, während des Polnisch-Russischen Krieges, dreimal belagert und teilweise niedergebrannt.[4] 1608 wurde in Kargopol der Führer des russischen Bauernaufstandes Iwan Bolotnikow hingerichtet.[3]

Kargopol, das bereits 1613 erstmals zur Stadt erklärt wurde,[3] erhielt im Jahr 1776 das aktuelle Stadtrecht und wurde Kreisstadt der Provinz Olonez des Gouvernements Nowgorod.

Nachdem Russland Anfang des 18. Jahrhunderts über Sankt Petersburg Zugang zur Ostsee erhielt, verlor Kargopol seine Stellung als Handelsmetropole.

Mit der Fertigstellung der Eisenbahnstrecke von Moskau nach Archangelsk, welche etwa 80 km östlich von Kargopol verläuft, verlor es fast gänzlich an Bedeutung.

Von 1938 bis 1940 war Kargopol Sitz der Verwaltung für das nahegelegene Gulag Kargopol-ITL, in dem zeitweise bis zu 30.000 Personen inhaftiert waren. Die Häftlinge waren vor allem im Bereich der Holzgewinnung und -verarbeitung tätig.[5]

Bevölkerungsentwicklung

Die Christi-Geburt-Kathedrale aus dem Jahr 1562. Im Vordergrund befindet sich ein Denkmal für die Opfer des Großen Vaterländischen Krieges
Auferstehungs-Kirche

Die folgende Übersicht zeigt die Entwicklung der Einwohnerzahlen von Kargopol.

        Jahr         Einwohner
1562 523
1897 3.000
1926 3.400
1939 6.300
1959 8.650
1970 11.427
1979 10.749
1989 12.495
2002 11.192
2010 10.214

Anmerkung: 1897–2010 Volkszählungsdaten (bis 1939 gerundet)

Wirtschaft und Verkehr

Die wichtigsten Wirtschaftszweige Kargopols sind vor allem die Forstwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie. Kargopol sehr bekannt für seine bemalten Tonspielzeuge (Каргопольская игрушка), deren Herstellung eine lange Tradition hat.[6]

Die Stadt hat keine Eisenbahnanbindung. Der nächste Bahnhof befindet sich in Njandoma. Durch Kargopol verlaufen die Trassen R1 (Kargopol-Plessezk-Mirny-M8) und R2 (Pudosch–Kargopol−Njandoma).

Bildung

In der Stadt befinden sich drei Mittelschulen, sowie eine Sport- und eine Kunstschule

Sehenswürdigkeiten

Kargopol und seine Umgebung sind bekannt für seine mittelalterliche Architektur und die typischen Holz- und Steinkirchen Nordrussland. Das Stadtpanorama ist von Gebäuden der russischen Weißmauer-Baukunst des 17. Jahrhunderts geprägt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts besaß Kargopol 22 Kirchen und zwei Klöster. Heute sind von ihnen noch 11 Kirchen übrig geblieben. Die älteste ist die Christi-Geburt-Kathedrale (Христорождественский собор) aus dem Jahr 1562, deren Mauern aus Dolomitgestein sind.

Zu den anderen ältesten Steinkirchen der Stadt gehören:

  • die Kirche der Mariä Geburt (Церковь Рождества Богородицы) aus dem Jahr 1680
  • die Kirche Unserer Lieben Frau in Jerusalem (Введенская церковь) aus dem Jahr 1802, nahe der Christi-Geburt-Kathedrale
  • die Mariä-Verkündigungskirche (Благовещенская церковь) aus dem Jahr 1692
  • die Dreifaltigkeitskirche (Троицкая церковь) am nordöstlichen Rand der Stadt, welche von 1790 bis 1802 errichtet wurde
  • die Kirche Johannes der Täufer (Церковь Иоанна Предтечи) aus dem Jahr 1751, welche mit 35 m die höchste Kirche der Stadt ist
  • die Auferstehungskirche (Воскресенская церковь), erbaut am Ende des 17. Jahrhunderts
  • die Kirche der Sossima und Sawwati (Церковь Зосимы и Савватия) am Südwestrand der Stadt, welche zwischen 1814 und 1816 erbaut wurde
  • die Nikolaus-Kirche (Никольская церковь) aus dem Jahr 1742

Weitere Sehenswürdigkeiten sind der etwa 60 m hohe Glockenturm und das „Staatliche Historische und Architekturmuseum von Kargopol“.

Auf dem Territorium des Kargopolski rajon befindet sich außerdem der Kenosero Nationalpark.

Persönlichkeiten

Einzelnachweise

  1. a b Itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda. Tom 1. Čislennostʹ i razmeščenie naselenija (Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010. Band 1. Anzahl und Verteilung der Bevölkerung). Tabellen 5, S. 12–209; 11, S. 312–979 (Download von der Website des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Russischen Föderation); Čislennost' naselenija po municipal'nym obrazovanijam i naselennym punktam Archangel'skoj oblasti, vključaja Neneckij avtonomnyj okru Itogi Vserossijskoj perepisi naselenija 2010 goda (Bevölkerungsanzahl der munizipalen Gebilde und Ortschaften der Oblast Archangelsk einschließlich des Autonomen Kreisen der Nenzen Ergebnisse der allrussischen Volkszählung 2010.) Tabelle (Download von der Website des Föderalen Dienstes für staatliche Statistik der Oblast Archangelsk)
  2. Geschichte Kargopols auf kargopol.ru; Überprüft am 30. März 2010
  3. a b c Artikel über Kargopol auf towns.ru; Überprüft am 30. März 2010
  4. a b c Oleg Kodola: Istoričeskij putevoditel' po Archangel'skoj oblasti.Pravda Severa, 2006, ISBN 5-85879-240-5, S. 83–84
  5. Kargopol-ITL im Internetportal GULAG des Memorial Deutschland e. V.
  6. Geschichte Kargopols auf pomorland.info; Überprüft am 30. März 2010