Karl Stratil

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Karl Johann Stratil (* 11. Juli 1894 in Olmütz, Mähren, Österreich-Ungarn[1]; † 5. Februar 1963[2] in Leipzig, Sachsen) war ein deutscher Künstler. In Prag arbeitete er unter dem Namen Karel Stratil.[3][4]

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stratil wurde als viertes von acht Kindern des Rohrmeisters der Gas- und Wasserwerke Mauriz Stratil und seiner Frau Maria geb. Klimus geboren. Stratils künstlerische Begabung fiel bereits seinem Lehrer Ignaz Neunteufel an der Oberrealschule auf. Studieren durfte er jedoch keine künstlerische Richtung. Stattdessen konnte er in Wien ein Studium an der Technischen Hochschule aufnehmen, um Architekt zu werden.[5] Dort allerdings wurde er nicht in den Vorlesungen gesichtet, sondern nahezu ausschließlich in den Räumlichkeiten der Kunstakademie, insbesondere in deren Aktsaal.[6]

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde er Soldat der k.u.k. Gemeinsamen Armee im Olmützer Hausregiment IR Nr. 54. Während oder nach der Brussilow-Offensive gelangte er 1916 in russische Kriegsgefangenschaft. Als Divisionsmaler im Stab der Tschechoslowakischen Legionen kehrte er 1920 aus Sibirien über die Mongolei wieder zurück nach Olmütz, das inzwischen Olomouc hieß.[7]

Noch im selben Jahr orientierte er sich neu, zog nach Leipzig und begann dort am 18. Oktober ein Studium an der Staatlichen Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe bei Alois Kolb, dem Leiter der Radierwerkstatt, und bei Hans Alexander Müller (Holzschnitte). Finanziert wurde dies durch Stratils jüngeren Bruder Franz, der als Bankbeamter über ein vergleichsweise sicheres Einkommen verfügte.[8]

Stratil beherrschte alle druckgrafischen Techniken, wand sich aber besonders dem Holzschnitt zu. Sehr rasch widmete er sich der Buchillustration und wurde er einer der produktivsten Buchillustratoren Deutschlands. Seine Zusammenarbeit mit Philipp Ernst Reclam begann bereits 1920, wurde jedoch vor allem in den 1930er Jahren besonders sichtbar,[5] wo er beispielsweise für den Leipziger Gustav Weise Verlag ein Werk von Martin Luserke illustrierte.[9] Es entstanden Porträts von Dante oder ein in Rötel ausgeführtes Abbild von Cosima Wagner für deren Biographie.[10] Stratils Holzschnitte wurden sehr beliebt, beispielsweise seine Porträts von Bach, Beethoven, Engels, Goethe, Marx, Mozart, Pestalozzi, Schiller.[11] Außerdem machte Stratil Illustrationen für populäre Zeitungen und Zeitschriften, u. a. für das Kriminal-Magazin.[12]

Zeitweise lebte und arbeitete er in den 1920er und 1930er Jahren in Prag. Er gestaltete Holzschnitte und Illustrationen zu zahlreichen Druckwerken und Buchumschlägen, insbesondere jedoch für den Reclam-Verlag,[13] auf den er großen Einfluss nahm.[14] In der Zeit des Nationalsozialismus war Stratil Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste. Es ist jedoch die Teilnahme an nur einer Ausstellung bekannt.[15]

1945 war er für die Messestandgestaltung des Reclam-Verlags zuständig.[16] Er plante zusammen mit Philipp Ernst Reclam (1876–1953), den er auch porträtierte,[17] eine Porträtsammlung Großer Männer und Frauen, Holzschnitte in Einzelblättern[18], von denen bis 1951 insgesamt 52 erschienen.[11] 1953 wurde die Serie vor dem Hintergrund personeller und politischer Umwälzungen unvollendet eingestellt. 2012 wurde die Porträtsammlung erstmals nahezu vollständig öffentlich ausgestellt und kommentiert.[19]

Stratil war Mitglied des Verbands Bildender Künstler der DDR. Fundstücke von Karl Stratil finden sich im Deutschen Buch- und Schriftmuseum in Leipzig.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Druckgrafik (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Feuer (Lithografie, 1912)[20]
  • China (sechs Holzschnitte, ca. 1924)[21]
  • Rainer Maria Rilke. Die Weise von Liebe und Tod des Kornetts Christoph Rilke (elf Lithografien, als Mappe erschienen bei Karl W. Hiersemann, Leipzig)
  • In der Glashütte (Holzstich; ausgestellt 1953 auf der Dritten Deutschen Kunstausstellung)[22]
  • Schichtwechsel (Lithografie; ausgestellt 1953 auf der Dritten Deutschen Kunstausstellung)[23]

Buchillustrationen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alexei Tolstoi: Iwan der Schreckliche. Verlag Erich Matthes, Leipzig, Hartenstein, 1924
  • Graf Arthur Gobinau: Der Turkmenenkrieg. Verlag Erich Matthes, Leipzig und Hartenstein. 1924
  • Nikolaj Gogol: Schreckliche Rache. Verlag Erich Matthes, Leipzig und Hartenstein. 1924
  • Hermann Kurz: Sankt Urbans Krug. Das Arcanum. Verlag Erich Matthes, Leipzig, Hartenstein, 1924
  • Robert Hohlbaum: Die Herrgotts-Symphonie. Eine Bruckner-Novelle. Fr. Kistner & C.F.W. Siegel, 1925
  • Gustav Schalk: Nordisch-Germanische Götter- und Heldensagen. Verlag Gerhard Stalling, Oldenburg, 1930
  • Ivan Olbracht: Der vergitterte Spiegel. Büchergilde Gutenberg,  Berlin, 1932
  • Herbert Kranz: Die weiße Herrin von Deutsch-Ost. Volker-Verlag, Köln, 1935
  • Grete Hoyer: Das Hexennest. Drei Märchen.  Verlagsbuchhandlung Erich Matthes Hamburg Hartenstein Leipzig, 1940
  • Ferdinand Emmerich: Der Einsiedler von Guayana. Mainzer Verlagsanstalt, Mainz, 1940
  • Curt Strohmeyer: Petsamo, Ladoga. Volk und Landschaft zwischen Finnland und Russland. Fikentscher, Leipzig, 1940
  • Werner Wrage: Nordafrika. Volk und Landschaft zwischen Rif und Nil. Fikentscher, Leipzig, 1942.
  • Hans Reh: Knappen-Balladen. Verlag Erich Matthes, Leipzig, Hartenstein, 1944
  • Margarethe von Rohrer:  Malerreise in Italien. Widukind-Verlag Boss, Berlin, 1944
  • Ernst Frank: Goethe im Elbogener Ländchen. Volk u. Reich Verlag, Prag, 1944
  • Erika Matthes: Kraft der Gnade. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin, 1951
  • Clara Viebig: Berliner Novellen. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1952
  • Heinz Rusch: Schiffe vor der Fahrt. Philipp Reclam jun. Leipzig, Leipzig, 1952
  • Karl Toth: Wien. Die ewig junge Stadt. Fikentscher, Ravensburg, 1952
  • Klaus Beuchler: Schwarzes Land und rote Fahnen. Tribüne-Verlag, Berlin, 1953
  • Alex Wedding: Das Eismeer ruft. Der Kinderbuchverlag Berlin, vor 1954
  • Ernst Frank: Goethes böhmische Wanderungen.  Heimreiter, Frankfurt/Main, 1956
  • Gustaw Morcinek: Räuber, Rächer und Rebell. Volksverlag, Weimar, vor 1956
  • Willibald Alexis: Der Werwolf. Rütten & Loening, Berlin, 1956
  • Rustem - Persische Heldensagen. Ernst Wunderlich, Tübingen, 1956
  • Theun de Vries: Hochzeitslied für Swaantje. Henschel-Verlag, Berlin, 1957
  • Kalewala. Finnische Heldensagen. Prisma-Verlag, Leipzig, 1959
  • Voltaire: Candide oder die beste aller Welten.  Greifenverlag, Rudolstadt, 1972

Ausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1936: Berlin, Haus der Kunst („Bildnisse deutscher Männer“)
  • 1953: Dresden Albertinum (Dritte Deutsche Kunstausstellung)
  • 1965: Leipzig, Museum der bildenden Künste („500 Jahre Kunst in Leipzig“)
  • 1979: Berlin, Ausstellungszentrum am Fernsehturm („Buchillustrationen in der DDR“)
  • 2013: Köln, Universitäts- und Stadtbibliothek („François Villon. Die Buchillustrationen des 20. Jahrhunderts aus den deutschsprachigen Ländern“)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Werner Teupser: Karl Stratil. F.Ullmann, Graphische Kunstanstalt und Verlag, Zwickau, 1927 (Hrsg.: Archiv für Buchgewerbe und Gebrauchsgraphik, Leipzig, Deutscher Buchgewerbeverein)
  • Hans Bockwitz: Junge deutsche Büchkunstler, Archiv für Buchgewerbe und Gebrauchsgraphik, Leipzig, Deutscher Buchgewerbeverein (Hrsg.), November 1934, S. 699–784.
  • Walter Hofmann: Minute graphic art about New Year (New Year cards), Archiv für Buchgewerbe und Gebrauchsgraphik, Leipzig, Deutscher Buchgewerbeverein (Hrsg.), Januar 1938, S. 19–22.
  • Rudolf Linke: The book artist Karl Stratil, Archiv für Buchgewerbe und Gebrauchsgraphik, Leipzig, Deutscher Buchgewerbeverein (Hrsg.), Mai 1938.
  • Barbara Hornberger: Auf der Insel der Phantasie. Zum 101. Geburtstag des Künstlers Karl Stratil, Illustration 63, April 1995, S. 5–9.
  • Carmen Laux: Eine Porträtsammlung von Karl Stratil, in: Flachware: Fußnoten der Leipziger Buchwissenschaft 2 (2011/2012) (= Kunstblätter bei Reclam), Verlag Philipp Reclam Junior, Leipzig 2012. S. 25–37.
  • Carmen Laux: Unser geschätzter Meister des Stifts, in: Ingrid Sonntag: An den Grenzen des Möglichen. Reclam-Leipzig 1945–1991. Ch. Links Verlag, Berlin 2016. ISBN 978-3861539315, S. 334ff.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Matrikel Olmütz. In: familysearch.org. familysearch.org, abgerufen am 5. Januar 2023.
  2. auch 1958 wird in diversen Quellen als Todesjahr genannt
  3. Stratil, Karel, auf: nkp.cz, abgerufen am 1. Oktober 2017.
  4. Stratil, Carl; Stratil, Karel; Stratil, Karl, auf: isni.org, abgerufen am 1. Oktober 2017.
  5. a b Julia Blume: Karl Stratils Porträtgalerie. Tafeltext zur Ausstellung Wiedergefunden. Holzschnitte von Karl Stratil im Leipziger Reclam-Verlag. Haus des Buches, Leipzig 2012.
  6. Xaver Schaffer: Der sudetendeutsche Maler und Graphiker Karl Stratil – 50 Jahre, in: Sudetendeutsche Tageszeitung, 11. Juli 1944.
  7. Werner Teupser: Karl Stratil, Archiv für Buchgewerbe und Gebrauchsgraphik (= Deutsche Buchkünstler und Gebrauchsgraphiker der Gegenwart), Deutscher Buchgewerbeverein (Hrsg.), Leipzig, Februar/März 1927, S. 10.
  8. Maria Straub (Tochter von Karl Stratil), Stuttgart, Auskunft vom April 2012.
  9. Martin Luserke: Der kleine Schühß und andere Geschichten. Ein Buch von der Wattenküste. Mit Illustrationen v. Karl Stratil. Gustav Weise Verlag, Leipzig/Berlin 1935. (Neuauflage: ISBN 978-3-7822-0186-5)
  10. Max von Millenkovich-Morold: Cosima Wagner. Ein Lebensbild, Reclam-Verlag, Leipzig 1937.
  11. a b Carmen Laux: Unser geschätzter Meister des Stifts, in: Ingrid Sonntag: An den Grenzen des Möglichen. Reclam-Leipzig 1945–1991. Ch. Links Verlag, Berlin 2016. ISBN 978-3861539315, S. 334ff.
  12. SLUB Dresden: Das Kriminal-Magazin, 2.1930/31, Januar = 10. Abgerufen am 13. September 2021 (deutsch).
  13. Karl Stratil/Karel Stratil, auf: germandesigners.net, abgerufen am 1. Oktober 2017.
  14. Die Reclam-Story, in: Leipziger Volkszeitung, 22. Februar 2017, auf: lvz.de, abgerufen am 1. Oktober 2017.
  15. Martin Papenbrock, Gabriele Saure (Hrsg.): Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen. Teil 1. Ausstellungen deutsche Gegenwartskunst in der NS-Zeit. VDG, Weimar, 2000
  16. Musterschau Leipziger Erzeugnisse, 18. bis 23. Oktober 1945, auf: uni-leipzig.de, abgerufen am 1. Oktober 2017.
  17. Ernst Reclam, Porträt (Kohlezeichnung) von Karl Stratil aus dem Jahr 1948, auf: bpb.de, abgerufen am 1. Oktober 2017.
  18. SLUB Dresden: Mensch und Arbeit. Abgerufen am 13. September 2021 (deutsch).
  19. Literaturhaus Leipzig: Wiedergefunden – Holzschnitte von Karl Stratil im Leipziger Reclam-Verlag, 8. Mai bis 29. Juni 2012.
  20. Karl Stratil Lithografie 'Feuer' 1912 Gesigneerd | Imagine Wageningen. Abgerufen am 13. September 2021 (niederländisch).
  21. China. Sechs Holzschnitte. O.O u. Dr., (ca.1924). Fol. (46:33,5 cm). Titelblatt u. 6 signierte Or.-Holzschnitte (Blattformat ca. 30:24,5 cm), lose in Or.-Hlwd.-Mappe mit Deckelillustration. von Stratil Karl | Antiquariat Johannes Müller. Abgerufen am 13. September 2021.
  22. Deutsche Fotothek. Abgerufen am 13. September 2021.
  23. Deutsche Fotothek. Abgerufen am 13. September 2021.
  24. „Wiedergefunden“: Ausstellungseröffnung im Haus des Buches. Porträtsammlung von Karl Stratil im Leipziger Reclam Verlag, auf: uni-leipzig.de, abgerufen am 1. Oktober 2017.