Kloster St. Trudpert

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Klosteranlage St. Trudpert

St. Trudpert war ein Benediktinerkloster im Südschwarzwald, entstanden im beginnenden 9. Jahrhundert und säkularisiert 1806. Heute ist das zur Gemeinde Münstertal/Schwarzwald gehörende Kloster Ordenshaus der Kongregation der Schwestern vom heiligen Josef zu Saint Marc.

Geschichte

Das Kloster St. Trudpert geht mittelalterlicher Überlieferung zufolge auf den heiligen Trudpert, einen im Südschwarzwald missionierenden Iren und Märtyrer (erste Hälfte des 7. Jahrhunderts), zurück. Er errichtete im Münstertal im Südschwarzwald eine Einsiedelei, die wohl erst im (beginnenden?) 9. Jahrhundert zu einem Kloster umgestaltet wurde. Die Mönchsgemeinschaft ist spätestens um 900 von der oberelsässischen Adelsfamilie der Liutfride unterstützt worden, für 901 und kurz nach 965 sind Translationen von Trudpertreliquien bezeugt. Am 3. April 1144 nahm Papst Lucius II. das Kloster St. Trudpert in den Schutz des päpstlichen Stuhles und bestätigte dessen Freiheiten und Besitzungen.[1] Wohl in dieser Zeit vorhandene eigenkirchliche Bindungen an das Straßburger Bistum spiegelten sich noch im 13. Jahrhundert in Patronatsrechten der Bischöfe wider. Kirchenreform und Investiturstreit scheinen in St. Trudpert keine Spuren hinterlassen zu haben, die Grundherrschaft dehnte sich hauptsächlich im Münstertal, im Breisgau, in der Ortenau und im Elsass aus, wobei im späten Mittelalter eine gewisse Besitzkonzentration eintrat und so das Kloster z. B. in Tunsel, am Ausgang des Münstertals, die Ortsherrschaft erlangte. Hinzu kamen als Kirchenbesitz die Pfarreien in Münstertal, Grunern, Krozingen, Tunsel, Laufen, Biengen u. a. Auch der im Hochmittelalter aufkommende Silberbergbau konnte von der geistlichen Gemeinschaft genutzt werden. Es entwickelte sich auf Grund des Bergbaus das Städtchen Münster unterhalb der Abtei, das 1346 zusammen mit der Burg Scharfenstein der Herren von Staufen von Freiburger Bewaffneten zerstört wurde und infolge dieses Angriffs und einer Bachüberschwemmung, die einen Teil dieses Städtchens mitriss, einging. Den wirtschaftlichen Niedergang in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts überwand das Kloster augenscheinlich unter Abt Paul I. (1435–1455). 1525 wurde St. Trudpert während des Bauernkrieges durch Plünderungen in Mitleidenschaft gezogen.

Zu unbekanntem Zeitpunkt gewannen die Herren von Staufen, Ministeriale der Herzöge von Zähringen, Vogtrechte über St. Trudpert. Klösterliche Urkundenfälschungen sind der Grund dafür, dass für die Staufener erst für 1218 ein zuverlässiger Urkundenbeleg vorliegt. Eine Obervogtei der Grafen (bzw. Herzöge) von Habsburg ist für 1277 erstmals belegt, so dass die Herren von Staufen bis zu ihrem Aussterben (1602) als habsburgische Untervögte fungierten. Die habsburgische Obervogtei bedeutete auch, dass das Kloster Teil der vorderösterreichischen Landesherrschaft wurde und somit habsburgisches Prälatenkloster mit Landstandschaft und Sitz auf der Prälatenbank der Breisgauer Landständen. Als solches machte das Klosterdie Säkularisation des Jahres 1806 mit und gelangte damals an das Großherzogtum Baden.

Bautätigkeit

Mehrere mittelalterliche Klosteranlagen/-kirchen sind bezeugt, so eine Erneuerung des Klosters 902 und dann wieder – nach einem Ungarneinfall im beginnenden 10. Jahrhundert (?) – vor 962. Die dreischiffige Basilika wurde um 1100 um ein Westwerk erweitert, im 15. Jahrhundert entstanden neue Klausurgebäude und ein gotischer Langchor. Der Zerstörung der Klostergebäude während des Dreißigjährigen Krieges durch die Schweden im Jahr 1632 folgte ein zunächst provisorischer Wiederaufbau, der 1712/1716 dem barocken Kirchenneubau weichen musste. Die Fresken stammen von Francesco Antonio Giorgioli, und aus der italienischen Exklave Campione kamen die beiden Stuckateure Michele Angelo de Prevosti und Carpoforo Caratti-Orsatti, mit welchen der Abt im September 1716 den Vertrag über die Stuckdekorationen schloss, die zart und feingliedrig ausgefallen sind. Nach dem Vorbild der Orgel in Säckingen verpflichtete sich 1717 der Orgelmacher Joseph Schütt aus Laufenburg, eine Orgel mit 22 Registern zu bauen, die 1722 erstmals erklang[2]. Das Kloster erteilte 1737 dem Baumeister Peter Thumb den Auftrag zur Neugestaltung der Kirchenfassade und des Klosters.[3]

Die heutige Orgel der Klosterbasilika hat 38 Register auf drei Manualwerken und Pedal.[4]

I Rückpositiv C–
1. Holz gedackt 8′
2. Prästant 4′
3. Principal 2′
4. Larigot 113
5. Octävchen 1′
6. Cymbel II-III
7. Krummhorn 8′
Tremulant
II Hauptwerk C–
8. Quintade 16′
9. Principal 8′
10. Holzflöte 8′
11. Spitz gedackt 8′
12. Octav 4′
13. Rohrflöte 4′
14. Quinte 223
15. Schwegel 2′
16. Acuta III
17. Mixtur IV
18. Cornett III 8′
19. Trompete 8′
III Schwellwerk C–
20. Gamba 8′
21. Grob gedackt 8′
22. Principal 4′
23. Koppelflöte 4′
24. Blockflöte 2′
25. Sesquialter I-II
26. Scharff III-IV
27. Dulcian 16′
28. Hautbois 8′
29. Zink 4′
Tremolo
Pedalwerk C–
30. Principal 16′
31. Subbass 16′
32. Octav 8′
33. Gemshorn 8′
34. Choralflöte 4′
35. Nachthorn 2′
36. Hintersatz IV
37. Posaune 16′
38. Trompete 8′
  • Koppeln: I/II, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P

Klosterbibliothek

Noch aus der Mittelalterlichen Klosterbibliothek stammt eine Handschrift der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die das „St. Trudperter Hohelied“, das „erste Buch der deutschen Mystik“, einen niederalemannischen Text des 12. Jahrhunderts, enthält. Trotz des Namens wird die Entstehung des Hoheliedes heute aber nicht in St. Trudpert, sondern in der Benediktinerabtei Admont in der Steiermark vermutet.

Neuzeit

Luftaufnahme von St. Trudpert im August 2016

Die noch heute bestehende Kongregation der Schwestern vom Heiligen Josef zu Saint Marc ist einer der Gesellschafter der im Jahr 2000 gegründeten Regionalverbund kirchlicher Krankenhäuser gGmbH. Die Schwestern der Kongregation sind u. a. in der Heidelberger Klinik Sankt Elisabeth und in der REHA-Klinik St. Marien in Bad Bellingen tätig.

Am 17. August 1986 ging ein Gewitter mit hühnereigroßen Hagelkörnern über Münstertal nieder. Besonders das Kloster wurde schwer beschädigt. Die Dächer des Pfarrhauses und der Pfarrkirche waren ohne Ziegel und das Gewächshaus ein Trümmerhaufen. 300.000 Dachziegel mussten in kurzer Zeit beschafft werden. Die Behebung des Schadens in Millionenhöhe dauerte bis in die Jahre 1988/89.[5]

Ehemaliger Kirchenschatz

Die Benediktinerabtei besaß seit dem Mittelalter bedeutende Goldschmiedearbeiten. Von den Kreuzreliquiaren ist nur das ältere, Niellokreuz von St. Trudpert – entstanden wohl um 1175–1180 in Südwestdeutschland – am Ort und im Besitz der Pfarrgemeinde erhalten geblieben. Für eine Stiftung des silbernen Bildwerks durch einen Herren von Staufen spricht die einen Gottfried nennende Stifterinschrift, die gut auf den nach 1177 gestorbenen Gottfried von Staufen bezogen werden kann.[6]

Das hochgotische, teilweise aus purem Gold gefertigte Vortragekreuz dagegen, das ebenfalls (bis 1875) zur Präsentation einer Kreuzreliquie diente, wurde wegen der drohenden Säkularisation des Klosters 1805 der Benediktinerabtei Mariastein/Schweiz übergeben, von der es 1874/1877 in die Kunstsammlung Basilewsky und von dort 1885 in die Eremitage (Sankt Petersburg) verkauft wurde, wo es sich bis heute befindet. Es entstand wohl in Freiburg um 1280, als das Kloster wohl schon unter habsburgische Schutzherrschaft gekommen war.[7] Der an ein dünnes Stabkreuz geheftete Kruzifixus wird von freistehenden, vollrunden Figuren der Maria und des Johannes begleitet. Die quadratischen Balkenenden zeigen den auferstandenen Christus, Ecclesia und Synagoge.[8]

Über Basilewsky und die Eremitage kam auch ein mit filigranem Rankenwerk, niellierten Apostelfiguren und typologischen Szenen höchst aufwendig gearbeiteter romanischer Kelch mit Patene und zwei Saugröhrchen (Freiburg, um 1250) in den Kunsthandel und von dort 1947 in die Cloisters Collection des Metropolitan Museum of Art in New York.[9]

Äbte von St. Trudpert

Die folgende Aufstellung stützt sich hauptsächlich auf die Studien von Willibald Strohmeyer[10]

  • Erchenbald (815)
  • Humbertus (Propst?, Abt?) (833 oder 878?)
  • Walderich (Abt) (902)
  • Adalbero (Propst) (968)
  • Eberhard (Abt) (1144–1156)
  • Rutger (1181)[11]
  • Hugo (1184–1189?)
  • Heinrich I. (1186–1215)
  • Konrad (1216–1242)
  • Absolon (1242)
  • Werner I. (1246–1288)
  • Werner II. (1288–1302)

14. Jahrhundert

  • Bertold (1302–1310)
  • Heinrich II. (1310–1319)
  • Werner III. (1319–1354?)
  • Nikolaus I. (1363?-1384)
  • Diethelm von Staufen (1384–1410)

15. Jahrhundert

  • Ulrich (1411)
  • Konrad Löser (1412–1432)
  • Paul I. (1435–1455)
  • Nikolaus II. Zeller (1455–1483)
  • Rudolf Schmidlin (1484–1487)
  • Othmar Arnold (1487–1505)

16. Jahrhundert

  • Ägidius (1505–1510)
  • Martin I. Gyr (1510–1526)
  • Martin II. Löffler (1529–1543)
  • Melchior Rebstock (1543–1565)
  • Georg Helle (1567–1573)
  • Jakob Watterdinger (1573–1594)
  • Georg Heilgard (1594–1596)
  • Johannes Erhard (1596–1598)
  • Thomas Füchslin (1598–1604)

17. Jahrhundert

  • Jakob Daigger (1604–1624)
  • Johannes Rösch (1628–1633)
  • Georg Garnet (1633–1665)
  • Roman Edel (1665–1694)
  • Augustin Sengler (1694–1731)

18. Jahrhundert

  • Franz Herrmann (1731–1737)
  • Cölestin Herrmann (1738–1749)
  • Columbanus Blonsche (1749–1757)
  • Paul Ehrhard (1757–1780)
  • Columban Christian (1780–1806)

Literatur

  • Michael Buhlmann: Benediktinisches Mönchtum im mittelalterlichen Schwarzwald. Ein Lexikon. Vortrag beim Schwarzwaldverein St. Georgen e. V., St. Georgen im Schwarzwald, 10. November 2004, Teil 1: A-M, Teil 2: N-Z (= Vertex Alemanniae, Heft 10/1-2), St. Georgen 2004, S. 84f.
  • Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Großherzogthums Baden, Tübingen, Leipzig 1904, Sechster Band, Erste Abtheilung – Kreis Freiburg, S. 434–447 online.
  • Theodor Kurrus: St. Tudpert/Münstertal, Pfarrkirche St. Peter und Paul und St. Trudpert, Kleine Kunstführer, Nr. 1081, 14. Auflage 2003, Verlag Schnell und Steiner Regensburg, ISBN 3-7954-4807-7.
  • Klaus Mangold (Hrsg.): Das Kreuz aus St. Trudpert in Münstertal, Schwarzwald in der Staatlichen Ermitage St. Petersburg. München 2003. ISBN 3-7774-9910-2.
  • Franz Quarthal (Bearb.): Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg, (Germania Benedictina, Bd. 5), Ottobeuren 1976, S. 606–613.
  • Werner Sebert: Die Benediktinerabtei St. Trudpert im Münstertal. Karlsruhe, Technische Hochschule, Dissertation, 1962.
  • Werner Sebert: Die Benediktinerabtei St. Trudpert im Münstertal – Ihre Bau- und Kunstgeschichte, in: Freiburger Diözesan Archiv-Band 82/83 (1962/1963), S. 7–126.
  • Willibald Strohmeyer: Der heilige Trudpert und die ersten Anfänge des Klosters St. Trudpert, in: Freiburger Diözesan-Archiv 53 (1925).
  • Willibald Strohmeyer: Die Äbte des Klosters St. Trudpert, in: Freiburger Diözesan-Archiv 61 (1933).
  • Willibald Strohmeyer: Die Äbte des Klosters St. Trudpert – Fortsetzung, in: Freiburger Diözesan-Archiv 63 (1935).
  • Willibald Strohmeyer: Die Aufhebung der Klosters St. Trudbert im Jahre 1806, in: Freiburger Diözesan-Archiv 64 (1936).
  • Willibald Strohmeyer: Die Konventualen des Klosters St. Trudpert, in: Freiburger Diözesan-Archiv 67 (1940).
  • Willibald Strohmeyer: Die politischen Schicksale des Klosters und der Herrschaft St. Trudpert im Laufe der Jahrhunderte, in: Freiburger Diözesan-Archiv 60 (1932), S. 168–238.
  • Willibald Strohmeyer: Die Stifter und Vögte des Klosters St. Trudpert. Die mittelalterlichen Urkundenfälschungen, in: Freiburger Diözesan-Archiv (1926).
  • Friedrich von Weech: Urkundenbuch des Benedictinerklosters St. Trudpert. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 30 (1878), S. 76–128.
  • Friedrich von Weech: Urkundenbuch des Benedictinerklosters St. Trudpert (Fortsetzung), in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 30 (1878), S. 323–399.
Commons: Kloster St. Trudpert – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Urkunde bei: Marquard Herrgott: Geneal., Band II, S. 169.
  2. Theodor Kurrus: St. Trudpert Münstertal, Schnell Kunstführer Nr. 1081, 1979, S. 6.
  3. Theodor Kurrus: St. Trudpert Münstertal, Schnell Kunstführer Nr. 1081, 1979, S. 4.
  4. Informationen zur Orgel
  5. Eberhard Groß: Münstertal: 17. August 1986: Wie ein Unwetter Millionenschäden im Münstertal anrichtete. Badische Zeitung, 17. August 2016, abgerufen am 18. August 2016.
  6. Hans Jürgen Heuser: Das Niellokreuz von St. Trudpert, in: Zeitschrift für Kunstwissenschaft 6 (1952), S. 27ff; Die Zeit der Staufer, Ausstellungskatalog Stuttgart 1977, Bd. 1: S. 466–468; Bd. 2: Abb. 405–408. – Abbildung.
  7. Thomas Zotz: Königskrone und Fürstenhut – das gotische Kreuz aus St. Trudpert und die Habsburger im 13. Jahrhundert, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 153, N.F. 114, (2005), S. [15]–42, auch als Digitalisat (PDF; 3,4 MB).
  8. Klaus Mangold (Hrsg.): Das Kreuz aus St. Trudpert in Münstertal/Schwarzwald in der Staatlichen Ermitage St. Petersburg. München 2003, darin bes. Johann Michael Fritz: Das Kreuz aus St. Trudpert: Seine liturgische Funktion und seine Stellung als ein Hauptwerk gotischer Goldschmiedekunst, S. 102–125.
  9. Die Zeit der Staufer. Katalog der Ausstellung, Stuttgart 1977, Bd. 1: Katalog, S. 471–473, Bd. 2: Abb. 412–413.
  10. Die Äbte des Klosters St.Trudpert, in: Freiburger Diözesan-Archiv 61 (1933), S. 53–117.
  11. Florian Lamke: Cluniacenser am Oberrhein. Konfliktlösungen und adlige Gruppenbildung in der Zeit des Investiturstreits (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte LIV), Freiburg/München 2009, S. 227 Anm. 991.

Koordinaten: 47° 51′ 49,7″ N, 7° 48′ 11,5″ O