Stuckateur

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Das Zunftzeichen der Stuckateure/Gipser zeigt einen Winkel hinter einer Mörtelkelle, überhöht von einem geöffneten Zirkel.
Niederländischer Stuckateur 1965
Stuckprofilschablone zum Drehen oder Ziehen. Die Bleistiftspitze zeigt auf den Drehpunkt. Bei Drehung erzeugt das Profilblech (links) kreisförmige Stuckprofile, z. B. als Zierde um Lampen oder Lüster. Ohne Drehstift ist Längszug möglich.

Stuckateur (bis zur Rechtschreibreform Stukkateur) ist eine Berufsbezeichnung für einen im Innenausbau und an Fassaden tätigen Bauhandwerker und den dazugehörigen Ausbildungsberuf.

Berufsbild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Namensgebend für den Beruf ist die Arbeit mit Stuck (plastische Ausformung von Mörteln oder Gips auf Wand- und Deckenflächen). Stuckateure renovieren, erzeugen und verarbeiten Stuck. Stuckelemente können sowohl in der Werkstatt als auch vor Ort auf der Baustelle gezogen, gegossen oder bei Säulen gedreht werden. Je nach Einbauort am Gebäude wird zwischen Innen- und Außenstuck unterschieden. Stuckateure verputzen Wände sowie Decken im Innen- und Außenbereich und stellen beispielsweise Deckenkonstruktionen aus Rabitz her. Sie führen Stuckarbeiten wie Gesimse, Rosetten oder Säulenkapitelle an Fassaden oder auch Innenwänden und Decken aus und stellen Sgraffiti und Stuccolustro (Stuckmarmor) her bzw. restaurieren sie. Stuckateure restaurieren Altbauten und sind auch in der Denkmalpflege tätig. Dort beurteilen sie Putz- und Stuckschäden, entscheiden welche Maßnahmen zur Schadensbegrenzung einzuleiten sind und führen diese durch. An historischen Bauten und in der Denkmalpflege stellen sie auch aufwendige Stuckprofile oder modellieren Fresken, wenn die Originale zerstört wurden und nicht mehr restauriert werden können.

Stuckateure sind in erster Linie in Unternehmen des Stuckateurhandwerks, in Restaurierungswerkstätten, bei Betreibern historischer Stätten, Kirchenbauämtern, Ämtern für Denkmalpflege sowie in industriellen Ausbaubetrieben aber auch im Fassaden- und Trockenbau tätig. Überschneidungen bestehen in diesem Bereich vor allem mit Maurer-, Maler- sowie Unternehmen des Trockenbaumonteurhandwerks.

Arbeitsmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Hauptarbeitsmitteln des Stuckateurs zählen: Traufel, Kelle, Stuckateureisen, Trapezlatte, Vorziehlatte, Blechschere, Spachtel, Schlauchwaage, Wasserwaage, Senklot, Richtlatte und gegebenenfalls eine Verputzmaschine/Mischpumpe, für den maschinellen Putzauftrag. Zur Ausformung bzw. dem Ziehen langer gerader oder gebogener Stuck-Profile werden Profilschablonen verwendet. Zum Gießen Formen aus verschiedenen Materialien wie bspw. Ton und Silikon oder auch mit Kolophonium beschichtete Gipsformen.

Arbeitsstoffe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verarbeitet werden überwiegend Gips-, aber auch Zement- und Kalk- und Lehmputz, zunehmend heute auch organische Putze. Unter anderem werden auch Trockenbauplatten und Dämmstoffe verwendet.

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um den Beruf des Stuckateurs in einem Ausbildungsbetrieb erlernen zu können, benötigt man mindestens einen Hauptschulabschluss. Die Ausbildung zum Stuckateur dauert drei Jahre im dualen Ausbildungssystem und endet mit der Gesellenprüfung. Der Praxisteil der Lehre erfolgt im Betrieb bzw. in überbetrieblichen Lehrgängen und der theoretische Teil an der Berufsschule. Die seit 1999 gültige Ausbildungsverordnung ermöglicht eine Ausbildung mit Anrechnungsmöglichkeit. So erlangt man den Berufsabschluss als Ausbaufacharbeiter nach zwei Jahren und mit einem darauf aufbauenden weiteren Ausbildungsjahr als Stuckateur.[1] Nach der Weiterbildung zum Meister können Stuckateure und Stuckateurinnen sich zum Restaurator fortbilden oder einen eigenen Betrieb des Stuckateurhandwerks gründen. → Großer Befähigungsnachweis. Die selbstständige Ausübung des erlernten Berufs als Geselle ist durch die Restriktion der Gewerbefreiheit der Handwerkskammer untersagt.

Wie in allen Baugewerbeberufen ist nach bestandener Gesellenprüfung die Möglichkeit zur Fortbildung zum Werks- oder Baupolier möglich, diese differenziert sich allerdings nicht weit von den Kosten der Meisterprüfung. Seit 2008 wird der Meistertitel als allgemeine Hochschulreife anerkannt und berechtigt damit zu einem Hochschulstudium. Der Gesellenbrief zusammen mit dreijähriger Berufstätigkeit berechtigt zum Studieren an einer Fachhochschule. Fachrichtungen sind zum Beispiel Gebäudetechnik oder Hochbau. Seit 2015 wird darüber hinaus für Bewerber mit Hochschulreife ein siebensemestriges Praxisstudium zum Ausbau-Manager angeboten, in dem die Abschlüsse Geselle, Stuckateurmeister, Gebäudeenergieberater sowie Ausbau-Manager erworben werden können. Der Meisterbrief im Stuckateurhandwerk wird im Deutschen und Europäischen Qualifikationsrahmen wie der Bachelortitel auf Niveau 6 eingestuft.

In einzelnen Landesfachklassen werden zunehmend auch Ausbildungsinhalte im Bereich Farbtechniken und Farbgestaltung vermittelt. In den im Bundesverband Ausbau und Fassade organisierten Landesverbänden und Innungen werden auf Basis freiwilliger Mitgliedschaft die Handwerksbetriebe des Stuckateurhandwerks in allen Belangen beraten. Der Verband leitet auch den Bundesleistungswettbewerb Stuck-Putz-Trockenbau der Stuckateure, der zur Mitgliedschaft im Nationalteam und Teilnahme an den WorldSkills berechtigt.[2]

Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Österreich lautet die offizielle Bezeichnung nach dem Berufsausbildungsgesetz (BAG) Stuckateur und Trockenausbauer.[3] Österreichische Lehrlinge werden drei Jahre dual ausgebildet und legen am Ende die Lehrabschlussprüfung ab. Die Ausbildungsinhalte orientieren sich am Berufsbild unter Rücksichtnahme auf aktuelle Entwicklungen.

Nach dem Lehrabschluss kann die Ausbildung zum Meister oder Werkmeister absolviert werden. Die selbstständige Berufsausübung ist für Stuckateure im reglementierten Handwerk der Stuckateure und Trockenausbauer sowie im Handwerk der Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer möglich.[4][5]

Historische Entwicklung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stuck der Wessobrunner Schule in der Kreuzherrenkirche zu Memmingen
Stuckrestaurierung im Rittersaal von Schloss Mälsåker

Historisch sind vereinzelte Arbeiten von Stuckateuren in Mitteleuropa bereits seit dem 12. Jh. bekannt wie bspw. die Stuckfriese des Heiligen Grabes in der Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode. Seit der Spätgotik etwa Ende des 15. Jh. bis zum Klassizismus Ende des 19. Jh., traten Stuckateure als wichtige Gestalter von vorwiegend kirchlichen, aber auch repräsentativen weltlichen Innenräumen auf. Sie galten als Künstler wie die Maler und Bildhauer, mit denen sie zusammenarbeiteten. Besonders im Rokoko gelang eine einmalige Verschmelzung von Wand- und Deckenfresken mit Stuck und Architektur. Gleichsam Markenzeichen der Epoche ist ein stuckiertes Ornament: die Rocaille. Oftmals waren die Stuckateure selbst zugleich Baumeister und Architekten, Maler oder Bildhauer. Eine besondere Fertigkeit war das Ausformen und Herstellen von Stuckmarmor und Stucco lustro. Der Begriff Stucco finto bezeichnet jedoch den nur aufgemalten Stuck als Scheinarchitektur bzw. Trompe-l’œil.

Zu den bedeutendsten Stuckateuren der Kunstgeschichte zählen die Brüder Asam, die Gebrüder Johann Baptist und Dominikus Zimmermann, Joseph Schmuzer und die Künstlerfamilien Carlone und Feuchtmayer.

Stuckateure des 17. und 18. Jahrhunderts, deren Stil durch ihre Ausbildung oder Tätigkeit am bayrischen Benediktinerkloster Wessobrunn beeinflusst wurde, werden unter dem (erst 1888 geprägten) Begriff Wessobrunner Schule zusammengefasst.

Stuckateure waren die ersten, die zur Erstellung plastischer Bühnenbilder herangezogen wurden. Durch Spezialisierungen vor allem im Bereich Materialkunde entwickelte sich daraus später ein eigenständiger Beruf, der Theaterplastiker.

Liste bedeutender Stuckateure[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

in chronologischer Reihenfolge der Geburtsdaten

Jahrgänge 1500 bis 1599[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Perino del Vaga (Pietro Buonaccorsi, 1501–1547), italienischer Maler und Stuckateur der Renaissance
  • Fedele Casella (nachweisbar 1522–1547), italienischer Bildhauer und Stuckateur der Renaissance
  • Scipione Casella (nachweisbar 1543–1553), italienischer Bildhauer, Stuckateur und Silberschmied der Renaissance

Jahrgänge 1600 bis 1699[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahrgänge 1700 bis 1799[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahrgänge ab 1800[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Manfred Boes / Janina Hansen / Klaus Köhler / Dieter Leithold / Frieder Rudolf / 5 weitere: Lernfeld Bautechnik Stuckateur: Fachstufen. Verlag Handwerk und Technik 2022 (3. Auflage), ISBN 978-3-582-73224-8.
  • Alfred Bohnagen: Der Stukkateur und Gipser. Bernhard Friedrich Voigt, Leipzig 1914.
  • Paul Binder / Fritz Schaumann / Meinrad Haas: Stukkateur-Handbuch. Hannover: Schäfer 1996, ISBN 978-3-88746-087-7.
  • Siegfried Leixner / Adolf Raddatz: Der Stukkateur. Handbuch für das Gewerbe. Putz, Stuck, Trockenbau, Stuttgart: Julius Hoffmann Verlag 1996 (2. Auflage), ISBN 3-87346-074-2.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Text der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft
  2. zdb.de Webpräsentation auf der Website des Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB).
  3. RIS – Stuckateur/in und Trockenausbauer/in-Ausbildungsordnung – Bundesrecht konsolidiert, Fassung vom 09.06.2023. Abgerufen am 9. Juni 2023.
  4. Gewerbezugang – Stuckateure und Trockenausbauer-Verordnung (BGBl. II Nr. 87/2003) des österreichischen Wirtschaftsministeriums gültig seit 2003.
  5. Gewerbezugang – Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer-Verordnung (BGBl. II Nr. 99/2003) des österreichischen Wirtschaftsministeriums gültig seit 2003.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Stuckateur – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen