Kreis Tilsit-Ragnit

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Der Landkreis Tilsit-Ragnit ist ein ehemaliger Landkreis in Ostpreußen und bestand als vereinigter Landkreis seit 1922, seine Vorläuferkreise Ragnit und Tilsit schon seit 1818. Im Winter 1944/45 wurde die Bevölkerung evakuiert, die Verwaltungstätigkeit dadurch beendet.

Der Landkreis Tilsit-Ragnit umfasste am 1. Oktober 1944:

  • die Stadt Ragnit
  • sowie 329 weitere Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnern
  • und 5 Gutsbezirke (Forsten und Heeresgutsbezirk).

Einwohnerentwicklung

  • Kreis Ragnit
    • 1885: 54.391
  • Kreis Tilsit (ohne Stadt Tilsit)
    • 1885: 47.197
  • Landkreis Tilsit-Ragnit
    • 1933: 57.454
    • 1939: 84.723

Verwaltungsgeschichte

Königreich Preußen

Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress entstanden mit dem 1. September 1818 die Kreise Ragnit und Tilsit im Regierungsbezirk Gumbinnen in der preußischen Provinz Preußen (nicht: Ostpreußen).

Der Kreis Ragnit umfasste die Kirchspiele:

  • Budwethen,
  • Kraupischken,
  • Lengwethen,
  • Ragnit,
  • Szillen,
  • Wischwill.

Das Landratsamt war in Ragnit.

Der Landkreis Tilsit umfasste die Kirchspiele:

  • Coadjuthen,
  • Piktupönen,
  • Tilsit,
  • Willkischken.

Das Landratsamt war in Tilsit.

Seit dem 3. Dezember 1829 gehörten die Kreise – nach dem Zusammenschluss der bisherigen Provinzen Preußen (nicht: Ostpreußen) und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg i. Pr.

Zum 1. Januar 1836 wurde das Kirchspiel Plaschken aus dem Kreis Niederung in den Kreis Tilsit eingegliedert.

Norddeutscher Bund/Deutsches Reich/Großdeutsches Reich

Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich.

Zum 21. Juli 1875 wurden die Kreisgrenzen wie folgt verändert:

  • Eingliederung der Landgemeinde Bublauken aus dem Kreis Niederung in den Kreis Tilsit,
  • Eingliederung der Landgemeinde Heydebruch und des Gutsbezirks Klein Szagmanten aus dem Kreis Tilsit in den Kreis Ragnit.

Am 10. August 1876 trat die Landgemeinde Kamanten vom Kreis Pillkallen zum Kreis Ragnit.

Nach der Teilung der Provinz Preußen in die neuen Provinzen Ostpreußen und Westpreußen wurden beide Kreise am 1. April 1878 Bestandteil Ostpreußens.

Am 1. April 1896 schied die Stadtgemeinde Tilsit aus dem Kreis Tilsit aus und bildete fortan einen eigenen Stadtkreis. Der Kreis Tilsit trug nunmehr die Bezeichnung Landkreis.

Zum 1. April 1919 wurde der Landkreis Tilsit durch Eingemeindung der Landgemeinden Kallkappen, Splitter, Stolbeck und Tilsit-Preußen in den Stadtkreis Tilsit verkleinert.

Am 10. Januar 1920 trat der Versailler Vertrag in Kraft. Dadurch wurden der Kreis Ragnit und der Landkreis Tilsit – soweit nördlich der Memel gelegen – an das Memelgebiet abgetreten. Aus ihnen entstand der neue Kreis Pogegen. Am 25. März 1920 wurde die Verwaltung des Restkreises Tilsit südlich der Memel vorläufig auf den Landrat in Ragnit übertragen.

Am 1. Juli 1922 wurden die zerschnittenen Kreise südlich der Memel endgültig neu organisiert:

  • Eingliederung der Landgemeinden Dwischaken, Kaltecken, Kalwen, Moritzkehmen, Schillgallen b. Tilsit und Senteinen (teilweise) und des Gutsbezirks Paszelgsten aus dem Landkreis Tilsit in den Stadtkreis Tilsit,
  • Zusammenschluss des Kreises Ragnit, der Landgemeinden Alloningken, Birkenwalde, Blausden, Gaiwethen, Groß Brettschneidern, Groß Dummen, Groß Ischdaggen, Groß Wingsnupönen, Grünheide Försterei, Kattenuppen, Kaukwethen, Kaukweth-Kludszen, Kellmienen, Klein Brettschneidern, Klein Dummen, Krauleiden, Kühlen, Lapienen Försterei, Papuschienen, Pauperischken, Puskeppeln, Sandlauken, Schillkojen, Seikwethen, Skardupönen, Skroblienen und Smaledumen des Kreises Niederung und des Landkreises Tilsit zum neuen Kreis Tilsit-Ragnit mit dem Sitz der Verwaltung in Tilsit.

Dementsprechend wurde am 15./16. August 1922 das Landratsamt des nunmehr auch formell vereinigten Großkreises von Ragnit nach Tilsit verlegt.

Am 27. März 1924 wurden die Grenzen des Stadtkreises Tilsit dadurch abgerundet, dass die Gutsbezirke Laukändter Wüstenei und Schnecken, Forst aus dem Kreis Tilsit-Ragnit eingegliedert wurden.

Zum 30. September 1929 fand im Kreisgebiet entsprechend der Entwicklung im übrigen Preußen eine Gebietsreform statt, bei der nahezu alle bisher selbstständigen Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Zum gleichen Zeitpunkt wechselte der Gutsbezirk Sziedlauken vom Kreis Tilsit-Ragnit zum Landkreis Insterburg.

Zum 1. Januar 1939 führte der Kreis Tilsit-Ragnit entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung die Bezeichnung Landkreis.

Zum 1. Oktober 1939 wurde der Hauptteil des Kreises Pogegen mit dem Landkreis Tilsit-Ragnit vereinigt, und zwar ohne die Gemeinden Akmonischken, Alt Stremehnen, Altweide, Augskieken, Bersteningken, Coadjuthen, Galsdon-Joneiten, Heydeberg, Kaszemecken, Kawohlen, Matzstubbern, Medischkehmen, Meischlauken, Mädewald, Pageldienen, Pakamonen, Passon.Reisgen, Peteraten (teilweise), Plaschken, Pleine, Rucken, Schlaunen, Skerswethen, Steppon-Rödszen, Stonischken, Szameitkehmen, Übermemel, Uszpelken und Wersmeningken und der Gutsbezirk Dingken, Forst (teilweise).

Im Herbst 1944/Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und wurde danach Teil der Sowjetunion.

Kommunalverfassung

Die Kreise gliederten sich zunächst in Stadtgemeinden, in Landgemeinden und – bis zu deren nahezu vollständigem Wegfall – in selbstständige Gutsbezirke.

Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 gab es ab 1. Januar 1934 eine einheitliche Kommunalverfassung für alle Gemeinden. Die bisherige Stadtgemeinde Ragnit führten jetzt die Bezeichnung Stadt.

Mit Einführung der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 trat zum 1. April 1935 die im Deutschen Reich gültige Kommunalverfassung in Kraft, wonach die bisherigen Landgemeinden nun als Gemeinden bezeichnet wurden. Diese waren in Amtsbezirken zusammengefasst.

Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Ortsnamen

1938 fanden im Kreis Tilsit-Ragnit umfangreiche Änderungen von Ortsnamen statt. Das waren, da meist „nicht deutsch genug“, lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder freie Erfindungen, zum Beispiel:

  • Anstippen: Ansten,
  • Ballupönen: Löffkeshof,
  • Bendiglauken: Bendigsfelde,
  • Budwethen: Altenkirch,
  • Eromeiten: Ehrenfelde,
  • Dwischaken: Teichort
  • Girrehnen: Güldengrund,
  • Jurgaitschen: Königskirch,
  • Kellmienen: Kellen (Ostpr.),
  • Kraupischken: 1938: erst: Platzdorf, dann: Breitenstein (Ostpr.),
  • Lengwethen: Hohensalzburg,
  • Moulienen: Moulinen,
  • Neu Argeningken: Argenbrück,
  • Paskallwen: Schalau,
  • Pokraken: Weidenau (Ostpr.),
  • Raudonatschen: Kattenhof (Ostpr.),
  • Raudßen: 1936: Raudschen, 1938: Rautengrund,
  • Schillehnen: Waldheide (Ostpr.),
  • Schilleningken: Hegehof,
  • Szillen: 1936: Schillen,
  • Titschken: Tischken,
  • Trappönen:Trappen,
  • Waßeningken: 1936: Wascheningken, 1938: Waschingen,
  • Wedereitischken: Sandkirchen,
  • Woydehnen: Wodehnen.