Mannheimer Dialekt

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Mannemerisch ist der in Mannheim gesprochene Dialekt.[1] Er gehört zu den kurpfälzischen Dialekten.

Herkunft und Beziehung zu anderen Sprachen

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Mannemerisch lehnt an das Vorderpfälzische an, unterscheidet sich aber deutlich von den Dialekten der näheren Umgebung. Sogar in Mannheims Vororten werden unterschiedliche Wendungen benutzt: So heißt die Stadt im stärker odenwäldisch beeinflussten Norden Monnem, im eher badischen Süden, etwa in Rheinau und Neckarau hingegen Mannem.

Der Wortschatz des Mannheimer Dialekts zeigt Einflüsse des Französischen, aber auch zum Jiddischen und Rotwelschen.[2] Der französische Einfluss kam durch hugenottische, später auch nach der Französischen Revolution durch aristokratische Flüchtlinge. Mannheim war von jeher ein Handelsumschlagsplatz, der nie ein Judenviertel oder andersgeartetes Ghetto kannte, sodass Juden und Nichtjuden weitgehend unbeschwert miteinander umgingen und auch einiges aus dem Jiddischen Eingang fand. So lautet die mannemerische Variante des Schwäbischen Grußes Blos mer de Howwl aus!, wobei damit der Allerwerteste, jiddisch hoibel, gemeint ist.[3]

Sprachliche Merkmale

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Mannemerisch ist eine der bekanntesten Ausprägungen der kurpfälzischen Dialekte und teilt mit ihnen folgende Eigenarten:

Häufig zu hören sind Wendungen wie „alla“, was häufig zur Verabschiedung verwendet wird (bis dann, vom französischen „à la prochaine“) und „hajoo“ (zustimmendes „ja“). Das oft gehörte „Hea“ zur Begrüßung hat zwei Bedeutungen: Es kann Interjektion „Hey!“ oder Imperativ „Hör!“ sein. „Hea“ kann aber auch „Herr“ bedeuten. Bei Verben wird das n weggelassen, wie zum Beispiel gehen=gehe.

Betonte Vokale werden gerne gedehnt: „Allaa guut“, Verben werden „dramatisiert“: Gehen heißt laafe, laufen heißt renne, rennen heißt springe und springen heißt hubbse. Konsonanten nach kurzem Vokal werden verdoppelt, so wird aus „reden“ redde, und aus „decken“ degge, oder wie oben aus „hüpfen“ hubbse, hier wird eine weitere Eigenschaft des Mannemerisch deutlich, das harte k bzw. ck wird weich wie g ausgesprochen, bzw. p wie b oder t wie d. Auch dies ist vorortspezifisch.[1]

Des Weiteren wird bei Vergleichen das Wort „als“ durch „wie“ ersetzt. Bsp.:

„Du bischd jo klääna wie isch!“ – Standarddeutsch: „Du bist ja kleiner als ich!“
„Du bischd jo greeßa wie isch!“ – „ Du bist ja größer als ich!“

Wichtig ist auch die besondere Sprachmelodie („Singsang“), die sich allgemein im kurpfälzischen Sprachgebrauch findet.

Mannemerisch in Kunst und Kultur

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In Verbindung mit kulturellen Praktiken und Artefakten manifestiert sich das Mannemerisch – über die Nutzung bei den lokalen Fastnachtsritualen hinaus – erst im Laufe der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts, wie die folgenden Beispiele zeigen sollen.

Mannemerisch in der Literatur

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Die „Literaturwerkstatt Mannheimer Abendakademie“ brachte einige Mundartdichter und -schriftsteller hervor, deren prominentestes Mitglied wohl Gertrud Häfner war – eine deutsche Schriftstellerin, die fast ausschließlich auf Mannemerisch schrieb. Rudy Kupferschmitt ist ein weiterer prominenter Mannemer Vertreter jener Literaturwerkstatt.[4]

Mannemerisch im Theater

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In den verschiedenen Mannheimer Theatern werden Stücke auf Mannemerisch aufgeführt, wie z. B. Lisbeth & Schorsch im Schatzkistl mit ihrer Musikkomödie „Alla gut! Verliebt ins Quadrat“[5] und seit Oktober 2010 die nostalgisch-musikalische Komödie der Mannheimer Schriftstellerin Nora Noé: Nierentisch und Caprifischer – Mannem in de 50er mit den Steegmüllers und Eckhard Stadler am Piano, unter der Regie von Jürg Hummel.

Mannemerisch in der Musik

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Eines der bekanntesten und zugleich ältesten Lieder auf Mannemerisch ist der „Neckarbrückenblues“ von Joy Fleming, der als Single 1972 erschien. Für zahlreiche Veröffentlichungen im Mannheimer Dialekt ist Joachim Schäfer verantwortlich. Aber auch die Sängerin Joana mit Moi schäänes Mannem (1995), Christian Habekost & Chako Music Show mit Die Hitz (Månnem-Mix) (2004) und Hans-Peter Schwöbel mit Monnema Fetzä (2005) – um nur einige zu erwähnen – haben dem Mannemerischen ein Denkmal gesetzt. SWR4 Kurpfalz Radio hat mit der Reihe Mannheim Mannem Monnem erfolgreich mehrere CD-Sampler als mundartliche Liebeserklärung an die Quadratestadt herausgegeben.[6]

Auch Xavier Naidoo in seinen Liedern singt oder rappt teilweise auf Mannemerisch[7], besonders bei Liedern der Söhne Mannheims, die z. B. 2005 in Meine Stadt Mannheim besangen.

2008 wurde ein in Mannemerisch geführter Beschwerdeanruf bei der Polizei durch eine Veröffentlichung auf YouTube deutschlandweit bekannt, der auf YouTube bislang über 2,3 Millionen Mal abgerufen wurde. Weitere Medien und TV-Programme griffen das Thema auf.[8]

Zahlreiche lokale Bands singen auf Mannemerisch, wie z. B. die „Incredible Rhine Rockers“. Seit kurzem ist darunter der Sänger Gringo Mayer aus Ludwigshafen, der auf Kurpfälzisch singt, auch einem größeren Publikum bekannt.[9]

Mannemerisch in der Koch- und Backkunst

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Mannemer Dreck ist ein Makronengebäck aus Mannheim. Der ungewöhnliche Name geht auf das Jahr 1822 bzw. 1838 zurück, als der Stadtamtsvorstand Herr von Jagemann eine Vorschrift erließ, die „Jedermann mit zwei Reichstalern Strafe belegte, der den im Hause gesammelten Kot mit Kehricht auf die Straße brachte“. Ein findiger Bäcker buk daraufhin einen fragwürdig aussehenden „Haufen“ aus Marzipan, Nelken, Haselnüssen und Mandeln und stellte ihn als Mannemer Dreck in sein Schaufenster.

Mannemerisch intern

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Friedrichsfeld (1900)

Die lokalpatriotische Devise Mannem vonne kam über die Flügelung der über die Bahnstrecke Frankfurt am Main–Heidelberg kommenden Züge im Bahnhof Mannheim-Friedrichsfeld zustande. Die vorderen Wagen fuhren weiter nach Heidelberg, die hinteren nach Mannheim. Die Fahrgäste in Richtung Mannheim wurden deshalb vom Schaffner mit dem Aufruf „Mannem hinne“ in die hinteren Wagen geschickt. Der Ausruf wurde zum Geflügelten Wort, das immer dann Anwendung fand, wenn Mannheim gegenüber einer anderen Stadt den Kürzeren zog oder sich in irgendeiner Form blamierte, siehe z. B. „Bilderstreit“ der Reiss-Engelhorn-Museen gegen Wikipedia.[10] Die Mannheimer kehrten das geflügelte Wort bei unterschiedlichsten Gelegenheiten um zu Mannem vorne.[11]

Marktfrau: „Isch habb mir gedenkt, dass ...“. Oberstudienrat: „Gnädige Frau, das heißt gedacht!“ Marktfrau: „Isch will Ihne mol ääns sage: Mir sinn immer noch des Volk der Dischda unn Denka unn näd der Dischda unn Dachda.“[12]

Fabrikbesitzer [Heinz] Vögele aus Mannheim kommt mit Ehefrau und Tochter in den Europäischen Hof zu Heidelberg und stellt sich beim Portier vor: „Guten Tag – Vögele, meine Frau, meine Tochter.“ Portier: „Bei Eisch misse schääne Zuständ herrsche!“[12]

  • Kurt Bräutigam: Die Mannheimer Mundart. Diss. Heidelberg, 1934.
  • Kurt Bräutigam: „So werd bei uns geredd“. Eine Mannheimer Wortschatzauslese. Südwestdeutsche Verlagsanstalt, Mannheim 1977, ISBN 3-87804-062-8; 2. erw. und überarb. Aufl. ebenda 1979, ISBN 3-87804-072-5; 3. erw. und überarb. Aufl. ebenda 1989, ISBN 3-87804-194-2.
  • Winnifred F. Davies: Linguistic variation and language attitudes in Mannheim-Neckarau. Steiner, Stuttgart 1995 (= Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Beiheft 91), ISBN 3-515-06834-1.
  • Gertrud Häfner: Lieb iss alles: Uffklärung uff Mannemerisch. Andiamo, Mannheim 2002, ISBN 978-3-936625-01-1.
  • Werner Kallmeyer: Kommunikation in der Stadt, Teile 1–3, de Gruyter, Berlin u. a. 1994–1995 (= Schriften des Instituts für deutsche Sprache, 4, 1–3); Teil 1: Exemplarische Analysen des Sprachverhaltens in Mannheim, 1994, ISBN 3-11-014380-1; Teil 2: Ethnographien von Mannheimer Stadtteilen, 1995, ISBN 3-11-014381-X; Teil 3 (mit Inken Keim): Kommunikative Stilistik einer sozialen Welt „kleiner Leute“ in der Mannheimer Innenstadt, 1995, ISBN 3-11-014382-8.
  • Wilhelm Liepelt: Die Mundart von Mannheim. In: Badische Heimat 14 (1927), S. 248–254.
  • Franz Schmitt: Des is halt Mannemerisch Waldkirch, Mannheim 2005, ISBN 978-3-927455-17-7.
  • Kurt Bräutigam/Walter Sauer (ed.): Mach kä Sprisch!. Edition Tintenfaß, Neckarsteinach. ISBN 978-3-937467-16-0.

Einzelnachweise

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  1. a b Johannes Schwitalla: Kommunikative Stilistik zweier sozialer Welten in Mannheim-Vogelstang. Kommunikation in der Stadt. T. 4., De Gruyter, Berlin 1995, ISBN 978-3-11-014383-6, S. 549ff (Transliteration des Mannheimers Dialekts).
  2. Kurzer Hinweis auf der Website der Universität Mannheim (Memento vom 15. Juli 2010 im Internet Archive)
  3. Mannemerisch auf der Website des Wasserskiclubs Mannheim (Memento vom 15. Januar 2010 im Internet Archive), auf wsc-mannheim.de
  4. Artikel@1@2Vorlage:Toter Link/www.lampertheimer-zeitung.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (cjm): Mit vielen Preisen bedacht in Lampertheimer Zeitung vom 28. November 2009.
  5. Artikel Quadratisch – Praktisch – Alla gut! in Rhein-Neckar-Zeitung vom 30. April 2009.
  6. Website von Mannheim Mannem Monnem
  7. Philipp Haibach: Schwarz, deutsch, stark! In: Die Welt. 5. Juni 2004, abgerufen am 9. Februar 2010.
  8. Frau Zehnbauer nervt der Rummel (Memento vom 27. Dezember 2008 im Internet Archive) In: Mannheimer Morgen. [1] 15. Mai 2008, abgerufen am 9. Februar 2010.
  9. Gringo Mayer im Interview: „Ich hab’ echt gedacht, das ist versteckte Kamera“. 10. Februar 2022, abgerufen am 10. August 2023.
  10. Bilder-Streit engstirnig und kleinkariert, auf schwetzinger-zeitung.de
  11. Bahnhof Weinheim / Bergstrasse, auf rhein-neckar-industriekultur.de
  12. a b Norbert Krämer, Schönau (Odenwald)