Palais Modena

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Palais Modena an der Herrengasse

Das Palais Modena ist ein in den Jahren von 1658 bis 1678 fertiggestelltes Palais im 1. Wiener Gemeindebezirk. Es befindet sich in der Herrengasse 7 und war ursprünglich ein Renaissance Gebäude, das durch bauliche Veränderungen zu einem streng klassizistischen Palais wurde.

Geschichte

16. bis 18. Jahrhundert

Eines der zwei Eingangstore des Palais Modena

Auf dem Grundstück, auf dem heute das Palais Modena steht, befand sich bis ins 17. Jahrhundert ein Adelshaus. Besitzer dieses Gebäudes waren unter anderem: Ritter Hans von Pellendorf, Pilgrim von Puchheim und Georg von Rottal.
1515 heiratete seine Tochter, Barbara von Rottal, die eigentlich eine verheimlichte uneheliche Tochter Kaiser Maximilians I. war [1] Siegmund von Dietrichstein und das Gebäude gelangte in den Besitz dieser Familie. Unter Fürst Ferdinand Joseph von Dietrichstein wurde das Adelshaus und seine Nebengebäude von 1658 bis 1678 zu einem frühbarockem Palais umgebaut. Diesen Umbau leitete der Architekt Dominico Carlone, den Steinmetzauftrag erhielt Meister Pietro Bussi aus Kaisersteinbruch. Die Freskomalereien [2] stammen von Carlo Antonio Bussi, dem Schwiegersohn des am kaiserlichen Hof tätigen Freskomalers Carpoforo Tencalla.[3] 22 Jahre später wurde man auch mit den aufwendig gestalteten Innenräumen fertig.

Palais Modena

Ferdinand Joseph von Dietrichsteins Nachfolger, Fürst Franz Joseph von Dietrichstein kümmerte sich nicht um das Palais in der Herrengasse und somit wurde es 1811 von der aus Mailand vertriebenen Maria Beatrix von Este, letzte Tochter Herzogs von Modena, gekauft – seither heißt das Haus Modeneser Palast. Sie ließ den Palast 1814 nach einem Entwurf Alois Pichls im klassizistischen Stil umbauen, da ihre Tochter, Maria Ludovica, Kaiser Franz I. geheiratet hatte, der Palast musste die hohe Stellung der Familie repräsentieren. Mitbeteiligt an den Umbauten war auch Giacomo Quarenghi, der Architekt der Zarin Russlands. Aus dieser Zeit ist besonders die Sala Terrena bemerkenswert.

1819 wurde es an Erzherzog Franz von Modena weitergegeben, der es fast vollständig vermietete. Bis in die Jahr 1840er lebten im Palais unter anderem Gustav Prinz von Wasa und seine Frau Luise Amelie Stephanie von Baden. Dann wurde es Februar 1842 von Erzherzog Franz an den Staat verkauft.

K.k. Ministerratspräsidium und „Wiener Zeitung“

Datei:Modena 1.JPG
Foyer zur Ministerstiege
Ministerstiege aus Kaiserstein

Zur Jahreswende 1843 / 1844 wurde im Palais die oberste Polizei- und Zensur-Hofstelle angesiedelt. 1868 war im Staatshandbuch das nach dem Ausgleich mit Ungarn von 1867 neu gegründete Landesverteidigungs- und Sicherheitsministerium mit dem Amtssitz Herrengasse 7 verzeichnet; von 1872 an war hier bis 1918 das k.k. Ministerratspräsidium, das Büro des k.k. Ministerpräsidenten, untergebracht, zeitweise auch seine Wohnung. Letzter k.k. Ministerpräsident war bis 11. November 1918 Heinrich Lammasch.

Auch die Chefredaktion der amtlichen Wiener Zeitung war 1869–1894 hier ansässig, im hinteren Trakt fanden sich die Druckerei und das k.k. Telegraphen-Korrespondenzbüro.[4]

Republik

Dr.  Karl Renner, seit 30. Oktober 1918 Staatskanzler des neuen Staates Deutschösterreich, amtierte vorerst im Parlament und bezog nach dem Ende der Monarchie hier bis 1920 seinen Amtssitz (siehe: Staatsregierung Renner I usw.). Von 1918 an waren auch die am 15. März 1919 zusammengelegten Staatsämter des Inneren und für Unterricht, vom 10. November 1920 an Bundesministerium für Inneres und Unterricht, hier angesiedelt.[4]

1923, als Bundeskanzler Ignaz Seipel aus dem Palais ins heutige Bundeskanzleramt übersiedelte, richtete sich das Unterrichts- und das Innenministerium (seinerzeit Teil des Bundeskanzleramts für Angelegenheiten des Sicherheitswesens und der inneren Verwaltung) gänzlich im Palais Modena ein. In den Jahren von 1938 bis 1945 wurde es als Hauptquartier der Reichs-Polizeiverwaltung genutzt. Im Zweiten Weltkrieg wurde 1944 ein Teil des Gebäudes zerstört, 1950 aber wieder aufgebaut. Seither ist es neuerlich Sitz des Innenministeriums. Da man die Nutzfläche vergrößern wollte, wurde das Palais in den Jahren von 1955 bis 1973 aufgestockt und das Dachgeschoß wurde ausgebaut.

Im Zuge der letzten Restaurierung im Jahr 2004 wurde die Kapelle neu errichtet und die ehemalige Sala terrena freigelegt.

Architektur

Das dreistöckige, streng klassizistische Palais besitzt zwei riesige Eingangstore und 18 Fensterachsen. Die zwei Portale werden durch zwei Balkone gekrönt. Die horizontale Gliederung erfolgt durch das Gesims und die Dreiecksgiebel der Belle Etage. Das Vestibül wird durch die Fest- oder Ministerstiege mit dem ersten Stock verbunden. Die Stufen der Feststiege wurden aus Kaiserstein gefertigt.

Das Thema der Malereien und der bildhauerischen Gestaltung stellt die Götterwelt des antiken Griechenlands und Roms dar. Statuen von den Göttern Athene, Diana und Ceres verschönern das Treppenhaus.

Qualitativ hohe Architektur weist der Zentralraum, der als Verbindung der Repräsentationsräume dient, auf. Die sogenannten Lünetten stellen antike Götter in unterschiedlichen Aktionen dar und sind mit kleinen Reliefs verziert. Viel Wert wurde auf den Schmuck der Festsäle und des Goldkabinetts gelegt. Nicht nur diese, sondern auch andere Räume, sind mit Deckenmalerei und Ornamenten verschönert.

Kapelle zum Heiligen Kreuz und zum seligen Jakob Kern

Die erst vor wenigen Jahren wiederhergestellte Kapelle befindet sich am Ende des rechten Hoftraktes.

Ab wann die alte Hauskapelle nicht mehr in Benutzung war, ist unbekannt, der Raum diente letztendlich nurmehr als Abstellkammer. 2001/02 wurde sie mit Spendengeldern restauriert. Geweiht ist sie dem Heiligen Kreuz und dem „Sühnepriester“ Pater Jakob Franz Alexander Kern. Sie wird gelegentlich für Messen verwendet.[4]

Das Altarkreuz stammt von Arnulf Rainer.[4]

Einzelnachweise

  1. Literaturauszug Manfred Puttner
  2. erner Rosenberger: So etwas ist einmalig in Wien. Restaurierung des Innenministeriums fördert Fresken aus dem 17. Jahrhundert zu Tage. Kurier, 10. Januar 2006: … die frühbarocke Säulenhalle war vor ihrer Wiederentdeckung über 200 Jahre lang eingemauert. Die Sphingen, dick-popschigen Barockengel und Ungeheuer, die mittlerweile freigelegt wurden …
  3. Helmuth Furch: Die Bruderschaft der Kaisersteinbrucher Steinmetzmeister, eine Auflistung von 1650 bis 1730, Kaisersteinbruch 2007.
  4. a b c d Fähnrich d.R Jakob Kern, rainerregiment.at

Literatur

  • Georg Clam Martinic: Österreichisches Burgenlexikon. Burgen und Ruinen, Ansitze, Schlösser und Palais. 2. Auflage. Landesverlag, Linz 1992, ISBN 3-85214-559-7.
  • Rupert Feuchtmüller: Die Herrengasse. Zsolnay, Wien u. a. 1982, ISBN 3-552-03422-6, (Wiener Geschichtsbücher 28).
  • Richard Groner: Wien wie es war. Ein Nachschlagewerk für Freunde des alten und neuen Wien. 5. Auflage. Vollständig neu bearbeitet und erweitert von Felix Czeike. Molden, Wien u. a. 1965.
  • Wolfgang Kraus, Peter Müller: Wiener Palais. Blanckenstein, München u. a. 1991, ISBN 3-926678-22-4.
  • Manfred Matzka: Vieler Herren Häuser. 20 Wiener Palais. Brandstätter, Wien 2005, ISBN 978-3-85498-444-3.
  • Nina Nemetschke, Georg Kugler: Lexikon der Wiener Kunst und Kultur. Ueberreuter, Wien u. a. 1990, ISBN 3-8000-3345-3.
  • Richard Perger. Das Palais Modena in der Herrengasse zu Wien. Franz Deuticke, Wien 1997, ISBN 3-7005-4656-4, (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 31).

Koordinaten: 48° 12′ 33″ N, 16° 21′ 57″ O