Polizeipräsidium Alexanderplatz (1890–1945)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Das Polizeipräsidium Alexanderplatz ist der ehemalige Sitz der Berliner Polizeipräsidenten und Teil der Zentralverwaltung der Berliner Polizei am Alexanderplatz.

Unter dieser Bezeichnung sind zwei Gebäude bekannt geworden:

Seit 1990 befindet sich das Gesamtberliner Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke, im Gebäude Alexanderplatz sind weiterhin Teile der Polizeiverwaltung untergebracht.

Polizeipräsidium Alexander-/Dircksenstraße

Alexanderplatz um 1900 (v. l. n. r.: Lehrervereinshaus, Polizeipräsidium, Aschinger). Durch die Umgestaltungen des Platzes sind außer dem Bahnhof und dem Berolinahaus (1932 fertiggestellt) keine Orientierungspunkte erhalten geblieben.

Das Polizeipräsidium Berlin Alexanderplatz ist in der deutschen bzw. preußischen Geschichte auch als Rote Burg bekannt. Bereits 1885 plante die Reichshauptstadt diese Einrichtung als ein „deutsches Scotland Yard“.[1] 1886–1890 wurde der Ursprungsbau unter der Leitung des Berliner Stadtbaurates Hermann Blankenstein errichtet. Dieser Bau war damals neben dem Berliner Stadtschloss das größte Gebäude Berlins. Im Jahr 1900 folgte eine Erweiterung unter der Leitung von Paul Thoemer. 1933 wurde der Komplex Sitz der Berliner Gestapo. Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Gebäude in den Jahren 1944 und 1945 bei den Luftangriffen der Alliierten und der Schlacht um Berlin schwere Schäden und wurde nicht wiederaufgebaut. 1957 wurden die letzten Reste abgetragen, sodass ein Parkplatz entstand. Seit 2007 befindet sich auf dem Areal das Einkaufszentrum Alexa.

Bereits 1896 verfügte das Präsidium über einen Erkennungsdienst, eine Bertillonsche Messkartei, ein Vermissten- und Vergehensregister und ab 1899 über ein eigenes Fotoatelier.[2] Der Polizeipräsident von Berlin war in Preußen mit der praktischen Führung sämtlicher polizeilichen und angegliederten Verwaltungsstrukturen beauftragt. Im Gebäude am Alexanderplatz befanden sich also nicht nur kommunale Polizeistrukturen, sondern auch Spezialabteilungen wie zum Beispiel die preußische Zensurbehörde. Die Aufgabenverteilung der Berliner Polizei war somit der Standard für Preußen und das spätere Deutsche Reich.

Polizeipräsidium Neue Königstraße/Keibelstraße

Das Gebäude wurde 1930/1931 für das Warenhaus-Unternehmen Rudolph Karstadt AG nach einem Entwurf des Karstadt-Hausarchitekten Philipp Schaefer in der Neuen Königstraße errichtet.[3] Da es sich schnell für ein Kaufhaus oder Lagergebäude als zu groß erwies, verkaufte Rudolph Karstadt das repräsentative Haus im Jahr 1934 für 15 Millionen Reichsmark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 79,7 Millionen Euro) an das Reichsfinanzministerium. Dieses richtete hier das Statistische Reichsamt ein, das u. a. die jüdischen Einwohner Berlins statistisch erfasste und zentrale Informationen für die Kriegsführung sammelte.[4]

Der Bau erlitt am Ende des Zweiten Weltkriegs Zerstörungen und wurde ab 1947 wiederhergestellt. Der Sitz des Berliner Polizeipräsidenten befand sich bis zur Spaltung der Berliner Polizei im Jahr 1948 an wechselnden Orten im sowjetischen Sektor der Viersektorenstadt Berlin. Als im Juli 1948 der demokratisch gewählte Magistrat Schroeder den 1945 von der SMAD eingesetzten Polizeipräsidenten Paul Markgraf (KPD, ab 1946 SED) wegen erheblicher Pflichtverletzungen suspendiert hatte, verblieb dieser mit sowjetischer Billigung im Amt und nahm seinen Sitz im bezugsfertigen Karstadt-Gebäude. Der vom Magistrat eingesetzte Polizeipräsident Johannes Stumm verlegte das Präsidium in die Friesenstraße im Amerikanischen Sektor. Mit der Spaltung der Berliner Polizei begann im Sommer 1948 die Spaltung Berlins.

Dienstgebäude der BIM

.

Das ehemalige Kaufhaus an der Neuen Königstraße, ab 1966 Hans-Beimler-Straße, diente bis 1990 als Zentralverwaltung der Volkspolizei in Ost-Berlin. Im Hof entstand 1951 eine Untersuchungshaftanstalt (UHA II). Deren Bau erstreckt sich über acht Etagen und verfügte über 100 Gefängniszellen. Die Verwaltung Groß-Berlin der Staatssicherheit verfügte im Gebäude über einen „ständig besetzten Stützpunkt“, der auch die UHA II nutzte.[5] Nach 1990 fanden in dem Gefängnisbau mindestens zwei Filmaufnahmen statt (für Männerpension und Das Leben der Anderen), weitere Nutzungen gab es bis 2007 nicht. Dann übernahm die Berliner Immobilien Management GmbH (BIM) die gesamte Immobilie und konnte sie für 47 Millionen Euro komplett sanieren.

Gebäude Otto-Braun-Straße Ecke Keibelstraße nach der Fassadensanierung, 2010

In den ehemaligen Karstadt-Bau zog die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft ein. In mehreren Etagen in der Keibelstraße fanden neue Polizeidientstellen Platz, Hauptnutzer ist jedoch die BIM. Das erste Stockwerk wurde in Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt im Jahr 2018 zum Lernort Keibelstraße umgestaltet und am 18. Februar 2019 eröffnet. Schüler der Altersgruppen 15–20 Jahre können die Zellen und die Ausstellung besichtigen und sich mit der Geschichte des Ortes sowie dem Schicksal einiger Gefangener (wie Norbert Bisky, Michael Brack oder Toni Krahl) intensiv beschäftigen.[6]

Einzelnachweise

  1. Jürgen Thorwald: Die Stunde der Detektive. Werden und Welten der Kriminalistik. Droemer Knaur, Zürich und München 1966, S. 31–33.
  2. Jürgen Thorwald (1966), S. 33 f.
  3. Keibelstraße 29–36 im Berliner Adressbuch 1935> Karstadt, R. (A.G.) und Rettungsstelle.
  4. Historisches: Zum Gebäude an der Otto-Braun-Straße/Keibelstraße, abgerufen am 19. Februar 2019.
  5. Anne Kaminsky (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Links, Berlin 2007, ISBN 978-3-86153-443-3, S. 114.
  6. Martin Klesmann: Plan für einen schwierigen Ort. In: Berliner Zeitung, 19. Februar 2019, S. 11 (Printausgabe), Ehemaliges DDR-Gefängnis öffnet als Lernort (Online-Ausgabe).

Koordinaten: 52° 31′ 10,9″ N, 13° 24′ 55,2″ O