Raketeneinschlag in Madschdal Schams 2024

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Ort des Einschlags
IDF-Generalstabschef Herzi Halewi (Mitte), der Kommandeur des IDF-Nordkommandos, Ori Gordin (rechts von Halewi) und Muwaffak Tarif, der geistige Führer der Drusen in Israel (links von Halewi) am Ort des Vorfalls

Der Raketeneinschlag in Madschdal Schams ereignete sich am 27. Juli 2024 auf den von Israel annektierten Golanhöhen. Laut israelischer Darstellung traf eine von der Terrororganisation Hisbollah aus dem Südlibanon abgefeuerte Rakete einen Fußballplatz der Stadt, wobei mindestens 12 Kinder und Jugendliche getötet sowie rund 30 Personen verletzt wurden.

Am 7. Oktober 2023 fand der Terrorangriff der Hamas auf Israel statt, wobei die Hisbollah und verbündete Terrorgruppen seit dem 8. Oktober 2023 aus „Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand“ den Norden Israels nahezu täglich unter Beschuss nehmen, vorwiegend mit Granaten, Drohnen und Raketen. Israel antwortet darauf mit Artilleriebeschuss und Luftangriffen auf Ziele im Südlibanon, von wo aus die Angriffe gestartet werden. Anfliegende Raketen, welche besiedeltes Gebiet treffen könnten, werden vom Luftverteidigungssystem Iron Dome bekämpft. Raketen, deren errechnete Flugbahn den Einschlag in offenes Gelände ergeben, bleiben hingegen unbekämpft. Die Bevölkerung wird durch Sirenenalarm bzw. die Mobile App Tzeva Adom vor anfliegenden Raketen gewarnt und sollte sich beim Ertönen in Luftschutzbunker oder Schutzräume ihrer Häuser (Merhav Mugan) begeben.

Am 27. Juli 2024 gegen 18:30 Uhr Ortszeit wurde in israelischen Medien von einem Raketeneinschlag in der vor allem von der arabischsprachigen religiösen Minderheit der Drusen bewohnten Stadt Madschdal Schams berichtet, während Sanitäter des Rettungsdienstes MDA von mehreren Schwerletzten und später auch von Toten sprachen.[1][2][3] Die Hisbollah gab bekannt, dutzende Raketen auf einen israelischen Militärstützpunkt auf den Golanhöhen, nördlich von Madschdal Schams, abgefeuert zu haben.[4] Nach Angaben der israelischen Streitkräfte (IDF) wurde am Abend eine Salve von etwa 30 Raketen aus dem Libanon auf den Norden Israels abgefeuert, wobei die meisten Raketen von der Luftabwehr abgefangen worden seien. Etwa eine halbe Stunde später seien zehn weitere Raketen auf das Gebiet von Newe Atiw auf den Golanhöhen abgefeuert worden, die allesamt offenes Gelände getroffen hätten. Kurz nach diesem Angriff wurde nach Angaben der IDF aus dem Libanon eine Rakete auf Madschdal Schams abgefeuert, die auf einem Fußballfeld einschlug und zahlreiche Opfer gefordert habe.[5] Eine mutmaßliche Aufnahme des Einschlags der Rakete wurde veröffentlicht.[6] Nach Einschätzung der IDF war die Rakete, die den Fußballplatz traf, „relativ schwer“. Das Militär untersuche, warum es nicht gelang, den Flugkörper abzufangen.[7] Nach Bekanntwerden des Vorfalls bestritt die Hisbollah, Raketen auf Madschdal Schams selbst abgefeuert zu haben.[8] Die Rakete sei israelischen Geheimdienstinformationen zufolge zweifelsfrei von der Hisbollah aus einem Gebiet nördlich von Schebaa im Südosten des Libanon gestartet worden. Geleitet wurde der Angriff nach IDF-Angaben vom Hisbollah-Kommandeur Ali Muhammad Yahya.[9][10] Die Rakete wurde später anhand forensischer Ergebnisse als eine im Iran hergestellte Falaq-1 identifiziert, welche über einen Sprengkopf mit 53 kg Sprengstoff verfüge.[11][12]

Noch in derselben Nacht verkündete der IDF-Sprecher Daniel Hagari, dass zwölf Kinder und Jugendliche getötet worden seien. Zehn seien noch vor Ort für tot erklärt worden, zwei seien in Krankenhäusern ihren Verletzungen erlegen. Elf der Getöteten waren zwischen 10 und 16 Jahren alt. Ihre Namen und Fotos wurden am nächsten Tag veröffentlicht.[13] Insgesamt seien mehr als 30 Menschen in Krankenhäuser eingeliefert worden. Es handle sich um den schlimmsten Angriff auf Zivilisten seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023.[14] 26 Verletzte wurden in das Ziv Medical Centre in Safed, sowie vier weitere in das Baruch Padeh Medical Center bei Tiberias eingeliefert. Zudem seien weitere Verletzte in den Rambam Health Care Campus in Haifa gebracht worden.[15]

Der Vorsitzende der Regionalverwaltung von Mateh Ascher und des Confrontation Line Forum, einer Gruppierung von Vorsitzenden der nördlichen Regionen, kritisierte die israelische Regierung für ihr Ignorieren der Konfrontationen im Norden. Er forderte die Regierung auf, „aus dem Koma aufzuwachen und sofort zu handeln“.[16] Muwaffak Tarif, der geistige Führer der Drusen in Israel, verurteilte den Angriff und sprach von einer seit neun Monaten anhaltenden Realität in den Gemeinden im Norden. Dieser Abend habe jedoch alle möglichen Grenzen überschritten.[17] Ähnliche Kritik kam vom Oppositionsführer Jair Lapid, welcher die Regierung aufforderte, das Im-Stich-Lassen des Nordens zu beenden.[18] Kultur- und Sportminister Miki Zohar teilte mit, dass der Hisbollah ein tödlicher Schlag versetzt werden müsse.[19] Das Bildungsministerium richtete eine Hotline für emotionale Notfälle ein, um Eltern, Schülern und dem Lehrpersonal emotionale und mentale Unterstützung zu bieten. Die Hotline ist mit Experten für Not- und Krisensituationen besetzt und steht sowohl auf Arabisch als auch auf Hebräisch zur Verfügung.[20]

Verteidigungsminister Joaw Galant traf sich umgehend zu einer Besprechung mit dem IDF-Generalstabschef Herzi Halewi, dem Leiter des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Ronen Bar und dem Direktor des Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea.[21] Dabei hätten hochrangige Militär- und Sicherheitsbeamte Galant Optionen für Maßnahmen gegen die Hisbollah vorgelegt. Noch in derselben Nacht wurde bekanntgegeben, dass Galant die Vorgehensweise bestimmt und die Verteidigungseinrichtungen entsprechend angewiesen habe, ohne nähere Einzelheiten zu nennen.[22] Galant meldete sich am 28. Juli per Videobotschaft aus der Basis des IDF-Nordkommandos in Safed und teilte mit, dass sich die Hisbollah trotz ihrer „lächerlichen Dementis“ den Konsequenzen ihres tödlichen Angriffs stellen müsse und einen hohen Preis für ihre Taten zahlen werde.[23]

Außenminister Israel Katz telefonierte mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, welcher sich in den USA befand. Katz teilte mit, dass die Hisbollah alle roten Linien überschritten habe und Israel vor einem totalen Krieg stehe.[24] Netanjahu teilte über sein Büro mit, dass er aufgrund des Vorfalls seinen Rückflug aus Washington vorverlegt habe.[25] Finanzminister Bezalel Smotrich forderte den Tod des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah und dass der Libanon als Ganzes den Preis zahlen müsse. Smotrichs Aufruf zum Handeln wurde auch vom oppositionellen Knesset-Abgeordneten Avigdor Lieberman unterstützt, der die Partei Jisra’el Beitenu anführt.[26] Benny Gantz, bis Juni 2024 Mitglied des Kriegskabinetts, verkündete Unterstützung für jede entschlossene und wirksame Reaktion, die die Sicherheit der Bürger des Nordens wiederherstellt. Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir erklärte, dass sich Israel seit dem 8. Oktober im Norden im Kriegszustand befinde und der Feind besiegt werden müsse. Yitzhak Kreuzer, Sprecher der Partei Otzma Jehudit, forderte die Regierung auf, in den Krieg zu ziehen und die Hisbollah zu zerstören. Ofir Katz von der Likud-Partei und Merav Michaeli von der Avoda-Partei forderten ebenfalls eine schmerzhafte Antwort bzw. einen hohen Preis.[27] Präsident Jitzchak Herzog bezeichnete den tödlichen Angriff als „herzzerreißend“ und sagte, dass der Staat Israel seine Bürger und seine Souveränität entschieden verteidigen werde.[28]

Die libanesische Regierung verurteilte alle Akte der Gewalt und Aggression gegen Zivilisten und forderte nach Monaten grenzüberschreitender Auseinandersetzungen zwischen der Hisbollah und israelischen Streitkräften eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten.[29] Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte den Angriff und forderte eine unabhängige Untersuchung.[30] Der Sonderkoordinator der Vereinten Nationen für den Libanon forderte alle Seiten zu maximaler Zurückhaltung auf.[31] Der US-Außenminister Antony Blinken teilte während einer Pressekonferenz am nächsten Tag mit, dass alles darauf hindeute, dass die Rakete tatsächlich von der Hisbollah stamme und dass die USA zu Israels Recht stehen würden, seine Bürger vor Terroranschlägen zu schützen.[32]

Noch über Nacht flogen in einer ersten Reaktion israelische Kampfflugzeuge Angriffe auf Ziele der Hisbollah in der Nähe von Tyros, in der Bekaa-Ebene, sowie bei Kafr Kila, Rab El Thalathine, Chiyam und Tayr Harfa.[33]

Einzelnachweise

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  1. Multiple casualties reported after rocket impact in Golan’s Majdal Shams
  2. Medics say at least 11 hurt, including 5 critically, in attack on Druze town in Golan
  3. Medics say 9 in critical condition after Hezbollah attack, victims between ages 10-20
  4. Hezbollah claims rocket attack on Golan that wounded civilians, including kids
  5. IDF says north targeted by over 40 rockets from Lebanon this evening
  6. Video appears to show Hezbollah rocket striking Majdal Shams soccer field
  7. At least 6 killed, over 30 wounded in Hezbollah attack; IDF probing why rocket not downed
  8. As death toll climbs, Hezbollah now claiming it didn’t carry out rocket attack
  9. IDF says ‘reliable intel information’ shows Hezbollah carried out rocket attack
  10. IDF’s Arabic spokesman names Hezbollah commander responsible for Majdal Shams attack
  11. IDF spokesman: Majdal Shams death toll risen to 12, Hezbollah used Iranian-made rocket
  12. IDF chief: Military increasing readiness for ‘next stage of the fighting in north’
  13. Children killed in Hezbollah rocket attack on Majdal Shams soccer field are named
  14. Raising toll to 11, IDF says Majdal Shams attack the most serious on civilians since Oct. 7
  15. Medical officials say over 30 people hospitalized after Majdal Shams rocket strike
  16. Northern council head tears into PM and cabinet members after Majdal Shams rocket attack
  17. Druze spiritual leader in Israel says deadly rocket attack ‘crossed all possible lines’
  18. Lapid calls to ‘put an end to abandonment of the north,’ rips PM for not being in Israel
  19. Likud minister: Israel ‘must stop procrastinating and deal a fatal blow to Hezbollah’
  20. Education Ministry opens emotional distress hotline after Majdal Shams attack
  21. Gallant huddles with IDF chief after deadly Hezbollah strike on Majdal Shams
  22. Meeting top brass, Gallant decides on ‘courses of action’ against Hezbollah
  23. Gallant: Hezbollah will face the consequences of deadly attack on Majdal Shams
  24. FM Katz says ‘no doubt Hezbollah crossed all red lines,’ Israel facing ‘all-out war’
  25. Netanyahu’s return flight moved up several hours after deadly Hezbollah rocket attack
  26. Smotrich calls for Hezbollah chief to ‘pay with his head’ for Majdal Shams attack
  27. MKs from across political spectrum urge tough response to Majdal Shams rocket attack
  28. Herzog: World ‘cannot sit in silence’ when Hezbollah kills children playing soccer
  29. Lebanese government condemns ‘all acts of violence and aggression against civilians’
  30. EU foreign policy chief calls for independent probe into ‘shocking’ Majdal Shams strike
  31. UN officials call for ‘maximum restraint’ on all sides after Hezbollah strike kills 12
  32. Blinken says ‘every indication’ rocket was fired by Hezbollah, stands by Israel’s right to defend its citizens
  33. IDF says fighter jets struck Hezbollah targets across Lebanon overnight