Andrei Andrejewitsch Wlassow

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Andrei Andrejewitsch Wlassow (russisch Андрей Андреевич Власов; wiss. Transliteration Andrej Andreevič Vlasov (* 1. September 1901 in Lomakino bei Nischni Nowgorod; † 2. August 1946 in Moskau) war ein russischer General. In deutscher Gefangenschaft wechselte er die Seiten und baute die Russische Befreiungsarmee (ROA) auf, die mit der Wehrmacht gegen die Sowjetunion kämpfte.

Leben

Datei:Andrei A Wlassow.jpg
Andrei Andrejewitsch Wlassow

Wlassow kämpfte im 2. Weltkrieg zunächst auf sowjetischer Seite gegen die Deutschen. Er führte im Juli 1941 mit dem 4. mechanisierten Korps bei Berditschew einen Gegenangriff, befehligte im September 1941 vor Kiew die 37. Armee und eroberte bei der Winteroffensive der Sowjets im Januar 1942 nahe Moskau die Stadt Solnetschnogorsk zurück. Dafür wurde er von dem sowjetischen Dichter Ilja Ehrenburg literarisch verewigt. Im März 1942 wurde er zum Oberbefehlshaber der 2. Stoßarmee ernannt und kämpfte unter Marschall der Sowjetunion Mereckow an der Wolchow-Front um die Befreiung Leningrads. Die 2. Stoßarmee wurde eingekesselt und von den Deutschen aufgerieben. Ob General Wlassow daran eine Mitschuld trifft, ist umstritten. Wlassow versteckte sich fast zwei Wochen erfolgreich, wurde dann aber entdeckt und am 12. Juli 1942 gefangen genommen.

In deutscher Gefangenschaft initiierte er eine Widerstandsbewegung gegen Stalin. Er verbündete sich mit der Wehrmacht und baute mit ihrer Hilfe die Russische Befreiungsarmee auf. Er hoffte die Rote Armee besiegen und Stalin stürzen zu können. Am 10. Februar 1945 übernahm er in Münsingen auf der Schwäbische Alb den Oberbefehl über die neue Armee.

In den ersten Maitagen 1945 brach er das Bündnis mit Deutschland, indem er es zuließ, dass sich seine 1. Division unter General Bunjatschenko vorübergehend den Aufständischen in Prag anschloß. Er selbst stand diesem Unternehmen offenbar distanziert gegenüber. Nach der Befreiung Prags von der deutschen Besatzung ergab er sich den amerikanischen Truppen. Den herangerückten Sowjets gelang es, Wlassow am 12. Mai 1945 während einer Autofahrt festzunehmen. Ob die Amerikaner der Festnahme Vorschub geleistet haben, um ihn auf diese Weise an die Sowjets auszuliefern, ist umstritten.

Sein Prozess, der unter Ausschluß der Öffentlichkeit geführt wurde, begann am 30. Juli 1946 und endete schon zwei Tage später mit dem Todesurteil. Am 2. August 1946 wurde Wlassow im Moskauer Taganka-Gefängnis gehängt.

Seine politischen Ziele veröffentlichte Wlassow im sogenannten Prager Manifest vom 14. November 1944. Er wollte einen Sturz des Bolschewismus, aber keine Rückkehr zum Zarentum. Er proklamierte den Schutz der einzelnen vor Willkür und die Möglichkeit der Aneignung der Früchte eigener Arbeit, ferner die bürgerlichen Freiheits-Grundrechte und den Schutz des durch eigene Arbeit erworbenen Privateigentums. Das Ansinnen Himmlers, auch den "Kampf gegen das Judentum" als Ziel in das Manifest aufzunehmen, wies Wlassow zurück.

Die Sowjets betrachteten ihn als Verräter, doch heute wird seine historische Rolle gerade in Russland positiver gesehen. Er war der Exponent einer in Russland weitverbreiteten, aber wegen des blutigen Terrors nicht organisierten Gegnerschaft zu Stalin, der keine andere Möglichkeit hatte, als mit den Gegnern Stalins zu kooperieren.

Literatur

  • Sven Steenberg: Wlassow, Verräter oder Patriot? Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1969
  • Catherine Andreyev: Vlasov and the Russian liberation movement: Soviet reality and émigré theories. Cambridge University Press, Cambridge [u.a.] 1988, ISBN 0-521-30545-4
  • Aleksandr Lapsin: Rokovaja schvatka: Vlasov, Stalin, Allilueva, Gitler, Berija i drugie – neizvestnoe. Kron-Press, Moskva 1997, ISBN 5-232-00496-4
  • Julij A. Kvicinskij: General Vlasov: put' predatel'stva. Sovremennik, Moskva 1999, ISBN 5-270-01284-7
  • Vladimir Batsev: Vlasov. Mosty, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-9808038-8-0
  • Joachim Hoffmann: Die Geschichte der Wlassow-Armee 2.Aufl. 1986
  • Wilfried Strik-Strikfeldt: Gegen Stalin und Hitler, General Wlassow und die russische Freiheitsbewegung 2. Aufl. 1970