St. Pantaleon (Köln)

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Köln, St. Pantaleon

St. Pantaleon ist ein frühromanischer Kirchenbau in Köln im Bereich der südlichen Altstadt. Sie ist eine der zwölf großen romanischen Basiliken in der Altstadt Kölns, deren Erhalt vom Förderverein Romanische Kirchen Köln unterstützt wird. Die Kirche ist dem heiligen Pantaleon (lateinische Namensform), sowie Cosmas und Damian geweiht. Der griechische Originalname des spätantiken Märtyrers St. Pantaleon lautet Panteeleimon und bedeutet Allerbarmer. Vielleicht war seit dem 9. Jahrhundert ein Hospital mit dieser Kirche assoziiert.

Geschichte

Antike

Die mittelalterliche Kirche entstand etwa 200 Meter außerhalb des antiken Kölns innerhalb einer Vorstadtsiedlung. Die Bebauung an dieser Stelle reicht bis in das 1. Jahrhundert n. Chr. zurück. 2005 wurde hypothetisch, wie schon in den 1930er und 1950er Jahren eine frühchristliche Nutzung seit dem 3. Jahrhundert erwogen, die jedoch unbewiesen bleibt. Reste der römischen Bebauung, die genauso wie alle Nachfolgebauten um 31 Grad von der Ostung abweicht, sind unter dem Chor und außerhalb von St. Pantaleon gefunden worden. Es handelt sich um Bestandteile mehrerer römischer Gebäude im suburbium der Stadt. Unter der Kirche fanden sich unter anderem die Reste einer römischen Villa mit verschiedenen Raumfluchten, die aufwändig mit Malerei und Marmorinkrustationen dekoriert waren.

Mittelalter

Abtei um 1625
gotischer Lettner in der Kirche St. Pantaleon

In dem antiken Bau soll nach S. Schütte[1] noch in der Spätantike nach 350 über dem Saal der antiken Bebauung eine 34 Meter lange Saalkirche mit Rechteckchor errichtet worden sein. Um sie herum habe es zahlreiche Bestattungen gegeben. Durch Beigaben und Bestattungsform, sowie durch die Schichtenabfolge sind aber die Gräber in das 6./7. Jh. datiert. Auch noch in der späten Merowingerzeit wurden teils reich ausgestattete Gräber in trapezförmigen Kalksteinsarkophagen an dieser Stelle eingebracht, diese dann innerhalb einer Architektur. 866 wird die Kirche erstmals schriftlich erwähnt in der sog. Guntharschen Güterumschreibung. Erzbischof Brun von Köln, der Bruder Kaiser Ottos des Großen, gründete hier 955 ein Benediktinerkloster. Im archäologischen Befund sind dies zwei karolingische und ottonische Bauphasen, deren reiche Bauausstattung teilweise bekannt ist. Annexbauten und eine Kryptenanlage wurden errichtet. Für das 10. Jahrhundert sind Fragmente von Monumentalskulptur überliefert. Fragmente eines Engels und eines Drachens sollen nach den Ausführungen von D. Hochkirchen[2] bereits karolingisch sein. Grundmauern eines westlich der Kirche gefundenen Zentralbaus mit acht alternierenden Seiten gehören vielleicht zu einer Memoria oder einem Baptisterium. Die Hypothese, es handele sich um das Mausoleum Erzbischof Brunos, ist durch das Fundmaterial hinfällig.

Unter der Kaiserin Theophanu wird das Westwerk umgebaut und nach 980 mit dem monumentalen Skulpturenzyklus an der Westfassade außen versehen. Unter einer von drei Engeln flankierten Majestas Domini standen monumentale Heiligenfiguren der Titularheiligen Cosmas und Damian und Pantaleons, sowie darunter weitere Heilige (Albanus/Quirinus und Maurinus - Zuschreibung unsicher). Der heutige Westbau ist eine Konstruktion des 10. Jahrhunderts mit rekonstruierter Vorhalle des 19. Jahrhunderts.

Pantaleon stammte aus Konstantinopel. St. Pantaleon in Köln ist die älteste Pantaleonskirche westlich von Byzanz. Erste Reliquien wurden entweder über Aachen in der Karolingerzeit oder bereits früher übertragen. Diese Beziehung zum oströmischen Reich drückt sich auch noch in einer weiteren Tatsache aus: Kaiserin Theophanu, die Gemahlin Kaisers Otto II., liegt gemäß ihrem Wunsch in der Kirche begraben. Theophanu war die Nichte des oströmischen Kaisers Johannes I. Tzimiskes - mit ihrer Vermählung mit dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurde nach Jahrhunderten des Streites eine friedvolle Koexistenz der beiden mittelalterlichen Römischen Reiche begründet. Auch der Bruder Ottos I., der Klostergründer Bruno, Erzbischof von Köln liegt gemäß seinem Wunsch in der Krypta der Kirche begraben.

Otto I. bedachte die von ihm gegründete Klosteranlage mit vielen Schenkungen. Neben herrschaftlichem Glanz brachte Theophanu auch den Nikolauskult aus Konstantinopel mit. Sie ließ das dominante Westwerk umbauen. Um 1160 wurde die einschiffige karolingische und ottonische Saalkirche dann unter dem Abt Wolbero zu einer dreischiffigen Basilika erweitert. Im Verlauf der hochmittelalterlichen Stadterweiterungen und Ummauerung Kölns wurde St. Pantaleon dann in des Stadtgebiet einbezogen.

In der Zeit Anno II. wurde die Abtei zwangsweise im Sinne der Siegburger Reform umgestaltet. Dies führte in Köln zu gewalttätigen Unruhen.

Während des Spätmittelalters wurden andere Klöster in und um Köln erheblich mehr mit Stiftungen bedacht. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde der spätgotische Lettner errichtet, welcher heute die Orgel trägt.

Ansicht vom Wasserturm aus
Innenaufnahme

Neuzeit

Ab 1618 wurde die Kirche in mehreren Bauabschnitten barockisiert. Davon ist heute noch der Orgelprospekt von 1652 und die Chorausstattung nebst Kanzel von 1747 erhalten. Zur gleichen Zeit entstand eine reiche Ausmalung des Netzgewölbes und des Chores, die Szenen aus dem Leben Marien, des hl. Benedikt und der hl. Scholastika zeigte. Diese wurde nach den Zerstörungen des zweiten Weltkrieges nicht wieder hergestellt. Möglicherweise befinden sich unter dem weißen Anstrich im Chor noch Fragmente dieser Ausmalung. Baufälligkeit führte 1757 zum Einsturz eines der beiden Seitentürme und danach zur Erneuerung des Mittelturms und der beiden Seitentürme in verminderter Größe mit barocken Turmabschlüssen.

Die französische Besetzung Kölns 1794 brachte die Auflösung des Klosters mit sich. Die Kirche wurde zunächst Pferdestall, in der Preußenzeit nach 1815 dann evangelische Garnisonskirche. Auf dem Mittelturm wurde ein optischer Telegraph installiert, der die schnelle Übermittlung von Nachrichten von und nach Berlin ermöglichen sollte.

Zeitgenössische Darstellung der Station St. Pantaleon, Köln

Nachdem diese Einrichtung durch die Entwicklung der elektrischen Telegraphie nicht mehr benötigt wurde, wurde das Westwerk 1890-92 romanisch restauriert. Finanziert wurde die Restaurierung durch das preußische Kriegsministerium, da St. Pantaleon als Garnisonskirche Eigentum der Armee war.[3]

Die Klais-Orgel in St. Pantaleon

Nach der Entmilitarisierung des Rheinlands tauschte die evangelische Gemeinde 1922 St. Pantaleon gegen die wenige hundert Meter entfernte Kartäuserkirche mit ihren Klostergebäuden beim preußischen Staat ein. St. Pantaleon wurde danach katholische Pfarrkirche.

Im zweiten Weltkrieg wurden das Dach, Teile der Außenmauern und ein Großteil der Inneneinrichtung zerstört. Wertvollere Teile, wie zum Beispiel die Schreine, der Hochaltar und der Lettner wurden vorher geschützt oder ausgelagert. Der Wiederaufbau versuchte weitgehend die romanische Architektur wiederherzustellen. Gleichzeitig fanden zwischen 1955 und 1962 Ausgrabungen statt. Das gewölbte Kirchenschiff wurde wieder durch eine Flachdecke ersetzt. In dem barocken Orgelgehäuse befindet sich seit 1963 eine neue Orgel der Firma Klais.

In der linken Seitenapsis wurde eine von Prof. Elmar Hillebrand und Clemens Hillebrand gestaltete Heiligenkapelle für den Hl. Josefmaria, Gründer des Opus Dei, eingerichtet, die am 10. August 2006 vom Kölner Erzbischof Kardinal Meisner eingeweiht wurde.[4]

Im Kranz der zwölf großen romanischen Kirchen Kölns ist St. Pantaleon nicht nur die älteste, sondern auch diejenige mit der reichsten Innenausstattung aus Vorkriegszeiten.

Die Glockenstube (v.l.: Michael, Bruno, Maria, Pantaleon)

Glocken

„Neben dem Domgeläut darf das vierstimige Geläut als das schönste der Stadt Köln bezeichnet werden“, so Jakob Schaeben. Bruchstücke der im 2. Weltkrieg zerstörten Glocke von 1572 sind auf der Empore zu sehen. Die Glocken hängen im Mittelturm:

Nr. Name Gussjahr Gießer,
Gussort
Durchmesser
(mm)
Gewicht
(kg)
Nominal
(16tel)
Inschrift
1 Pantaleonsglocke 1956 Hans Hüesker, Gescher 1700 3000 b0 +5 + O Hl. Pantaleon in Trübsal, Angst und Leid sei uns als Helfer und Patron als guter Arzt bereit
2 Michaelsglocke 1956 Hans Hüesker, Gescher 1480 2000 c1 +5 + Sancte Michael archangele defende nos in praelio: ut non pereamus in tremendo judicio
3 Brunoglocke 1957 Hans Hüesker, Gescher 1420 1800 des1 +6 + St. Bruno sieh die große Not die unser Vaterland bedroht + Geteiltes Deutschland bald verein lass ganz Europa Schutzwall sein
4 Marienglocke 1957 Hans Hüesker, Gescher 1080 750 f1 +5 + Maria alle Tage sind und sage Lob der Himmelskönigin + Jungfrau, Mutter Jesu mein, lass mich ganz dein Eigen sein
Der Theophanu-Sarkophag in St. Pantaleon

Gedenken an Theophanu

Kaiserin Theophanu starb bereits mit 36 Jahren am 15. Juni 991 auf einem Reichstag in Nimwegen und wurde nach ihrem Wunsch in St. Pantaleon bestattet. Acht Jahrhunderte lang wurde am 15. Juni eines jeden Jahres eine Gedenkmesse zu Ehren Theophanus gefeiert, bis Napoleon 1803 die Abtei aufhob. Die Pfarrgemeinde nahm die Tradition 1991 zum tausendsten Todestag mit einer europäisch angelegten Feier wieder auf. Theophanu ist bestattet in einem Sarkophag aus weißem griechischem Marmor, den der Bildhauer Sepp Hürten 1965 schuf und der heute im Westwerk der Kirche steht.

Literatur

  • Anne Behrend-Krebs: Die ottonischen und romanischen Wandmalereien in St. Gereon, St. Maria im Kapitol und St. Pantaleon in Köln. (Diss.), Münster 1994, ISBN 3929207168
  • Karl Heinz Bergmann: St. Pantaleon in Köln. (Rheinische Kunststätten 146) Neusser Druckerei und Verlag, Neuss 1986, ISBN 3880945187
  • Helmut Fußbroich: Die Ausgrabungen in St. Pantaleon zu Köln. Von Zabern, Mainz 1983, ISBN 3805306016
  • Hans J. Kracht: Geschichte der Benediktinerabtei St. Pantaleon in Köln 965-1250. Franz Schmitt, Siegburg 1975, ISBN 3877100678
  • Fried Mühlberg, St. Pantaleon und sein Ort in der karolingischen und ottonischen Baukunst. Köln 1989. Stadtspuren - Denkmäler in Köln Bd. 17, ISBN 3805306016
  • Stefan Samerski: Die Kölner Pantaleonsverehrung : Kontext - Funktion - Entwicklung. In der Reihe Forschungen zur Volkskunde. Norderstedt 2005, ISBN 3-8334-3041-9, auch online verfügbar (pdf)
  • Peter von Steinitz: Pantaleon der Arzt. (Roman) Freundeskreis St. Pantaleon, Köln 2005, ISBN 3-9805197-3-2
  • Förderverein Romanischer Kirchen Köln e.V. (Hrsg.): Neue Forschungen zur Geschichte, Baugeschichte und Ausstattung von St. Pantaleon in Köln Beiträge des Kolloquiums 2006(= Colonia Romanica XXI, Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V.). Greven Verlag, Köln 2006, dort u.a. Marianne Gechter, St. Pantaleon in den frühen Schriftquellen; Sven Schütte, Geschichte und Baugeschichte der Kirche St. Pantaleon; Dorothea Hochkirchen Die Chorschranke von St. Pantaleon. Zahlreiche weitere Beiträge; derzeit neueste Publikation ISBN 9783774303645

Weblinks

Commons: St. Pantaleon (Köln) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Sven Schütte: Geschichte und Baugeschichte der Kirche St. Pantaleon. In: Förderverein Romanischer Kirchen Köln e.V. (Hrsg.): Neue Forschungen zur Geschichte, Baugeschichte und Ausstattung von St. Pantaleon in Köln. Beiträge des Kolloquiums 2006 (= Colonia Romanica XXI, Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V.). Greven Verlag, Köln 2006, S. 81-136, ISBN 9783774303645
  2. Dorothea Hochkirchen: Zwei Skulpturenfragmente der karolingischen Kirche St. Pantaleon. In: Förderverein Romanischer Kirchen Köln e.V. (Hrsg.): Neue Forschungen zur Geschichte, Baugeschichte und Ausstattung von St. Pantaleon in Köln. Beiträge des Kolloquiums 2006 (= Colonia Romanica XXI, Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V.). Greven Verlag, Köln 2006, S. 149-158, ISBN 9783774303645
  3. Klaus Wolf: Imperiale Erinnerung und partieller Verfall Die Abtei St. Pantaleon, ihre Bauten und Ihre Ausstattung im Bewußtsein der Öffentlichkeit während Aufklärung und Säkularistion.In: Förderverein Romanischer Kirchen Köln e.V. (Hrsg.): Neue Forschungen zur Geschichte, Baugeschichte und Ausstattung von St. Pantaleon in Köln Beiträge des Kolloquiums 2006 (= Colonia Romanica XXI, Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V.). Greven Verlag, Köln 2006, S. 149-158, ISBN 9783774303645
  4. Kath.net: Kardinal Meisner: 'Der hl. Josefmaria vermittelte Geschmack an Gott', 12. August 2006


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