Tagebau Garzweiler

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Basisdaten
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Ausdehnung: 4800 ha
Geographische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Kohleinhalt: 1300 Mio. t
Jährliche Abraummenge: 175-225 Mio. t
Jährliche Kohleförderung: 35-45 Mio. t
Kohle-Abraum-Verhältnis: 1 : 5
Genehmigte Betriebsdauer: bis 2045
Umgesiedelte Menschen: bisher ca. 7600
Restloch: Auffüllung zum Restsee

(siehe auch Blausteinsee)

Der Braunkohletagebau Garzweiler ist ein Tagebau der RWE Power AG im Rheinland (Nordrhein-Westfalen) und wurde nach dem Dorf Garzweiler in der Gemeinde Jüchen (Rhein-Kreis Neuss) benannt. Das Dorf Garzweiler wurde vom Braunkohletagebau abgebaggert und ist heute - insbesondere im Umfeld der Umweltbewegung - ein Synonym für den Abbau von Braunkohle im Tagebau.

Der Tagebau

Der Tagebau Garzweiler

Der Abbau durch das RWE-Tochterunternehmen RWE Power AG (ehemals Rheinbraun) erfolgte bisher im ersten von zwei geplanten Abschnitten Garzweiler I und II. Garzweiler I betrifft das Gebiet östlich der Autobahn A 44, das Abbaugebiet Garzweiler II betrifft das westlich der A 44 gelegene Gebiet und ist mit 48 km² deutlich größer. Am 31. März 1995 genehmigte die Landesregierung NRW den Braunkohleplan Garzweiler II. Am 18. Juni 2006 griffen die Bagger auf das neue Gebiet über. Betroffen sind erstmals mit 40 km² Gebietsflächen der Stadt Erkelenz (Kreis Heinsberg). Etwa ein Drittel der Stadtfläche wird beansprucht. 6,5 km² liegen auf dem Gebiet der Gemeinde Jüchen und etwa 1,5 km² auf Gebiet der Stadt Mönchengladbach, letztere wird somit auch erstmals vom Tagebau beansprucht.

Der geplante Abbauzeitraum reicht von 2006 bis 2045.

Garzweiler II besitzt ein Braunkohlevorkommen von 1,3 Milliarden Tonnen.

Der Braunkohletagebau Garzweiler erfordert die Umsiedlung ganzer Ortschaften. Zwölf Dörfer und 7600 Bürger sind vom geplanten Garzweiler II betroffen.

Die Sümpfungsmaßnahmen, die erforderlich sind um das Grundwasser abzupumpen, reichen weit über den Tagebau hinaus. So sind auch die Bruchwälder im Naturpark Maas-Schwalm-Nette durch das Absinken des Grundwasserspiegels bedroht.

Zur Zeit sind allerdings die juristischen Auseinandersetzungen noch nicht abgeschlossen.

Ursprüngliche Planung

geplantes Abbaugebiet Garzweiler II

Aufgrund von Widerstand der Bevölkerung wurde der geplante Tagebau Garzweiler II verkleinert: Ursprünglich war ein Flächenbedarf von 6800 ha vorgesehen, nunmehr werden 4800 ha beansprucht. Die Dörfer Wanlo, Venrath, Kaulhausen, Wockerath und Kückhoven werden somit nicht mehr abgebaggert.

Verkehr

Schaufelradbagger 288 im Tagebau Garzweiler

Zwei Autobahnen liegen im geplanten Tagebaugebiet und werden ebenfalls abgebaggert; die Autobahn A44 und die Autobahn A61. Die A61 wurde deshalb verbreitert, da zunächst die A44 dem Abbau weichen muss. Diese wurde im Oktober 2005 für den Verkehr gesperrt und ist inzwischen (Mai 2006) zum großen Teil abgebrochen. Nach dem Jahr 2017 erfolgt ein Neubau der A44, die dann den Verkehr der A61 aufnehmen wird.

Transport der Kohle

Die in Garzweiler abgebaute Braunkohle wird überwiegend in den Kraftwerken der Region verfeuert, der Transport von Garzweiler nach Frimmersdorf und Neurath erfolgt über die auch als Nord-Süd-Bahn bekannte Eisenbahnstrecke der RWE Power AG.

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Umsiedlung von Ortschaften

Abriss und Einebnung Otzenraths
Spenrath, menschenleere Dörfer im Umsiedlungsgebiet
Protestschild am Ortseingang von Holzweiler

Bereits umgesiedelte Ortschaften

Ortschaften, die sich in Umsiedlung befinden

Noch umzusiedelnde Ortschaften

Siehe auch: Liste abgebaggerter Ortschaften.

Soziale Problematik der "Umsiedlung"

Da die alten Orte blockweise eingeebnet werden, müssen rechtzeitig neue Baugebiete geplant, erschlossen und völlig neue Ortsteile geschaffen werden. Betroffene Hausbesitzer werden so wider Willen zu Häuslebauern und Mieter stehen vor dem Problem vergleichbar preiswerten Wohnraum zu finden. Für die Kommunen ergeben sich aber auch Chancen größere Siedlungseinheiten zu schaffen und die Infrastruktur zu modernisieren. Die Dorfgemeinschaft soll durch eine möglichst geschlossene Umsiedlung erhalten bleiben. Versuche, architektonischen "Wildwuchs" in den Neubaugebieten zu verhindern oder das alte rheinische Ortsbild nachzuahmen, werden von Betroffenen oftmals als Bevormundung empfunden. Moderne Eigenheime werden auch als Fortschritt gegenüber engen verwinkelten Altbauten gesehen, doch wird gleichzeitig die völlige Zerstörung (Devastierung) der alten Orte, an denen prägende Erinnerungen und Geschichte hängen, als Verlust der Heimat empfunden. Ein Weiterleben der Dorfgemeinschaft am neuen Ort kann hauptsächlich aus hinübergeretteten sozialen Bindungen entstehen. So kommt den Vereinen und der Festkultur eine zentrale Bedeutung zu, wenn eine Umsiedlung von den Betroffenen als "erfolgreich" empfunden wird.

Einen weiteren starken Einfluss haben die bereits frühzeitigen Nichtgenehmigungen von neuen Bauanträgen beziehungsweise die eingestellten Erschließungen zu Bauland in den evtl. vom Abbau betroffenen Ortschaften, sodass die Weiterentwicklung der betroffenen Orte verhindert wird und die Übernahme der Orte für die Braunkohleunternehmen günstiger wird. Dadurch siedeln sich weniger bzw. keine neuen größeren Unternehmen und zugleich Arbeitgeber an, bereits existierende vor Ort können sich nicht erweitern und müssten bis zur offiziellen Umsiedelung ausharren, oder auf eigene Kosten ihre Betriebsstätte verlagern. Durch diesen Prozess wird (als Nebeneffekt) eine Verödung der Orte erreicht, sodass vor allem die jüngere Bevölkerung bereits vorher umsiedelt, näher zu den Arbeitgebern und Orten mit einem höheren Freizeitwert.[1]

Restloch

Nach Abbau der Braunkohle soll das verbleibende Restloch im westlichen Teil des Tagebaues zu einem See umgestaltet werden. Dieser stellt für die Tagebauindustrie eine sehr billige Möglichkeit zur pflichtgemäßen Rekultivierung dar, da das Volumen der geförderten Rohstoffe fehlt, der Abraum nicht in großem Ausmaß neu bewegt werden muss und die Wirtschaftlichkeit des staatlich mit „Erhaltungssubventionen“ geförderten Bergbaus weiter gesenkt werden würde. Ab 2045 sollen circa 40 Jahre lang rund 60 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich aus dem Rhein in das Loch geleitet werden. Dieser See wird 185 m tief sein, eine Fläche von 23 km² besitzen und eine Füllmenge von 2 Milliarden m³ Wasser aufweisen. Der See wird fast so groß sein wie das Steinhuder Meer in Niedersachsen. Damit dieser geplante See nicht versauert, wird schon heute dem Abraum Kalk zugesetzt.

Immer wieder im Gespräch [2] ist ebenfalls der geplante Bau eines Großflughafens im Bereich des (ca. 2035 wieder verfüllten) Abbaugebietes.

Siehe auch

Literatur

  • A. Beil, S. Noethlichs, D. Olles: Garzweiler II - Eine Region im Protest. In: Heimatkalender des kreises Heinsberg 2000. S. 199-221.
  • Horst Ulrich: Städtebauliche Dokumentation Umsiedlung Garzweiler, Priesterath, Stolzenberg, Jüchen, südliche Jülicher Straße. Jüchen 1997. ISBN 3-9804847-0-X
  • Rolf Sevenich: Garzweiler II. Kersting, Aachen 1996. ISBN 3-928047-12-4
  • Adelheid Schrutka-Rechtenstamm (Hg): Was bleibt, ist die Erinnerung. Volkskundliche Untersuchungen zu Dorfumsiedlungen im Braunkohlenrevier. Erkelenz 1994.
  • Eusebius Wirdeier, Johannes Nitschmann: Garzweiler oder wie die Braunkohlen-Connection eine ganze Region verheizt. Vorwort von Bärbel Höhn. Emons, Köln 1995. ISBN 3-924491-68-2
  • Hambachgruppe (Hrsg.): Verheizte Heimat - Der Braunkohletagebau und seine Folgen. Aachen 1985. ISBN 3-924007-14-4
Commons: Garzweiler – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen und Fußnoten

  1. Siehe auch Demografien und Statistiken der betroffenen Orte.
  2. http://www.wams.de/data/2003/08/17/154381.html