Thilo Götze Regenbogen

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Thilo Götze Regenbogen (* 24. März 1949 in Lehnin als Thilo Götze; † 30. April 2015)[1] war ein deutscher Künstler, Kunsthistoriker, Kulturwissenschaftler und Autor.[2]

Thilo Götze Regenbogen verbrachte seine früheste Zeit in der Mark Brandenburg und in Naunhof bei Leipzig, bevor seine Mutter 1957 die DDR mit den Kindern über die Berliner Luftbrücke verließ.[3][4] Er besuchte Volksschule und Gymnasium in Bad Dürkheim und studierte in Kaiserslautern das Fach Gebrauchsgrafik. Dort war er maßgeblich beteiligt an der Umwandlung der Grafik-Abteilung der Meisterschule für Handwerker in eine Werkkunstschule. Er engagierte sich als AStA-Vorsitzender und organisierte die Kaiserslauterer Demonstration gegen die Notstandsgesetze. Als Schüler von Helmut Göring (1917–2013) und Gründungsmitglied der Künstlergruppe "Phönix Omnibus" setzte er sich für die ars phantastica ein.[5] Danach absolvierte er Studien der Kunstpädagogik und Medienerziehung sowie der Kunstgeschichte an der Universität Mainz und der Universität Frankfurt, die er 1976 und 1977 abschloss.

Seit 1965 war Thilo Götze Regenbogen als Künstler aktiv, seit 1969 auch als Publizist.[6] „Als 20-Jähriger bekannte sich Thilo Götze Regenbogen zum Buddhismus. 1970 wurde er bei einem Autounfall schwer verletzt. Noch im Krankenhaus beschloss er, nicht Grafiker zu werden, sondern Kunstlehrer.“[7] Von 1978 bis 2002 arbeitete er als Lehrer für Bildende Kunst und Visuelle Kommunikation an der Main-Taunus-Schule in Hofheim am Taunus.

Thilo Götze Regenbogen kooperierte mit Persönlichkeiten der Kunst- und Literaturszene wie mit Hadayatullah Hübsch, der schrieb: „Ein Künstler eigener Art ist Thilo Götze Regenbogen, der mich verschiedentlich zu Aktionen einlud.“[8] Auch mit Rolf Schwendter war Götze Regenbogen verbunden, zu dessen Festschrift er den Artikel Manche regieren die Welt, andere sind die Welt beitrug.[9] Eine lange Freundschaft und Zusammenarbeit verband Thilo Götze Regenbogen mit dem Fluxus-Künstler U We Claus.[10] Darüber hinaus bestand eine Verbindung zu Klaus Sobolewski, an dessen Gedenkschrift Götze Regenbogen mitwirkte.[11]

Thilo Götze Regenbogen war ein engagierter Sammler: „Im Historischen Museum ist auch ein olivgrüner Parka ausgestellt, den Thilo Götze Regenbogen von 1968 bis 1980 trug. Mit Siegeln und bunten Bändchen hat er ihn verziert und an den Taschen mit Jeansstoff ausgebessert. Die Alltagsjacke, die zum Museumsstück arrivierte, hat in Thilo Götze Regenbogens Sammlung die Nummer 1339. Im Jahre 2008 war er der größte private Leihgeber der Frankfurter Ausstellung "Die 68er: Kurzer Sommer - lange Wirkung" im Historischen Museum.[12] Seinen Besitz zu sichten, zu ordnen und zu archivieren, beschäftigte den Hofheimer Künstler seit langem. Als sein "Raum 1" vor fünf Jahren von Kriftel nach Hofheim übersiedelte, trennte er sich aus Platzgründen von etlichen Plakaten, Zeitschriften und Papieren. Er hat sie öffentlich und zu Musik verbrannt, aus dem Abschied eine Performance gemacht.“[13]

Im Jahre 1986 erhielt Thilo Götze Regenbogen den Kunstpreis der Humanistischen Union.[14]

Wesentliche prägende Einflüsse auf das Schaffen von Thilo Götze Regenbogen hatten Theodor W. Adorno, Bob Dylan und Lama Anagarika Govinda.[15] „Zeitlich war es so, daß ich ab Mitte der 1960er Jahre simultan Adorno gehört und gelesen, Lama Govinda studiert und Bob Dylan übersetzt und gehört habe. Es folgte also nicht eines auf das andere, schon gar nicht in dem Sinne, daß ich mich von der Musik über die Philosophie zum Buddhismus bewegt hätte. Alles hat seine Stelle, seinen Klang, seine Reichweite, seine eigene Tiefe.“[16] Von da an war das künstlerische und das publizistische Werk von Thilo Götze Regenbogen stark von einer Auseinandersetzung mit dem Buddhismus geprägt.

1986 gründete er den EygenArt Verlag und 1989 die EygenArt Galerie. 1991 rief er „Raum 1 – Forschungsinstituts für Gegenwartskunst“ ins Leben, das sich nach der Gründung in Kriftel und seit 2003 in Hofheim am Taunus befindet.[17]

Thilo Götze Regenbogen arbeitete auch kulturwissenschaftlich. So legte er Studien zu Themen wie der Geschichte des Buddhismus in der DDR,[18] zu Buddhismus und Film und vielen anderen interkulturellen Themen vor. Seit 2002 hatten sich als Forschungsschwerpunkte herausgebildet: Carlfriedrich Claus (1930–1998) und seine Freundschaft und Korrespondenz mit Ernst (1885–1977) und Karola Bloch (1905–1994); Buddhismus und Moderne im Weltzusammenhang; das Buddhabildnis in der Moderne; Ludwig Meidner (1884–1966), seine Freundschaft mit Karola Bloch und die Apokalypse; Alternativkulturen im deutschsprachigen Raum Europas 1970–2000; Kulturfeldtheorie und Ansätze zu einem integralen Denken.

Ein Anliegen Götze Regenbogens war es, die alte Tradition des Buddhismus mit der Moderne und ihrer Kunst zu versöhnen, indem er die bei vielen Künstlern und Schriftstellern der Moderne erkennbaren Einflüsse der Weisheitsüberlieferungen nachwies und verdeutlichte.[19]

Schon 1969 gründete er in Bad Dürkheim das „Lotos-Studio“ als „eine Verbindung von Buddhismus und Kreativität.“[20] Von 1969 bis 1972 gab er die erste und bisher einzige Zeitschrift für Buddhismus und Gegenwartskunst, GARUDA, heraus.[21] Auch seine jüngeren Bücher verfolgen diese Zielrichtung. Martin Brauen urteilt über Götze Regenbogens Buch Feldbefreier in Kunst, Weisheit und Wissenschaft (2010): „Ein Modernebegriff auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand, aufmerksame und kritische Wahrnehmung kultureller Ausdrucksformen des globalisierten Buddhismus, die Besonderheiten in den Herkunftsländern und eine pragmatisch verankerte Kulturfeldtheorie machen dieses Buch zu einem hilfreichen Kompendium der Gegenwartskultur, das ebenso die vergangenen 200 Jahre in einem neuen Licht zeigt.“[22]

Künstlerisches Werk

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Im künstlerischen Schaffen von Thilo Götze Regenbogen werden acht Werkphasen unterschieden, in denen sich sehr unterschiedliche Medien wie Malerei, Zeichnung, Druckgrafik, Objektkunst, Installation, Performance, Mail Art, Stempel, Aufkleber,[23] Plakate, Copy Art und Postkarten finden. Seine Mail Art-Aktivitäten gelten als von Friedensreich Hundertwasser und Klaus Staeck beeinflusst.[24] Seine vierte Werkphase "Erweiterter Ökologiebegriff" (1976–1988) war zugleich eine der auch politisch aktivsten. So entstanden hier auch die Beiträge gegen die Erweiterung des Frankfurter Flughafens ("Startbahn West").[25] Im Oktober 2013 veröffentlichte er einen Aufsatz "Mache ich Konzeptkunst?", in dem er den Beginn einer neunten Werkphase beschreibt.[26] Bildnerische Werke von Thilo Götze Regenbogen finden sich in zahlreichen Museen, darunter dem Museum für Gestaltung Zürich, der Sammlung Carl Laszlo sowie der Sammlung Hans van der Grinten im Museum Schloss Moyland.[27]

2011/12 erschien ein Gesamtverzeichnis des künstlerischen Werks von Thilo Götze Regenbogen, das im ersten Band die Jahre von 1965 bis 1968 dokumentiert, als der Künstler als „Thilo Götze“ auftrat.[28] Der zweite Band dokumentiert die Jahre von 1968 bis 1971, als er unter „Thilo A. Götze“ wirkte.[29]

Veröffentlichungen(Auswahl)

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  • Der verschollene Diskurs. Buddhismus und Kunst. Marburg: Diagonal Verlag 2004, ISBN 3-927165-90-5
  • Dialektik des Mitgefühls: Buddhismus und Film. Marburg: Diagonal Verlag 2002, ISBN 3-927165-79-4
  • Buddhabildnis und Moderne: Nachahmung, Verfremdung, Kritik. EygenArt Verlag 2012, ISBN 978-3-925829-63-5
  • Feldbefreier in Kunst, Weisheit und Wissenschaft. Marburg: Diagonal Verlag 2010, ISBN 978-3-939346-18-0

Bis zum Jahr 2003 existiert eine Gesamtbibliografie der Arbeiten von Thilo Götze Regenbogen.[30]

Einzelnachweise

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  1. Thilo Götze Regenbogen ist tot, Pressemeldung der Stadt Hofheim am Taunus, 3. Juni 2015, abgerufen am 7. Juni 2015
  2. Geburtsdatum, Ort und weitere Angaben nach: Kürschners Handbuch der Bildenden Künstler: Deutschland, Österreich, Schweiz. Walter de Gruyter Verlag 2007, S. 363.
  3. Thilo Götze Regenbogen, CV 60: Erste Auskunft zu den Kulturfeldern im Lebenswerklauf von Thilo Götze Regenbogen, Edition 2 der Folge PARALIPOMENA im EygenArt Verlag, 2. Auflage, Hofheim 2010, ISBN 3-925829-56-3, S. 2.
  4. Biografische Angaben nach Mail Artists Index: Thilo Götze Regenbogen.
  5. Thilo Götze Regenbogen, 21 Notate zur Zeit mit Helmut Göring 1966–1971, EygenArt Verlag 2014, ISBN 3-925829-70-9.
  6. Götze Regenbogen, Thilo (sign. TGR) (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive)
  7. Barbara Helfrich: Sein Bild der 68er. Thilo Götze Regenbogen zeigt, „was gewöhnlich unter den Tisch fällt“. In: Frankfurter Rundschau vom 20. August 2008.
  8. Hadayatullah Hübsch: Die ersten 100: Bücher von Hadayatullah Hübsch aus über 30 Jahren Subkultur in Deutschland. Hadayatullahs Kanon. Ariel Verlag 3003, S. 95
  9. Christiane E. Winter-Heider: Festschrift für Rolf Schwendter. Fragmente einer Begegnung – Elemente einer Entgegnung. Kassel University Press 2005, ISBN 978-3-89958-075-4.
  10. Buddhistische-Kunst-Moderne
  11. "Klaus Sobolewski. Zum Gedächtnis." 2006, herausgegeben vom Kunst-Keller Annaberg e.V., mit Texten von Klaus Ramm, Brigitta Milde, Peter Huckauf, Thilo Götze Regenbogen, Gerhard Wolf, Ursula Lang, Michael Goller, Jörn Michael, Jörg Seifert und Klaus Sobolewski.
  12. Andreas Schwab, Beate Schappach, Manuel Gogos (Hg.), Die 68er. Kurzer Sommer - lange Wirkung, Essen: Klartext Verlagsgesellschaft 2008, S. 135, 195, 220-221, 259.
  13. Barbara Helfrich: Sein Bild der 68er. Thilo Götze Regenbogen zeigte, „was gewöhnlich unter den Tisch fällt“. In: Frankfurter Rundschau vom 20. August 2008.
  14. Jürgen Seifert/Ulrich Vultejus (Humanistische Union), Die Sicherheitsgesetze: Texte und Bilder gegen die Überwachungs-Gesetze, Hamburg: Buntbuch-Verlag 1986, S. 16, ISBN 3-88653-093-0.
  15. 68.69 Dylan Adorno Govinda: eine autobiografische Montage von Thilo Götze Regenbogen. EygenArt Verlag 2008, ISBN 978-3-925829-39-0
  16. Thilo Götze Regenbogen: Dylan Adorno Govinda.
  17. 10 Jahre Raum 1: Thilo Götze Regenbogen, Stefan Klingels, Burkhard Rosskothen, Hans-Dieter Russ. EygenArt Verlag 2003, ISBN 978-3-925829-42-0.
  18. Thilo Götze Regenbogen: Buddhismus in der DDR. Eine Spurensuche. In: Zeitschrift des Forschungsverbunds SED-Staat (ZdF) an der Freien Universität Berlin, Ausgabe Nr. 31/2012, Halle/Saale 2012, S. 133–147.
  19. Mitteilungsblatt: Die Kunstgeschichte Ostasiens im deutschsprachigen Raum. (PDF; 6,2 MB).
  20. Connexions: Adressbuch alternativer Projekte. Verlag MarGis 1984, S. 243, ISBN 978-3-922057-40-6
  21. Nachweis im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  22. Martin Brauen: Rezension zu Feldbefreier in Kunst, Weisheit und Wissenschaft. In: Buddhismus aktuell 1/2011, S. 59 (Memento vom 21. Oktober 2013 im Internet Archive).
  23. Eva Roland-Schellack, Kleben statt reden: Die Sticker-Fibel, Hamburg: Rasch und Röhring Verlag 1986, ISBN 3-89136-070-3, S. 53.
  24. Thilo Götze Regenbogen, Mail Artists Index, 8. Juni 2013.
  25. Kunst gegen Startbahn West: Arbeiten von Betroffenen, hg. Bruno Struif, Giessen: Anabas-Verlag 1982, S. 15, 24, ISBN 3-87038-094-2.
  26. Thilo Götze Regenbogen Mache ich Konzeptkunst? Eine Betrachtung durch acht Werkphasen 1965-2013
  27. Thilo Götze Regenbogen in Sammlungen, Bibliotheken und Archiven (PDF; 139 kB).
  28. Gesamtverzeichnis des künstlerischen Werks. Teil 1: Thilo Götze 1965–1968. Hofheim am Taunus 2011, ISBN 3-925829-60-1.
  29. Gesamtverzeichnis des künstlerischen Werks. Teil 2: Thilo A. Götze 1968–1971. Hofheim am Taunus 2012, ISBN 3-925829-65-2
  30. Thilo Götze Regenbogen: Gesamtbibliographie einschließlich Editionen und Erwähnungen, Audio- und Videografie, Internetpräsenz, Zeitschriftenartikel und Verstreutes. Kriftel am Taunus 2003, ISBN 3-925829-44-X.