Ottomotor

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Leistungsstarker Ottomotor: DTM V6-Rennmotor von 1996

Der Ottomotor ist ein zu Ehren von Nicolaus August Otto – einem Miterfinder des Viertaktverfahrens – benannter Verbrennungsmotor, der nach dem Vier- oder Zweitaktprinzip arbeiten kann, wobei der Viertaktmotor die heute gebräuchlichere Bauart ist. Der Begriff „Ottomotor“ geht zurück auf eine Anregung des VDI aus dem Jahre 1936 und wurde erstmals im Jahre 1946 in der DIN Nr. 1940 verwendet.

Ottomotoren haben Fremdzündung durch Zündkerzen im Gegensatz zum mit Selbstzündung arbeitenden Dieselmotor. Die früher übliche Zuordnung nach „äußerer Gemischbildung“ mittels Vergaser oder Saugrohreinspritzung für Ottomotoren und „innerer Gemischbildung“ bei Dieselmotoren (Kraftstoff und Luft werden erst im Brennraum gemischt) ist seit der Einführung der Benzindirekteinspritzung bei Ottomotoren (z. B. TSI, siehe Pkw-Direkteinspritzung) nicht mehr in jedem Fall eindeutig.

Geschichte

Denkmal für Nicolaus Otto und Eugen Langen in Köln-Deutz, 2008

1864 war Nicolaus August Otto zusammen mit Eugen Langen Mitbegründer der weltweit ersten Motorenfabrik N. A. Otto & Cie. in Köln, aus der 1872 die Gasmotoren-Fabrik DEUTZ AG hervorging, die als technischen Direktor Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach als Leiter der Motorenkonstruktion engagierte. Otto entwickelte bis 1876 im Anschluss an einen 1860 patentierten 2-Takt-Gasmotor von Lenoir einen Viertaktmotor, dessen wesentliche Neuerung die Einführung eines separaten Verdichtungstaktes und die dafür nötige Ventilsteuerung war. Die damalige Konstruktion hatte allerdings mit heutigen Motoren wenig Ähnlichkeit. Es handelte sich um einen sogenannten Flugkolbenmotor, auch atmosphärischer Motor genannt. Das heißt, die Explosion schleuderte den Kolben frei im Zylinder nach oben; erst auf dem Rückweg leistete er (beziehungsweise der Atmosphärendruck) über eine Zahnstange Arbeit. Dieser mit Leuchtgas betriebene Viertakt-Motor mit verdichteter Ladung leistete 3 PS bei 180 Umdrehungen pro Minute. Er wurde ab 1877 produziert und als „Ottos neuer Motor“ vertrieben. Der Lizenznehmer Crossley Brothers in Manchester bewarb ihn als Otto engine.[1] Von Deutz und seinen Lizenznehmern wurden rund 5000 Exemplare gebaut.[2]

Auf diesen Motor erwarb Otto 1877, dem Gründungsjahr des „Kaiserlichen Patentamts“, ein deutsches Patent. Wegen älterer Patent-Ansprüche bzw. der vorherigen Erfindungen des Viertaktmotors wurde dieses sogenannte Otto-Patent (Patent 532 von Deutz) am 30. Januar 1886[3] und 1889 in Deutschland per Gericht wieder aufgehoben. Christian Reithmann hatte schon am 26. Oktober 1860 mehrere Patente auf den Viertaktmotor erhalten und der Franzose Alphonse Beau de Rochas hatte 1862 ein Patent angemeldet. Gottlieb Daimler und Carl Benz konnten somit 1886 ohne Bedenken Viertaktmotoren bauen und verkaufen. Unabhängig davon hat 1888 bis 1889 auch Siegfried Marcus in Wien ein Kraftfahrzeug mit einem Ottomotor gebaut. Die weltweiten Patente außerhalb Deutschlands blieben bei Crossley.[1] Von diesem Motorenbau-Unternehmen blieb der Name erhalten in Form einer Produktlinie von Schiffsmotoren des Triebwerkherstellers Rolls-Royce. Der historische Standort in Openshaw (Manchester) wurde allerdings 2010 geschlossen.[4]

Technik (4-Takter)

Takte beim Viertaktmotor
Takte beim Viertaktmotor
  • 1. Takt: Ansaugen:
Das Einlassventil (oben links) wird geöffnet, der Kolben bewegt sich nach unten und saugt das Kraftstoff-Luft-Gemisch (oder nur Luft bei Direkteinspritzung) in den Zylinder, häufig unterstützt durch Überdruck im Ansaugrohr, erzeugt durch einen Turbolader oder einen Kompressor.
  • 2. Takt: Verdichten:
Ein- und Auslassventil sind geschlossen, der Kolben drückt das Kraftstoff-Luftgemisch auf ca. 20 bar zusammen. Bei Motoren mit Direkteinspritzung kommt der Kraftstoff hinzu. Kurz vor dem oberen Totpunkt entzündet der Funke einer Zündkerze das Kraftstoff-Luftgemisch.
  • 3. Takt: Arbeiten:
Das Kraftstoff-Luftgemisch verbrennt bei einem Maximaldruck von etwa 80 bar im oberen Totpunkt. Die Flammfront breitet sich aus mit einer Geschwindigkeit zwischen 5 und 60 m/s (also sehr viel langsamer als die Detonationsgeschwindigkeit von Sprengstoffen oder die Schallgeschwindigkeit in Luft). Das heiße Gas erzeugt einen mittleren zusätzlichen Druck von etwas über 10 bar. Durch das Nach-unten-Schieben des Kolben verrichtet das Gas Arbeit, es gibt Leistung an den Kolben ab.
Die Verbrennung ist zuerst ein langsamer, laminarer Vorgang. Die Flammfront breitet sich konzentrisch mit einer Geschwindigkeit von etwa 0,2 m/s aus. Während dieser laminaren Phase ist die Verbrennung unvollständig und ineffizient, sie erzeugt den Großteil der Schadstoffe im Abgas. Mit dem Umschlagen in die turbulente Verbrennungsphase, die mit einer Flammfrontgeschwindigkeit von über 200 m/s den Brennraum durchdringt, wird die Verbrennung effizient und mechanisch nutzbar.
Die Verbrennung erzeugt in dem relativ kleinen Brennraum ein heißes Gas mit hohem Druck (über 100 bar), das den Kolben in geradliniger Bewegung in Richtung Kurbelwelle treibt. Über das Pleuel, auch Pleuelstange genannt, wird diese Bewegung in die rotierende Bewegung der Kurbelwelle umgesetzt.
  • 4. Takt: Ausstoßen:
Das Auslassventil (oben rechts) wird geöffnet, der Kolben drückt die Verbrennungsgase, die noch fast 1000 °C heiß sind, aus dem Zylinder.

Gemischbildung und Zündungszeitpunkt

Der Kraftstoff – in der Regel Motorenbenzin – wird in der angesaugten Frischluft zerstäubt; entweder vor dem Ansaugen mittels eines Vergaser oder Saugrohr-Benzineinspritzung, oder aber nach dem Ansaugen bei Direkt-Benzineinspritzung. Die Einspritzung ist heute meist elektronisch gesteuert.

Die Zündung erfolgt kurz vor dem oberen Totpunkt. Der Zündzeitpunkt, in der Regel durch den Kurbelwellenwinkel vor dem oberen Totpunkt ausgedrückt ("Vorzündung"), ist nur bei sehr einfachen Verhältnissen (Rasenmäher, historischer Rennmotor, ...) fix. In der Regel ist der nach einem im sog. Mapping festgelegten, mehrdimensionalen Kennfeld von der Drehzahl, der Belastung (Füllung) und weiteren Parametern abhängig, z. B. von Klopfsensoren. Bei modernen Motoren wird der Zündzeitpunkt aus diesem Kennfeld durch ein elektronisches Zündsteuergerät bestimmt, welches auch in ein zentrales Motorsteuergerät integriert sein kann; früher gab es auch manuelle oder über Fliehgewichte und Unterdruckdosen betätigte Verstellmechanismen.

Kraftstoffe

Als Kraftstoffe für Ottomotoren können neben dem üblichen Motorenbenzin auch Flüssiggas (Propan und Butan), CNG-Erdgas (Methan), Biogas, Klärgas, Deponiegas, Grubengas sowie Ethanol/Methanol und Wasserstoff verwendet werden. Motoreinstellungen wie Zündzeitpunkt/Zündstärke, geometrisches Verdichtungsverhältnis und Luft-/Kraftstoffverhältnis müssen auf den Treibstoff abgestimmt sein. Mischbetrieb ist gleichzeitig oder alternativ möglich. Stark leistungssteigernd wirken Lachgas- und Nitromethaneinspritzung. Sie sind jedoch meist nicht zulassungsfähig.

Zwei- und Viertakter

Beim Zweitaktmotor erfolgen am Ende des Arbeitstaktes und am Beginn des Verdichtungstakts der Ausstoß der Verbrennungsgase und das Einleiten des Frischgemisches gleichzeitig, häufig indem Letzteres Ersteres verdrängt. Bei kleinen Motoren, etwa in Gartengeräten oder Straßenfahrzeugen, steuert meist der Kolben Ein- und Auslasszeitpunkt, indem er bei entsprechender Stellung Gaskanäle öffnet oder verdeckt. Bei Vergasermotoren oder Saugrohreinspritzung sind Spülverluste unvermeidlich, was sich nachteilig auf den Verbrauch auswirkt. Bei Direkteinspritzung können die Spülverluste deutlich reduziert werden. Eine weitere Methode zur Reduzierung der Spülverluste in einem begrenzten Drehzahlbereich ist die Verwendung eines Resonanzauspuffs. Dabei wird die Druckwelle, mit der der Abgasstrom beim Öffnen der Auslasskanäle in den Auspuff schießt, reflektiert. Die zurückeilende Druckwelle schiebt dann das Frischgas, das zum Ende des Spülvorgangs bereits in den Auspuff geströmt ist, wieder in den Zylinder zurück.

Weiterhin ist der nutzbare Kolbenhub für Verdichtung und Arbeitstakt kürzer als der Gesamthub zwischen den beiden Totpunkten, da er erst mit dem Schließen der Überström- und Auslasskanäle beginnt bzw. mit dem Öffnen der Kanäle endet. Deshalb wird im Arbeitstakt (bei gleicher Drehzahl) eine geringere Leistung als beim Viertaktverfahren erreicht, was teilweise dadurch kompensiert wird, dass der Zweitakter alle 360° Kurbelwinkel einen Arbeitstakt hat, anstatt alle 720° wie beim Viertakter. Mit Zweitaktmotoren ist dadurch im Vergleich zu Viertaktmotoren ein besseres Leistungsgewicht möglich, ein Nachteil beim spezifischen Kraftstoffverbrauch bleibt jedoch erhalten. Bei einfachen, kleinen Zweitaktmotoren wird die Ansaugluft im Kurbelgehäuse vorkomprimiert, weshalb sich dort kein Schmieröl befindet: Solche Zweitakter tanken zur Motorschmierung ein Öl-Benzin-Gemisch. Größere und aufwendiger gebaute Zweitaktmotoren können über einen geschlossenen Schmierölkreis verfügen, benötigen dann jedoch für die Zylinderfüllung eine Ladepumpe oder -Gebläse.

Beim Viertaktmotor sind dagegen Ein- und Auslasstakt getrennt und in jedem Zylinder gibt es nur alle zwei Umdrehungen einen Arbeitstakt. Zur Steuerung des Gaswechsels ist eine Ventilsteuerung notwendig, die meist über Nockenwellen realisiert wird, die mit halber Motordrehzahl laufen. Das bedeutet einen höheren konstruktiven Aufwand, zusätzliche Reibung sowie höheres Gewicht und Volumen als beim Zweitakter – was aber meist durch den niedrigeren Kraftstoffverbrauch gerechtfertigt wird. Weiterhin lassen sich Viertakter durch die Ventilsteuerung besser auf ein breiteres Drehzahlband abstimmen. Bei Zweitaktmotoren ist die Resonanzschwingung der Gassäule im Ansaug- und Abgastrakt entscheidend für den Füllungsgrad im Zylinder, eine gute Zylinderfüllung und damit gute Leistung und gutes Drehmoment ist daher nur im Resonanzbereich der Ansaug- und Auspuffanlage, also in einem relativ schmalen Drehzahlbereich möglich.

Ottomotor-Zweitakter werden bei Anwendungen eingesetzt, bei denen es auf ein niedriges Masse-Leistungs-Verhältnis ankommt, und nicht auf Kraftstoffkosten, so im Freizeitbereich (Mofa, Moped, Leichtflugzeug, Modellflugzeug oder Jet-Ski), bei tragbaren Arbeitsgeräten (Motorsägen, Generatoren, Rasenmähern) oder bei speziellen Sportgeräten (Moto-Cross- und Trial-Motorräder).

Merkmale

Die klassischen Merkmale des Ottomotors sind:

  • Fremdzündung: Das Gemisch wird zu einem bestimmten Zeitpunkt durch den Funken einer Zündkerze gezündet.
  • Gemischbildung: Kraftstoff und Luft werden schon vor der Verdichtung gemischt.
  • Drehmomentänderung: Das Motormoment wird mit der zugeführten Menge des Kraftstoff-Luftgemisches durch die Drosselklappe oder mit gesteuerten Einlassventilen eingestellt (Quantitätssteuerung).
  • Gemisch: Das Gemisch des Ottomotors ist homogen.
  • Verbrennungsflamme: Die Verbrennungsflamme ist eine Vormischflamme.
  • Luftverhältnis: Das Luftverhältnis liegt im Bereich von .
  • Kraftstoff: Der Kraftstoff des Ottomotors ist zündunwillig.
  • Kein hohes Verdichtungsverhältnis: Höchsttemperatur und Höchstdruck limitieren das Verdichtungsverhältnis; ist es zu hoch, führt dies zu der beim Ottomotor unerwünschten Selbstzündung, dem so genannten Klopfen.

Quelle:[5]

„Benzin-Direkteinspritzer“ (FSI- und GDI-Motoren) entsprechen diesen Merkmalen nicht mehr ganz: Die Direkteinspritzung des Kraftstoffs in den Brennraum ist nicht an die Einlasssteuerzeiten der Ventile gebunden und kann so auch erst später in der Verdichtungsphase erfolgen. Damit werden Schichtladungen, also Zonen im Zylinder mit unterschiedlicher Gemischzusammensetzung möglich, etwa beim Magermotor: Zündfreudiges, fettes oder stöchiometrisches Kraftstoffverhältnis (d. h. 14,7 Teile Luft : 1 Teil Kraftstoff) ist im Bereich der Zündkerze und mageres Gemisch im restlichen Brennraum.

Auch HCCI-Motoren, die je nach Drehzahl und Last selbstzündend oder fremdzündend arbeiten, entsprechen nicht den klassischen Merkmalen eines Ottomotors, werden aber im Allgemeinen als Ottomotoren bezeichnet, wenn sie für den Betrieb mit Benzin ausgelegt sind.

Hubraum

Die Größe des Hubraums ist ein wichtiges Merkmal für die Klassifizierung von Motoren. Der Hubraum bezeichnet das Volumen, das vom Kolben zwischen unterem und oberem Totpunkt verdrängt wird. Bei Mehrzylindermotoren werden die Hubräume aller Zylinder addiert.

Der Hubraum wird in Kubikzentimetern oder in Litern bemessen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren bei Kraftfahrzeugen Hubräume ab 0,4 Litern üblich. Mit 13,5 Litern verteilt auf 6 Zylinder markierte der Pierce Arrow von 1912 eine obere Marke. Kleinste Motoren für Modellflugzeuge in Glühzünder-Zweitakter-Bauweise haben nur 0,16 cm³ Hubraum.

Bei heutigen Serien-PKW mit Ottomotoren beträgt der Hubraum zwischen 0,8 und 5,0 Litern, meistens jedoch zwischen 1,2 und 2,0 Litern; große Modelle und Sportwagen haben bis zu 8,4 Litern (Dodge Viper). Die Mehrzahl der Dieselmotoren weist 1,6 bis 2,0 Liter auf.

Der in den 1940er Jahren entwickelte Flugmotor BMW 803 hatte mit seinen 28 Zylindern einen Gesamthubraum von 84 Litern. Der Motor leistete etwa 4000 PS.

Wirkungsgrad

Den maximalen Wirkungsgrad von über 40 % erreichen heute Motoren von Toyota, die eine hohe mechanische Verdichtung von 13,5:1 im sogenannten Atkinson-Zyklus haben.[6]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Ottomotor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Chronik, Motor des Fortschritts, Website der Deutz AG
  2. Horst Hardenberg: „Siegfried Marcus, Mythos und Wirklichkeit, Seite 185 ff., Deutzer rasselnde Ungeheuer“.
  3. Entscheidungen im Nichtigkeitsverfahren gegen die Patente der Deutz'er Gasmotorenfabrik Nummer 532, 14254, 2735; in: Patentblatt und Auszüge aus den Patentschriften, 30. Januar 1886, abgerufen am 6. April 2014
  4. Rolls-Royce schließt Motorenfertigung in Openshaw, Manchester Evening News, abgerufen am 7. März 2016
  5. Stefan Pischinger, Ulrich Seiffert (Hrsg.): Vieweg Handbuch Kraftfahrzeugtechnik, 8. Auflage, Springer, Wiesbaden, 2016, ISBN 978-3-658-09528-4, S. 348
  6. http://www.t-online.de/auto/technik/id_68952118/toyota-neue-benziner-generation-mit-hoeherem-wirkungsgrad.html