Gränichen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Januar 2010 um 21:52 Uhr durch DidiWeidmann (Diskussion | Beiträge) (→‎Geographie). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gränichen
Wappen von Gränichen
Wappen von Gränichen
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Aargau Aargau (AG)
Bezirk: Aarauw
BFS-Nr.: 4006i1f3f4
Postleitzahl: 5722
UN/LOCODE: CH GNI
Koordinaten: 649965 / 245487Koordinaten: 47° 21′ 30″ N, 8° 6′ 0″ O; CH1903: 649965 / 245487
Höhe: 411 m ü. M.
Fläche: 17,23 km²
Einwohner: 8432 (31. Dezember 2022)[1]
Einwohnerdichte: 489 Einw. pro km²
Website: www.graenichen.ch
Karte
Karte von Gränichen
Karte von Gränichen
{ww

Gränichen (schweizerdeutsch: ˈɡræ.nɪ.χə)[2] ist eine Einwohnergemeinde im Bezirk Aarau des Kantons Aargau in der Schweiz. Gränichen ist das unterste Dorf im Wynental und ist mit über 17 Quadratkilometern die flächemmässig sechstgrösste Gemeinde des Kantons.

Geographie

Die Wyna fliesst zunächst in nördlicher, danach in nordwestlicher Richtung, wobei das Tal im Durchschnitt fünfhundert Meter breit ist. Auf beiden Seiten befinden sich stark gegliederte Hügelzüge mit steilen Hängen und kleinen Hochplateaus, die vorspringenden Hügel sind durch kurze Seitentäler voneinander getrennt. Die Landschaftsform erinnert stark an den Tafeljura, obwohl das Gebiet geographisch und geologisch zum Mittelland gehört.[3]

Die Hügel auf der linken Talseite sind (von Nord nach Süd) der Manzenberg (524 m ü. M.), der Wällenen (559 m), der Moosberg (550 m), der Heidberg (566 m ü. M.) und der Pfendel (615 m ü. M.). Diese fünf Hügel sind Ausläufer des Schornig (596 m ü. M.), der den Übergang zum Suhrental bildet. Die Hügel auf der rechten Talseite heissen Fuden (570 m ü. M.), Räckholderen (566 m ü. M.), Breitenberg (551 m ü. M.) und Surberg (607 m ü. M.). Dem Breitenberg vorgelagert ist der beinahe ellipsenförmige Schulthess (513 m ü. M.). Dem Surberg vorgelagert sind der Dossen (532 m ü. M.) und das Hochplateau der Liebegg.[3]

Nahe der südlichen Gemeindegrenze, in einer durchschnittlichen Entfernung von zweieinhalb Kilometern, befinden sich drei kleine Weiler: Rütihof (585 m ü. M.) auf der Hochfläche am westlichen Ende des Moorbergs, Bleien (430 m ü. M.) im Talgrund und Refental (490 m) im Seitental zwischen Breitenberg, Dossen und Surberg.[3]

Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 1723 Hektaren, davon sind 990 Hektaren bewaldet und 236 Hektaren überbaut. Der höchste Punkt befindet sich auf 615 Metern auf dem Pfendel, der tiefste auf 402 Metern an der Wyna.

Nachbargemeinden sind Suhr im Nordwesten, Hunzenschwil im Norden, Schafisheim im Nordosten, Seon im Osten, Teufenthal im Südosten, Unterkulm im Süden, Muhen im Südwesten und Hirschthal im Westen. Den südöstlichsten Grenzpunkt bildet der Siebenzwingstein.

Geschichte

Blick übers Dorf

Die Gegend um das heutige Dorf war bereits während der Jungsteinzeit besiedelt. Auf der Burghalde, einem kleinen vorspringenden Hügel unmittelbar beim Dorfzentrum, befand sich eine Fluchtburg der Helvetier. An verschiedenen Stellen finden sich Siedlungsreste der Römer. Der bedeutendste Fund ist ein Gutshof im Gebiet Muracher/Kirchenfeld, der 1854 ausgegraben wurde (eine der frühesten von der Kantonsregierung angeordneten archäologischen Untersuchungen). Die Anlage, die über ein Hypokaustum verfügte, war vom frühen 1. bis zum späten 3. Jahrhundert bewohnt.[4]

Die erste urkundliche Erwähnung von Cranechon erfolgte im Jahr 1184. Der Ortsname stammt vom lateinischen granica und bedeutet «Kornspeicher». Daraus entwickelte sich das althochdeutsche grenichon.[2] Im Mittelalter gehörte das Dorf dem Kloster Engelberg, als Lehen der Grafen von Lenzburg, später der Grafen von Kyburg. Die Grafen von Habsburg-Laufenburg (eine Seitenlinie der Habsburger) überliessen 1270 das Lehen den Herren von Liebegg, nach denen das Schloss Liebegg benannt ist. Ab 1306 besass die Hauptlinie der Habsburger die niedere und die hohe Gerichtsbarkeit.

1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau; Gränichen gehörte nun zum Untertanengebiet der Stadt Bern, dem so genannten Berner Aargau. Das Dorf war Teil des Amts Lenzburg und war Sitz eines Untervogts sowie eines eigenen Gerichts. Die Berner führten 1528 die Reformation ein. 1596 erwarb die Ortsbürgergemeinde von den Liebegger Schlossherren den grössten Teil des Waldes, heute ist sie die drittgrösste Waldbesitzerin des Kantons. 1798 marschierten die Franzosen in die Schweiz ein, entmachteten die «Gnädigen Herren» von Bern und riefen die Helvetische Republik aus. Gränichen gehört seither zum Kanton Aargau.

Die Gränicher Bauernhöfe waren eher klein, das Dorf war eine typische Taunersiedlung. Aus diesem Grund hielt das vorindustrielle Gewerbe schon früh Einzug. Mitte des 19. Jahrhunderts war Gränichen nach Aarau und Zofingen die bevölkerungsreichste Gemeinde des Kantons Aargau. Die Wynentalbahn wurde am 5. März 1904 eröffnet. Dies ermöglichte die verstärkte Ansiedlung von Industrie. Gränichen wandelte sich mit der Zeit zu einer Agglomeratonsgemeinde von Aarau, seit 1900 ist die Einwohnerzahl um fast das Zweieinhalbfache angestiegen.

Sehenswürdigkeiten

Schloss Liebegg

Auf einem Hügelvorsprung drei Kilometer südsüdöstlich des Dorfzentrums, nur knapp zweihundert Meter vom Dorfrand von Teufenthal entfernt, befindet sich das Schloss Liebegg. Das aus dem 11. Jahrhundert stammende und 1241 erstmals erwähnte Schloss ist im Besitz des Kantons und dient heute als Tagungs- und Kulturzentrum.[5]

Im Dorfzentrum steht das 1695 erbaute Chornhaus, das mit dem angebauten Türmchen wie ein kleines Schloss aussieht. Es diente bis 1798 als Getreidespeicher und stand dann ein halbes Jahrhunderts lang leer. Später wurde hier die erste Schule eingerichtet, danach während mehr als hundert Jahren die Gemeindeverwaltung. Seit 1995 ist es der Standort des Dorfmuseums.

Die reformierte Kirche, die von 1661 bis 1663 an Stelle des eingestürzten Vorgängerbaus entstand, ersetzte einen baufälligen Vorgängerbau an anderer Stelle aus dem Jahr 1473; die Bauleitung hatte Werkmeister Abraham Dünz inne. Das rechteckige, im spätgotischen Stil errichtete Gebäude gilt als Hauptwerk des protestantischen Kirchenbaus im Aargau. Das ehemalige Beinhaus, ein zweigeschossiger Mauerbau, wurde um 1470 errichtet.[6]

Wappen

Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: «Dreimal schräglinks geteilt von Gelb und Blau.» Das erstmals 1811 auf dem Gemeindesiegel abgebildete Wappen ist demjenigen der Herren von Grenchen nachempfunden, obwohl historisch gesehen keinerlei Zusammenhang besteht.[7]

Bevölkerung

Reformierte Kirche

Bevölkerungsentwicklung:[8]

Jahr 1560 1764 1803 1850 1900 1930 1950 1960 1970 1980 1990 2000
Einwohner ca. 250 1226 1897 3038 2771 3459 3727 4411 5298 5246 5772 6115

Am 31. Dezember 2008 lebten 6458 Menschen in Gränichen, der Ausländeranteil betrug 17,3 %. Bei der Volkszählung 2000 waren 59,2 % reformiert. 22,4 % römisch-katholisch, 4,3 % muslimisch und 1,1 % christlich-orthodox; 1,0% gehörten anderen Glaubensrichtungen an. 90,2 % bezeichneten Deutsch als ihre Hauptsprache, 4,1 % Italienisch, 1,5 % Albanisch, 1,1 % Serbokroatisch, 0,7 % Türkisch.[9]

Politik und Recht

Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der fünfköpfige Gemeinderat. Seine Amtsdauer beträgt vier Jahre und er wird im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) vom Volk gewählt. Er führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm von Kanton und Bund zugeteilt wurden. Gemeindeammann der Amtsperiode 2010-2013 ist Hans Fellmann.

Für Rechtsstreitigkeiten ist das Bezirksgericht Aarau zuständig. Gränichen gehört zum Friedensrichterkreis Suhr.

Wirtschaft

In Gränichen gibt es gemäss Betriebszählung 2005 rund 2300 Arbeitsplätze, davon 5 % in der Landwirtschaft, 56 % in der Industrie und 39 % im Dienstleistungsbereich.[10] Hier befindet sich mit der Jowa, einem Betrieb der Migros, eine der bedeutendsten Grossbäckereien der Schweiz). Daneben gibt es einen führenden Heizkörperhersteller (Zehnder), eine Transportfima (Dreier), ein Kieswerk und mehrere mittlere und kleine Unternehmen. Die meisten Erwerbstätigen sind jedoch Wegpendler und arbeiten in Aarau und Umgebung.

Verkehr

Gränichen liegt an der Hauptstrasse, die von Aarau über Beromünster nach Luzern verläuft. Eine Nebenstrasse führt nach Seon im Seetal, eine weitere über den Rütihof nach Muhen im Suhrental. Die Anbindung an den öffentlichen Verkehr erfolgt durch die Wynentalbahn zwischen Aarau und Menziken. Neben dem Bahnhof Gränichen gibt es die drei Haltestellen Töndler, Oberdorf und Bleien. Bis 1985 verlief das Bahntrassee unmittelbar neben der Hauptstrasse, wurde dann aber um etwa hundert Meter verlegt und führt heute am Ufer der Wyna entlang.

Bildung

Die Gemeinde verfügt über fünf Kindergärten sowie vier Schulhäuser, in denen sämtliche Stufen der obligatorischen Volksschule unterrichtet werden (Primarschule, Realschule, Sekundarschule, Bezirksschule). Neben dem Schloss Liebegg befindet sich die im Jahr 1958 eröffnete kantonale landwirtschaftliche Berufsschule.[11] Die nächstgelegene Kantonsschule (Gymnasium) ist in Aarau.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Gränicher Dorfgeschichte, Markus Widmer-Dean, 2003.
  • Gib uns auch morgen unser tägliches Brot - die wechselvolle Lebensgeschichte des Gränicher Kornhauses, Franz Kretz, 1995.

Weblinks

Commons: Gränichen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2022. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2022 zusammengefasst. Abruf am 5. September 2023
  2. a b Beat Zehnder: Die Gemeindenamen des Kantons Aargau. In: Historische Gesellschaft des Kantons Aargau (Hrsg.): Argovia. Band 100. Verlag Sauerländer, Aarau 1991, ISBN 3-7941-3122-3, S. 180–181.
  3. a b c Landeskarte der Schweiz, Blatt 1089, Swisstopo
  4. Martin Hartmann, Hans Weber: Die Römer im Aargau. Verlag Sauerländer, Aarau 1985, ISBN 3-7941-2539-8, S. 171.
  5. Schloss Liebegg
  6. Michael Stettler: Die Kunstdenkmaeler des Kantons Aargau. Hrsg.: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Band I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen. Birkhäuser Verlag, Basel 1948.
  7. Joseph Galliker, Marcel Giger: Gemeindewappen des Kantons Aargau. Lehrmittelverlag des Kantons Aargau, Buchs 2004, ISBN 3-906738-07-8, S. 167.
  8. Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden im Bezirk Aarau, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  9. Gemeindeporträt, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  10. Betriebszählung 2005, Statistisches Amt des Kantons Aargau
  11. Landwirtschaftliche Berufsschule