„Hüllenoperator“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K 1 Interwiki-Link(s) nach Wikidata (d:q10564851) migriert; 1 Interwiki-Link(s) verbleiben
Referenz zu einem Algorithmus hinzugefügt. Außerdem auf das "\mid"-Macro umgestellt.
Zeile 32: Zeile 32:
Hüllenoperatoren und Hüllensysteme entsprechen einander:
Hüllenoperatoren und Hüllensysteme entsprechen einander:
* Ist <math>S</math> ein Hüllensystem auf <math>X</math>, dann kann man einen Hüllenoperator <math>H_S</math> auf <math>X</math> wie folgt definieren:
* Ist <math>S</math> ein Hüllensystem auf <math>X</math>, dann kann man einen Hüllenoperator <math>H_S</math> auf <math>X</math> wie folgt definieren:
::<math>H_S(A) := \bigcap \{ Y \in S | Y \supseteq A \}</math> für alle <math>A \subseteq X</math>
::<math>H_S(A) := \bigcap \{ Y \in S \mid Y \supseteq A \}</math> für alle <math>A \subseteq X</math>
:Die Menge, über die hier der Durchschnitt gebildet wird, ist wegen <math>X\in S</math> nicht leer.
:Die Menge, über die hier der Durchschnitt gebildet wird, ist wegen <math>X\in S</math> nicht leer.
* Umgekehrt kann aus jedem Hüllenoperator <math>H</math> auf <math>X</math> ein Hüllensystem <math>S_H</math> auf <math>X</math> gewonnen werden:
* Umgekehrt kann aus jedem Hüllenoperator <math>H</math> auf <math>X</math> ein Hüllensystem <math>S_H</math> auf <math>X</math> gewonnen werden:
::<math>S_H := \{ H(A) | A \subseteq X \}</math>
::<math>S_H := \{ H(A) \mid A \subseteq X \}</math>


In vielen Anwendungsfällen hat man einen lediglich monotonen Operator <math>F</math> gegeben, d.&nbsp;h., für jede Teilmenge <math>A\subseteq X</math> ist auch <math>F(A)\subseteq X</math> und aus <math>A\subseteq B</math> folgt <math>F(A)\subseteq F(B).</math>
In vielen Anwendungsfällen hat man einen lediglich monotonen Operator <math>F</math> gegeben, d.&nbsp;h., für jede Teilmenge <math>A\subseteq X</math> ist auch <math>F(A)\subseteq X</math> und aus <math>A\subseteq B</math> folgt <math>F(A)\subseteq F(B).</math>
Zeile 45: Zeile 45:
Die erste Variante ist meist für theoretische, die zweite für praktische Anwendungen günstiger.
Die erste Variante ist meist für theoretische, die zweite für praktische Anwendungen günstiger.


Es gibt einen einfachen und schnellen Algorithmus zur Erzeugung aller Hüllen eines gegebenen Hüllenoperators<ref> Ganter</ref>.
== Beispiele ==
== Beispiele ==
* Betrachten wir die Ebene <math>\R^2</math>. Die [[Konvexe Menge|konvexen Teilmengen]] der Ebene bilden ein Hüllensystem, der zugehörige Hüllenoperator ist die Bildung der [[Konvexe Hülle|konvexen Hülle]] einer Teilmenge.
* Betrachten wir die Ebene <math>\R^2</math>. Die [[Konvexe Menge|konvexen Teilmengen]] der Ebene bilden ein Hüllensystem, der zugehörige Hüllenoperator ist die Bildung der [[Konvexe Hülle|konvexen Hülle]] einer Teilmenge.
Zeile 63: Zeile 64:
Es sei <math>\mathcal{C}</math> eine Klasse von [[Formale Sprache|formalen Sprachen]]. Wir betrachten folgende Hüllenoperatoren auf <math>\mathcal{C}</math>:
Es sei <math>\mathcal{C}</math> eine Klasse von [[Formale Sprache|formalen Sprachen]]. Wir betrachten folgende Hüllenoperatoren auf <math>\mathcal{C}</math>:


* <math>H_{hom}</math>: Abschluss unter [[Homomorphismus|Homomorphismen]]:<br /> Wenn <math>L\in\mathcal{C}</math>, dann auch <math>H_{hom}(\{L\}) = \{L' | \exist h\colon h \mbox{ ist Homomorphismus}: h[L]=L' \} \in\mathcal{C}</math>
* <math>H_{hom}</math>: Abschluss unter [[Homomorphismus|Homomorphismen]]:<br /> Wenn <math>L\in\mathcal{C}</math>, dann auch <math>H_{hom}(\{L\}) = \{L' \mid \exist h\colon h \mbox{ ist Homomorphismus}: h[L]=L' \} \in\mathcal{C}</math>
* <math>H_{e-hom}</math>: Abschluss unter <math>\varepsilon</math>-freien Homomorphismen, wie <math>H_{hom}</math>, aber <math>\forall x\colon h(x)\not=\varepsilon</math>
* <math>H_{e-hom}</math>: Abschluss unter <math>\varepsilon</math>-freien Homomorphismen, wie <math>H_{hom}</math>, aber <math>\forall x\colon h(x)\not=\varepsilon</math>
* <math>H_{inv-hom}</math>: Abschluss unter inversen Homomorphismen:<br /> Wenn <math>L\in\mathcal{C}</math>, dann auch <math>H_{inv-hom}(\{L\}) = \{L' | \exist h\colon h \mbox{ ist Homomorphismus}: h[L']=L \} \in\mathcal{C}</math>
* <math>H_{inv-hom}</math>: Abschluss unter inversen Homomorphismen:<br /> Wenn <math>L\in\mathcal{C}</math>, dann auch <math>H_{inv-hom}(\{L\}) = \{L' \mid \exist h\colon h \mbox{ ist Homomorphismus}: h[L']=L \} \in\mathcal{C}</math>
* <math>H_{\cup}</math>: Abschluss unter Vereinigung:<br /> <math>H_{\cup}(\mathcal{C}) = \{L | \exists L_1, L_2\in\mathcal{C}\colon L=L_1\cup L_2\}</math>
* <math>H_{\cup}</math>: Abschluss unter Vereinigung:<br /> <math>H_{\cup}(\mathcal{C}) = \{L \mid \exists L_1, L_2\in\mathcal{C}\colon L=L_1\cup L_2\}</math>
* <math>H_{\cap}</math>: Abschluss unter Durchschnitt:<br /> <math>H_{\cap}(\mathcal{C}) = \{L | \exists L_1, L_2\in\mathcal{C}\colon L=L_1\cap L_2\}</math>
* <math>H_{\cap}</math>: Abschluss unter Durchschnitt:<br /> <math>H_{\cap}(\mathcal{C}) = \{L \mid \exists L_1, L_2\in\mathcal{C}\colon L=L_1\cap L_2\}</math>
* <math>H_{\circ}</math>: Abschluss unter [[Konkatenation (Formale Sprache)|Konkatenation]]:<br /> <math>H_{\circ}(\mathcal{C}) = \{L | \exists L_1, L_2\in\mathcal{C}\colon L=L_1L_2\}</math>
* <math>H_{\circ}</math>: Abschluss unter [[Konkatenation (Formale Sprache)|Konkatenation]]:<br /> <math>H_{\circ}(\mathcal{C}) = \{L \mid \exists L_1, L_2\in\mathcal{C}\colon L=L_1L_2\}</math>
* <math>H_{kleene}</math>: Abschluss unter [[Kleenesche Hülle|Kleene-Stern]]:<br /> <math>H_{kleene}(\mathcal{C}) = \{L | \exists L'\in\mathcal{C}\colon L=L'^*\}</math>
* <math>H_{kleene}</math>: Abschluss unter [[Kleenesche Hülle|Kleene-Stern]]:<br /> <math>H_{kleene}(\mathcal{C}) = \{L \mid \exists L'\in\mathcal{C}\colon L=L'^*\}</math>


Wenn eine Klasse <math>\mathcal{C}</math> und einer der obigen Hüllenoperatoren <math>H</math> die Eigenschaft <math>H(\mathcal{C})=\mathcal{C}</math> haben, dann heißt <math>\mathcal{C}</math> unter der entsprechenden Operation (Homomorphismus, <math>\varepsilon</math>-freier Homomorphismus, inverser Homomorphismus, Vereinigung, Durchschnitt, Konkatenation bzw. Kleene-Stern) abgeschlossen.
Wenn eine Klasse <math>\mathcal{C}</math> und einer der obigen Hüllenoperatoren <math>H</math> die Eigenschaft <math>H(\mathcal{C})=\mathcal{C}</math> haben, dann heißt <math>\mathcal{C}</math> unter der entsprechenden Operation (Homomorphismus, <math>\varepsilon</math>-freier Homomorphismus, inverser Homomorphismus, Vereinigung, Durchschnitt, Konkatenation bzw. Kleene-Stern) abgeschlossen.
Zeile 84: Zeile 85:
|Datum=1982
|Datum=1982
|ISBN=3-411-01638-8}}
|ISBN=3-411-01638-8}}
* {{Literatur
|Autor=[[Bernhard Ganter]], Sergei Obiedkov
|Titel=Conceptual Exploration
|Verlag=Springer
|Ort=New York u.&nbsp;a.
|Datum=2016
|ISBN=978-3-662-49290-1}}
* {{Literatur
* {{Literatur
|Autor=[[John L. Kelley]]
|Autor=[[John L. Kelley]]

Version vom 19. Dezember 2017, 12:09 Uhr

Eine Menge aus 8 Punkten und ihre konvexe Hülle

In der Mathematik versteht man unter der Hülle einer Menge eine Obermenge, die groß genug ist, um bestimmte Anforderungen zu erfüllen, und zugleich die kleinste Menge ist, die diese Anforderungen erfüllt. Beispiele sind die konvexe Hülle einer Teilmenge eines Vektorraums, die abgeschlossene Hülle einer Teilmenge eines topologischen Raums oder die transitive Hülle einer zweistelligen Relation. Hüllenoperator bezeichnet die Vorschrift, durch die jeder Menge von Objekten ihre Hülle zugeordnet wird.

Definitionen

Ein Hüllenoperator ist eine extensive, monotone, idempotente Abbildung , die jeder Teilmenge einer gegebenen Menge wiederum eine Teilmenge von , nämlich die Hülle , zuordnet. Im Einzelnen bedeuten die Anforderungen:

Extensivität
, das heißt: Die Hülle von enthält mindestens die Menge selbst.
Monotonie oder Isotonie
, das heißt: Wenn Teilmenge von ist, so gilt das entsprechend auch für ihre Hüllen.
Idempotenz
, das heißt: Bildet man von der Hülle einer Menge nochmals die Hülle, so bleibt diese unverändert.

Aufgrund der beiden anderen Anforderungen genügt es auch, an Stelle der Idempotenz nur zu fordern, das heißt: Bildet man von der Hülle einer Menge nochmals die Hülle, so wird nichts mehr hinzugefügt.

Äquivalent zu den drei genannten Einzelforderungen ist folgende. heißt Hüllenoperator, wenn für alle gilt:

Einen Hüllenoperator nennt man auch Abschlussoperator, weil ein zu einer strukturierten Menge (einem topologischen Raum, einer algebraischen Struktur) gehörender Hüllenoperator jede Teilmenge dieser strukturierten Menge auf die kleinste Unterstruktur abbildet, die diese Teilmenge enthält. Die Unterstrukturen (abgeschlossene Mengen im topologischen Raum, algebraische Unterstrukturen) bilden aber gerade die bezüglich der gegebenen Struktur abgeschlossenen Teilmengen.

Hüllensysteme

Definition

Ein Hüllensystem ist ein unter beliebiger Schnittmengenbildung abgeschlossenes Mengensystem, d. h., ein Hüllensystem auf einer Menge ist eine aus Teilmengen von bestehende Menge mit folgenden Eigenschaften:

  • ist Element von .
  • Für jede nichtleere Teilmenge von ist der Schnitt der Elemente von ein Element aus , oder anders ausgedrückt: Der Durchschnitt von beliebig vielen Elementen von ist selbst ein Element von .

Betrachtet man als Grundmenge, so ist es in diesem Kontext sinnvoll, den allgemein mengentheoretisch nicht definierten Durchschnitt über die leere Menge als

zu definieren, denn nur so wird erreicht. Dadurch vereinfachen sich die beiden genannten Bedingungen zu der einzigen – gleichwertigen – Bedingung:

  • Für jede Teilmenge aus ist der Schnitt der Elemente von ein Element aus .

Zusammenhang zwischen Hüllensystemen und Hüllenoperatoren

Hüllenoperatoren und Hüllensysteme entsprechen einander:

  • Ist ein Hüllensystem auf , dann kann man einen Hüllenoperator auf wie folgt definieren:
für alle
Die Menge, über die hier der Durchschnitt gebildet wird, ist wegen nicht leer.
  • Umgekehrt kann aus jedem Hüllenoperator auf ein Hüllensystem auf gewonnen werden:

In vielen Anwendungsfällen hat man einen lediglich monotonen Operator gegeben, d. h., für jede Teilmenge ist auch und aus folgt Beispielsweise könnte für einen topologischen Raum jeder Punktmenge die Menge ihrer Häufungspunkte zuordnen, oder – falls eine Halbgruppe ist – jeder Menge die Menge aller Produkte von Elementen aus . Einen zugehörigen Hüllenoperator erhält man dann auf eine von zwei Weisen:

  • Sei der Durchschnitt aller Obermengen mit .
  • Sei die Vereinigung der Mengen

Beide Varianten liefern denselben Hüllenoperator. Man spricht dann auch vom Abschluss unter . Die erste Variante ist meist für theoretische, die zweite für praktische Anwendungen günstiger.

Es gibt einen einfachen und schnellen Algorithmus zur Erzeugung aller Hüllen eines gegebenen Hüllenoperators[1].

Beispiele

  • Betrachten wir die Ebene . Die konvexen Teilmengen der Ebene bilden ein Hüllensystem, der zugehörige Hüllenoperator ist die Bildung der konvexen Hülle einer Teilmenge.
  • Das minimal umgebende Rechteck ist ein Hüllenoperator für Intervalle (Quader).
  • Die abgeschlossenen Mengen eines topologischen Raumes bilden ein Hüllensystem. Der zugehörige Hüllenoperator bewirkt die Bildung der abgeschlossenen Hülle einer Teilmenge des zugrundeliegenden topologischen Raumes und wird nach dem polnischen Mathematiker Kuratowski manchmal auch als Kuratowskischer Hüllenoperator bezeichnet. Die abgeschlossene Hülle einer Teilmenge eines topologischen Raums ist die kleinste Obermenge, die abgeschlossen ist unter Grenzwertbildung von Netzen auf der jeweiligen Menge.
  • Ist eine Gruppe gegeben, so bilden ihre Untergruppen ein Hüllensystem. Der zugehörige Hüllenoperator ist die Bildung der Untergruppe, die von einer Teilmenge erzeugt wird.
  • Die Normalteiler einer Gruppe bilden ein Hüllensystem.
  • Jedes Idealsystem ist ein Hüllensystem.
  • Die Bildung der transitiven Hülle einer Relation ist ein Hüllenoperator.
  • Die beiden Verkettungen und einer Galoisverbindung sind Hüllenoperatoren.
  • Die Bildung der Kleeneschen Hülle einer formalen Sprache ist ein Hüllenoperator.
  • Der σ-Operator aus der Maßtheorie, der jeder Menge von Teilmengen eines Raumes die kleinste umfassende σ-Algebra zuordnet, ist ein Hüllenoperator. Genauso gibt es Hüllenoperatoren zur Erzeugung von Dynkin-Systemen und monotonen Klassen.
  • Die Inferenzoperation der formalen Logik ist ein Hüllenoperator.
  • Für den Hüllkörper zu einer Zahlenmenge wird verlangt, dass zu allen Elementen der Menge stets auch ihre Summe, ihr Produkt, ihre Differenz und ihr Quotient (außer bei Division durch Null) und die Zahlen 1 und 0 zur Menge gehören. Der Hüllkörper der Menge {0} ist somit bereits die Menge aller rationalen Zahlen. Erst wenn die Zahlenmenge mindestens eine irrationale Zahl (zum Beispiel ) enthält, ergibt sich ein Körper, der echt umfasst.
  • In jeder Unterkategorie von Set, die als Morphismen nur Inklusionsabbildungen enthält, ist jede Monade ein Hüllenoperator.

Anwendungen auf formale Sprachen und Komplexitätsklassen

Es sei eine Klasse von formalen Sprachen. Wir betrachten folgende Hüllenoperatoren auf :

  • : Abschluss unter Homomorphismen:
    Wenn , dann auch
  • : Abschluss unter -freien Homomorphismen, wie , aber
  • : Abschluss unter inversen Homomorphismen:
    Wenn , dann auch
  • : Abschluss unter Vereinigung:
  • : Abschluss unter Durchschnitt:
  • : Abschluss unter Konkatenation:
  • : Abschluss unter Kleene-Stern:

Wenn eine Klasse und einer der obigen Hüllenoperatoren die Eigenschaft haben, dann heißt unter der entsprechenden Operation (Homomorphismus, -freier Homomorphismus, inverser Homomorphismus, Vereinigung, Durchschnitt, Konkatenation bzw. Kleene-Stern) abgeschlossen.

Siehe auch

Literatur

  • Marcel Erné: Einführung in die Ordnungstheorie. Bibliographisches Institut, Mannheim u. a. 1982, ISBN 3-411-01638-8.
  • Bernhard Ganter, Sergei Obiedkov: Conceptual Exploration. Springer, New York u. a. 2016, ISBN 978-3-662-49290-1.
  • John L. Kelley: General Topology (= Graduate Texts in Mathematics. Band 27). Reprinted edition. Springer, New York u. a. 1975, ISBN 3-540-90125-6.
  • Heinrich Werner: Einführung in die allgemeine Algebra (= BI-Hochschultaschenbücher. Band 120). Bibliographisches Institut, Mannheim u. a. 1978, ISBN 3-411-00120-8.
  1. Ganter