„Eulersche Gleichungen (Kreiseltheorie)“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K φ
Fliehkraftpendel
Zeile 1: Zeile 1:
{{Dieser Artikel | erläutert die Eulerschen Kreiselgleichungen, zu anderen Bedeutungen siehe [[Eulersche Gleichungen]].}}
{{Dieser Artikel| erläutert die Eulerschen Kreiselgleichungen, zu anderen Bedeutungen siehe [[Eulersche Gleichungen]].}}


Die '''Euler’schen Kreiselgleichungen''' oder uneindeutig '''Euler’schen Gleichungen''' sind [[Bewegungsgleichung]]en für die [[Rotation (Physik)|Rotation]] eines [[Starrer Körper|starren Körpers]]. Es sind die Komponenten des für den Starrkörper in seinem [[Hauptträgheitsachse|Hauptachsensystem]] aufgeschriebenen [[Drallsatz]]es und stellen die wichtigste Grundgleichung der [[Kreiseltheorie]] dar.
Die '''Euler’schen Kreiselgleichungen''' oder uneindeutig '''Euler’schen Gleichungen''' sind [[Bewegungsgleichung]]en für die [[Rotation (Physik)|Rotation]] eines [[Starrer Körper|starren Körpers]]. Es sind die Komponenten des für den Starrkörper in seinem [[Hauptträgheitsachse|Hauptachsensystem]] aufgeschriebenen [[Drallsatz]]es und stellen die wichtigste Grundgleichung der [[Kreiseltheorie]] dar.


Wird der Körper einem [[Drehmoment]] ausgesetzt, entwickeln sich [[Kreiseltheorie#Kreiselwirkung|Kreiselwirkungen]], die versuchen die Eigendrehung mit der erzwungenen Drehung in Deckung zu bringen<ref>Grammel (1920), S. 70.</ref>. Die Kreiselwirkungen sind die summierten Drehmomente der [[Euler-Kraft|Eulerkräfte]] und [[Zentrifugalkraft|Zentrifugalkräfte]] an allen [[Massenpunkt]]en des Körpers. Das Moment und die Kreiselwirkungen befinden sich im [[Dynamisches Gleichgewicht (Technische Mechanik)|dynamischen Gleichgewicht]], was die Kreiselgleichungen ausdrücken:
Wird der Körper einem [[Drehmoment]] ausgesetzt, entwickeln sich [[Kreiselwirkung]]en, die versuchen die Eigendrehung mit der erzwungenen Drehung in Deckung zu bringen<ref>Grammel (1920), S. 70.</ref>. Die Kreiselwirkungen sind die summierten Drehmomente der [[Euler-Kraft|Eulerkräfte]] und [[Zentrifugalkraft|Zentrifugalkräfte]] an allen [[Massenpunkt]]en des Körpers. Das Moment und die Kreiselwirkungen befinden sich im [[Dynamisches Gleichgewicht (Technische Mechanik)|dynamischen Gleichgewicht]], was die Kreiselgleichungen ausdrücken:


{{Anker| Kreiselgleichungen}}
:<math>\begin{align}
:<math>\begin{align}
M_1 =& \Theta_1\dot{\omega}_1+(\Theta_3-\Theta_2)\omega_2\omega_3
M_1 =& \Theta_1\dot{\omega}_1+(\Theta_3-\Theta_2)\omega_2\omega_3
Zeile 22: Zeile 23:
: <math>\omega_k</math> die [[Winkelgeschwindigkeit]]en und
: <math>\omega_k</math> die [[Winkelgeschwindigkeit]]en und
: <math>\dot\omega_{k}</math> die [[Winkelbeschleunigung]]en
: <math>\dot\omega_{k}</math> die [[Winkelbeschleunigung]]en
im Hauptachsensystem. Gelegentlich wird auch die dazu gehörige Vektorgleichung
im Hauptachsensystem. Gelegentlich wird auch die dazu gehörige Vektorgleichung<ref>In der [[Formelsammlung Tensoralgebra#Kreuzprodukt eines Vektors mit einem Tensor|Tensoralgebra]] kann auf Klammerungen verzichtet werden:<br />
:<math>(\vec L\cdot\mathbf{\Theta}^{-1})\times\vec L
=\vec L\cdot(\mathbf{\Theta}^{-1}\times\vec L)
=\vec L\cdot\mathbf{\Theta}^{-1}\times\vec L</math></ref>


:<math>\vec M=\mathbf{\Theta}\cdot\dot{\vec\omega}+\vec\omega\times\left(\mathbf{\Theta}\cdot\vec\omega\right)
:<math>\vec M=\mathbf{\Theta}\cdot\dot{\vec\omega}
+\vec\omega\times\mathbf{\Theta}\cdot\vec\omega
= \frac{\mathrm{d}_r}{\mathrm{d}t}\vec L+\left(\mathbf{\Theta}^{-1}\cdot\vec L\right)\times\vec L
= \frac{\mathrm{d}_r}{\mathrm{d}t}\vec L
+\vec L\cdot\mathbf{\Theta}^{-1}\times\vec L
</math>
</math>


mit dem [[Trägheitstensor]] <math>\mathbf{\Theta}</math> als Euler’sche Kreiselgleichung angegeben. Hier bildet „·“ die [[Formelsammlung Tensoralgebra#Vektortransformation|Vektortransformation]], „ד das [[Kreuzprodukt]] und <math>\tfrac{\mathrm{d}_r}{\mathrm{d}t}</math> die [[Zeitableitung#Relative Zeitableitung|relative Zeitableitung]] im Hauptachsensystem.
mit dem [[Trägheitstensor]] <math>\mathbf{\Theta}</math> als Euler’sche Kreiselgleichung angegeben. Hier bildet „·“ die [[Formelsammlung Tensoralgebra#Vektortransformation|Vektortransformation]], „ד das [[Kreuzprodukt]] und <math>\tfrac{\mathrm{d}_r}{\mathrm{d}t}</math> die [[Zeitableitung#Relative Zeitableitung|relative Zeitableitung]] im Hauptachsensystem.


Die Drehmomente, Hauptträgheitsmomente und Drehimpulse werden mit einem Bezugspunkt berechnet, für den sich der [[Massenmittelpunkt]] oder ein räumlich fester, in einem [[Inertialsystem]] ruhender Stützpunkt eignen, siehe [[Drallsatz#Drallsatz am Starren Körper|Drallsatz am starren Körper]].
Die Drehmomente, Hauptträgheitsmomente und Drehimpulse werden mit einem Bezugspunkt berechnet, für den sich der [[Massenmittelpunkt]] oder ein unbeschleunigter, in einem [[Inertialsystem]] ruhender Stützpunkt eignen, siehe [[Drallsatz#Drallsatz am Starren Körper|Drallsatz am starren Körper]].


Die ersten Summanden auf den rechten Seiten, bestehend aus den Winkelbeschleunigungen und Drehimpulsänderungen, resultieren aus den Kreiselwirkungen der Euler-Kräfte und die anderen, in den Winkelgeschwindigkeiten und Drehimpulsen quadratischen Terme berücksichtigen die Kreiselwirkungen der Zentrifugalkräfte. Wenn die Bewegung bekannt ist, dann können aus diesen Gleichungen die Momente berechnet werden, die im Bezugspunkt eingeleitet werden müssen, damit der Körper die vorgegebene Bewegung ausführt.
Die ersten Summanden auf den rechten Seiten, bestehend aus den Winkelbeschleunigungen und Drehimpulsänderungen, resultieren aus den Kreiselwirkungen der Euler-Kräfte und die anderen, in den Winkelgeschwindigkeiten und Drehimpulsen quadratischen Terme berücksichtigen die Kreiselwirkungen der Zentrifugalkräfte. Wenn die Bewegung bekannt ist, dann können aus diesen Gleichungen die Momente berechnet werden, die im Bezugspunkt eingeleitet werden müssen, damit der Körper die vorgegebene Bewegung ausführt.
Zeile 37: Zeile 43:


== Spezialfälle ==
== Spezialfälle ==
=== Euler-Poisson-Gleichungen ===
{{Hauptartikel| Euler-Poisson-Gleichungen}}
Die Euler-Poisson-Gleichungen sind die spezifischen Kreiselgleichungen für den [[Schwerer Kreisel| schweren Kreisel]], bei dem das äußere Moment von der [[Schwerkraft]] herrührt. Die klassische [[Kreiseltheorie]] ist fast ausschließlich dem schweren Kreisel mit Stützpunkt gewidmet und es wurde viel Aufwand in das Auffinden exakter Lösungen gesteckt. Eine Auflistung einiger dieser Lösungen<ref>Magnus (1971), S. 109.</ref> findet sich im Hauptartikel.

=== Kugelkreisel ===
=== Kugelkreisel ===
Ein [[Kreisel#Einteilung|Kugelkreisel]] ist ein Kreisel mit drei identischen Hauptträgheitsmomenten Θ, sodass sich die Kreiselgleichungen dann auf
Ein [[Kreisel#Einteilung|Kugelkreisel]] ist ein Kreisel mit drei identischen Hauptträgheitsmomenten Θ, sodass sich die Kreiselgleichungen dann auf
Zeile 43: Zeile 53:


reduzieren. Die Winkelbeschleunigung ist beim Kugelkreisel also parallel zum angreifenden Moment. Beim Kugelkreisel sind die [[Fliehkraft| Fliehkräfte]] im Körper immer im [[Mechanisches Gleichgewicht| mechanischen Gleichgewicht]]. Ein Vergleich mit den [[Bewegungsgleichung]]en bei einer [[Translationsbewegung]] zeigt, dass der Kugelkreisel das genaue Analogon des [[Massenpunkt]]s bei [[Rotation (Physik)| Rotationsbewegungen]] ist.
reduzieren. Die Winkelbeschleunigung ist beim Kugelkreisel also parallel zum angreifenden Moment. Beim Kugelkreisel sind die [[Fliehkraft| Fliehkräfte]] im Körper immer im [[Mechanisches Gleichgewicht| mechanischen Gleichgewicht]]. Ein Vergleich mit den [[Bewegungsgleichung]]en bei einer [[Translationsbewegung]] zeigt, dass der Kugelkreisel das genaue Analogon des [[Massenpunkt]]s bei [[Rotation (Physik)| Rotationsbewegungen]] ist.

=== Euler-Poisson-Gleichungen ===
{{Hauptartikel| Schwerer Kreisel}}
Die Euler-Poisson-Gleichungen sind die spezifischen Kreiselgleichungen für den schweren Kreisel, bei dem das äußere Moment von der [[Schwerkraft]] herrührt. Wenn der Bezugspunkt nicht im [[Massenmittelpunkt]] des Körpers liegt, muss der Bezugspunkt für die Anwendung der Kreiselgleichungen in einem [[Inertialsystem]] ruhen.


=== Ebene Bewegungen ===
=== Ebene Bewegungen ===
Zeile 60: Zeile 66:
=== Anstoß einer Billardkugel ===
=== Anstoß einer Billardkugel ===
[[Datei:billardstoss.png|mini|Abb. 1: Anstoß einer Billardkugel parallel zur Tischplatte]]
[[Datei:billardstoss.png|mini|Abb. 1: Anstoß einer Billardkugel parallel zur Tischplatte]]
Parallel zur Tischplatte soll eine [[Billardkugel]] mit Radius <math>r</math>, Masse <math>m</math> und Massenträgheitsmoment <math>\Theta</math> so angestoßen werden, dass sie nicht über den Tisch rutscht, siehe Abb.&nbsp;1. Es stellt sich die Frage, in welcher Höhe <math>h</math> über der Platte die Kraft <math>F</math> eingeleitet werden muss, damit für das schlupflose Rollen keine Reibkraft am Tisch notwendig ist.
Parallel zur Tischplatte soll eine [[Billardkugel]] mit Radius ''r'', Masse ''m'' und Massenträgheitsmoment Θ so angestoßen werden, dass sie nicht über den Tisch rutscht, siehe Abb.&nbsp;1. Es stellt sich die Frage, in welcher Höhe ''h'' über der Platte die Kraft ''F'' eingeleitet werden muss, damit für das schlupflose Rollen keine Reibkraft am Tisch notwendig ist.


Die exzentrisch an der Kugel angreifende horizontale Kraft entwickelt ein Moment <math>M = -(h-r)F</math>, das die Kugel gemäß der Kreiselgleichung
Die exzentrisch an der Kugel angreifende horizontale Kraft entwickelt ein Moment ''M&nbsp;=&nbsp;-(h-r)F'' um den Massenmittelpunkt, das die Kugel gemäß der Kreiselgleichung
:<math>M=-(h-r)F=\Theta\ddot\varphi</math>
:<math>M=-(h-r)F=\Theta\ddot\varphi</math>
in Drehung versetzt. Das Moment ist negativ, weil es entgegen der Zählrichtung des Drehwinkels ''φ'' wirkt. Außerdem beschleunigt die Kraft die Kugel gemäß dem Gesetz „[[Newtonsche Axiome#Zweites newtonsches Gesetz|Kraft gleich Masse mal Beschleunigung]]“:
in Drehung versetzt. Das Moment ist negativ, weil es entgegen der Zählrichtung des Drehwinkels ''φ'' wirkt. Außerdem beschleunigt die Kraft die Kugel gemäß dem Gesetz „[[Newtonsche Axiome#Zweites newtonsches Gesetz|Kraft gleich Masse mal Beschleunigung]]“:
Zeile 72: Zeile 78:
:<math>\ddot x=-r\ddot\varphi</math>
:<math>\ddot x=-r\ddot\varphi</math>


schließt das Gleichungssystem für die drei Unbekannten <math>h</math>, <math>\phi</math> und <math>x</math> ab. Damit berechnet sich
schließt das Gleichungssystem für die drei Unbekannten ''h, φ'' und ''x'' ab. Damit berechnet sich


:<math>-(h-r)F=\Theta\ddot\varphi=-\frac{\Theta}{r}\ddot x=-\frac{\Theta}{mr}F
:<math>-(h-r)F=\Theta\ddot\varphi=-\frac{\Theta}{r}\ddot x=-\frac{\Theta}{mr}F
Zeile 79: Zeile 85:
\,.</math>
\,.</math>


Bei einer massiven homogenen Kugel ist das [[Massenträgheitsmoment#Hauptträgheitsmomente einfacher geometrischer Körper|Massenträgheitsmoment]] <math>\Theta=\tfrac{2}{5}mr^2</math> und somit
Bei einer massiven homogenen Kugel ist das [[Massenträgheitsmoment#Hauptträgheitsmomente einfacher geometrischer Körper|Massenträgheitsmoment]] Θ&nbsp;=&nbsp;{{Bruch|2|5}}mr² und somit


:<math>h=\frac{7}{5}r=\frac{7}{10}d\,,</math>
:<math>h=\frac{7}{5}r=\frac{7}{10}d\,,</math>


wobei <math>d = 2 r</math> der [[Durchmesser]] der Kugel ist.
wobei ''d&nbsp;=&nbsp;2r'' der [[Durchmesser]] der Kugel ist.


=== Ein eine schiefe Ebene hinabrollendes Rad ===
=== Ein eine schiefe Ebene hinabrollendes Rad ===
Zeile 89: Zeile 95:
In einer ebenen Bewegung rolle ein Rad mit Radius ''r'', Masse ''m'' und Massenträgheitsmoment Θ eine mit dem Winkel ''α'' geneigte Ebene unter Einfluss einer Schwerebeschleunigung ''g'' hinab, siehe Abb. 2. Weil sich das Rad dabei auch translatorisch bewegt, geht auch seine Masse in die Beschleunigung ein. Die Beschleunigung wächst jedoch, wenn das Massenträgheitsmoment abnimmt.
In einer ebenen Bewegung rolle ein Rad mit Radius ''r'', Masse ''m'' und Massenträgheitsmoment Θ eine mit dem Winkel ''α'' geneigte Ebene unter Einfluss einer Schwerebeschleunigung ''g'' hinab, siehe Abb. 2. Weil sich das Rad dabei auch translatorisch bewegt, geht auch seine Masse in die Beschleunigung ein. Die Beschleunigung wächst jedoch, wenn das Massenträgheitsmoment abnimmt.


Aufgrund des [[schlupf]]losen Abrollens entsteht am Aufstandspunkt des Rades eine Reibkraft ''R'', die das Rad in Drehung versetzt, denn es entspricht einem Moment ''M''=-''r R''. Es ist negativ, weil es entgegen der Zählrichtung des Drehwinkels ''φ'' arbeitet. Damit lautet die Kreiselgleichung im ebenen Fall:
Aufgrund des [[schlupf]]losen Abrollens entsteht am Aufstandspunkt des Rades eine Reibkraft ''R'', die das Rad in Drehung versetzt, denn es entspricht einem Moment ''M''=-''r&nbsp;R'' um den Massenmittelpunkt. Das Moment ist negativ, weil es entgegen der Zählrichtung des Drehwinkels ''φ'' arbeitet. Damit lautet die Kreiselgleichung im ebenen Fall:


:<math>-r R=\Theta\ddot\varphi\,.</math>
:<math>-r R=\Theta\ddot\varphi\,.</math>


Die auf das Rad hangabwärts wirkende Komponente ''F'' der Gewichtskraft ''mg'' hat die Größe ''F''=''mg''sin(''α''). Ihr entgegen steht die Reibkraft, so dass nach dem [[Newtonsche Axiome#Zweites newtonsches Gesetz|zweiten newtonschen Gesetz]] gilt:
Die auf das Rad hangabwärts wirkende Komponente ''F'' der Gewichtskraft ''mg'' hat die Größe ''F''=''mg''sin(''α''). Ihr entgegen steht die Reibkraft, sodass nach dem [[Newtonsche Axiome#Zweites newtonsches Gesetz|zweiten newtonschen Gesetz]] gilt:


:<math>F-R=m\ddot x
:<math>F-R=m\ddot x
Zeile 106: Zeile 112:
Ein hangabwärts, reibungsfrei rutschender Klotz erfährt die Beschleunigung <math>\ddot x=g\sin(\alpha)</math>, die größer ist als die des Rades, denn beim Rad wird ein Teil der [[Potentielle Energie|potentiellen Energie]] in [[Rotationsenergie]] umgesetzt, die dann für die Translation fehlt.
Ein hangabwärts, reibungsfrei rutschender Klotz erfährt die Beschleunigung <math>\ddot x=g\sin(\alpha)</math>, die größer ist als die des Rades, denn beim Rad wird ein Teil der [[Potentielle Energie|potentiellen Energie]] in [[Rotationsenergie]] umgesetzt, die dann für die Translation fehlt.


== Beispiel: Fliehkraftpendel ==
== Lösungen der Kreiselgleichungen bei räumlichen Bewegungen ==
Ein bemerkenswerter Spezialfall der Euler’schen Kreiselgleichungen ist die "Perle auf rotierendem Kreisring im Schwerefeld"<ref name="eckelt">{{Internetquelle
Für die technische Anwendung gibt es bedeutsame Spezialfälle, bei denen sich die Kreiselgleichungen soweit vereinfachen, dass sie [[integrabel]] sind. In diesen Fällen weisen die [[Trajektorie (Physik)| Trajektorien]] des Kreisels einen zumindest [[Fastperiodische Funktion|quasi-periodischen]] Verlauf auf, können die verschiedenen Bewegungsmodi klassifiziert und die Zeitfunktionen der Variablen sowie ihre geometrische Bedeutung angegeben werden. Insbesondere beim Kowalewskaja-Kreisel und im Goryachew-Chaplygin Fall sind die analytischen Lösungen so kompliziert, dass die Herausarbeitung der vorgenannten typischen Eigenschaften der Bewegung äußerst aufwändig ist. Hier helfen topologische Analyse ([[Bifurkationsdiagramm]]), [[Stabilitätstheorie| Stabilitätsanalyse]], [[Phasenraum]]-Diagramme und [[Computeranimation]]en dabei, Einblicke in die Vorgänge im Kreisel zu erhalten und deren typischen Eigenschaften heraus zu arbeiten. Die so erzielten Ergebnisse können praktische Anwendungen motivieren<ref name="borisov" />. Auch die ''kinetische Analogie'' mit den von [[Gustav Robert Kirchhoff|Kirchhoff]] für elastische Filamente aufgestellten Gleichungen ist nützlich bei der Analyse möglicher Lösungen.<ref>{{Literatur | Autor= Basile Audoly, Yves Pomeau| Titel= Elasticity and Geometry: From Hair Curls to the Non-linear Response of Shells| Auflage= | Verlag= Oxford University Press | Ort= | Jahr=2018 | ISBN=978-0198826262 | Seiten=}}</ref>
| autor=P. Eckelt
| hrsg=Institut für Theoretische Physik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
| url=http://pauli.uni-muenster.de/tp/fileadmin/lehre/skripte/eckelt/thmech.pdf
| format=PDF
| titel=Theoretische Mechanik
| seiten=11 bis 13
| datum=2000
| zugriff=2016-07-16
| kommentar=siehe auch die dort angegebenen Quellen
}}</ref><ref name="arnold">Arnold (1988), S. 95 f.</ref>, das [[Konisches Pendel|konische]] oder Fliehkraftpendel, denn es hat überraschende Eigenschaften. In Worten der Kreiseltheorie handelt es sich um einen [[Schwerer Kreisel| schweren Kreisel]], der in einem Punkt festgehalten wird und bei dem die Eigendrehung um die Pendelachse durch äußere Momente verhindert und die Präzessionsgeschwindigkeit konstant gehalten wird. Die besonderen Eigenschaften treten bei beliebiger Lage des [[Massenmittelpunkt]]s und anfänglicher Ausrichtung der Hauptachsen auf. Vereinfachungen ergeben sich mit Massenmittelpunkt auf der 1-Achse und permanent horizontaler 3-Achse des [[Hauptträgheitsachse| Hauptachsen]]&shy;systems.


=== Kinematik ===
Die folgende Tabelle enthält eine Auswahl räumlicher Bewegungen von Kreiseln, in denen bis Anfang des 21. Jahrhunderts exakte Lösungen der Kreiselgleichungen gelungen sind<ref>Magnus (1971), S. 108.</ref>.
Vom [[Euler-Kreisel]] werden die Basiseinheitsvektoren und die Bezeichnungen der Winkel übernommen. Die 1-Achse trägt den [[Massenmittelpunkt]] (s&nbsp;:=&nbsp;s<sub>1</sub>&nbsp;>&nbsp;0, s<sub>2,3</sub>&nbsp;=&nbsp;0). Die Winkelgeschwindigkeiten lauten bei horizontaler 3-Achse (ϑ&nbsp;≡&nbsp;90°):


:<math>\begin{align}
{| class="wikitable"
\mu:=&\dot\psi=p\sin(\varphi)+q\cos(\varphi)
|-
,\;
! Entdecker !! Hauptträgheits-<br/>momente !! Lage des<br/>Schwerpunkts !! Anfangs&shy;be&shy;din&shy;gun&shy;gen (''t''&nbsp;=&nbsp;0)
\dot\vartheta=p\cos(\varphi)-q\sin(\varphi)\equiv0
|-
\\
| [[Leonhard Euler]]<br/>siehe [[Euler-Kreisel]] || beliebig
p=&\mu\sin(\varphi),\;q=\mu\cos(\varphi),\;r=\dot\varphi
| ''s''<sub>1</sub>=''s''<sub>2</sub>=''s''<sub>3</sub>=0 || beliebig
\end{align}</math>
|-
| [[Joseph-Louis Lagrange]]<br/>siehe [[Lagrange-Kreisel]]
| A=B || ''s''<sub>1</sub>=''s''<sub>2</sub>=0, ''s''<sub>3</sub>≠0 || beliebig
|-
| [[Sofia Kowalewskaja]]<br/>siehe [[Kowalewskaja-Kreisel]]|| A=B=2C
| <math>s_1^2+s_2^2\ne0,\,s_3=0</math> || beliebig
|-
| [[Wilhelm Hess (Mathematiker)|Wilhelm Hess]]<br/>siehe [[Hesssches Pendel]] || beliebig
| <math>\frac{s_1}{s_3}=\sqrt{\tfrac{C(A-B)}{A(B-C)}}</math><br/>''s''<sub>2</sub>=0
| <math>\vec L\cdot\vec s=0</math>
|-
| [[Dmitri Nikanorowitsch Gorjatschew|Gorjatschew]] und [[Sergei Alexejewitsch Tschaplygin|Chaplygin]]<br/>
siehe [[Gorjatschew-Tschaplygin-Kreisel]]
| A=B=4C || <math>s_1^2+s_2^2\ne0,\,s_3=0</math> || ''L''<sub>z</sub>=0
|-
| [[Nikolai Iwanowitsch Merzalow|Merzalow]] || A=B=4C || <math>s_1^2+s_2^2\ne0,\,s_3=0</math>
| ''ω''<sub>3</sub> = 0
|-
| Bobylev und [[Wladimir Andrejewitsch Steklow|Steklow]]<br/>siehe [[Bobylew-Steklow-Lösung]]
| 2A=C || ''s''<sub>1</sub>=''s''<sub>2</sub>=0, ''s''<sub>3</sub>≠0 || <math>\omega_2=\dot\omega_2=0</math>
|-
| [[Otto Staude]]<br/>siehe [[Staude-Drehung]] || beliebig || beliebig
| <math>\vec\omega=\Omega\hat e_z</math><br/><math>(\vec\omega\times\vec L)\cdot\vec s=0</math>
|-
| [[Giuseppe Grioli]]<br/>siehe [[Griolische Präzession]]
| beliebig
| <math>\frac{s_1}{s_3}=\sqrt{\tfrac{A-B}{B-C}}</math><br/>''s''<sub>2</sub>=0
| Bis auf einen Freiheitsgrad eindeutig festgelegt
|}


Der Winkel ϑ ist unveränderlich, wenn er anfangs keine [[Zeitableitung]] hat und dauerhaft keine Beschleunigung erfährt.
In der Tabelle sind A, B, C=θ<sub>1,2,3</sub> die Hauptträgheitsmomente und s<sub>1,2,3</sub> die (konstanten) Koordinaten des Massenmittelpunkts im Hauptachsensystem.

=== Kinetik ===
Die [[Hauptträgheitsmoment]]e seien A, B und C um die 1-, 2- bzw. 3-Achse. Im Hauptachsensystem wirken zusätzlich zum Schweremoment äußere Momente M<sub>1,2</sub> in 1- bzw. 2-Richtung, um Winkelbeschleunigungen von ϑ und ''ψ'' zu unterdrücken. Die Kreiselgleichungen in 1- und 2-Richtung dienen nur der Bestimmung dieser Momente, die hier jedoch nicht interessieren. Bemerkenswert ist jedoch, dass diese Drehmomente eine zeitliche Änderung des vertikalen Drehimpulses bedingen<ref name="eckelt"/>, der bei [[Schwerer Kreisel|schweren Kreiseln]] immer konstant ist. Um die 3-Richtung kann das Pendel frei drehen und die dritte der Kreiselgleichungen

:<math>\dot r=\frac1C[-mgs\cos(\varphi)-(B-A)pq]</math>

formuliert mit den Euler-Winkeln liefert dafür die Bewegungsgleichung:

{{Anker|phipp}}
{{NumBlk|:|<math>
\ddot\varphi=\frac1C[(A-B){\mu}^2\sin(\varphi)-mgs]\cos(\varphi)
</math>|*}}

=== Gleichgewichtslagen ===
Im Gleichgewicht verschwindet in [[#phipp|(*)]] die Winkelbeschleunigung:

:<math>C\ddot\varphi=[(A-B){\mu}^2\sin(\varphi)-mgs]\cos(\varphi)=0</math>.

Anders als beim sich selbst überlassenen [[Lagrange-Kreisel]] ist eine Präzession mit waagerechter Achse (''φ''&nbsp;=&nbsp;0) unmöglich. Mangels Eigendrehung gibt es hier keine [[Kreiselwirkung]], die das Schweremoment ausgleichen könnte. Das Gleichgewicht mit lotrechter 1-Achse (''φ''&nbsp;=&nbsp;±90°) ist allen Kreiseln zugänglich – auch dem [[Kugelkreisel]], der nur dort Gleichgewicht findet. Bei ''A&nbsp;≠&nbsp;B'' ergeben sich die Gleichgewichtslagen aus

:<math>
\left[\sin(\varphi)-\frac{mgs}{(A-B){\mu}^2}\right]\cos(\varphi)=0
</math>

Wenn ''A&nbsp;-&nbsp;B'' dasselbe Vorzeichen wie sin(''φ'') hat, kann der Term in der eckigen Klammer null werden. Dazu muss

:<math>|\sin(\varphi)|\le1
\quad\leftrightarrow\quad
{\mu}^2\ge\frac{mgs}{|A-B|}=:\mu_c^2</math>

erfüllt sein. Der Kreisel muss eine kritische Drehgeschwindigkeit ''μ''<sub>c</sub> überschreiten, damit diese Gleichgewichtslage abseits der Senkrechten existiert. Beim ''abgeplatteten'' Kreisel weist die 1-Achse im Gleichgewicht nach oben (ist ''A&nbsp;>&nbsp;B'' und sin(''φ'')&nbsp;>&nbsp;0) und beim ''gestreckten'' nach unten (ist ''A&nbsp;<&nbsp;B'' und sin(''φ'')&nbsp;<&nbsp;0).

Das Hauptträgheitsmoment ''A'' gehört zur 1- oder Pendelachse, die den Massenmittelpunkt enthält, und ''B'' zur 2-Achse, die zur Pendelachse und zur horizontalen 3-Achse senkrecht ist. Analog zum [[Symmetrischer Kreisel| symmetrischen Kreisel]] wird das Pendel hier und im folgenden ''abgeplattet'' genannt, wenn ''A&nbsp;>&nbsp;B'', und ''gestreckt'', wenn ''B&nbsp;>&nbsp;A''.

=== Energiebetrachtung ===
Multiplikation der Bewegungsgleichung [[#phipp|(*)]] mit <math>\dot\varphi</math> ermöglicht eine Zeitintegration:

:<math>E=
\frac{C}{2}{\dot\varphi}^2+\frac{B-A}{2}{\mu}^2\sin^2(\varphi)
+mgs\sin(\varphi)
</math>

Die [[Integrationskonstante]] ''E'' ist die Energie des Pendels im rotierenden System:<ref name="eckelt"/>
* der erste Summand trägt die [[Rotationsenergie]] um die 3-Achse bei,
* der zweite Summand ist das [[Zentrifugalkraft#Zentrifugalpotential|Zentrifugalpotential]] der Präzession und
* der dritte Summand steht für die [[Lageenergie]] im Schwerefeld der Erde.

Die Energie und ihre Ableitungen (·)' nach ''φ'' ergeben sich mit der Abkürzung <math>z:=\tfrac{mgs}{(A-B){\mu}^2}</math> zu

:<math>\begin{align}
E=&\frac{C}{2}{\dot\varphi}^2
+(B-A)\mu^2\bigg(\frac{\sin^2(\varphi)}{2}-z\sin(\varphi)\bigg)
\\
E':=&(B-A)\mu^2[\sin(\varphi)-z]\cos(\varphi)
\\
E'':=&(B-A)\mu^2[1+z \sin(\varphi)-2\sin^2(\varphi)]
\end{align}</math>

Beim gestreckten Kreisel ist ''B&nbsp;>&nbsp;A'' und ''z''&nbsp;<&nbsp;0 und beim abgeplattenten Kreisel ist ''B&nbsp;<&nbsp;A'' sowie ''z''&nbsp;>&nbsp;0. Stabilität liegt in einem Energieminimum vor, wo ''E'''&nbsp;=&nbsp;0 und ''E''"&nbsp;>&nbsp;0 ist. Die Energie ist stationär in [[#Gleichgewichtslagen]] bei ''φ''&nbsp;=&nbsp;90°, ''φ''&nbsp;=&nbsp;-90° oder wo sin(''φ'')&nbsp;=&nbsp;''z'':<sup>▼</sup>
;Aufrechtes Pendel ''φ''&nbsp;=&nbsp;90°
: Hier ist ''E"&nbsp;=&nbsp;(A-B)μ²(1-z)''. Der obere Totpunkt ist beim gestreckten Kreisel stabil, wenn ''z''&nbsp;>&nbsp;1, also nie, und beim abgeplatteten, wenn ''z''&nbsp;<&nbsp;1 oder |''μ''|&nbsp;>&nbsp;|''μ''<sub>c</sub>|.
;Hängendes Pendel ''φ''&nbsp;=&nbsp;-90°
: Hier ist ''E"&nbsp;=&nbsp;(A-B)μ²(1+z)''. Der untere Totpunkt ist beim gestreckten Kreisel stabil, wenn ''z''&nbsp;<&nbsp;-1, also |''μ''|&nbsp;<&nbsp;|''μ''<sub>c</sub>|, und beim abgeplatteten, wenn ''z''&nbsp;>&nbsp;-1, also immer. Die [[Pitchfork-Bifurkation]]<ref name="eckelt" /> tritt nur beim gestreckten Kreisel auf. Im Gegensatz dazu ist der [[Lagrange-Kreisel#Lotrecht hängender Kreisel|lotrecht hängende Lagrange-Kreisel]] immer stabil<ref>Grammel (1920), S.111.</ref>, siehe dort.
;Gleichgewichtslage mit sin(''φ'')&nbsp;=&nbsp;''z''
: Hier ist ''E"&nbsp;=&nbsp;(A-B)μ²(z²-1)''. Diese Position ist beim gestreckten Kreisel stabil, wenn ''z''<sup>&thinsp;2</sup>&nbsp;<&nbsp;1, also immer, und beim abgeplatteten, wenn ''z''<sup>&thinsp;2</sup>&nbsp;>&nbsp;1, also nie.

<sup>▼</sup> Es genügt nur den Bereich -90°&nbsp;≤&nbsp;''φ''&nbsp;≤&nbsp;90° zu betrachten, da die Bewegung vom Präzessionswinkel ''ψ'' unabhängig ist.

=== Schwingungen ===
Die Gleichung [[#phipp|(*)]] kann um [[#Gleichgewichtslagen]] ''φ''<sub>0</sub>, wo ''z''&nbsp;=&nbsp;sin(''φ''<sub>0</sub>) ist, linearisiert werden. Dazu wird ''φ''&nbsp;=&nbsp;''φ''<sub>0</sub>+''δ'' mit konstantem ''φ''<sub>0</sub> und kleiner Abweichung ''δ'' angenommen. Die Drehbeschleunigung

:<math>
C\ddot\varphi=C\ddot\delta
=(A-B){\mu}^2\sin(\varphi_0+\delta)\cos(\varphi_0+\delta)
-mgs\cos(\varphi_0+\delta)
</math>

entwickelt sich mit den [[Formelsammlung Trigonometrie #Additionstheoreme|Additionstheoremen]] und sin(''δ'')&nbsp;≈&nbsp;''δ'', cos(''δ'')&nbsp;≈&nbsp;1 zur [[Schwingungsgleichung]]

:<math>
\ddot\delta+\frac{B-A}{C}{\mu}^2\cos^2(\varphi_0)\delta=0
</math>

Beim gestreckten Kreisel ist ''B&nbsp;>&nbsp;A'' und der Rückstellterm immer positiv, weswegen der gestreckte Kreisel kleine Schwingungen um Gleichgewichtslagen ausführen kann. Beim abgeplattenten Kreisel ist wegen ''B&nbsp;<&nbsp;A'' der Rückstellterm negativ. Daher kann der abgeplattete Kreisel keine Schwingungen um Gleichgewichtslagen abseits der Senkrechten ausführen, was im Einklang mit den Ergebnissen aus der [[#Energiebetrachtung]] ist.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Poinsotsche Konstruktion]]: grafische Beschreibung der momentenfreien Bewegung.
* [[Kreiseltheorie]]
* [[Trägheitsellipsoid]]
* [[Physikalisches Pendel]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references>
<references>
<ref name="borisov">
{{Literatur
| Autor=A. V. Borisov, I. S. Mamaev
| Titel=Euler-Poisson Equations and Integrable Cases
| Datum=2001
| Sprache=en
| Kommentar=Enthält Lösungen der Kreiselgleichungen, deren ausführliche Beschreibung und weiter führende Literaturangaben.
| arxiv=nlin/0502030
| DOI=10.1070/RD2001v006n03ABEH000176}}
</ref>
<ref name="truesdell">
<ref name="truesdell">
{{Literatur
{{Literatur
|Autor=[[Clifford Truesdell]]
| Autor=[[Clifford Truesdell]]
|Hrsg=[[Gesellschaft für Angewandte Mathematik und Mechanik]]
| Hrsg=[[Gesellschaft für Angewandte Mathematik und Mechanik]]
|Titel=Die Entwicklung des Drallsatzes
| Titel=Die Entwicklung des Drallsatzes
|Sammelwerk=[[Zeitschrift für Angewandte Mathematik und Mechanik]]
| Sammelwerk=[[Zeitschrift für Angewandte Mathematik und Mechanik]]
|Reihe=Heft 4/5
| Reihe=Heft 4/5
|Band=44
| Band=44
|Datum=1964-04
| Datum=1964-04
|Seiten=149 – 158
| Seiten=149 – 158
|Online=http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/zamm.19640440402/abstract
| Online=http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/zamm.19640440402/abstract
|DOI=10.1002/zamm.19640440402}}
| DOI=10.1002/zamm.19640440402}}
</ref>
</ref>
</references>
</references>
Zeile 182: Zeile 245:
== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur
* {{Literatur
|Autor=Herbert Goldstein, Charles P. Poole, Jr, John L. Safko
| Autor=Herbert Goldstein, Charles P. Poole, Jr, John L. Safko
|Titel=Klassische Mechanik
| Titel=Klassische Mechanik
|Auflage=3.
| Auflage=3.
|Verlag=Wiley-VCH
| Verlag=Wiley-VCH
|Ort=Weinheim
| Ort=Weinheim
|Datum=2006
| Datum=2006
|ISBN=3-527-40589-5}}
| ISBN=3-527-40589-5}}
* {{Literatur
* {{Literatur
|Autor=K. Magnus
| Autor=K. Magnus
|Titel=Kreisel
| Titel=Kreisel
|TitelErg=Theorie und Anwendungen
| TitelErg=Theorie und Anwendungen
|Verlag=Springer
| Verlag=Springer
|Ort=Berlin / Heidelberg / New York
| Ort=Berlin / Heidelberg / New York
|Datum=1971
| Datum=1971
|Seiten=49
| Seiten=49
|ISBN=3-540-05198-8}}
| ISBN=3-540-05198-8}}
* {{Literatur
* {{Literatur
|Autor=[[Richard Grammel| R. Grammel]]
| Autor=[[Richard Grammel| R. Grammel]]
|Titel=Der Kreisel
| Titel=Der Kreisel
|TitelErg=Seine Theorie und seine Anwendungen
| TitelErg=Seine Theorie und seine Anwendungen
|Verlag=Vieweg Verlag
| Verlag=Vieweg Verlag
|Ort=Braunschweig
| Ort=Braunschweig
|Datum=1920
| Datum=1920
|Seiten=45
| Seiten=45
|Online=https://archive.org/details/derkreiselseine00gramgoog
| Online=https://archive.org/details/derkreiselseine00gramgoog
|Kommentar=„Schwung“ bedeutet Drehimpuls, „Drehstoß“ Drehmoment und „Drehwucht“ Rotationsenergie
| Kommentar=„Schwung“ bedeutet Drehimpuls, „Drehstoß“ Drehmoment und „Drehwucht“ Rotationsenergie
|DNB=451641280}}<br/>oder<br/>{{Literatur
| DNB=451641280}}<br/>oder<br/>{{Literatur
|Autor=R. Grammel
| Autor=R. Grammel
|Titel=Der Kreisel. Seine Theorie und seine Anwendungen
| Titel=Der Kreisel. Seine Theorie und seine Anwendungen
|Band=1: Die Theorie des Kreisels
| Band=1: Die Theorie des Kreisels
|Auflage=2. überarb.
| Auflage=2. überarb.
|Verlag=Springer
| Verlag=Springer
|Ort=Berlin / Göttingen / Heidelberg
| Ort=Berlin / Göttingen / Heidelberg
|Datum=1950
| Datum=1950
|Seiten=23
| Seiten=23
|DNB=451641299}}
| DNB=451641299}}
* {{Literatur
* {{Literatur
|Autor=V. I. Arnold
| Autor=V. I. Arnol’d (В. И. Арнолъд)
| Titel=Mathematische Methoden der klassischen Mechanik
|Titel=Mathematical Methods of Classical Mechanics
| Verlag=Birkhäuser Verlag
|Auflage=2.
| Ort=Basel
|Verlag=Springer
| Datum=1988
|Ort=New-York / Berlin / Heidelberg / London / Paris / Tokyo
| Seiten=95 f.
|Datum=1989
| ISBN=978-3-0348-6670-5
|Seiten=150
| DOI=10.1007/978-3-0348-6669-9
|ISBN=3-540-96890-3}}
| Online={{Google Buch|BuchID=pkqgBgAAQBAJ|Seite=95}}
| Zugriff=2018-02-14
| Originaltitel=Математическе методы классическоя механики
| Originalsprache=ru
| Originaljahr=1979
| Originalort=Moskau
| Übersetzer=Prof. Dr. Peter Möbius, TU Dresden
}}<br/>oder<br/>{{Literatur
| Autor=V. I. Arnol’d
| Titel=Mathematical Methods of Classical Mechanics
| Auflage=2.
| Verlag=Springer
| Ort=New-York / Berlin / Heidelberg / London / Paris / Tokyo
| Datum=1989
| Seiten=150
| ISBN=3-540-96890-3}}
* {{Literatur
* {{Literatur
|Autor=Eugene Leimanis
| Autor=Eugene Leimanis
|Titel=The General Problem of the Motion of Coupled Rigid Bodies about a Fixed Point
| Titel=The General Problem of the Motion of Coupled Rigid Bodies about a Fixed Point
|Verlag=Springer Verlag
| Verlag=Springer Verlag
|Ort=Berlin, Heidelberg
| Ort=Berlin, Heidelberg
|Datum=1965
| Datum=1965
|ISBN=3-642-88414-8
| ISBN=3-642-88414-8
|Seiten=4
| Seiten=4
|Sprache=en
| Sprache=en
|Online={{Google Buch|BuchID=s8rsCAAAQBAJ|Seite=4}}
| Online={{Google Buch|BuchID=s8rsCAAAQBAJ|Seite=4}}
|Abruf=2019-06-07
| Abruf=2019-06-07
|DOI=10.1007/978-3-642-88412-2}}
| DOI=10.1007/978-3-642-88412-2}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 26. Dezember 2019, 18:30 Uhr

Die Euler’schen Kreiselgleichungen oder uneindeutig Euler’schen Gleichungen sind Bewegungsgleichungen für die Rotation eines starren Körpers. Es sind die Komponenten des für den Starrkörper in seinem Hauptachsensystem aufgeschriebenen Drallsatzes und stellen die wichtigste Grundgleichung der Kreiseltheorie dar.

Wird der Körper einem Drehmoment ausgesetzt, entwickeln sich Kreiselwirkungen, die versuchen die Eigendrehung mit der erzwungenen Drehung in Deckung zu bringen[1]. Die Kreiselwirkungen sind die summierten Drehmomente der Eulerkräfte und Zentrifugalkräfte an allen Massenpunkten des Körpers. Das Moment und die Kreiselwirkungen befinden sich im dynamischen Gleichgewicht, was die Kreiselgleichungen ausdrücken:

Darin sind jeweils für

die von außen angreifenden Drehmomente,
die Hauptträgheitsmomente,
die Drehimpulse,
die Winkelgeschwindigkeiten und
die Winkelbeschleunigungen

im Hauptachsensystem. Gelegentlich wird auch die dazu gehörige Vektorgleichung[2]

mit dem Trägheitstensor als Euler’sche Kreiselgleichung angegeben. Hier bildet „·“ die Vektortransformation, „ד das Kreuzprodukt und die relative Zeitableitung im Hauptachsensystem.

Die Drehmomente, Hauptträgheitsmomente und Drehimpulse werden mit einem Bezugspunkt berechnet, für den sich der Massenmittelpunkt oder ein unbeschleunigter, in einem Inertialsystem ruhender Stützpunkt eignen, siehe Drallsatz am starren Körper.

Die ersten Summanden auf den rechten Seiten, bestehend aus den Winkelbeschleunigungen und Drehimpulsänderungen, resultieren aus den Kreiselwirkungen der Euler-Kräfte und die anderen, in den Winkelgeschwindigkeiten und Drehimpulsen quadratischen Terme berücksichtigen die Kreiselwirkungen der Zentrifugalkräfte. Wenn die Bewegung bekannt ist, dann können aus diesen Gleichungen die Momente berechnet werden, die im Bezugspunkt eingeleitet werden müssen, damit der Körper die vorgegebene Bewegung ausführt.

Die Kreiselgleichungen wurden von Leonhard Euler 1750 aufgestellt und später zum Drallsatz weiterentwickelt.[3]

Spezialfälle

Euler-Poisson-Gleichungen

Die Euler-Poisson-Gleichungen sind die spezifischen Kreiselgleichungen für den schweren Kreisel, bei dem das äußere Moment von der Schwerkraft herrührt. Die klassische Kreiseltheorie ist fast ausschließlich dem schweren Kreisel mit Stützpunkt gewidmet und es wurde viel Aufwand in das Auffinden exakter Lösungen gesteckt. Eine Auflistung einiger dieser Lösungen[4] findet sich im Hauptartikel.

Kugelkreisel

Ein Kugelkreisel ist ein Kreisel mit drei identischen Hauptträgheitsmomenten Θ, sodass sich die Kreiselgleichungen dann auf

reduzieren. Die Winkelbeschleunigung ist beim Kugelkreisel also parallel zum angreifenden Moment. Beim Kugelkreisel sind die Fliehkräfte im Körper immer im mechanischen Gleichgewicht. Ein Vergleich mit den Bewegungsgleichungen bei einer Translationsbewegung zeigt, dass der Kugelkreisel das genaue Analogon des Massenpunkts bei Rotationsbewegungen ist.

Ebene Bewegungen

Bei einer ebenen Bewegung um eine Hauptträgheitsachse, beispielsweise die 3-Achse, entfallen Drehungen und Momente um die 1- und 2-Achsen, und die Gleichungen reduzieren sich auf

wobei φ der Drehwinkel um die 3-Achse ist.

Lösungen der Kreiselgleichungen bei ebenen Bewegungen

Im ebenen Fall sind die Kreiselgleichungen oftmals analytisch lösbar, wofür die beiden folgenden Fälle Beispiele sind.

Anstoß einer Billardkugel

Abb. 1: Anstoß einer Billardkugel parallel zur Tischplatte

Parallel zur Tischplatte soll eine Billardkugel mit Radius r, Masse m und Massenträgheitsmoment Θ so angestoßen werden, dass sie nicht über den Tisch rutscht, siehe Abb. 1. Es stellt sich die Frage, in welcher Höhe h über der Platte die Kraft F eingeleitet werden muss, damit für das schlupflose Rollen keine Reibkraft am Tisch notwendig ist.

Die exzentrisch an der Kugel angreifende horizontale Kraft entwickelt ein Moment M = -(h-r)F um den Massenmittelpunkt, das die Kugel gemäß der Kreiselgleichung

in Drehung versetzt. Das Moment ist negativ, weil es entgegen der Zählrichtung des Drehwinkels φ wirkt. Außerdem beschleunigt die Kraft die Kugel gemäß dem Gesetz „Kraft gleich Masse mal Beschleunigung“:

Die Beschleunigung ist parallel zum Tisch in Richtung der Kraft. Die Bedingung für schlupfloses Rollen

schließt das Gleichungssystem für die drei Unbekannten h, φ und x ab. Damit berechnet sich

Bei einer massiven homogenen Kugel ist das Massenträgheitsmoment Θ = 25mr² und somit

wobei d = 2r der Durchmesser der Kugel ist.

Ein eine schiefe Ebene hinabrollendes Rad

Abb. 2: Ein eine schiefe Ebene hinab rollendes Rad.

In einer ebenen Bewegung rolle ein Rad mit Radius r, Masse m und Massenträgheitsmoment Θ eine mit dem Winkel α geneigte Ebene unter Einfluss einer Schwerebeschleunigung g hinab, siehe Abb. 2. Weil sich das Rad dabei auch translatorisch bewegt, geht auch seine Masse in die Beschleunigung ein. Die Beschleunigung wächst jedoch, wenn das Massenträgheitsmoment abnimmt.

Aufgrund des schlupflosen Abrollens entsteht am Aufstandspunkt des Rades eine Reibkraft R, die das Rad in Drehung versetzt, denn es entspricht einem Moment M=-r R um den Massenmittelpunkt. Das Moment ist negativ, weil es entgegen der Zählrichtung des Drehwinkels φ arbeitet. Damit lautet die Kreiselgleichung im ebenen Fall:

Die auf das Rad hangabwärts wirkende Komponente F der Gewichtskraft mg hat die Größe F=mgsin(α). Ihr entgegen steht die Reibkraft, sodass nach dem zweiten newtonschen Gesetz gilt:

worin die hangabwärts zählende Beschleunigung des Rades und sin die Sinusfunktion ist. Die Bedingung für schlupfloses Rollen schließt das Gleichungssystem für die drei Unbekannten R, φ und x ab und es ergibt sich

Ein hangabwärts, reibungsfrei rutschender Klotz erfährt die Beschleunigung , die größer ist als die des Rades, denn beim Rad wird ein Teil der potentiellen Energie in Rotationsenergie umgesetzt, die dann für die Translation fehlt.

Beispiel: Fliehkraftpendel

Ein bemerkenswerter Spezialfall der Euler’schen Kreiselgleichungen ist die "Perle auf rotierendem Kreisring im Schwerefeld"[5][6], das konische oder Fliehkraftpendel, denn es hat überraschende Eigenschaften. In Worten der Kreiseltheorie handelt es sich um einen schweren Kreisel, der in einem Punkt festgehalten wird und bei dem die Eigendrehung um die Pendelachse durch äußere Momente verhindert und die Präzessionsgeschwindigkeit konstant gehalten wird. Die besonderen Eigenschaften treten bei beliebiger Lage des Massenmittelpunkts und anfänglicher Ausrichtung der Hauptachsen auf. Vereinfachungen ergeben sich mit Massenmittelpunkt auf der 1-Achse und permanent horizontaler 3-Achse des Hauptachsen­systems.

Kinematik

Vom Euler-Kreisel werden die Basiseinheitsvektoren und die Bezeichnungen der Winkel übernommen. Die 1-Achse trägt den Massenmittelpunkt (s := s1 > 0, s2,3 = 0). Die Winkelgeschwindigkeiten lauten bei horizontaler 3-Achse (ϑ ≡ 90°):

Der Winkel ϑ ist unveränderlich, wenn er anfangs keine Zeitableitung hat und dauerhaft keine Beschleunigung erfährt.

Kinetik

Die Hauptträgheitsmomente seien A, B und C um die 1-, 2- bzw. 3-Achse. Im Hauptachsensystem wirken zusätzlich zum Schweremoment äußere Momente M1,2 in 1- bzw. 2-Richtung, um Winkelbeschleunigungen von ϑ und ψ zu unterdrücken. Die Kreiselgleichungen in 1- und 2-Richtung dienen nur der Bestimmung dieser Momente, die hier jedoch nicht interessieren. Bemerkenswert ist jedoch, dass diese Drehmomente eine zeitliche Änderung des vertikalen Drehimpulses bedingen[5], der bei schweren Kreiseln immer konstant ist. Um die 3-Richtung kann das Pendel frei drehen und die dritte der Kreiselgleichungen

formuliert mit den Euler-Winkeln liefert dafür die Bewegungsgleichung:

 
 
 (*)
 

Gleichgewichtslagen

Im Gleichgewicht verschwindet in (*) die Winkelbeschleunigung:

.

Anders als beim sich selbst überlassenen Lagrange-Kreisel ist eine Präzession mit waagerechter Achse (φ = 0) unmöglich. Mangels Eigendrehung gibt es hier keine Kreiselwirkung, die das Schweremoment ausgleichen könnte. Das Gleichgewicht mit lotrechter 1-Achse (φ = ±90°) ist allen Kreiseln zugänglich – auch dem Kugelkreisel, der nur dort Gleichgewicht findet. Bei A ≠ B ergeben sich die Gleichgewichtslagen aus

Wenn A - B dasselbe Vorzeichen wie sin(φ) hat, kann der Term in der eckigen Klammer null werden. Dazu muss

erfüllt sein. Der Kreisel muss eine kritische Drehgeschwindigkeit μc überschreiten, damit diese Gleichgewichtslage abseits der Senkrechten existiert. Beim abgeplatteten Kreisel weist die 1-Achse im Gleichgewicht nach oben (ist A > B und sin(φ) > 0) und beim gestreckten nach unten (ist A < B und sin(φ) < 0).

Das Hauptträgheitsmoment A gehört zur 1- oder Pendelachse, die den Massenmittelpunkt enthält, und B zur 2-Achse, die zur Pendelachse und zur horizontalen 3-Achse senkrecht ist. Analog zum symmetrischen Kreisel wird das Pendel hier und im folgenden abgeplattet genannt, wenn A > B, und gestreckt, wenn B > A.

Energiebetrachtung

Multiplikation der Bewegungsgleichung (*) mit ermöglicht eine Zeitintegration:

Die Integrationskonstante E ist die Energie des Pendels im rotierenden System:[5]

Die Energie und ihre Ableitungen (·)' nach φ ergeben sich mit der Abkürzung zu

Beim gestreckten Kreisel ist B > A und z < 0 und beim abgeplattenten Kreisel ist B < A sowie z > 0. Stabilität liegt in einem Energieminimum vor, wo E' = 0 und E" > 0 ist. Die Energie ist stationär in #Gleichgewichtslagen bei φ = 90°, φ = -90° oder wo sin(φ) = z:

Aufrechtes Pendel φ = 90°
Hier ist E" = (A-B)μ²(1-z). Der obere Totpunkt ist beim gestreckten Kreisel stabil, wenn z > 1, also nie, und beim abgeplatteten, wenn z < 1 oder |μ| > |μc|.
Hängendes Pendel φ = -90°
Hier ist E" = (A-B)μ²(1+z). Der untere Totpunkt ist beim gestreckten Kreisel stabil, wenn z < -1, also |μ| < |μc|, und beim abgeplatteten, wenn z > -1, also immer. Die Pitchfork-Bifurkation[5] tritt nur beim gestreckten Kreisel auf. Im Gegensatz dazu ist der lotrecht hängende Lagrange-Kreisel immer stabil[7], siehe dort.
Gleichgewichtslage mit sin(φ) = z
Hier ist E" = (A-B)μ²(z²-1). Diese Position ist beim gestreckten Kreisel stabil, wenn z 2 < 1, also immer, und beim abgeplatteten, wenn z 2 > 1, also nie.

Es genügt nur den Bereich -90° ≤ φ ≤ 90° zu betrachten, da die Bewegung vom Präzessionswinkel ψ unabhängig ist.

Schwingungen

Die Gleichung (*) kann um #Gleichgewichtslagen φ0, wo z = sin(φ0) ist, linearisiert werden. Dazu wird φ = φ0+δ mit konstantem φ0 und kleiner Abweichung δ angenommen. Die Drehbeschleunigung

entwickelt sich mit den Additionstheoremen und sin(δ) ≈ δ, cos(δ) ≈ 1 zur Schwingungsgleichung

Beim gestreckten Kreisel ist B > A und der Rückstellterm immer positiv, weswegen der gestreckte Kreisel kleine Schwingungen um Gleichgewichtslagen ausführen kann. Beim abgeplattenten Kreisel ist wegen B < A der Rückstellterm negativ. Daher kann der abgeplattete Kreisel keine Schwingungen um Gleichgewichtslagen abseits der Senkrechten ausführen, was im Einklang mit den Ergebnissen aus der #Energiebetrachtung ist.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Grammel (1920), S. 70.
  2. In der Tensoralgebra kann auf Klammerungen verzichtet werden:
  3. Clifford Truesdell: Die Entwicklung des Drallsatzes. In: Gesellschaft für Angewandte Mathematik und Mechanik (Hrsg.): Zeitschrift für Angewandte Mathematik und Mechanik (= Heft 4/5). Band 44, April 1964, S. 149 – 158, doi:10.1002/zamm.19640440402 (wiley.com).
  4. Magnus (1971), S. 109.
  5. a b c d P. Eckelt: Theoretische Mechanik. (PDF) Institut für Theoretische Physik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, 2000, S. 11 bis 13, abgerufen am 16. Juli 2016 (siehe auch die dort angegebenen Quellen).
  6. Arnold (1988), S. 95 f.
  7. Grammel (1920), S.111.

Literatur

  • Herbert Goldstein, Charles P. Poole, Jr, John L. Safko: Klassische Mechanik. 3. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 3-527-40589-5.
  • K. Magnus: Kreisel. Theorie und Anwendungen. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1971, ISBN 3-540-05198-8, S. 49.
  • R. Grammel: Der Kreisel. Seine Theorie und seine Anwendungen. Vieweg Verlag, Braunschweig 1920, DNB 451641280, S. 45 (archive.org – „Schwung“ bedeutet Drehimpuls, „Drehstoß“ Drehmoment und „Drehwucht“ Rotationsenergie).
    oder
    R. Grammel: Der Kreisel. Seine Theorie und seine Anwendungen. 2. überarb. Auflage. 1: Die Theorie des Kreisels. Springer, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1950, DNB 451641299, S. 23.
  • V. I. Arnol’d (В. И. Арнолъд): Mathematische Methoden der klassischen Mechanik. Birkhäuser Verlag, Basel 1988, ISBN 978-3-0348-6670-5, S. 95 f., doi:10.1007/978-3-0348-6669-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 14. Februar 2018] russisch: Математическе методы классическоя механики. Moskau 1979. Übersetzt von Prof. Dr. Peter Möbius, TU Dresden).
    oder
    V. I. Arnol’d: Mathematical Methods of Classical Mechanics. 2. Auflage. Springer, New-York / Berlin / Heidelberg / London / Paris / Tokyo 1989, ISBN 3-540-96890-3, S. 150.
  • Eugene Leimanis: The General Problem of the Motion of Coupled Rigid Bodies about a Fixed Point. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 1965, ISBN 3-642-88414-8, S. 4, doi:10.1007/978-3-642-88412-2 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 7. Juni 2019]).
Commons: Kreisel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien