Alfred Korach

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Alfred Korach (∗ 17. Juli 1893 in Königsberg; † 4. Juni 1979 in Männedorf) war ein deutsch-amerikanischer Arzt im Öffentlichen Gesundheitsdienst.

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alfred Korach wurde als Sohn des Kaufmanns Max Korach (1854–1922) und seiner Ehefrau Clara (1866–1951) in Königsberg in Preußen geboren. Seine Schulausbildung schloss er am Friedrichskollegium in Königsberg ab. Von 1911 bis 1919 studierte er mit Unterbrechung durch Teilnahme im Sanitätsdienst während des Ersten Weltkrieges Medizin und Volkswirtschaft in München, Freiburg im Breisgau, Königsberg, Straßburg, Rostock und Berlin. In Berlin besuchte er Vorlesungen und Seminare zur Hygiene bei Alfred Grotjahn und bei Adolf Gottstein. In Königsberg wurde er 1920 zum Dr. med. promoviert.

Von 1919 bis 1921 war er zunächst Volontärassistent, dann Assistent am Untersuchungsamt für ansteckende Krankheiten in Berlin-Charlottenburg unter Walter Oettinger. Hier konstruierte er das »Polyagglutinoskop«, einen serologischen Untersuchungsapparat für Reihenuntersuchungen.[1] Nach einer Weiterbildung an der Akademie für Staatsmedizin in Berlin war er von 1921 bis 1923 auf Empfehlung von Adolf Gottstein wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Medizinalabteilung des »Preußischen Ministeriums für Volkswohlfahrt«. Hier war er mit der kommunalen Seuchenbekämpfung und mit dem Desinfektionswesen befasst. Vom 9. August 1922 bis zum 18. August 1933 war Alfred Korach Stadtarzt der Deputation für Wohnungs-, Gesundheits- und Ernährungswesen des Stadtbezirks Prenzlauer Berg. Er organisierte die 14-tägigen Arbeitstreffen der 20 Berliner Stadtärzte und übernahm von 1927 bis 1933 den Vorsitz der Vereinigung der Berliner Stadtärzte.

Aktivitäten in der SPD und öffentliche Ämter (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verfolgung – Flucht – Emigration[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 14. März 1933 wurde Alfred Korach auf Anweisung von Hermann Göring und von Leonardo Conti durch einen SA-Sturmtrupp verhaftet und in ein SA-Quartier gebracht. Auf Intervention des Polizeipräsidiums wurde er in das Polizeipräsidium am Alexanderplatz überstellt und auf richterliche Anordnung am 17. März 1933 entlassen.

Am 22. März 1933 wurde er wegen seiner SPD-Aktivitäten von seinem Posten als Stadtarzt beurlaubt – die endgültige Kündigung erfolgte am 18. August 1933. Zusammen mit weiteren 60 Spitzenmitarbeitern der SPD wurde er am 23. Juni 1933 erneut verhaftet und zwei Wochen lang im Polizeigefängnis Alexanderplatz und in Spandau gefangen gehalten. Durch Vermittlung seiner späteren Frau kam er frei, wurde aber unter Polizeiaufsicht gestellt.

Am 17. Juli 1933 gelang ihm die Flucht über das Kurische Haff und durch das Memelland nach England. Am 1. September 1933 heiratete er in Folkestone Käthe Maier (geb. Jacobson). Vom 23. Oktober 1933 bis 13. Juni 1935 wohnte er in Paris, wo er keine Anstellung fand. Auf Vermittlung der »Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland« arbeitete er vom 15. Juli 1935 bis zum 17. Dezember 1936 als Konsultarzt für kommunale Hygiene in der Haupt-Staats-Sanitätsinspektion der UdSSR in Moskau. In Moskau widmete er sich vor allem Fragen der Städtesanierung und weiteren Fragen des öffentlichen Gesundheitswesens. Am 23. Dezember 1936 reiste er über Finnland nach Schweden ein, wo er sich in Stockholm bis zum 8. Juni 1937 aufhielt.

Im Juli 1937 emigrierte er in die USA, wo er von März 1938 bis Juni 1939 als „Visiting Lecturer in Public Health Administration“ am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge arbeitete. Er wechselte, zunächst als „Lecturer“, bald danach als „Assistant Professor“ für Öffentliches Gesundheitswesen (Preventive Medicine) an die Universität von Cincinnati/Ohio.

1943 erwarb er zusammen mit seiner Frau die amerikanische Staatsbürgerschaft. Nach seiner Emeritierung übersiedelte das Paar 1964 nach Männedorf in die Schweiz, wo sie ihren Lebensabend verbrachten.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Stephan Leibfried und Florian Tennstedt (Hrsg.).
    • Berufsverbote und Sozialpolitik 1933. Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Machtergreifung auf die Krankenkassenverwaltung und die Kassenärzte. Analyse. Materialien zu Angriff und Selbsthilfe. Erinnerungen. (Arbeitspapiere des Forschungsschwerpunktes Reproduktionsrisiken, soziale Bewegungen und Sozialpolitik. Nr. 2. Universität Bremen.) Forschungsschwerpunkt Reproduktionsrisiken, soziale Bewegungen und Sozialpolitik Universität Bremen, Bremen 1979, S. 229
    • Georg Loewenstein. Kommunale Gesundheitsfürsorge und sozialistische Ärztepolitik zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus. Autobiographische, biographische und gesundheitspolitische Anmerkungen. (Arbeitsberichte zu verschütteten Alternativen in der Gesundheitspolitik 3) Univ. Bremen, Bremen 1980, S. 51–53
  • Kristin Etzold. Exodus der Sozialmedizin in den dreißiger Jahren von Berlin in die USA – das Erbe Alfred Grotjahns. Diss. med. Berlin 2007, S. 66–74: Einfluss der Grotjahn-Schüler auf die Entwicklung des Public Health (USA). … Alfred Korach.
  • Korach, Alfred, Dr. med. In: Alfons Labisch / Florian Tennstedt: Der Weg zum "Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens" vom 3. Juli 1934. Entwicklungslinien und -momente des staatlichen und kommunalen Gesundheitswesens in Deutschland, Teil 2, Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf 1985, ISSN 0172-2131, S. 440–442.
  • Korach, Alfred, in: Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. München : Saur, 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 203
  • Korach, Alfred, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,1. München : Saur, 1983, ISBN 3-598-10089-2, S. 649

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ein neues Agglutinoskop. In: Klinische Wochenschrift, Bd. 2 (1923), Heft 8, S. 352 doi:10.1007/BF01724700
  2. Alfred Korach. Elternschaftsversicherung. In: Arbeiterwohlfahrt. 2 (1927), Heft 3, S. 92–93 Digitalisat