Amerikadeutscher Bund

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„Bund“-Veranstaltung (1938)

Der Amerikadeutsche Bund (DAB), auch Amerikadeutscher Volksbund oder German-American Bund, war eine nationalsozialistische Organisation in den USA vor Beginn des Zweiten Weltkrieges. Er ist nicht zu verwechseln mit dem bis heute existierenden Deutsch-Amerikanischen Verband (German American League).

Entstehung und Struktur

„Bund“-Führer Fritz Kuhn (1938)
Propagandachef Gerhard Wilhelm Kunze (1938)

Der DAB begann 1933 als Friends of New Germany unter Heinz Spanknöbel in Chicago, einem Zusammenschluss der Free Society of Teutonia und der National Socialist Party, die beide seit den 1920er Jahren aktiv waren. Hinzu kam die Swastika League. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland wuchs die Organisation rapide. 1936 benannten sie sich als Folge von Untersuchungen des „Komitees zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe“ in DAB um, wählten Fritz Julius Kuhn zum „Bundesführer“, und erklärten sich als „100 % amerikanisch“.

Der Bund teilte die USA in drei geographische Distrikte, die er Gaue nannte. Los Angeles war das Hauptquartier des „Western Gau“, der nach FBI-Schätzungen auf dem Höhepunkt etwa 6600 Mitglieder hatte, davon 500 in der Stadt selbst. Im Deutschen Haus im Zentrum von Los Angeles steuerte „Gauleiter“ Hermann Schwinn die Aktionen, Finanzsekretär war Arno Risse. Die anderen Zentren waren „Mid West“ in Milwaukee unter George Frobose und die Zentrale in New York City mit „Gauleiter“ Rudolf Markmann. Eine „German-American Youth“ mit Jungenschaft und „Mädchenschaft“ bestand nach dem Vorbild von Hitler-Jugend und BDM.[1] Ihre Führer reisten auch zwecks Schulung nach Deutschland. Das Motto der „Frauenschaft Division“ war “Speak, sing, think, buy, act German!” („Sprich, singe, denke, kaufe, handle deutsch!“).

Ziele

Der DAB bekannte sich zur (eigenen) „Verfassung, der Fahne, und einem von weißen Nichtjuden gelenkten, wahrhaft freien Amerika“. Er verfolgte mehrere Ziele, darunter den Kampf gegen den von Samuel Untermyer initiierten, jüdischen Warenboykott NS-Deutschlands, die Bildung einer Urzelle für eine neue US-Armee im Kampf gegen den Kommunismus[2] und die Übernahme von den Teilen der NS-Wirtschaft, die man zur Wiederherstellung nach der Weltwirtschaftskrise für sinnvoll hielt. Der DAB war nach dem Führerprinzip unter dem „Bundesführer“ als „historischer Persönlichkeit“ organisiert. Nach der NS-Vorstellung, dass Blut wichtiger ist als Staatsbürgerschaft oder Geburtsort, waren alle Deutschamerikaner, die man „Deutsche in Amerika“ nannte, somit dem „Vaterland“ verbunden. Adaptiert wurden u. a. der Hitlergruß, Blut-und-Ehre-Gürtel, Hakenkreuz-Fahnen.

Aktionen

Kuhn bei einer „Bund“-Veranstaltung
„Bund“-Veröffentlichung
„Bund“-Demonstration in New York (1939)

Der Bund vertrieb Literatur, unterhielt die Zeitung Deutscher Weckruf und Beobachter unter Leitung des Bund-Pressewarts Walter Kappe, hielt öffentliche Versammlungen, Bierabende, Kaffeestunden und patriotische Feiern ab; so etwa im Deutschen Haus in Los Angeles und im Hindenburgpark im kalifornischen La Crescenta. Gefeiert wurde Hitlers Geburtstag, der Anschluss Österreichs 1938 und die „Befreiung“ des Sudetenlandes 1938. Dazu wurden Sprecher anderer faschistischer Organisationen wie der Silver Legion und der Militant Christian Patriots eingeladen, um ein größeres Publikum zu erreichen. Mit amerikanischen Schwarzhemden, ukrainischen Separatisten, russischen Monarchisten und dem Ku Klux Klan hielt man gemeinsame Treffen ab. Landesweit wurden im Sommer 27 Erholungsgebiete als Zeltlager eingerichtet, so „Camp Sutter“ im Hindenburgpark, „Camp Siegfried“ auf Long Island, „Deutschhorst“ in Pennsylvania, „Efdende North“ in Michigan, „Nordland“ in Andover und „Camp Bergwald“ in Riverdale, New Jersey, „Hindenburg“ in Wisconsin, „Windham“ im Bundesstaat New York,[3] die allerdings vielfach angegriffen und später, je nach Bundesstaat, auch verboten wurden.

Berlin-Besuch 1936

Die Hitlerregierung und deren US-Botschafter Hans Heinrich Dieckhoff hielten offiziell Distanz zum DAB. 200 Bundisten reisten zu den Olympischen Sommerspielen 1936 nach Berlin und Kuhn traf kurz Hitler, dem er ein goldenes Buch mit den Unterschriften von Spendern für das Winterhilfswerk des Deutschen Volkes überreichte. Bei einem weiteren Besuch 1938 in Berlin führte Kuhn angeblich längere Gespräche mit Göring und Goebbels, was sich aber als unwahr erwies. Auf Nachfrage des Botschafters Dieckhoff erklärte das Auswärtige Amt, Kuhn sei nur von der Volksdeutschen Mittelstelle empfangen worden, wo ihm erklärt wurde, dass die Reichsführung die Art, wie er den Bund führe, nicht billigen könnten. Das Auswärtige Amt kam zum Schluss, Kuhn sei wohl – wie schon in anderen Fällen – von der Wahrheit abgewichen, um seine Position bei seinen Anhängern zu stärken.[4]

Gegner

Der DAB fand von Anfang an starke Gegner in der amerikanischen Legislative. Samuel Dickstein veranlasste 1934 die Gründung des gegen nationalsozialistische Tätigkeiten gerichtete Komitees zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe, Vorläufer des späteren antikommunistischen Komitees für unamerikanische Umtriebe, und befragte dort persönlich Kuhn und andere Vertreter des Bundes,[5] die man der Sabotage und Spionage beschuldigte und mit dem neu geschaffenen Foreign Agents Registration Act nach 1940 auch inhaftierte. Ein Spionagefall um Kurt Frederick Ludwig, der Mitglieder der Jugendorganisation des Bundes rekrutiert hatte, beschleunigte das Vorgehen. Dickstein schätzte den DAB auf 480.000 Personen, davon 200.000 unter Waffen, vermutlich waren es jedoch insgesamt nur 25.000. Einige frühe Führer des Bundes gingen nach Deutschland und erhielten dort meist politische Funktionen, so Fritz Gissibl im Propagandaministerium für Süddeutschland, Heinz Spanknöbel/Hans Spanknoebel, Josef Schuster, Hugo Haas, Ernst Vennekohl, Carl Nicolay und Walter Kappe.[6]

Madison Square Garden 1939

Madison Square Garden (1939)

Seinen Höhepunkt erreichte DAB am 22. Februar 1939 mit einer Versammlung von 22.000 Menschen im New Yorker Madison Square Garden, die am Rande von heftigen Auseinandersetzungen mit Gegnern gezeichnet war. Kuhn kritisierte Präsident Franklin D. Roosevelt und nannte ihn wiederholt „Frank D. Rosenfeld“; dessen New Deal nannte er „Jew Deal“ und erklärte, dass in Amerika eine bolschewistisch-jüdische Konspiration stattfindet. Ende 1939 wurde Kuhn inhaftiert und die Bewegung verlor damit ihren „American Fuehrer“. Sie löste sich nach einer Anzahl weiterer Verhaftungen der Führungsebene im Dezember 1941 auf.

Medien des DAB

  • Literatur:
    • Amerikadeutscher Volksbund (Zeitung)
    • Deutscher Weckruf mit Regionalausgaben in New York, Philadelphia, Chicago und Los Angeles; dort als California Weckruf ab dem 1. Januar 1936
    • Matilde B. Schley: Deutschamerika. Westside Printing, Milwaukee 1935.
    • Malcom Letts: Nazi Germany: „I Lived with the Brown Shirts.“ Los Angeles, Oktober 1933.
  • 16-mm-Filme (Auswahl):[7]
    • Ein Film vom Leben und Treiben der DAB-Jugend / Volksdeutsche Jungen in den U.S.A. 1937 (Youtube)
    • Aufbau des Gemeinschaftshauses durch freiwilligen Arbeitsdienst 1939
    • Die Erholungsstätte der DAB bei Riverdale, New Jersey

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The German American Bund (Memento vom 9. Februar 2007 im Internet Archive)
  2. Time-Magazin 14. März 1938
  3. http://www.americanheritage.com/articles/magazine/ah/1995/5/1995_5_102.shtml
  4. Documents On German Foreign Policy, 1918-1945. From the Archives of the German Foreign Ministry. Vol. IV, Serie D. Washington 1951, Doc. No. 500 (Schreiben Dieckhoff an AA v. 8. November 1938), Doc. No. 508 (Schreiben AA an Dieckhoff v. 15. Dezember 1938).
  5. Time-Magazin vom 28. August 1939
  6. United States vs. Bregler et al. 16. Juni 1944
  7. http://graphicwitness.com/federalhill/film.html