Amtssprachen innerhalb Deutschlands

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Wichtig in Deutschland ist die Unterscheidung zwischen grundsätzlicher Zuständigkeit der 16 einzelnen Länder, Amtssprachen innerhalb Deutschlands aufgrund ihrer originären eigenstaatlichen Kulturhoheit zu bestimmen, und der nur auf Bundesaufgaben (in eigenen Angelegenheiten) beschränkten Regelungskompetenz des Bundes, die rein quantitativ überwiegt.

Die einzige normativ genannte Amtssprache in Deutschland auf gesamtstaatlicher Ebene ist Deutsch. Bundesbehörden und Bundesgerichte in Deutschland kommunizieren in der Amtssprache Deutsch. Bundesgesetze und -erlasse sind in der Regel in deutscher Sprache verfasst. Durch Unternormstellung (Ratifikation) des Rechts der Europäischen Union, weiteren internationalen Rechts und internationaler Verträge können auch in Deutschland fremdsprachige Gesetze und Abmachungen Gesetzeskraft erlangen (siehe dazu Abschnitt „Gesetzessprachen innerhalb Deutschlands“).

Deutsch ist auch in allen Ländern innerhalb Deutschlands Amtssprache; einzelne Länder haben weitere Amtssprachen. Im Falle der Unternormstellung internationalen Rechts durch die (Bundes-)Länder gilt Gleiches wie auf Bundesebene.

Definition

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff Amtssprache gleichermaßen für die Sprache der Behörden, für die Gesetzes- und Gerichtssprache über Parlaments- und Schulsprache bis hin zu einer Staatssprache ausgelegt. Der Duden definiert den Begriff als „offizielle Sprache eines Staates, Sprache der Gesetzgebung“, als „in internationalen Organisationen zugelassene und maßgebliche Sprache für Texte von Verträgen, Veröffentlichungen usw.“ sowie als „(oft abwertend) Sprache der Verwaltung, der Behörden; trockenes Amtsdeutsch“.[1] Die Definition der Bundeszentrale für politische Bildung lautet: „Offizielle Sprache eines Staates für Gesetzgebung, Verwaltung, Gerichte und Schulen.“[2]

Rein rechtlich umfasst der Begriff Amtssprache hingegen ausschließlich die Sprache der Behörden (einschließlich anderer Einrichtungen zur Wahrnehmung öffentlicher Verwaltung), mit der sie untereinander, mit den Bürgern, mit juristischen Personen etc. kommunizieren. Nach § 23 Abs. 1 VwVfG und nach entsprechenden Normen in den meisten Landesverwaltungsgesetzen ist Deutsch in Deutschland Amtssprache. In sachlichen Bereichen, in denen das VwVfG nicht oder nicht hinreichend greift, bedarf es für die zuständigen Behörden oder Einrichtungen zur Festlegung der Amtssprache spezieller Regelungen in anderen Gesetzen (beispielsweise § 87 Abs. 1 AO für die Steuerverwaltung).

Zur Festlegung anderer Sprachen des Rechtsverkehrs – wie die Gerichtssprache(n) – existieren zum Teil gesonderte Normen; diese weiteren Rechtssprachen werden hier analog mitbetrachtet, obgleich sie rechtlich eigentlich von den Amtssprachen abzusetzen wären. Amts-, Gesetzes- und Gerichtssprachen müssen auch nicht zwingend identisch sein, wie das Beispiel Luxemburg verdeutlicht, wo Deutsch zwar Amts-, aber nicht Gesetzessprache ist. Dem Deutschen Bundestag wurde im April 2014 ein Gesetzesentwurf zur Beschlussfassung vorgelegt, der Englisch als optionale Verfahrenssprache bei internationalen Handelssachen vorsieht.[3] Dieses Gesetz hätte keine Auswirkungen auf die Amtssprachen (i.e.S.). Eine festgelegte Staatssprache gibt es weder in der Bundesrepublik Deutschland noch auch nur in einem der 16 Bundesländer.

Amtssprachen innerhalb Deutschlands

Gesetzliche Regelungen auf gesamtstaatlicher Ebene

In Deutschland ist Deutsch als Amtssprache verfassungsrechtlich nicht gesichert, obwohl das Grundgesetz selbst auf Deutsch verfasst ist. Erst in einfachgesetzlichen Normen wird Deutsch als Amtssprache festgelegt, diese Festlegung des Bundes ist allerdings verfassungskonform im Rahmen der Kulturhoheit der einzelnen Länder (siehe auch folgenden Abschnitt) auszulegen. Der Bund handelt lediglich trotz der originären Sprach-Kompetenz der Länder aufgrund seines Regelungsbedarfes in eigenen Angelegenheiten. Juristen sprechen von einer Bundeszuständigkeit kraft Natur der Sache oder kraft Sachzusammenhanges oder von einer Annexkompetenz. Daraus ergibt sich beispielsweise auch die Möglichkeit des Bundes, trotz der Rundfunkkompetenz der Länder, die Bundesrepublik insgesamt im Ausland repräsentierende Rundfunksender (Deutschlandradio) zu installieren (BVerfGE 12,206).[4]

Die Begrenzung der Amtssprache auf die deutsche Sprache ist u. a. durch den gegenüber den anerkannten Minderheitensprachen nach der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen übernommenen Verpflichtungen modifiziert.

Das Gerichtsverfassungsgesetz, das die Gerichtssprache festlegt, wirkte auch für weitere Sprachfestlegungen, wie letztlich auch die der Amtssprache(n), in Deutschland präjudizierend: Mit dem damaligen Paragraph 186 „Die Gerichtssprache ist die deutsche“ (heute: § 184 GVG) wurde im Januar 1877 bereits vorkonstitutionell klargestellt, dass Deutsch sich gegenüber der Gelehrtensprache Latein durchsetzen sollte.[5]

Während § 184 GVG im Gerichtswesen Deutsch als Gerichtssprache für verbindlich erklärt, fehlte bis 1973 für das Verwaltungsverfahren eine entsprechende Vorschrift. Seitdem ist gem. § 23 Abs. 1 VwVfG die Amtssprache deutsch. Die Regelung wurde damit begründet, dass die Vielfalt der Herkunft der in Deutschland lebenden Ausländer ein Sprachproblem aufzeige, vor das sich die Verwaltung gestellt sehe.[6] Die Beschränkung auf den Begriff „Amtssprache“ erlaube es auch künftig, in der täglichen Verwaltungspraxis beim Umgang mit Ausländern sich deren Sprache zu bedienen. Andererseits werde jedoch klargestellt, dass bei amtlichen Mitteilungen, Entscheidungen, Bescheiden usw. die deutsche Sprache maßgeblich bleibt. Deshalb sollte § 23 VwVfG die deutsche Sprache gegenüber den Fremdsprachen der in Deutschland lebenden Ausländer vorrangig positionieren.[7] Dazu hatte im August 1974 das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein Ausländer keinen Anspruch darauf hat, dass an ihn gerichtete amtliche Schriftstücke in seiner Heimatsprache abgefasst werden. Er (und nicht die Behörde) müsse sich vielmehr, wenn er der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sei, über den Inhalt des Schriftstücks mit Hilfe eines Dolmetschers Klarheit verschaffen.[8][9]

Für die sachlichen Bereiche, in denen das VwVfG nicht oder nicht hinreichend greift, bedarf es für die zuständigen Behörden oder Einrichtungen zur Festlegung der Amtssprache spezieller Regelungen in anderen Gesetzen. In § 87 Abs. 1 AO wird zum Beispiel in einem der kürzesten Sätze verkündet: „Die Amtssprache ist deutsch.“ Damit gilt Deutsch auch im Steuerverwaltungsverfahren mit Finanzbehörden und -gerichten. Auch § 19 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch SGB enthält für das Sozialverwaltungsverfahren diese Bestimmung. Die Ausnahmeregelungen sind nach § 19 SGB X gegenüber nicht Deutsch sprechenden Personen großzügiger; letztlich ist nach einer Bundesverfassungsgerichtsentscheidung (BVerfGE 40, 95) Ausländern unter Umständen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn keine sprachlich verständliche Rechtsbehelfsbelehrung erteilt wurde.[10] Ein etwas abweichender Weg wird mit § 35a des Patentgesetzes beschritten: bei Einreichung von Patentanmeldungen in einer Fremdsprache wird eine Frist zur Nachreichung einer deutschen Übersetzung eingeräumt, die 12 Monate bei englisch- und französischsprachigen Anmeldeunterlagen und drei Monate bei anderen Sprachen beträgt.

Deutsche Dialekte und Mundarten gelten nach allgemeiner Rechtsauffassung als „deutsch“, hingegen nach juristischer Literaturmeinung nicht eigenständige Sprachen mit „Verwandtschaft zum Deutschen“ oder „Durchsetzung mit Deutschem“(z.B. Letzeburgisch, Jiddisch). Die Verwendung von Fachbegriffen fremder Sprachen schließt die Festlegung auf die deutsche Sprache nicht aus.[11]

Die Deutsche Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache, lautsprachbegleitende Gebärden sind als Kommunikationsform der deutschen Sprache ausdrücklich anerkannt (§ 6 BGG). Den Anspruch hör- oder sprachbehinderte Menschen, in Verwaltungsverfahren in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, regelt die Kommunikationshilfenverordnung.

In Deutschland muss die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen mangelnder Beherrschung der deutschen Sprache nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts[12] keine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft darstellen. Ein Arbeitgeber könne von einem Arbeitnehmer nach Unterzeichnung einer entsprechenden Stellenbeschreibung verlangen, sich die Kenntnisse anzueignen, auf Deutsch formulierte schriftliche Arbeitsanweisungen zu verstehen.

Kompetenz der Länder

Abgesehen von den reinen Bundesaufgaben, liegt in Deutschland gemäß der Art. 30, Art. 70 des Grundgesetz (siehe auch Art. 23 Abs. 6 GG) die rechtliche Kompetenz, Sprachen und damit auch Amtssprachen zu bestimmen, bei den einzelnen Bundesländern – als Teil der Kulturhoheit der Länder. Die Länder sind auf diesem Gebiet Träger originärer Staatlichkeit, nicht der Bund. Freilich haben nicht alle Länder überhaupt und einzig Schleswig-Holstein wiederholt davon Gebrauch gemacht. Die Amtssprache der Behörden der Länder kann durch das jeweilige Landesverwaltungsverfahrensgesetz (z. B. § 23 LVwVfg Baden-Württemberg oder § 82 a und b LVwG in Schleswig-Holstein) geregelt sein; in den meisten Ländern ist die Norm der § 23 des jeweiligen Landesverwaltungsgesetzes. In Sachsen ist die Amtssprache durch Artikel I Nr. 2a der „VwV Dienstordnung“ bestimmt. Auf eine eigene Amtssprachenregelung verzichten die Länder Berlin, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt.

Die Amtssprachenregelung der einzelnen Länder ist auch nicht immer auf „deutsch“ begrenzt. So sind in Schleswig-Holstein über § 82 b LVwG SH ausdrücklich auch Niederdeutsch, Friesisch und Dänisch als Amtssprachen neben dem Hochdeutschen zugelassen, eine ähnliche Regelung besteht für das Friesische zudem in § 1 des Friesisch-Gesetzes. Für das Dänische und das Friesische ist dabei die Möglichkeit zur Verwendung als optionale Amtssprache regional innerhalb Schleswig-Holsteins auf die traditionellen Siedlungsgebiete der beiden Minderheiten beschränkt; im Kreis Nordfriesland besitzen alle vier Sprachen Amtssprachenstatus. In Sachsen erhält die Sorbische Sprache im sorbischen Siedlungsgebiet Amtssprachenstatus über Art. I Nr. 2b der VwV Dienstordnung[13] und noch eindeutiger durch § 9 des Sächsischen Sorbengesetzes (SächsSorbG). In Brandenburg ist nach § 8 des Gesetzes über die Ausgestaltung der Rechte der Sorben/Wenden im Land Brandenburg (Sorben/Wenden-Gesetz - SWG) Sorbisch im angestammten Siedlungsraum optionale Amtssprache.

Durch die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen sind Behörden der betroffenen deutschen Länder verpflichtet, auch Korrespondenz in den Regionalsprachen Niedersächsisch (Plattdeutsch), Friesisch, Dänisch, Romanes bzw. Sorbisch zu erlauben.

Zur Frage des Niederdeutschen

Die deutsche Sprache ist grundsätzlich Hochdeutsch (Standarddeutsch), sie umfasst auch Fremdwörter und Fachausdrücke sowie mathematische Formeln.[14] Die grundsätzliche Frage, ob unter Deutsch rechtlich ausschließlich die hochdeutsche oder auch die niederdeutsche Sprache zu subsumieren sei, wird unter Juristen und in Gerichtsurteilen uneinheitlich beantwortet. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt in einer Entscheidung zu Gebrauchsmustereinreichung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in plattdeutscher Sprache das Niederdeutsche einer Fremdsprache gleich und erklärte: „Niederdeutsche (plattdeutsche) Anmeldeunterlagen sind im Sinn des § 4a Abs. 1 Satz 1 GebrMG nicht in deutscher Sprache abgefasst“.[15] Dagegen ist nach dem Kommentar von Foerster/Friedersen/Rohde zu § 82 a des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein unter Deutsch sowohl Hochdeutsch als auch Niederdeutsch zu verstehen. Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung teilt diese Rechtsauffassung.[16] Dabei wird auch auf Entscheidungen höherer Gerichte zur die Gerichtssprache betreffenden Parallelnorm § 184 GVG seit 1927[17] verwiesen, nach denen auch das Plattdeutsche als deutsche Sprache zu definieren ist.

Gerichtssprachen innerhalb Deutschlands

Der Begriff der Gerichtssprache ist von dem der Amtssprache im engen juristischen Sinn abzugrenzen (siehe bereits oben, Abschnitt „Definition“). Der Begriff umfasst nicht nur die Sprache der Verhandlungen und Entscheidungen; es müssen vielmehr auch alle Anträge, Schriftsätze, Beweismittel etc. in der/n festgelegten Gerichtssprache/n vorgelegt sein.

Gerichtssprache ist gemäß § 184, Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) deutsch und optional (seit Inkrafttreten des Einigungsvertrages mit der ehemaligen DDR 1990) nach Satz 2 der Norm in Teilen Brandenburgs und Teilen Sachsens auch sorbisch.

Mit dem damaligen Paragraph 186 GVG „Die Gerichtssprache ist die deutsche“ (heute: § 184 GVG) wurde im Januar 1877 bereits vorkonstitutionell klargestellt, dass Deutsch sich gegenüber der Gelehrtensprache Latein durchsetzen sollte. Diese Vorschrift erhebt Deutsch zur Gerichtssprache in allen Verfahrensstadien bei deutschen Gerichten. Von der Norm werden alle schriftlichen und mündlichen Äußerungen des Gerichts und der übrigen Verfahrensbeteiligten erfasst, von den verfahrenseinleitenden Schriftstücken bis zum Urteil. Demnach ist es den Prozessbeteiligten nicht gestattet, schriftliche Erklärungen in einer anderen Sprache abzugeben.[18]. Eine partielle Modifizierung dieser Regel ist inzwischen durch EU-Recht erfolgt (dazu weiter unten). Die Vorschrift des § 184 GVG ist zwingend, von Amts wegen zu beachten und entzieht sich daher jeder Verfügungsbefugnis der am Gerichtsverfahren Beteiligten.[19] Auch wenn vor Gericht Personen auftreten, die des Deutschen nicht mächtig sind, bleibt der Grundsatz der deutschen Gerichtssprache unangetastet.[20]

Gerichte, die nicht vom Regelungsrahmen des GVG erfasst sind verzichten auf eine eigene Regelung zur Gerichtssprache und verweisen auf § 184 GVG (Beispiel: § 61 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

Als „deutsch“ wird Standarddeutsch ebenso wie Plattdeutsch und alle Mundarten definiert (siehe bereits Abschnitt „Zur Frage des Niederdeutschen“). Nicht entschieden sind die Hinzurechnungen des Jiddischen (eine Varietät des Hochdeutschen) und des Plautdietschen (eine Varietät des Niederdeutschen).

Die Vorgabe des § 184 GVG, als Gerichtssprache Deutsch zu verwenden, schließt die Benutzung von Fachbegriffen nicht aus.[21]

Die Frage, ob auch fremde Sprachen, die nach einer Landesverfassung in Deutschland geschützt sind (wie das Dänische und das Friesische in Schleswig-Holstein), damit den Rang einer (partiellen) Gerichtssprache erlangen, ist ebenfalls offen. Nach überwiegender Meinung in der Rechtsliteratur werden sie dadurch nicht zu Gerichtssprachen, nach anderer Ansicht doch (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, § 184 GVG Rn. 2 zu Friesisch).

Sofern das Recht der Europäischen Union greift (Art. 84 der VO 1408/71; Art 76 Abs. 7 VO-EG Nr. 883/2004 v. 29.4.2004), können Anträge und Schriftstücke auch in anderen Amtssprachen aller EU-Länder abgefasst sein (Partielle Gerichtssprache).[22] Englisch soll nach einem Gesetzesentwurf in Deutschland partielle Gerichtssprache im Bereich internationaler Handelsstreitigkeiten werden (siehe bereits oben, Abschnitt „Definition“).

Die einzelnen Länder in der Bundesrepublik könnten für die ihrer eigenen Gerichte, die nur Landesrecht zu beurteilen haben - die Landesverfassungsgerichte - eigene Gerichtssprachen festsetzen.

Gesetzessprachen innerhalb Deutschlands

Auch der Begriff Gesetzessprache ist rein juristisch vom Begriff Amtssprache zu trennen. Auf der Ebene der Bundesrepublik sind Bundesgesetze, -verordnungen, -erlasse usw. in der Regel in deutscher Sprache abgefasst. Eine explizite Norm zur Festsetzung der Gesetzessprache(n) existiert nicht; eine Anlehnung an § 184 GVG ergibt, dass bei Abfassung des Gerichtsverfassungsgesetzes von auch (in der Regel) in deutscher Sprache formulierten Gesetzen ausgegangen wurde, zumal das GVG selbst präjudizierenden Charakter besaß.

Ausnahmen von deutschsprachigen Gesetzestexten ergeben sich vereinzelt aus vorkonstitutionellen Rechtsquellen sowie in größerem Umfange aus der Übernahme des Rechts der Europäischen Union und internationalen Rechts.

Durch Unternormstellung (Ratifikation) des Rechts der Europäischen Union, weiteren internationalen Rechts und internationaler Verträge können auch in Deutschland fremdsprachige Gesetze und Abmachungen Gesetzeskraft erlangen.[23] Die zu diesem Zweck erlassenen Ratifizierungsgesetze enthalten in der Anlage den Vereinbarungstext, der gleichfalls im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird und dann Rechtskraft erlangt.[24]

Das (wohl) älteste innerhalb Deutschlands in einzelnen Normen weiterhin gültige Gesetz ist das Jütische Low aus dem Jahre 1241. Es gilt in Teilen Schleswig-Holsteins und existiert in dänischsprachigen und plattdeutschsprachigen Fassungen. Interessant dabei ist, dass diese Normen vor allem über die Artikel 55 ff. EGBGB im Jahre 1900 Bestand behielten. Aus vorkonstitutioneller Zeit könnten aber auch unter anderem einzelne Normen aus der Besatzungszeit 1945 bis 1949 rechtsgültig sein. Im Regelfall wurden dieses Recht damals zweisprachig - wie Englisch/Deutsch - veröffentlicht, selten auch nur in der Sprache der betreffenden Besatzermacht.

Auf der Ebene der Länder wurden auch zweisprachige Gesetze - wie das Friesisch-Gesetz in Schleswig-Holstein verabschiedet. Im Falle der Unternormstellung internationalen Rechts gilt gleiches wie auf Bundesebene.

Parlamentssprachen innerhalb Deutschlands

Auch „Parlamentssprachen“ sind eigentlich keine „Amtssprachen“. Auf Bundesebene mit den Parlamenten Deutscher Bundestag, Deutscher Bundesrat und dem Wahlgremium zur Wahl des Bundespräsidenten Bundesversammlung ist die Parlamentssprache (auch: Beratungs- oder Verhandlungssprache) deutsch. Der Einschluss des Niederdeutschen (wie der Mundarten, des Jiddischen usw.) bleibt unerörtert. Ausdrücklich als Parlamentssprache zugelassen ist neben Hochdeutsch auch Niederdeutsch in einzelnen Landesparlamenten wie in Hamburg und Schleswig-Holstein.[25]

Schulsprachen innerhalb Deutschlands

Die Festlegung der Unterrichtssprachen obliegt den einzelnen Ländern (Schulgesetze). Neben deutschsprachigen Schulen existieren innerhalb Deutschlands auch Schulen, in denen der Unterricht in anderen Sprachen abgehalten wird – beispielsweise die dänischen Schulen in Schleswig-Holstein, die sorbischen Schulen in Brandenburg und Sachsen oder Schulen wie die Berlin British School. In einigen Fachgebieten an den Hochschulen ist es üblich, nicht in deutscher Sprache oder nur teilweise in Deutsch zu lehren.

Da im Schulalltag jede einzelne Schule so wie auch jede einzelne Lehrkraft ständig (unter anderem durch Prüfungsentscheidungen, Entscheidungen über Versetzung oder Nichtversetzung, über Ordnungsmaßnahmen) Verwaltungsakte erlassen, ließe sich der Begriff Schulsprache auch als spezielle Amtssprache fassen, die grundsätzlich von der benutzten Unterrichtssprache unabhängig ist.

Kommunale Ebene

Sofern landesrechtliche Regelungen dem nicht entgegenstehen, können auch die Kommunen (Gemeinden, Gemeindeverbände, Landkreise etc.) zusätzlichen Sprachen Rechtsgeltung verschaffen, etwa als Amtssprache der Behörden der Kommunen und/oder ihrer sonstigen Einrichtungen, als Satzungssprache oder als Kommunalparlamentssprache. Bekannt ist beispielsweise, dass in einzelnen Ortsparlamenten innerhalb Deutschlands auch in Niederdeutsch, Friesisch bzw. Sorbisch beraten wird.

Englisch als Amtssprache aller EU–Länder

Die Einführung von Englisch als Verwaltungs- und anschließend als Amtssprache in den Teilstaaten der Europäischen Union wird diskutiert. Einer repräsentativen YouGov-Umfrage von 2013 zufolge würden es 59 Prozent der Deutschen begrüßen, wenn die englische Sprache in der gesamten Europäischen Union den Status einer Amtssprache erlangen würde (zusätzlich zu den bisherigen Sprachen), in anderen Ländern Europas liegen die Zustimmungsraten teilweise bei über 60 Prozent.[26][27]

Siehe auch

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. http://www.duden.de/rechtschreibung/Amtssprache
  2. hier; als Quelle angegeben: Bruno Zandonella, Pocket Europa. EU-Begriffe und Länderdaten, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2005, 2009 aktualisiert
  3. Bundestagsdrucksache 18/1287
  4. Model/Müller, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Taschenkommentar, 11. Auflage, Carl Heymann Verlag KG, Köln, Berlin, Bonn, München 1996, ISBN 3-452-21698-5, Artikel 30, Rn: 3
  5. Christoph G. Paulus, JuS 1994, 367, 369.
  6. Bundestags-Drucksache 7/910 vom 18. Juli 1973, Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetztes, S. 48 (PDF; 2,9 MB)
  7. Curt Lutz Lässig, Deutsch als Gerichts- und Amtssprache, 1980, S. 13
  8. BVerwG, Beschluss vom 14. August 1974, Az: I B 3.74, DÖV 1974 S. 788
  9. Barbara Bredemeier, Kommunikative Verfahrenshandlungen im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, 2007, S. 222 ff.
  10. Jansen, Kommentar aus Personal Office Premium
  11. Barbara Bredemeier, Kommunikative Verfahrenshandlungen im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, 2007, S. 222 ff. m.w.N., insb. in Fußnoten 956, 957
  12. BAG, Urteil vom 28. Januar 2010 – 2 AZR 764n/08.
  13. Art. I Nr. 2b der VwV Dienstordnung Sachsens: „Eingänge in sorbischer Sprache sind wie Eingänge in deutscher Sprache zu behandeln“
  14. Reinhard Böttcher, Kommentar GVG, 2003, S. 167 ff.
  15. BGH, Beschluss vom 19. November 2002, Az: X ZB 23/01
  16. Umsetzung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in Schleswig-Holstein – Sprachenchartabericht 2007. (PDF; 693 kB) Drucksache 16/1400. Schleswig-Holsteinischer Landtag – 16. Wahlperiode, März 2007, abgerufen am 17. Februar 2012. S. 62, Fußnote 16.
  17. OLG Oldenburg vom 10. Oktober 1927, Az: K 48, HRR 1928, 392: „Denn gemäß § 184 GVG ist die Gerichtssprache deutsch. Unter den Begriff "deutsch" fällt auch das Plattdeutsche, wenn es auch, philologisch betrachtet, nicht eine bloße Mundart darstellt, sondern als eine selbständige Sprache der hochdeutschen Sprache gegenüber steht.“
  18. BGHSt 30, 182
  19. Reinhard Böttcher, Kommentar GVG, 2003, S. 174.
  20. Christian Kranjčić: „… dass er treu und gewissenhaft übertragen werde.“ Mohr Siebeck, 2010, S. 15 (Zum Dolmetschen im Strafverfahren)
  21. OLG Hamm vom 22.04.2010 - III-2 RVs 13/10, NStZ-RR 2010, 348
  22. Kommentar aus SGB Office Professional
  23. ein Beispiel ist die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen: rechtsverbindlich sind nur die englisch- und die französischsprachigen Textversionen, während die deutschsprachige Version hier nicht offiziell ist
  24. als Beispiel das Gesetz zu dem Protokoll von Kyoto vom 11. Dezember 1997 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Kyoto-Protokoll) hier weiterklicken
  25. ein Beispiel aus der Hamburgischen Bürgerschaft mit Antragstext (Antrag) Geiht üm: Schiller op plattdüütsch. (PDF) Drucksache 18/7833. Hamburgische Bürgerschaft – 18. Wahlperiode, 23. Januar 2008, abgerufen am 4. Dezember 2015. und Beratung im Plenum Plenarprotokoll der Debatte zum Antrag Drucksache 18/7833 (Seiten 5309B-5312D). (PDF) Drucksache 18/99. Hamburgische Bürgerschaft – 18. Wahlperiode, 7. Februar 2008, abgerufen am 4. Dezember 2015.
  26. Umfrage: Mehrheit der Deutschen für Englisch als zweite Amtssprache, YouGov Meinungsforschungsinstitut, 9. August 2013
  27. zu diesem Thema: Jutta Limbach: „Plädoyer für die Mehrsprachigkeit in der Europäischen Union“ versus Jürgen Gerhards: „Plädoyer für die Förderung der Lingua franca Englisch“, veröffentlicht von der Bundeszentrale für politische Bildung am 17. Januar 2012 hier