Anonyma – Eine Frau in Berlin

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Film
Titel Anonyma – Eine Frau in Berlin
Produktionsland Deutschland, Polen
Originalsprache Deutsch, Russisch
Erscheinungsjahr 2008
Länge 131 Minuten
Stab
Regie Max Färberböck
Drehbuch Max Färberböck
Produktion Günter Rohrbach
Musik Zbigniew Preisner
Kamera Benedict Neuenfels
Schnitt Ewa J. Lind
Besetzung

Anonyma – eine Frau in Berlin ist ein Filmdrama aus dem Jahr 2008 von Regisseur Max Färberböck, der auch das Drehbuch schrieb. Die Hauptrolle spielte Nina Hoss. Die Handlung basiert auf dem autobiografischen Buch Eine Frau in Berlin von Marta Hillers, das ursprünglich von C. W. Ceram herausgegeben wurde.

Handlung

Im April 1945 marschiert die Rote Armee in Berlin ein. In einem halb zerstörten Wohnhaus werden die Frauen vergewaltigt. Eine von ihnen ist eine knapp 30-jährige Frau, deren Name nicht genannt wird. Die gebildete Frau war einst eine weitgereiste Journalistin und Fotografin. Sie hält die Geschehnisse für ihren Lebensgefährten, der vor Jahren an die Ostfront abkommandiert wurde, in einem Tagebuch fest. In ihrer Not der täglich drohenden Übergriffe und Vergewaltigungen fasst sie den Entschluss, sich einen russischen Offizier zu suchen, der sie beschützt und als Gegenleistung mit ihr schlafen darf. Doch dann geschieht, worauf sie am wenigsten gefasst war: Langsam nähert sie sich ihrem Beschützer, dem ebenso höflichen wie melancholischen Andrej, an. Es entsteht eine Beziehung zu dem Offizier, die sich wie Liebe anfühlt, wäre da nicht die Barriere, die sie bis zum Ende dennoch Feinde bleiben lässt. Als ihr Freund Gerd schließlich zurückkehrt, hat sie sich von ihm entfremdet.

Hintergrund

  • Der Film wurde vom 28. Mai 2007 bis 4. September 2007 in Deutschland und Polen gedreht.
  • Kinostart in Deutschland war am 23. Oktober 2008, die deutsche DVD wurde am 23. April 2009 veröffentlicht.
  • In den USA lief der Film ab dem 17. Juli 2009 als begrenzte Veröffentlichung (limited release) in insgesamt neun Kinos und spielte dort rund 294.000 US-Dollar ein.
  • Dialogcoach für russische Sprache war Olga Volha Aliseichyk, die auch einen Auftritt als Kleindarstellerin hat.

Kritiken

„Die ambitionierte Verfilmung dieses einzigartigen Zeitdokuments greift den lakonischen Stil der Vorlage auf und belässt es vor allem in der Darstellung sexueller Gewalt bei Andeutungen. Dabei erliegt der Film schnell dem Zwang von Genrekonventionen und walzt den Versuch der (hervorragend gespielten) Protagonistin, sich einen hochrangigen Offizier als Schutz vor der Meute zu angeln, melodramatisch aus, was zu allzu vertrauten Klischees und Bildern führt.“

Lexikon des internationalen Films[1]

„Vor allem aber ist Färberböck und seinem Produzenten Günter Rohrbach der Geniestreich gelungen, ein Tabuthema der deutschen Geschichte so zu inszenieren, dass es die aktuellen Ängste vor dem Absturz aus einem kosmopolitischen Wohlstandsleben in die archaische Form des Faustrechts nachvollziehbar macht.“

„Filme wie diesen gibt es, nicht weil die Macher sich fürs Thema interessierten, sondern weil jemand Geld verdienen will, und man dann Themen sucht, "die gehen". Weil ein Produzent auf einen Zug, der schon lange und sicher und mit hoher Geschwindigkeit dahinrollt, aufspringen will. Und er das Geld hat, die Rechte zu kaufen. […] Das Ergebnis ist ein Mainstream-Prestigeprojekt, ist cleanes deutsches Hochglanz-Schicksalskino, wie wir es - fast hätten wir gesagt: "bis zum Erbrechen" - kennen; saubere, hervorragende deutsche Schauspielerinnen bis in die Nebenrollen, mit schwarzer Schmutzschminke im Gesicht und sichtbar kratzigem Tuch auf der weißen Haut, als müssten sie ein Hauptmann-Stück aufführen, und dann zwischen fein säuberlich arrangierte Trümmerkulissen gestellt.“

Rüdiger Suchsland: Telepolis[3]

„Bedauerlicherweise erreicht die Verfilmung in keiner Weise die Eindringlichkeit der Tagebuchvorlage, sondern gleitet mit der Verzuckerung des Stoffes durch eine aufgesetzte … Liebesgeschichte … auf das Niveau von melodramatischem Kitsch ab. Der diesem Film dominierende Wunsch nach einer Liebesgeschichte und das angestrengte Bemühen um den Einklang mit den Geboten des Political Correctness haben offensichtlich den Stift beim Drehbuch und den Taktstock bei der Regie geführt. Die grausige Realität der Massenvergewaltigungen bleibt ausgeblendet. Ein Gespräch unter vergewaltigten Frauen über dieses Thema wird … zu einem Gekicher wie über Erlebnisse in einer Tanzstunde.“

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Anonyma – Eine Frau in Berlin im Lexikon des internationalen Films
  2. Männer, von Natur aus feige, sueddeutsche.de vom 22. Oktober 2008
  3. Verbotene Liebe und prekäre deutsche Männlichkeit. Kritik auf Telepolis, 25. Oktober 2008
  4. Ingo von Münch: Frau, komm! Die Massenvergewaltigungen deutscher Frauen und Mädchen 1944/45. Ares-Verlag, Graz 2009, Seite 22. ISBN 978-3-902475-78-7.