Burg Rothenburg ob der Tauber

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Oktober 2016 um 21:19 Uhr durch 217.83.5.5 (Diskussion) (erg./präz.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Burg Rothenburg ob der Tauber
Reichsburg Rothenburg ob der Tauber, ehemaliger Palas der Hinterburg (heutige Blasiuskapelle) von Osten

Reichsburg Rothenburg ob der Tauber, ehemaliger Palas der Hinterburg (heutige Blasiuskapelle) von Osten

Alternativname(n) Alte Burg
Staat Deutschland
Ort Rothenburg ob der Tauber
Entstehungszeit um 1142
Burgentyp Höhenburg, Spornlage
Erhaltungszustand Reste des Palas, der Toranlage und der Ringmauer
Ständische Stellung König
Bauweise Buckelquader
Geographische Lage 49° 23′ N, 10° 10′ OKoordinaten: 49° 22′ 31,6″ N, 10° 10′ 21,1″ O
Burg Rothenburg ob der Tauber (Bayern)
Burg Rothenburg ob der Tauber (Bayern)

Die Burg Rothenburg ob der Tauber, auch Alte Burg genannt,[1] sind die Reste einer mittelalterlichen Reichsburg auf einem vorgelagerten Bergsporn oberhalb des Taubertals westlich von Rothenburg ob der Tauber im Landkreis Ansbach in Bayern.

Geschichte

Die Rothenburg mit dem noch erhaltenen Pharamundsturm (im Vordergrund). Detail aus der Stadtansicht von Matthäus Merian, 1648

Eine erste Burganlage in Rothenburg wurde um 970 gegründet und war im Besitz der Grafen von Comburg-Rothenburg, deren Geschlecht 1116 in männlicher Linie mit Graf Heinrich von Rothenburg ausstarb. In der Forschung ist umstritten, ob die Burg dem Realbesitz des Benediktiner-Klosters Comburg zufiel oder (wahrscheinlicher) bereits zu diesem Zeitpunkt in die Hände der Staufer gelangte.[2] Die vollständig abgegangene Burganlage wird von der neueren Forschung in der Flur des Essigkrugs, einem Bergsporn unweit des heutigen Spitalhofes, lokalisiert.[3]

Der Stauferkönig Konrad III. errichtete um 1142 eine neue pfalzartige Burg auf dem nördlich benachbarten, nach Westen exponierten Bergsporn, der an drei Seiten von steilen Hängen zur Tauber umgeben ist (heutiger Burggarten). Östlich schloss sich eine Zivilsiedlung an, die sich langsam zur Stadt entwickelte. Nach dem Tod Konrads III. residierte dessen Sohn, Herzog Friedrich († 1167), auf der Rothenburg. Kaiser Friedrich I. Barbarossa übertrug den Besitz 1189 an seinen jüngsten Sohn Konrad. Im frühen 13. Jahrhundert spielte die Reichsburg als königlicher Aufenthaltsort kaum eine Rolle; erst der letzte Stauferkönig Konrad IV. hielt sich zwischen 1238 und 1251 insgesamt siebenmal in Rothenburg auf.[4]

In nachstaufischer Zeit wurde die Rothenburg vom Königtum kaum noch genutzt, während die Bürgersiedlung 1274 zur Freien Reichsstadt erhoben wurde. Beim Rintfleisch-Pogrom suchten im Juli 1298 etwa 400 Juden Schutz in der alten Reichsburg, mussten sich aber nach dreitägiger Belagerung ergeben; alle wurden umgebracht.[5]. Friedrich III. verpfändete die Burg 1314 an Kraft II. von Hohenlohe.

1356 wurde die Rothenburg durch das Basler Erdbeben beschädigt. Kaiser Karl IV. erlaubte den Rothenburger Bürgern zwar, die Steine zum Bau städtischer Gebäude zu verwenden, doch blieb die Anlage zumindest teilweise noch bewohnt.[6] Um im Falle eines militärischen Konflikts eine Nutzung als Belagerungsburg durch den Feind zu verhindern, ließen die Stadtoberen die ehemalige Reichsburg dann im frühen 15. Jahrhundert vollständig entfestigen: 1407 überließ der abgesetzte König Wenzel der Stadt den wusten Turm in der vesten (...) mit seinen umfengen (d. h. den östlichen Bergfried und die anstoßenden Mauern), die daraufhin niedergelegt wurden; die Schenkung wurde 1425 durch König Sigismund bestätigt.[7] Der quadratische Bergfried an der Westspitze („Pharamundsturm“) blieb Teil der Stadtbefestigung und wurde erst 1803 abgerissen.[8]

Seit 2010 erinnert eine Stauferstele im Burggarten an die Reichsburg.

Anlage

Spätromanische Biforien in der Südwand der Blasiuskapelle

Die etwa 250 Meter lange und zwischen 30 und 40 Meter breite Burganlage mit zwei heute verschwundenen Bergfrieden war in Vorderburg, Mittelburg und Hinterburg gegliedert.[9] In der Vorderburg an der Westspitze des Bergsporns konzentrierten sich die Gebäude der königlichen Hofhaltung, voran der nach einer Landgebietskarte von 1537 mindestens dreigeschossige Saalbau. Die Ansitze der königlichen Amtsträger und Burgmannen verteilten sich auf die Mittel- und Vorderburg. Von der östlich anschließenden Siedlung und späteren Stadt war die Burg durch einen Halsgraben getrennt, der spätestens im 15. Jahrhundert verfüllt wurde.[10]

Blasiuskapelle

Auf der frei zugänglichen Burgstelle sind in der heutigen Blasiuskapelle noch bedeutende Teile des romanischen Palas der Hinterburg erhalten. Dieses repräsentative Wohngebäude war mit großer Wahrscheinlichkeit des Amtssitz des Reichsvogts, seit dem 13. Jahrhundert des Reichsküchenmeisters.[11] Es stand in der Südostecke des Berings und war ursprünglich in eine Schildmauer integriert, die außen mit Buckelquadern verkleidet war. Das Steinhaus wurde in spätromanischer Zeit um ein drittes Geschoss erhöht; aus dieser Bauphase stammen vier Biforien, von denen das Fenster über der Kapellennische in der Ostwand mit Mittelsäule und Knospenkapitell am aufwendigsten gestaltet ist. Von 1397 bis 1400 ließ Bürgermeister Heinrich Toppler die Ruine zum Kapellenraum umbauen und mit Wandmalereien ausschmücken. Im 17. und frühen 20. Jahrhundert wurden Holzemporen eingebaut. Heute dient die Blasiuskapelle als Gedächtnisstätte für die Gefallenen der beiden Weltkriege.[12]

Ringmauer und Burgtor

Das ehemalige stauferzeitliche Burgtor (heutiges „Gärtnerhaus“), Ostseite

Erhalten ist ferner auf drei Seiten des Berings die weitläufige Umfassungsmauer, davon noch große Teile im originalen Verband aus Buckelquadern; am nördlichen Mauerzug sind noch Reste des zerstörten Saalbaus erkennbar. In einem Knick des südlichen Mauerzuges befindet sich die romanische Toranlage, die seit dem 17. Jahrhundert als Unterbau des „Gärtnerhauses“ (auch „Bürgerschießhaus“; Privatbesitz) dient; sie wurde 2007 erstmals archäologisch erforscht.[13]

Literatur

  • Thomas Biller: Die Blasiuskapelle der staufischen Reichsburg Rothenburg ob der Tauber. In: Maria-Letizia Heyer-Boscardin (Hrsg.): Wider das „finstere Mittelalter“. Festschrift für Werner Meyer zum 65. Geburtstag (= Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters. Bd. 29). Schweizerischer Burgenverein, Basel 2002, ISBN 3-908182-13-1, S. 41–50 (PDF; 5 MB).
  • Reiner Burkard, Anke Köber: Das Burgtor im „Gärtnerhaus“ – Dornröschenschlaf einer staufischen Toranlage in Rothenburg ob der Tauber. In: Das archäologische Jahr in Bayern 2007. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8062-2156-5, S. 115–117 (Innenansicht der freigelegten Tordurchfahrt auf dem Titelbild).
  • Thomas Steinmetz: Die Königspfalz Rothenburg ob der Tauber. Verlag Ellen Schmid, Brensbach 2002, ISBN 3-931529-04-5.

Weblinks

Commons: Alte Burg (Rothenburg ob der Tauber) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Bezeichnung Alte Burg ist historisch eher auf den Burgstall Essigkrug zu beziehen; vgl. Steinmetz, Königspfalz, S. 14.
  2. Vgl. Diskussion bei Steinmetz, Königspfalz, S. 11 f.
  3. Steinmetz, Königspfalz, S. 14.
  4. Vgl. Steinmetz, Königspfalz, S. 16–19.
  5. Steinmetz, Königspfalz, S. 20 f.
  6. Steinmetz, Königspfalz, S. 26 f.
  7. Steinmetz, Königspfalz, S. 24 f., 29.
  8. Steinmetz, Königspfalz, S. 42 und 44 f.
  9. Steinmetz, Königspfalz, S. 73 ff.
  10. Vgl. Steinmetz, Königspfalz, S. 75, 78 f.
  11. Vgl. Steinmetz, Königspfalz, S. 65.
  12. Vgl. Biller, Blasiuskapelle, passim; Steinmetz, Königspfalz, S. 50–66.
  13. Vgl. Burkard/Köber, Burgtor, passim; Steinmetz, Königspfalz, S. 67–72.
Reichsburg Rothenburg, Gesamtansicht von Süden