Daniel

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Der Prophet Daniel auf dem Deckenfresko der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo

Daniel (hebräischer Name: דָּנִיּאֵל; persisch: دانيال, Dâniyal oder Danial, auch Dani, داني ; arabisch: دانيال, Danyal) ist eine Person aus dem Tanach bzw. dem Alten Testament und Protagonist des Buches Daniel. Der Name „Daniel“ bedeutet so viel wie „mein Richter ist El (Gott)“ (Wurzel דון [dun] = „richten“, „Recht schaffen“).

In jungen Jahren wurde Daniel nach Babylon gebracht, wo er als Diener am Königspalast ausgebildet wurde. Er wurde bekannt dafür, Träume deuten zu können, und er wurde eine der wichtigsten Persönlichkeiten am Hof des Königs. Er lebte noch bis in die Zeit der persischen Eroberung hinein, behielt dort seine hohe Stellung und nahm Einfluss auf die Entscheidung, die Juden in ihr Heimatland zurückzuführen.

Leben

Daniels Antwort an den König von Briton Rivière, R.A. (1840–1920), 1890 (Manchester Art Gallery).

Im fünften Jahr der Regierung des Königs Jojakim (um 605 v. Chr.) wurde Daniel zusammen mit einigen anderen wohlhabenden israelitischen jungen Männern (darunter Hananja, Mischael und Asarja, auch genannt Schadrach, Meschach und Abed-Nego) nach Babylon deportiert. Daniel und seine drei Freunde wurden anschließend aufgrund ihrer Weisheit und Schönheit auserkoren, als Chaldäer ausgebildet zu werden, die viele ranghohe Ämter am babylonischen Königshof besetzten. (Dan 1 EU)

Daniel wurde als Diener des babylonischen Königs verpflichtet und bekam gemäß damaliger Sitte den chaldäischen Namen Beltschazar („Bel beschütze den König“). Sehr wahrscheinlich hat er auch im Palast des Königs Nebukadnezar II. gewohnt. Trotzdem blieben Daniel und seine drei Begleiter ihrer kulturellen und religiösen Herkunft entschlossen treu – eine Überzeugung, die früher oder später zu Problemen mit dem Paganismus am babylonischen Königshof führen musste.

Daniels Ausbildung (Dan 1,4 EU) sollte ihn für den Dienst am babylonischen Reich qualifizieren. Daniel zeichnete sich während dieser Zeit durch seine Frömmigkeit und seine strikte Ausrichtung auf die Torah aus (Dan 1,8-16 EU), und erlangte so das Vertrauen und die Wertschätzung derjenigen, die über ihm standen.

Am Ende der dreijährigen Ausbildung am königlichen Hof zeichnete sich Daniel durch seine Fähigkeiten und Wissen bezüglich der heidnischen Rituale seiner Tage aus, so wurde er in der Öffentlichkeit bekannt. Eine seiner Fähigkeiten war, Träume deuten zu können (Dan 1,17 EU; 2,14ff EU) und so stieg er auf bis zum Verwalter über die gesamte Provinz Babylon und Vorsteher aller „Weisen“ des Landes, nachdem er einen Test des Königs bestanden hatte, der Daniel leicht das Leben hätte kosten können.

Nach der persischen Eroberung Babylons wurde Daniel der erste der „drei Verwalter“ des Reiches unter der Regierung Darius’ des Meders. So wurde Daniel gewissermaßen zum Verantwortlichen für Staatsangelegenheiten und war in der Lage das Schicksal der gefangenen Juden zu beeinflussen (Dan 9 EU), die schließlich in ihr Heimatland zurückkehren konnten. Er selbst jedoch ging nicht zurück, sondern blieb in Babylon.

Das Grab des Propheten Daniel in Samarkand

Daniels Treue zu seinem Gott setzte ihn immer wieder der Verfolgung von neidischen Rivalen innerhalb des Regierungsapparates des Königs aus. Die Tatsache, dass er den Traum des Herrschers gedeutet hatte, sorgte für seine Beförderung, und auch für die seiner Gefährten. Er war als „Liebling“ des Königs unantastbar. Seine Freunde waren der Anklage, sie weigerten sich den babylonischen König Nebukadnezar als Gott zu verehren, schutzlos ausgeliefert und wurden zum Tod im Feuerofen verurteilt, jedoch auf wundersame Weise gerettet. Jahre später wird auch Daniel für die stetige Ausübung seines Glaubens verurteilt und schließlich in eine Löwengrube geworfen, doch die Raubtiere attackierten ihn nicht. Daraufhin veranlasste König Darius, dass der „Gott Daniels“ in seinem ganzen Reich verehrt werden sollte. (Dan 6,26 EU)

Daniels Tätigkeit als Prophet begann erst spät in seinem Leben. Seine frühen Heldentaten waren allgemein bekannt, und mit seinem Ruf als frommer und gottesfürchtiger Mann bildeten sie die Basis für seine Prophetentätigkeit. Die Anerkennung seiner prophetischen Nachricht ist die gleiche von anderen Propheten wie Jesaja, Jeremia und Ezekiel, deren Herkunft die Grundlage für ihre Botschaft war.

Sowohl Zeit als auch Umstände des Todes Daniels sind nicht überliefert. Nach Dan 10,1 EU hat er im dritten Regierungsjahr des Königs Kyrus noch gelebt; er müsste um diese Zeit fast 90 Jahre alt gewesen sein, da er ungefähr 70 Jahre vorher als junger Mann nach Babylon deportiert wurde. Möglicherweise starb er in Susa im Iran, der Überlieferung zufolge ist sein Grab in Susa, an einem Ort namens Shush-e Daniyal. Allerdings gibt es noch andere Orte, an denen Daniel angeblich begraben sein soll, wie zum Beispiel Kirkuk im Irak, Babylon, Ägypten, Samarkand oder Tarsus.

Prophet

Das Christentum rechnet Daniel zu den „großen Propheten“ und platziert ihn in den meisten Ausgaben des Alten Testamentes nach Jesaja, Jeremia und Ezechiel. Träume, Visionen und Offenbarungen werden in der Bibel manchmal mit Prophetie in Zusammenhang gebracht, wie Joel 2,28-32 EU verdeutlicht.

Eine russische Ikone Daniels, der eine Schriftrolle mit seiner Prophetie hält und auf den „ungebrochenen Berg“ deutet. (Dan 2,34-35 EU). Aus dem 18. Jahrhundert.

Im modernen Judentum wird Daniel nicht zu den Propheten gezählt, dafür gibt es zwei Gründe:

  1. Daniel habe niemals direkt mit Gott gesprochen. Der Torah zufolge sprechen Propheten (nevi’im) jedoch immer direkt mit Gott und nicht mit Vermittlern wie z. B. Engeln. Daniel hat Engel gesehen, aber nicht direkt mit Gott gesprochen – dies ist der Hauptgrund, warum er nicht als Prophet anerkannt wird.
  2. Im Judentum spräche ein Prophet (navi) zu seiner Generation, und nicht zu nachfolgenden Generationen. Die Propheten der Bibel (z. B. Jesaja oder Hesekiel) sprachen hauptsächlich zu ihren Generationen, aber ihre Nachrichten waren auch auf die Zukunft bezogen. Daniels Visionen waren jedoch ausschließlich für die Zukunft und nicht für seine Generation.

Rashi zeigt in seinem Talmudkommentar,[1] dass ein Prophet, um als solcher anerkannt zu werden, die Nachrichten, die er empfängt, verbreiten muss. Daniels Prophetien sind zukunftsbezogen, da sie verborgen aussagen, was in der Zukunft geschehen wird. Seine Botschaften wurden jedoch nicht unter der Bevölkerung verbreitet, wie der Text selbst impliziert.

Hesekiel

Russisch-orthodoxe Ikone aus dem 17. Jahrhundert von Daniel in der Löwengrube. Oben ist der Logos (Christus, Emmanuel) vor seiner Inkarnation dargestellt, darunter Habakuk, der von einem Engel getragen wird.

Der Prophet Hesekiel, der ein Zeitgenosse Daniels war, beschreibt einen Daniel als Musterbeispiel an Gerechtigkeit (Hes 14,14 ELB) und Weisheit (Hes 28,3 ELB).

Einige Forscher haben diese Person mit dem Daniel aus dem Buch Daniel identifiziert, während andere ihn als eine andere Person sehen, die im Laufe der Zeit in Vergessenheit geriet. Manche sehen den Daniel in Hesekiel als eine Person Daniel, die aus der ugaritischen Literatur bekannt ist.

Die hebräische Schreibweise selbst spricht für einen Anderen als den Propheten Daniel.[2] Wahrscheinlich war die ursprüngliche Lesart „Danel“, denn Vokalisierungspunkte wurden dem hebräischen Konsonantentext erst später hinzugefügt, und so entstand die Vokalisierung mit „i“. Im Buch Daniel ist der Name mit einem zusätzlichen Konsonanten in der Mitte überliefert, der das „i“ im Namen impliziert – dieser Buchstabe fehlt in der Schreibweise in Hesekiel. Es wird also möglicherweise auf eine andere Person Bezug genommen.

Habakuk

Im apokryphen Teil von Daniel, bekannt als Bel und der Drache, wird der Prophet Habakuk auf wundersame Weise von einem Engel zu Daniel in der Löwengrube gebracht, um mit ihm zu essen. Als Antwort darauf betet Daniel: „Du hast mir gedacht, Gott; du verlässt nicht, die dich suchen und lieben!“[3]

Liturgie

Im liturgischen Kalender der orthodoxen Kirchen fallen die Tage, an denen man sowohl Daniels als auch der drei Männer im Feuerofen gedenkt, auf den 17. Dezember und auf den Sonntag der heiligen Vorfahren.[4] (der Sonntag, der zwischen den 11. und 17. Dezember fällt).[5] Daniels Prophetie, die das „Zerstören des Bildes“ vorhersagt (Dan 2,24-25 EU) wird in orthodoxen Liedern oft als eine Metapher für die Menschwerdung Gottes verstanden: Der losgebrochene Stein als Symbol des Logos (Christus), und da er „nicht durch Hände“ losgebrochen wurde, wird dies symbolisch als die Jungfräulichkeit Marias gedeutet. Deshalb wird die Gottesgebärerin in Liedern auch als „ungebrochener Berg“ bezeichnet.

In der römisch-katholischen Kirche wird Daniels am 21. Juli gedacht.[6]

Die armenische Kirche und die Lutherische Kirche - Missouri-Synode feiern den Gedenktag Daniels 17. Dezember, die koptische Kirche am 19. März.[7]

Daniel im Islam

Obwohl Daniel nicht im Koran vorkommt, wird er doch in mehreren Hadithen von Mohammed und anderen beschrieben, wonach derjenige der den Leichnam dieses Propheten findet und beerdigt, ins Paradies eingehen wird. Nach der Weltchronik at-Tabarīs wurde der Leichnam zur Zeit des zweiten Kalifen ʿUmar ibn al-Chattāb (634-644) von Abū Mūsā al-Aschʿarī in Susa im heutigen Persien gefunden und anschließend wieder begraben. Der Leichnam soll unversehrt gewesen sein und einen Ring mit einem Mann und zwei Löwen getragen haben.[8]

Der Geschichtsschreiber Husain ibn Muhammad ad-Diyārbakrī (gest. 1559) überliefert in seiner Weltchronik Taʾrīḫ al-Ḫamīs zu Daniels Siegelring folgende Beschreibung und Erklärung: „Auf dem Siegelring Daniels waren ein Löwe und eine Löwin eingraviert, zwischen denen sich ein Knabe befand, den sie ableckten. Als ʿUmar darauf blickte, schwammen seine Augen in Tränen. Der Hintergrund (sc. des Bildes) war, dass Nebukadnezar, als er die Herrschaft übernommen hatte, prophezeit wurde, dass ihn jemand, der zu seiner Zeit geboren würde, töten werde. Er ließ daraufhin konsequent alle Knaben töten. Und als Daniel geboren wurde, warf ihn seine Mutter in ein Dickicht, in der Hoffnung, dass er so der Tötung entkommen würde. Gott führte ihm daraufhin einen Löwen zu, der ihn schützte, und eine Löwin, die ihn säugte. Das sind die beiden, die ihn ablecken. Und Daniel wollte mit dieser Gravierung auf seinem Siegelring das Gedenken an die erfahrene Güte Gottes aufbewahren.“[9]

Literatur

  • Francis E. Gigot: Catholic Encyclopedia on CD-ROM. New Advent, 1889, Daniel (newadvent.org).
  • James B. Jordan: Daniel: Historical & Chronological Comments (II). In: Biblical Chronology. 7. Jahrgang, Nr. 1, 1995 (biblicalhorizons.com).
  • Katharina Bracht, David S. du Toit (Hrsg.): Die Geschichte der Daniel-Auslegung in Judentum, Christentum und Islam. Studien zur Kommentierung des Danielbuches in Literatur und Kunst. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-019301-5.
  • Matthias Albani: Daniel. Traumdeuter und Endzeitprophet. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2010, ISBN 978-3-374-02717-0.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Daniel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. S.C.J. FAQ: Section 12.11. Jewish Thought: Who were the prophets? How many?
  2. Hesekiel Kapitel 14 und 15 ELB
  3. Henry Lancelot Dixon: „Saying Grace“ Historically Considered and Numerous Forms of Grace:Taken from Ancient and Modern Sources; With Appendices. James Parker and Co., Oxford and London 1903, S. 11 (englisch, google.com [abgerufen am 19. Dezember 2010]).
  4. Sergei Bulgakow, Manual for Church Servers, 2nd ed. (Kharkov, 1900) pp. 453–455. December 11–17: Sunday of the Holy Forefathers Translation: Archpriest Eugene D. Tarris
  5. Bulgakov, op. cit., pp. 461–462 December 18–24: Sunday before the Nativity of Christ of the Holy Fathers
  6. Francis E. Gigot: Catholic Encyclopedia on CD-ROM. New Advent, 1889, Daniel (newadvent.org [abgerufen am 19. Dezember 2010]).
  7. Daniel im Ökumenischen Heiligenlexikon, abgerufen am 18. Dezember 2012
  8. Hartmut Bobzin: „Bemerkungen zu Daniel in der islamischen Tradition“ in Bracht, du Toit (Hrsg.): Die Geschichte der Daniel-Auslegung. 2007. S. 167–178. Hier S. 174.
  9. Ḥusain ibn Muḥammad ad-Diyārbakrī: Tārīḫ al-ḫamīs fī aḥwāl anfas nafīs. 2 Bde. Kairo 1866–67. Nachdruck Muʾassasat Šaʿbān li-n-Našr wa-t-Tauzīʿ, Beirut, 1975. Bd. I, S. 178.