Fehlfarbe (Hundezucht)

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Boxer-Welpen: dem Rassestandard entsprechende Färbung: links gelb, rechts gestromt - laut Rassestandard darf nicht mehr als ein Drittel des Fells weiß sein.
Boxer-Welpe in der Fehlfarbe Weiß - im Fell eines solchen sind weder Eumelanin noch Phäomelanin eingelagert. Ihm fehlt auch meist die Pigmentierung der Lidränder. Weiße Boxer sind nicht zur Zucht zugelassen; in Ausstellungen gibt es jedoch inzwischen Extra-Klassen für die Weißen.

Als Fehlfarbe bzw. Farbfehler werden in der Rassehundezucht Fellfärbungen von Hunden bezeichnet, die im jeweiligen FCI-Rassestandard nicht vorgesehen sind. Kleinflächige unerwünschte Färbungen nennt man Farbfehler. Großflächige oder den ganzen Körper betreffende unerwünschte Färbungen nennt man Fehlfarben. Bei fehlfarbigen Welpen entsprechen beide Elterntiere dem Rassestandard und sind zur Zucht zugelassen. Ein Hund mit einer Fehlfarbe ist nach der kynologischen Definition innerhalb der Rassehundezucht keine Varietät, denn bei dieser muss ein zusätzliches besonderes Merkmal im Rassestandard beschrieben und damit zulässig sein. Der Begriff Fehlfarbe ist kein tiermedizinischer Begriff. Es gibt sowohl Hunde mit Fehlfarben, die gesund sind, als auch Hunde mit im Rassestandard vorgesehener Färbung, die durch Polyphänie mit Fehlbildungen oder Erkrankungen einhergehen kann. Eine besondere Problematik ergibt sich daraus, dass ein und derselbe Phänotyp hinsichtlich der Fellfarbe durch unterschiedliche Gene bzw. Varianten eines Allels entstehen kann.[1][2] Die Begriffe Fehlfarbe und Farbfehler finden auch in der Rassezucht anderer Tierarten Verwendung, beispielsweise bei Pferden.

Genetische Ursachen

Zwei Erbschemata für die Vererbung einer Fehlfarbe (in diesem Beispiel weiß) mit und ohne Ausprägung im Phänotyp.
Linkes Schema: Bei einer Verpaarung zweier Konduktoren haben durchschnittlich 25 % der Nachkommen die Fehlfarbe (Spaltungsregel). Zwei von drei Nachkommen mit der standardgerechten Färbung sind selbst wieder Konduktoren.
Rechts: Ein Elterntier ist heterozygot, das andere reinerbig. Alle Nachkommen tragen die standardgerechte Färbung. Auch hier sind 50 % der Nachkommen Konduktoren.
Die beiden Kreuzungsschemata sind dahingehend stark vereinfacht, dass die Vererbung der Fellfarben als monogener Erbgang dargestellt wird, obgleich die Fellfarben immer polygen entstehen: Dabei kann jedoch die rezessive Färbung durch ein einziges homozygot vorliegendes Allel ausgelöst werden, das die Bildung eines oder mehrerer Pigmente verhindert oder deren Verteilung verändert. Diese Form der Gen-Interaktion bezeichnet man als Epistase.[3]

Fehlfarben können durch Spontanmutation entstehen. In vielen Fällen sind sie jedoch Ausdruck der Erbanlagen der Ausgangsrassen, aus denen eine bestimmte Rasse gezüchtet wurde, die trotz der von den Züchtern vorgenommenen Auslese noch immer im Genpool dieser Rasse enthalten sind. Da dominante Merkmale stets am Phänotyp erkennbar sind, können unerwünschte Fellfarben, die auf dominanten Genen beruhen, durch Zuchtauslese leicht eliminiert werden. Sie kommen daher in der Rassezucht nicht als Fehlfarben vor. Rezessive Erbanlagen hingegen, die sich bei den heterozygoten Individuen phänotypisch nicht ausprägen, also „unsichtbar“ bleiben, können von sogenannten Konduktoren weitervererbt werden, d. h. von äußerlich dem Rassestandard entsprechenden Tieren, die aber Träger rezessiver Fehlfarbengene sind. Die Fehlfarbe tritt nur dann phänotypisch in Erscheinung, wenn zwei Konduktoren miteinander verpaart werden, sodass 25 % der Welpen homozygot werden (Mendelsche Regeln: Spaltungsregel), d. h. die rezessive Erbinformation beider Elterntiere in sich vereinen.[4] So können im Genpool einer Hunderasse Fehlfarbengene über relativ lange Zeiträume erhalten bleiben, wie beispielsweise das Weiß beim Deutschen Schäferhund und beim Boxer. Durch den Ausschluss der fehlfarbigen Hunde von der Zucht kann eine Weitervererbung des Fehlfarbengens nicht vermieden werden, denn von den durchschnittlich 75 % standardgerecht gefärbten Hunden desselben Wurfes sind etwa zwei Drittel wieder Konduktoren. Ist nur eines der beiden Elterntiere Konduktor und das andere ist reinerbig, tritt die rezessive Fehlfarbe bei den Welpen nicht in Erscheinung und somit bleibt verborgen, dass mit einem Konduktor gezüchtet und das unerwünschte Gen weitergegeben wurde.

Bedeutung der Melanozyten

Bei den verschiedenen Genen, die zu weißem Fell oder zu Weißscheckung führen, gibt es sowohl krankheitsauslösende als auch harmlose Varianten.[5][6] Die Pigmentzellen (Melanozyten), in denen Haut- und Haarpigmente gebildet werden, haben im Wirbeltierorganismus noch andere wichtige Funktionen und zwar bei der Ausbildung bestimmter Gewebe des peripheren Nervensystems und der Sinnesorgane für das Sehen und Hören. Im Verlauf der Embryonalentwicklung wandern die aus Vorläuferzellen in der Neuralleiste gebildeten Melanozyten in verschiedene Gewebe des sich entwickelnden Embryos ein und zwar sowohl in weiter innen liegende Gewebe des Körpers (Organanlagen) als auch in die Haut und Haarwurzeln. Das ist auch noch bei manchen neugeborenen Welpen zu beobachten, wenn sich die anfangs rosafarbenen Schnauzen, Nasen und Ballen der Pfötchen nach wenigen Tagen dunkel färben.

Tierschutzrelevanz

Schematische Darstellung zum nicht zwingend gegebenen gemeinsamen Auftreten von Fehlfarben und Krankheiten bzw. Missbildungen.

Hundezüchter standen früher vor der Entscheidung, Welpen mit Fehlfarben entweder zu töten oder sie beim Wurf zu belassen und sie dann ohne Ahnentafel abzugeben. Heute verbietet es das Tierschutzgesetz (§ 17) einen gesunden Welpen zu töten.[7] Durch Stammbaumanalyse kann man feststellen, in welchen Zuchtlinien Fehlfarben aufgetreten sind. So lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer Verpaarung von Konduktoren erheblich verringern aber nicht völlig ausschließen.

Heute kann eine DNA-Analyse Aufschluss über rezessive Erbanlagen geben, bevor ein Tier zur Zucht eingesetzt wird. So kann die Verpaarung zweier Tiere mit Fehlfarbengenen vermieden werden. Auch die Frage, ob und welche Varianten leuzistischer Gene und Albinismus-Gene sich im Erbgut eines Hundes befinden, kann durch DNA-Analyse mit Polymerase Kettenreaktion (PCR) geklärt werden.[8]

Neben Fehlfarben, die keinen Einfluss auf die Gesundheit des Hundes haben, gibt es auch solche, die immer oder zumindest bei bestimmten Rassen durch Polyphänie mit Fehlbildungen[9] oder Erkrankungen verbunden sind. In diesen Fällen gibt es ethische Gründe, die Zulassung der resultierenden Färbung tierschutzrechtlich zu verbieten oder bestimmte Tiere von der Zucht auszuschließen (siehe auch Qualzucht).[10] Die folgenden Beispiele wurden ausgewählt, um die heutige Situation in der Hundezucht exemplarisch zu veranschaulichen.

Umgang mit problematischen Genen

Erbschema für die streng verbotene Verpaarung zweier Hunde mit Merle-Faktor (M = Merle-Faktor vorhanden, m = Merle-Faktor nicht vorhanden, hellblau symbolisiert Merle-Färbung).
Hund aus Merle-Merle-Verpaarung. Ein sehbehindertes und ein blindes Auge. Der Hund ist beidseitig taub. Elterntiere: Australian Shepherd.[11]

Problematisch ist das Merle-Gen, bei dem die heterozygoten Träger gesund sind, die homozygoten Tiere jedoch oft schwere Missbildungen aufweisen. Der Einfluss auf die Färbung wird unvollständig dominant vererbt. Er kommt bei heterozygoten Hunden meist deutlich sichtbar zur Ausprägung.[12] Rezessiv sind nur die schweren Missbildungen, die bei den homozygoten Hunden auftreten.[13] Trotz möglicher Missbildungen durch das Gen ist die Merle-Färbung bei einigen Hunderassen im Rassestandard zugelassen, wobei die heterozygoten gesunden Hunde Konduktoren sind, die keinesfalls miteinander verpaart werden dürfen.[14] Die Fehlfarbe „Doppel-Merle“ wird zwar durch sehr genaue Zuchtvorschriften vermieden, das hindert aber ignorante „Vermehrer“ außerhalb der Zuchtverbände nicht daran, mit zwei gesunden heterozygoten Rassehunden etwa 25 % teilweise schwer chronisch kranke Welpen zu produzieren.[15] Hunde mit der Fehlfarbe „Doppel-Merle“ haben oft einen höheren Weißanteil im Fell als ihre Elterntiere. Sie haben Missbildungen unterschiedlichen Schweregrads an beiden Augen, sind meist einseitig oder beidseitig taub und haben häufig weitere aus der Embryonalentwicklung herrührende Entwicklungsstörungen. Bei ihnen werden zwar Pigmentzellen gebildet, durch einen Gen-Defekt auf dem Silver-Locus fehlen diesen jedoch zytologische Funktionen, sodass sie nicht zur Ausbildung gesunder Seh- und Hörorgane beitragen können. Auch heterozygote Merle-Hunde sind manchmal von diesen Störungen betroffen.

Wie Fellfarben sind auch Augenfarben in den Rassestandards festgelegt. Somit fallen auch vom Standard abweichende Augenfarben unter den Begriff Fehlfarben. Blaue Augen können beim Hund durch verschiedene Gene entstehen, die sich auf die Fell- und Augenfarbe auswirken und die manchmal gesundheitliche Beeinträchtigungen auslösen. Sie entstehen unter anderem durch das Merle-Gen, weshalb sie bei den Hunderassen, in denen auch Merlezucht betrieben wird, zum Standard gehören.

Fragwürdige Selektionskriterien

Dalmatiner: Fehlfarbe des Auges. Ein Extremschecke, bei dem knapp 10 % ein- oder beidseitig taub sind.

Dalmatinerwelpen werden in der Regel ganz weiß geboren. Welpen, die schon von Geburt an schwarze Flecken (Platten) haben, wurden als Fehlfarben von der Zucht ausgeschlossen, obwohl das ein Anzeichen ist, dass die Melanozyten rechtzeitig und in größerer Menge in die Körpergewebe einwandern, wo sie im Kopf angelangt für die Ausbildung wichtiger Nerven-Sinnes-Funktionen gebraucht werden.[16][17] Dalmatiner aber auch andere weißgescheckte Hunde mit viel weiß im Kopfbereich leiden relativ häufig an Taubheit, weil in den Organanlagen die Melanozyten fehlten oder nicht funktionsfähig waren. Seit diese entwicklungsbiologischen Zusammenhänge erforscht sind und bekannter werden, haben Züchter begonnen, die Selektionskriterien zu überdenken. Im Rassestandard des Deutsch Kurzhaar war schon immer ein brauner oder (seltener) schwarzer Kopf vorgeschrieben. Hier sind keine Probleme bekannt.[18][19]

Ein weiteres Beispiel für eine Polyphänie einzelner Farbgene beim Hund ist ein Defekt im Harnsäurestoffwechsel der Niere, die Hyperurikosurie. Diese bei Dalmatinern auftretende Stoffwechselstörung wurde durch bevorzugte Zuchtauswahl von Hunden mit ausgeprägter Tüpfelung zur rassetypischen Erkrankung. Das spezifische Muster des Fells entsteht durch Kombination von drei Genen: ein Gen für weißes Fell, ein dominantes Gen im für die Tüpfelung verantwortlichen Lokus T und ein Gen, das die Größe der Tüpfelung beeinflusst. Durch Letzteres wird wahrscheinlich die Vererbung des für die Hyperurikosurie verantwortlichen Gens gefördert (Meiotic Drive).[20][21]

Während es früher nur Vermutungen über Zusammenhänge gab, erlauben es die Fortschritte der molekulargenetischen Forschung heute, auf wissenschaftlicher Basis zu reflektieren, was innerhalb eines Rassestandards als Fehlfarbe und was als zulässige Färbung gelten sollte.

Gesunde Fehlfarbenhunde

Durch gute Fachkenntnisse und züchterische Erfahrung ist es möglich, schönheits- und gesundheitsrelevante Selektionskriterien zur Deckung zu bringen.

Beim Deutschen Schäferhund wurden und werden immer wieder vereinzelt auch weiße Welpen geboren, die wegen ihrer Fehlfarbe keine Papiere erhalten. Aus gesunden Nachkommen solcher Fehlfarbenexemplare wurde eine separate Rasse begründet und mit dem Namen Berger Blanc Suisse ins Schweizerische Hundestammbuch eingetragen, um der Nachfrage nach dieser besonderen Farbe entgegenzukommen. Bei diesem Weissen Schweizer Schäferhund sind Nasenschwamm, Lefzen und Lidränder schwarz, ein Zeichen, dass in der Haut genügend Melanozyten vorhanden sind und in der Haut das Schutzpigment Melanin gebildet wird, wobei diese Hunde gesund sind. Er gehört zu den Rassen, die als „False White“ bezeichnet werden, bei denen das weiße Fell andere genetische Ursachen hat als bei den Weißschecken.[22] Er ist wie der Samojede ein einfarbiger Hund, dessen Phäomelanin extrem aufgehellt ist.[23] Der Aufhellungsfaktor, der nur in der normalen Haut wirksam ist, nicht jedoch in Nasenschwamm, Lefzen, Lidrändern und Ballen, ist nicht das Dilute-Gen, denn das Dilute-Gen hellt im Fell nur das Eumelanin auf, nicht das Phäomelanin, das diese weißen Hunde in Haut und Haarwurzeln bilden, was bedeutet, dass durch den zum „False White“ führenden Aufhellungsfaktor die Einwanderung der Melanozyten nicht behindert wird, auch nicht in den an der Ausbildung der Sinnesorgane beteiligten Geweben.

Beim Deutschen Schäferhund werden nach wie vor vereinzelt auch weiße Hunde mit derselben Färbung geboren. Diese gelten in ihrer Rasse auch weiterhin als Fehlfarbe und dürfen weder als Berger Blanc Suisse eingetragen noch bei diesem eingekreuzt werden.[24] Beim Berger Blanc Suisse können bei Welpen von standardgerechten Elterntieren unerwünschte Pigmentverluste auftreten. Fleckige Pigmentverluste an Nasenschwamm, Lefzen und/oder Lidrändern werden als Farbfehler gewertet. Als disqualifizierende Farbfehler gelten völliger Pigmentverlust an Nasenschwamm, Lefzen und/oder Lidrändern oder an Haut und Ballen, blaue Augen und Albinismus.[25]

Vermarktung kranker Fehlfarbenhunde

Ein Gegenbeispiel wäre der „Weiße Dobermann“, bei dem durch ein rezessives Albinismus-Gen Nasenschwamm, Lefzen und Lidränder rosa sind, und der fast keine Hautpigmente hat, sodass diese Hunde empfindlich gegen den UV-Anteil des Sonnenlichts sind, schnell Sonnenbrand bekommen, ein stark erhöhtes Hautkrebsrisiko haben sowie anfällig für weitere Hauterkrankungen sind.[26] Eine erhöhte Lichtempfindlichkeit der Augen führt dazu, dass die Tiere im Freien geblendet werden.[27] Der weiße Dobermann gilt in Deutschland aus Tierschutzgründen als Fehlfarbe ebenso wie der blaue. Beim blauen Dobermann und anderen Pinschern tritt durch das Dilute-Gen eine Hauterkrankung auf, das Blue Dog Syndrom.[28] Trotzdem wird der Weiße Dobermann von „Vermehrern“ auf dem Tiermarkt angeboten.[29] In Amerika sind im Internet aktive Aufklärungsinitiativen entstanden von Menschen, die infolge der unkontrollierten Vermehrung von Moderassen zu Besitzern von Doppel-Merle-Hunden geworden sind.[30][31]

Basiswissen aus der klassischen Genetik

Generell gilt das gleiche, was aus dem Erbschema der Spaltungsregel für die Fehlfarben ersichtlich wird, auch für alle rezessiven krankheitsauslösenden Erbanlagen, nämlich dass auch bei Zuchtausschluss der Merkmalsträger immer wieder kranke Hunde geboren werden, wenn nicht auch die Konduktoren von der Zucht ausgeschlossen werden.[32] Für geeignete Maßnahmen gegen Qualzucht und Erbkrankheiten beim Hund setzt sich die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz ein.[33]

Merkmalskombinationen

Welpen: drei einfarbige „Golden Yorkshire Terrier“ und zwei ebenfalls ohne schwarz dazu mit Scheckung. Beide Eltern waren „Fehlfarben“ (Mutter: ee sPsP; Deckrüde: ee SS). Nach der Uniformitätsregel hätten alle Welpen die gleiche Färbung. Dies ist nicht der Fall, da noch weitere Gene eine Rolle spielen (Polygenie), die bei einem Elterntier heterozygot vorliegen.
Beagle in der Farbe „tan-white“ Genotyp ee sPsP. Hier ist diese Färbung im Rassestandard zulässig.

Als Beispiel für das unerwartete Auftreten zweier Fehlfarben (dihybrider Erbgang) können Ausnahmen beim Yorkshire Terrier angeführt werden, der wahrscheinlich unter Mitwirkung des Maltesers gezüchtet wurde, von dem eine rezessive Erbanlage[34] für Weißscheckung erhalten blieb. Außerdem werden sehr selten Yorkie-Welpen geboren, die das Eumelanin für den schwarzen oder blauen Sattel nicht bilden. Das dominante Allel des Extension-Locus (E) ermöglicht die Bildung von Eumelanin. Das sehr seltene rezessive Allel e bewirkt ein Fehlen von Eumelanin, wobei stattdessen Phäomelanin gebildet wird. Es bewirkt auch, dass bei Verpaarung von zwei Konduktoren 25 % einfarbige „Golden Yorkshire“ geboren werden.[35] „Black and tan“ Yorkies mit Genotyp Ee entsprechen hinsichtlich ihrer Eigenschaft als Fehlfarbenkonduktoren dem „Fuchsvererber“ bei der Pferderasse Friese.[36] Einige amerikanische Rassehundezüchterinnen hatten unerwartet einzelne nur hinsichtlich der Farbe nicht standardgerechte Welpen in einfarbig gold, dreifarbig schwarz-weiß-gold und auch zweifarbig weiß-gold in ihren Würfen mit dabei (Fehlfarben). Sie erreichten für diese 2007 eine Registrierung beim American Kennel Club (AKC) unter der Bezeichnung „Parti Color Yorkshire Terrier“ (partiell gefärbt) mit der Begründung, dass gesundheitsrelevante Kriterien in der Rassezucht eine höhere Priorität haben sollten als die Färbung des Fells.[37][38][39][40] Das molekulargenetische Labor des AKC führt für registrierte Hunde jeglicher Rasse auf Wunsch des Eigentümers eine DNA-Analyse durch, um diesem Klarheit über den Genotyp zu geben und um die Ergebnisse gleichzeitig statistisch erfassen zu können. Auch in Europa gibt es Institute für Molekulargenetik, die für Haustiere auch vorsorglich DNA-Analysen bei Farbgenen und sonstigen gesundheitsrelevanten Erbanlagen durchführen.[41][42] Der in Deutschland gezüchtete weißgescheckte Biewer Yorkshire Terrier ist auf denselben Fehlfarbenvererber zurückzuführen, durch den in Amerika etwa zeitgleich die ersten Parti Color Yorkies als Fehlfarben auftauchten.[43] Der Biewer Yorkshire Terrier gilt heute als eigene Rasse, bei der die Dreifarbigkeit vorgeschrieben ist. Wenn bei dreifarbigen weißgescheckten Hunden Konduktoren des Allels e verpaart werden, werden durchschnittlich 25 % der Nachkommen in zweifarbig weiß-gold geboren.[44][45] Der gleiche harmlose Effekt tritt auch bei vielen anderen dreifarbigen Rassehunden auf, beispielsweise beim Beagle, bei dem die Zweifarbigkeit „tan-white“ im Rassestandard zugelassen ist.[46][47] Der Genotyp ee ist nur bei solchen Rassen problematisch, in denen auch mit dem Merle-Gendefekt gezüchtet wird, da bei den fuchsfarbenen Hunden das heterozygote Vorhandensein des Merle-Faktors phänotypisch nicht oder kaum erkennbar ist.

Bei Weißschecken und anderen Hunden, bei denen mit Farbgenen in Zusammenhang stehende Gesundheitsprobleme möglich sind, kann durch einen Gentest festgestellt werden, welche Gene – es können mehrere sein – bei einem Individuum zu seiner jeweiligen Färbung führen und welche rezessiven Gene außerdem vorliegen, um zu überprüfen, ob eventuell eines dabei ist, bei dem innerhalb der Rasse züchterische Bedenken bestehen.[48]

Entsprechend gelten zwar für die Vererbung der einzelnen Allele meist die Mendelschen Regeln bei den Kombinationen dieser und anderer Erbanlagen für die Pigmentierung bei allen Rassen, die je nach Rassestandard zulässig sind oder nicht. Hinsichtlich vieler Gen-Kombinationen ist jedoch eine Hierarchie der Allele zu beobachten (Epistase), die die Verhältnisse etwas komplizierter macht. Da stets mehrere Genloci zusammenwirken (Polygenie), sind die Erbgänge nur von Experten hinreichend zu durchschauen. [49][50][51]

Frage der Zuchtzulassung

Hunde, die im FCI-Rassestandard nicht vorgesehene Fellfarben haben, bekommen von einem dem VDH angeschlossenen Zuchtverband entweder keine Ahnentafel oder die Ahnentafel trägt den Vermerk "nicht zur Zucht zugelassen" oder der Hund erhält keine Zuchttauglichkeitsbescheinigung. Darüber, ob auch die Konduktoren von der Zucht ausgeschlossen werden, entscheiden die Zuchtverbände. In manchen Dissidenz-Vereinen werden bestimmte Rassehunde i. w. S. mit Fehlfarben, sofern diese keine Gesundheitsbeeinträchtigung mit sich bringen, zu eigenen Ausstellungen und zur Zucht innerhalb dieser Vereine zugelassen. Deren Nachkommen erhalten vereinseigene Ahnentafeln, so dass sie dort ein evolutionäres Refugium haben.

Manche Züchter in Dissidenzvereinen verpaaren ihre gemessen am FCI-Standard fehlfarbigen Zuchttiere bewusst mit auch farblich dem FCI-Standard entsprechenden Hunden,[52] um einem genetischen Flaschenhals[53] vorzubeugen, und lassen die neuen Farben dann entsprechend dem obigen Erbschema (Spaltungsregel) in der F2-Genetation wieder heraus mendeln. Dass es auch schwarze Schafe gibt, die aus kommerziellen Interessen und/oder Ignoranz mit Fehlfarben züchten, die aus Tierschutzgründen im Standard als solche gelten, kann man nicht grundsätzlich ausschließen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Anna Laukner: Fellfarben – Fehlfarben. Schweizer Hundemagazin 2/07. http://www.feb-ev.de/PDF/fellfarben.pdf
  2. S. M. Schmutz, T. G. Berryere: Genes affecting coat colour and pattern in domestic dogs: a review. In: Anim Genet. 38(6), 2007 Dec, S. 539–549. PMID 18052939
  3. Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. Spektrum-Verlag 2003, ISBN 3-8274-1352-4. Seite 297–306
  4. Inge Hansen: Vererbung beim Hund. Verlag Müller Rüschlikon 2008, ISBN 978-3-275-01652-5
  5. Anna Laukner: Fellfarben – Fehlfarben. Schweizer Hundemagazin 2/07. http://www.feb-ev.de/PDF/fellfarben.pdf
  6. Sheila Schmutz 2014: Spots and White Markings: http://homepage.usask.ca/~schmutz/dogspots.html
  7. Tierschutzgesetz § 17 Absatz 1 https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__17.html
  8. Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. Merkblatt Nr. 141, PDF Seite 8
  9. Saskia Kristina Hogreve: Untersuchungen zum Hörvermögen … unter besonderer Berücksichtigung der Irispigmentierung. Institut für Tierzucht und Haustiergenetik der Universität Gießen 2003. ISBN 3-89687-650-3. Dokument Seite 15–17, PDF Seite 29–31. http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2003/1332/pdf/HogreveSaskiaKristina-2003-07-07.pdf
  10. Tierschutzgesetz § 11 http://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__11b.html
  11. Australian Shepherd Health Institute http://www.ashgi.org/home-page/genetics-info/eyes/merle-eye-defects
  12. Sheila Schmutz 2010: Merle: https://homepage.usask.ca/~schmutz/merle.html
  13. Jess Chappell: Dog Coat Colour Genetics: Doppel-Merle http://www.doggenetics.co.uk/merle.html#double
  14. Tierschutzgesetz § 11 Abs. 1: „Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei der Nachzucht oder deren Nachkommen erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich sind … und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten.“
  15. Von Vermehrern produzierte homozygote Merlehunde http://www.albertadachshundrescue.com/double-dapples
  16. Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. Spektrum-Verlag 2003, ISBN 3-8274-1352-4, Seite 1208
  17. Saskia Kristina Hogreve: Untersuchungen zum Hörvermögen Dokument S. 11 ff., PDF S. 25 ff. http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2003/1332/pdf/HogreveSaskiaKristina-2003-07-07.pdf
  18. Deutsch Kurzhaar Verband http://www.deutsch-kurzhaar.de/
  19. Sheila Schmutz: Dog Coat Color Genetics 2014 (bezogen auf eine andere Rasse mit dunklem Kopf): „Note that the head remains deeply pigmented. This breed is not thought to have much problem with deafness, probably because it remains pigmented in the critical regions.“ http://homepage.usask.ca/~schmutz/dogspots.html
  20. Genomia: Hyperuikosurie des Dalmatiners: http://www.genomia.cz/de/test/hyperuricosuria/
  21. Sheila Schmutz 2014: „Bannasch and coauthors (2008) suggest that the same gene that causes distinctive urine properties in the Dalmatian, may also be one of 3 genes that contribute to their distinctive spotting pattern.“ http://homepage.usask.ca/~schmutz/dogspots.html#Dalmatian
  22. Jess Chappell: Dog Coat Colour Genetics: Spotting / false white http://www.doggenetics.co.uk/white.htm#piebald
  23. Anna Laukner: Fellfarbe und Verhalten. Schweizer Hundemagazin: http://hundemagazin.ch/fellfarbe-und-verhalten/
  24. Hans Räber: Enzyklopädie der Rassehunde, Band 1, Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 1993/2001. ISBN 3-440-06555-3. Seite 218–222
  25. Rassestandard Weißer Schweizer Schäferhund http://www.weisse-schaeferhunde-zuchtverband.de/html/rassestandard.html
  26. Anna Laukner: Fellfarben – Fehlfarben. Schweizer Hundemagazin 2/07. http://www.feb-ev.de/PDF/fellfarben.pdf
  27. Jess Chappell: Dog Coat Colour Genetics: White Dobermann http://www.doggenetics.co.uk/albino.html
  28. Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. Merkblatt Nr. 141, PDF Seite 5
  29. Kupierter Weißer Dobermann aus Amerika http://images0.dhd24.com/97853690_xl.jpg
  30. Website zur Aufklärung über Doppel-Merle http://www.doublemerles.info/what-is-a-double-merle--1.html
  31. Webseite Bekämpfung der Doppel-Merle-Verpaarung http://www.border-wars.com/2011/06/double-merle-breeders-dont-want-you-to-see-this.html
  32. Ottmar Distl Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover 2007: http://www.cdf-dalmatinerverein.de/index.php?option=com_content&task=view&id=177&Itemid=81
  33. Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. Merkblatt Nr. 141, PDF Seite 8–9
  34. Laboklin Lokus S und Piebald http://www.laboklin.de/index.php?link=labogen/pages/html/de/fellfarben/hund/hund_s-lokus_weissscheckung.html
  35. Sheila Schmutz 2014: The E-locus in dogs: http://homepage.usask.ca/~schmutz/dogE.html
  36. Nachgewiesene Genotypen bei Yorkshire Terriern: http://www.genomia.cz/de/homepage/page/york
  37. Erbkrankheiten bei Hunden
  38. Debra Eldredge / Liz Palika: Your Yorkshire Terrier Puppy Month by Month. Alpha Verlag 2012, ISBN 978-1-61564-223-6
  39. Debra Eldredge / Liz Palika 2012: https://books.google.de/books?id=GMvKWO4sldwC&pg=PT179&lpg=PT179&dq=fci+parti+color+yorkshire&source=bl&ots=QbQkYTbRwC&sig=6EJ5eastNUv9Gs3M2YkL2ataf7M&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwix7vvc5a_MAhUJ_iwKHWCoBzIQ6AEIZTAH#v=onepage&q=fci%20parti%20color%20yorkshire&f=false
  40. Parti Yorkshire Terrier Club http://www.partiyorkshireterrierclub.com/partiyorkiehistory.htm
  41. AKC Canine Health Foundation http://www.akcchf.org/canine-health/health-testing/
  42. Laboklin: Genetische Analyse http://www.laboklin.de/index.php?link=labogen/pages/html/de/fellfarben.html
  43. Debbie Mullins: Auszug aus den Ahnentafeln mit Zuchtbuchnummern von AKC und VDH http://www.snowblueyorkies.com/partibiewerdifference.htm
  44. Eva-Maria Krämer: Der große Kosmos Hundeführer mit allen 341 FCI-Rassen und 150 zusätzlichen Rassen. Franckh Kosmos Verlag 2009. ISBN 978-3-440-10645-7. Seite 22
  45. World Pedigree Database http://ingrus.net/biewer/en/details.php?id=3249
  46. Beagle Farben: http://www.beagleclub.de/index.php?option=com_content&view=article&id=56&Itemid=76
  47. Rassestandard Beagle: http://www.fci.be/nomenclature/Standards/161g06-de.pdf
  48. Sheila Schmutz 2016: Coat Color Alleles in dogs: https://homepage.usask.ca/~schmutz/alleles.html
  49. Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. Spektrum-Verlag 2003, ISBN 3-8274-1352-4. Seite 306
  50. Genomia: Hierarchie der Pigmentierungsallele: http://www.genomia.cz/de/dogcolor/
  51. S. M. Schmutz, T. G. Berryere: Genes affecting coat colour and pattern in domestic dogs: a review. In: Anim Genet. 38(6), 2007 Dec, S. 539–549. PMID 18052939
  52. Dissidenzverein ERV http://www.rasse-hunde.de/index.php?option=com_zoo&task=item&item_id=313&Itemid=266
  53. J. W. James: The founder effect and response to artificial selection. In: Genetical research Band 16, Nummer 3, Dezember 1970, S. 241–250, ISSN 0016-6723. PMID 5512250