Furry

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Die digitale Zeichnung zeigt einen anhand der braun-weißen Fellzeichnung und der Form der Ohren als Fuchs erkennbaren Tierkopf mit comicartig vergrößerten Augen und Ohren sowie einem blonden Haarschopf.
Zeichnung eines anthropomorphen Huskys

Furry (engl. mit Fell bedeckt, flauschig, plüschig) bzw. Furry-Fandom ist der Sammelbegriff für eine internationale Subkultur, die an anthropomorphen Tieren interessiert ist. Die meisten Mitglieder der Subkultur stammen aus den USA, Japan, Großbritannien und Deutschland und bezeichnen sich als Furry-Fans, Furries oder Furs. Die Teilnehmer halten überwiegend über das Internet Kontakt.[1]

Mitglieder des Fandoms erschaffen meist eigene Charaktere (engl. Original Characters, kurz OC), die sie repräsentieren. Sie werden als Fursonas (Wortschöpfung aus Fur (engl. für Fell) und Persona, dem Theaterbegriff für Figur bzw. Rolle)[2] oder abgekürzt sonas (sg. sona) bezeichnet.[3]

Zu größeren realen Treffen der Mitglieder zählen die sogenannten Conventions, wie die jährlich stattfindende Eurofurence oder ihr amerikanisches Pendant, die Anthrocon.[4] In Deutschland existieren weitere, kleinere jährlich stattfindende Conventions, darunter z. B. die Mephit Mini Con (MMC) in Freusburg oder die EAST im Ringberghotel in Suhl.[5]

Das Foto zeigt eine Gruppe von vier Personen in Tierkostümen bzw. Fursuits, die alle in die Kamera blicken.
Vier Furries auf der Eurofurence in Berlin (2016)

Die Szene besitzt ihren Ursprung in der amerikanischen LGBT-Bewegung sowie der Science-Fiction-Szene.[4]

Im Dezember 1994 wurde in einem Usenet-Posting erstmals die Furry-Convention Eurofurence erwähnt. Sie fand zum ersten Mal im Juni 1995 mit 19 Teilnehmern im Kaiser-Wilhelm-Koog statt. Seitdem wurde sie jährlich an wechselnden Orten in Europa gehalten und hat sich zur größten europäischen Furry-Convention entwickelt. Im Jahr 2001 nahmen erstmals über 200 Personen teil;[6] 2016 wurden bereits über 2500 Teilnehmer aus 52 Ländern verzeichnet. Seit 2023 findet sie im Congress Center Hamburg statt, 2024 hatte sie dort 5300 Gäste.[7]

Im Dezember 2002 zeigte die Arte-Sendung Tracks einen Beitrag über das amerikanische Furry-Fandom, wobei das Vorkommen der Subkultur in Deutschland jedoch nicht erwähnt wurde. Im Mai 2005 wurde im Rahmen der ARD-Sendung Polylux erstmals ein Fernsehbericht über das deutsche Furry-Fandom veröffentlicht. Der NDR berichtete im März 2012 im Rahmen des Kulturjournals über die Szene[8] und im August 2012 wurde das Furry-Fandom in der RTL-Sendung Die 25 skurrilsten Leidenschaften als Platz 8 gezeigt.

Arten von Charakteren

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Die gebräuchlichste Definition eines Furries umfasst durch ihr anthropomorphes Aussehen und Verhalten bekannte Zeichentrickfiguren wie Roger Rabbit, Bugs Bunny und Micky Maus. Comicartige Überzeichnung und humoristische Elemente fallen im Allgemeinen nicht unter den Begriff, stehen ihm aber auch nicht entgegen. Auch in Animes finden sich anthropomorphisierte Tiercharaktere, etwa die Figur Chopper aus One Piece.

Charaktere mit tierischem Körper und einem menschlichen Verstand sowie Fabelwesen wie Drachen und Greifen können ebenfalls als Furry bezeichnet werden. Somit schließt der Begriff auch klassische Fabeln mit ein. Auch Echsen und Dinosaurier wie in Jurassic Park oder Godzilla haben Anhänger unter den Furrys. Wesen mit Schuppen werden auch als Scalies bezeichnet (von engl. scaly; deutsch schuppig oder mit Schuppen bedeckt).

Der Fursuit, den die Person auf dem Foto trägt, erinnert an einen Schneeleoparden mit grau-schwarz gemustertem Fell, das an Bauch und Pfoten in Weiß übergeht.
Typischer Fursuit im Comicstil (toonie)

Die englische Wortschöpfung „Fursuit“ bedeutet übersetzt Pelz-Anzug oder Fell-Kleid und ist wohl der von der Öffentlichkeit am ehesten wahrgenommene Teil des Furry-Fandoms. Mitglieder, die einen Fursuit besitzen und/oder damit in der Öffentlichkeit auftreten, bezeichnen sich als Fursuiter. Im Jahr 2009 waren dies etwa 15 %.[9]

Diese auffällige Verkleidung variiert von einfachen Masken, falschen Schwänzen, Ohren etc. bis hin zu aufwendig gestalteten Kostümen, zum Teil mit Animatronik. Die Kostüme werden als Einzelstück individuell geplant und gebaut, da industriell hergestellte Varianten den persönlichen Ansprüchen meist nicht gerecht werden.[10][11]

Abseits von Conventions treten Fursuiter auch als Teil von Paraden oder in anderen Gruppenaktivitäten (z. B. sog. Suitwalks) im öffentlichen Raum in Erscheinung.[10]

Viele unabhängige Webcomics handeln von oder beinhalten entsprechende anthropomorphe Charaktere, wie zum Beispiel Sabrina Online von dem amerikanischen Künstler Eric W. Schwartz oder VG Cats von Scott Ramsoomair.

Weiterhin gibt es noch eine ausgeprägte Kultur des Geschichtenschreibens, wobei sich dieses Gebiet von eher leichter Fanfiction bis hin zu vollständigen Romanen mit literarischem Tiefgang erstreckt. Die Verbreitung solcher Geschichten erfolgte bis in die 1990er-Jahre noch hauptsächlich durch Fanzines, heutzutage hauptsächlich über das Internet. Ein Beispiel für den Versuch eines deutschen Fanzines außerhalb des Internets ist Fur Fiction, eine Anthologie von Kurzgeschichten, die von Helge Lange im Verlag Edition Solar-X herausgegeben wird.

Ein Beispiel für den Einfluss der Furry-Subkultur in Computerspielen ist das 1994 erschienene Spiel Erben der Erde, der 3D-Animationsfilm Kaze – Ghost Warrior aus dem Jahre 2004 von Amadhia Albee, bekannt unter dem Künstlernamen „Timothy Albee“.[12]

Sexueller Aspekt

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In manchen Medienberichten über Furries werden ausschließlich sexuelle Motive thematisiert, wodurch eine einseitige, stigmatisierte Berichterstattung entsteht. Verstärkt wird diese Wahrnehmung auch durch die Verfügbarkeit von erotischen Zeichnungen und Bildern, oftmals durch Furries selbst.[1] So hat sich auch unter den Mitgliedern umgangssprachlich der Begriff Yiff etabliert, um erotische Inhalte zu kennzeichnen.[1] Viele Mitglieder streiten diese Punkte immer wieder vehement ab; so seien in den oft thematisierten Fursuits sexuelle Handlungen konstruktionsbedingt allenfalls begrenzt möglich.[13]

Das Phänomen, dass sich Fursuiter genau in die Figur verwandeln, die sie selbst attraktiv finden, wird als erotic target identity inversion (ETII) eingeordnet.[1] Hierbei fühlen sich Mitglieder des Fandoms zu anthropomorphen Tieren hingezogen und empfinden dabei sexuell eine Fantasie an der Vorstellung, selbst möglichst nah dem anthropomorphen Tier zu gleichen.[1]

  • Kemono (Tiere mit menschlichen Eigenschaften in der japanischen Kunst)
  • Kemonomimi (Charaktere mit Tiereigenschaften in japanischen Manga und Anime)
  • Kathleen C. Gerbasi, Penny L. Bernstein, Samuel Conway, Laura L. Scaletta, Adam Privitera, Nicholas Paolone und Justin Higner: Furries from A to Z (Anthropomorphism to Zoomorphism). In: Society and Animals. Band 16, 2008 (englisch, online auf Researchgate).
  • Hsu, K.J., Bailey, J.M.: The “Furry” Phenomenon: Characterizing Sexual Orientation, Sexual Motivation, and Erotic Target Identity Inversions in Male Furries. Februar 2019, doi:10.1007/s10508-018-1303-7 (springer.com).
  • Emily Satinsky, Denise Nicole Green: Negotiating identities in the furry fandom through costuming. In: Critical Studies in Men's Fashion. Band 3, Nr. 2, September 2016, S. 107–123, doi:10.1386/csmf.3.2.107_1 (englisch).
Commons: Furry – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Furry – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Kevin J. Hsu, J. Michael Bailey: The “Furry” Phenomenon: Characterizing Sexual Orientation, Sexual Motivation, and Erotic Target Identity Inversions in Male Furries. In: Archives of Sexual Behavior. Band 48, Nr. 5. Springer Nature, Juni 2019, S. 1349–1369, doi:10.1007/s10508-018-1303-7.
  2. Katrin Krause: Eine 19-jährige Zülpicherin erzählt, wie es ist, ein Furry zu sein. In: ksta.de. Kölner Stadt-Anzeiger, 25. Februar 2024, abgerufen am 16. Oktober 2024.
  3. Stefanie Witterauf: Mensch im Wolfspelz. In: zeit.de. ZEIT Online, 12. September 2022, abgerufen am 16. Oktober 2024.
  4. a b Simone Steiner, Adrian Panholzer: Wenn sich Menschen wie Fabeltiere fühlen. In: tagesanzeiger.ch. 31. März 2023, abgerufen am 16. Oktober 2024.
  5. Gigantische Tierkostüm-Parade: Furry-Convention in Suhl. In: mdr.de. Mitteldeutscher Rundfunk, 17. August 2024, abgerufen am 16. Oktober 2024.
  6. vgl. Archiv auf archive.eurofurence.org
  7. Bunt und plüschig: Großes Furry-Festival in Hamburg. In: ndr.de. Norddeutscher Rundfunk, 21. September 2024, abgerufen am 16. Oktober 2024.
  8. Furry-Bewegung:Leben im Tierkostüm | Kulturjournal | NDR. NDR, ARD, 13. März 2012, archiviert vom Original am 3. März 2022; abgerufen am 15. April 2016.
  9. Furry Poll Results. In: klisoura.com. 2009, archiviert vom Original am 31. März 2023; abgerufen am 6. Dezember 2012 (englisch).
  10. a b Antje Kindler: Unterwegs in Tierkostümen: Die Rostocker Warnowfluffs ziehen alle Blicke auf sich. In: nordkurier.de. 8. Juli 2024, abgerufen am 16. Oktober 2024.
  11. Petra Heißen: Leuchtende Riesenaugen und viel Plüsch: Die Furry-Bewegung. In: ndr.de. Norddeutscher Rundfunk, 3. Mai 2024, abgerufen am 16. Oktober 2024.
  12. Amadhia Albee: The Experimental Short Film, Kaze – Ghost Warrior. kazeghostwarrior.com, archiviert vom Original am 16. April 2019; abgerufen am 15. Oktober 2014.
  13. Enno Schöningh: Mehr als nur ein Kink. In: taz.de. 1. September 2022, abgerufen am 16. Oktober 2024.