Giovanni Antonio Viscardi

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Giovanni Antonio Viscardi

Giovanni Antonio Viscardi (* 27. Dezember 1645 in San Vittore bei Roveredo; † 9. September 1713 in München) war ein italienisch-graubündner Baumeister des Barocks, der überwiegend in Bayern arbeitete.

Leben

Kloster Fürstenfeld
Der Bürgersaal in München, 1709/10

Am 27. Dezember 1645 wurde Viscardi in San Vittore bei Roveredo im italienischsprachigen Teil Graubündens, nahe der Tessiner Grenze getauft. Viele seiner Vorfahren, wie sein Großvater Giovanni Antonio oder sein Urgroßvater Bartolomeo, arbeiteten nachweislich seit Mitte des 16. Jahrhunderts als Maurermeister, Stadtwerkmeister oder Baumeister nördlich der Alpen, von Bayern bis in die Steiermark, und gar bis Mainz. Seine Lehrzeit verbrachte er bei seinem Vater Bartolomeo, der im Dienst des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern stand.

Als er noch nicht ganz 30 Jahre alt war, half er als Parlier des kurfürstlichen bayerischen Hofbaumeisters Enrico Zuccalli beim Umbau der Altöttinger Wallfahrtskirche St. Magdalena. Ein Jahr später heiratete er in San Vittore und nahm seine junge Frau mit nach München, wo er 1678 zum bayerischen Hofmaurermeister des Kurfürsten Ferdinand Maria wurde. Trotz anfänglich guter Beziehung zu seinem Vorgesetzten Zuccalli, wurde er aber 1689 nach einem Streit mit dem Oberhofbaumeister entlassen. Seine Stelle erhielt Zuccallis Schwiegersohn Trubillio.

In der zweiten Phase seiner Laufbahn erscheint Viscardi weitgehend als freier Architekt und entfaltet eine rege und erfolgreiche Tätigkeit in München und Umgebung. Für die Zisterzienserabtei in Fürstenfeld entwirft er das Klostergebäude (Kloster Fürstenfeld). Auch für zahlreiche andere Ordensgemeinschaften, adlige und bürgerliche Auftraggeber arbeitet Viscardi zu dieser Zeit.

Den Münchner Salesianerinnen errichtet er den Neubau des Klosters, für die Benediktiner von Kloster Metten baut er die Wallfahrtskirche Loh um, erstellt in Landshut für die Jesuiten den Bau des Klosters, erneuert Saal und Kirche des Münchner Jesuitenkollegs St. Michael und erweitert die Klosteranlage der Benediktiner zu Benediktbeuern. Der Bruder des Kurfürsten, Herzog Maximilian Philipp, lässt durch ihn das kleine Schloss zu Türkheim errichten. Franz Graf von Haunsperg baut mit ihm Schloss Hofberg bei Landshut. Gräfin Maria Adelheid Theresia von Rivera-Preysing gibt ein Stadthaus in München in Auftrag. Der Geheime Rat von Joner ist der Bauherr des Schlösschens Neuhofen in München-Sendling. Diese Landhäuser und Sommerresidenzen werden für die weltliche Architektur des bayrischen Spätbarock stilbildend. Das Viscardi-Unternehmen beschäftigt zu dieser Zeit zahlreiche und namhafte Bauleiter, Parliere und nahezu 150 Gesellen.

Als Kirchenbaumeister erlangt Antonio Giovanni Viscardi den Höhepunkt seines Wirkens mit dem neuen Jahrhundert. Unter seiner Regie entstehen die Pfarrkirche St. Stephan Steindorf bei Mering und die Prämonstratenser-Kirche Neustift bei Freising. Die Jesuitenkirche in Augsburg wird umgebaut, und für die neue Abteikirche von Kloster Fürstenfeld wird der Grundstein gelegt und der Bau des Chores begonnen. Dann allerdings wird der Bau mangels Geld alsbald eingestellt. Der Kurfürst ist dem Kloster Rückzahlungen schuldig geblieben.

Das Hauptwerk dieser Phase aber stellt die Wallfahrtskirche Mariahilf zu Freystadt in der Oberpfalz dar. Als Zentralbau und Kirche vom Typ eines überkuppelten griechischen Kreuzes, welche auch in der Innenausstattung ganz besonders die typische Auffassung Viscardis in Wand- und Säulengestaltung aufweist, zeigt diese Kirche seinen persönlichen Stil am deutlichsten.

Nach der Entlassung Zuccallis wird Viscardi 1706 zum Oberhofbaumeister am bayerischen Hof und im Jahre 1713 sogar noch zum kaiserlichen Hofober- und Landbaumeister ernannt.

1709/10 vollendete er den Bürgersaal in München, 1712 den Rivera-Palais in Erding.

Die Dreifaltigkeitskirche in München

Als künstlerischer Höhepunkt steht am Ende seines Lebens der Bau der Münchner Dreifaltigkeitskirche in der heutigen Pacellistraße, deren Fassade von Viscardis Biograph Karl Ludwig Lippert als „Kabinettstück persönlicher Gestaltung“ gewertet wird und als „eines der interessantesten und reizvollsten Stücke des Münchner Barocks“ gilt. Die Kirche wurde 1718 vollendet, fünf Jahre nach Viscardis Tod.

Giovanni Antonio Viscardi starb am 9. September 1713 in München.

Trivia

An den berühmten Barockbaumeister erinnert in München die Viscardigasse hinter der Feldherrnhalle. Während des „Dritten Reiches“ erhielt sie von den Einheimischen die Bezeichnung Drückebergergasse, weil sie von Bürgern genutzt wurde, die sich vor der pflichtgemäßen Entrichtung des Hitlergrußes beim Passieren eines nationalsozialistischen Mahnmals „drücken“ wollten.

In der Stadt Fürstenfeldbruck wurde 1973/74 ein neu gebautes Gymnasium in Betrieb genommen, das auf Vorschlag des Lehrerkollegiums am 26. Juli 1974 offiziell vom bayerischen Kultusministerium den Namen Viscardi-Gymnasium erhielt.[1]

Bauwerke (Auswahl)

Weblinks

Commons: Giovanni Antonio Viscardi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. viscardi-ffb.de: Unsere Namensgebung