Glyptothek (München)

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Glyptothek

Glyptothek am Münchner Königsplatz
Daten
Ort München
Art
Antike Skulpturensammlung
Architekt Leo von Klenze
Eröffnung 1830
Betreiber
Leitung
Website
ISIL DE-MUS-097514
Leo von Klenze: Glyptothek (sog. Pariser Vorentwurf 1815)

Die Glyptothek ist ein unter Ludwig I. errichtetes Museum für die Antike Skulpturensammlung, welches 1816 bis 1830 nach Plänen Leo von Klenzes am Königsplatz in München gebaut wurde. Mit Glyptothek (von altgr. γλυπτός glyptós‚ geschnitzt, graviert) bezeichnet man sowohl allgemein die Sammlung antiker griechischer und römischer Skulpturen, als auch den Bau von Klenze.

Nur ein Teil der Sammlung stammt aus dem alten Besitz der Wittelsbacher, ein Großteil geht auf die Sammelaktivität Ludwigs I. zurück.[1] Hauptwerke der Sammlung sind vor allem der Barberinische Faun, die sogenannte Trunkene Alte und die 1813 erworbenen wertvollen Giebelfiguren vom Aphaia-Tempel in Ägina, die so genannten Ägineten.

Das Pendant zur Glyptothek sind die ehemals als Museum antiker Kleinkunst bezeichnete Staatlichen Antikensammlungen, die der Glyptothek auf dem Königsplatz direkt gegenüber gestellt sind und antike Gebrauchsobjekte und Kleinplastik beherbergen.

Das Gebäude

Inneres, um 1900

Baugeschichte

Das Bauwerk wurde im Auftrag von Kronprinz Ludwig, dem späteren König Ludwig I., am Königsplatz errichtet. Der Architekt Leo von Klenze schuf ab 1815 diesen Platz nach vorausgegangenen Entwürfen Karls von Fischer in der Art eines antiken Forums, an dessen Nordseite die Glyptothek liegt. Erbaut wurde das Gebäude von 1816 bis 1830 nach Plänen von Leo von Klenze.

Nach der Zerstörung bei den Luftangriffen auf München im Zweiten Weltkrieg wurde 1947 mit der Rekonstruktion begonnen, 1972 erfolgte die Wiedereröffnung. Der Wiederaufbau wurde maßgeblich vom späteren Museumsleiter Dieter Ohly (Leitung 1962–1978) betrieben. Die 1820 bis 1830 durch Peter Cornelius ausgeführten bedeutenden Fresken Die Götter Griechenlands wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wiederhergestellt. Es sind nur vereinzelte Fragmente erhalten und die Nationalgalerie in Berlin besitzt die Kartons. Der 1864 von Klenze im Innenhof errichtete Assyrische Saal wurde nach dem Krieg ebenfalls nicht wiederhergestellt, die acht assyrischen Reliefs und der babylonische Löwe befinden sich heute in der Ägyptischen Staatssammlung. Die im Innenhof aufgestellte große Säule stammt aus dem früheren Vestibül des gegenüberliegenden im Inneren modern wieder aufgebauten Gebäudes der Antikensammlungen.

Baubeschreibung

Die dreizehn rechteckigen, quadratischen oder runden Säle sind um einen Innenhof angeordnet, das Vestibül im Mittelbau überragt die Säle an Höhe. Vor dem Vestibül befindet sich die Säulenvorhalle mit zwölf ionischen Säulen. Die darüber liegende Giebelgruppe von Johann Martin von Wagner stellt Athena als Beschützerin der plastischen Künste dar. Die Außenwände sind mit sich in Nischen befindenden Skulpturen geschmückt, während sich die Fenster zum Innenhof hin öffnen. Die Skulpturen stellen mythische oder geschichtliche Repräsentanten der Künste dar, an der Vorderseite zum Königsplatz hin sind es Dädalos, Prometheus, Hadrian, Perikles, Phidias und Hephaistos. An der westlichen und östlichen Seite des Gebäudes sind es Bildhauer der Renaissance und der Entstehungszeit der Glyptothek (darunter Bertel Thorvaldsen und Antonio Canova), deren Werke früher im Saal der Neueren ausgestellt waren und später in die Neue Pinakothek verbracht wurden.

Die Direktion der Glyptothek befindet sich im Haus der Kulturinstitute. Direktor der Münchener Glyptothek ist seit 2011 der Archäologe Florian Knauß.

Die Sammlung

Die Glyptothek besitzt Skulpturen, Mosaike und Reliefs von archaischer Zeit (ca. 650 v. Chr.) bis in die spätrömischen Zeit (ca. 550 n. Chr). Die Sammlung geht in erster Linie auf König Ludwig I. zurück, der bereits als Kronprinz seit 1804 begann, antike Skulpturen systematisch zu erwerben. Ludwigs Kunstagent Johann Martin von Wagner erwarb in Rom 1813 den Barberinischen Faun und im selben Jahr in Griechenland die Giebelfiguren vom Aphaia-Tempel in Ägina, die so genannten Ägineten. Leo von Klenze ersteigerte 1815/16 in Paris die in Rom aufgefundenen Bildnisse der Göttin Eirene und des Diomedes, während der aus der Sammlung Kaiser Rudolfs II. in Prag stammende Ilioneus von Ludwig 1814 in Wien selbst erworben wurde. In späterer Zeit gelangen weitere Erwerbungen, so gelangte 1853 der Apoll von Tenea und 1909 der sogenannte Münchner Kouros in die Glyptothek. Der 1938 käuflich erworbene ebenso berühmte Diskuswerfer von Esquilin (Diskuswerfer von Myron) musste zehn Jahre später auf Druck der amerikanischen Besatzungsmacht an Italien zurückgegeben werden.

Detail der Ägineten

Archaische Periode (700–490 v. Chr.)

Hauptwerke aus dieser Zeit sind insbesondere die frühgriechischen Jünglingsstatuen (Kouroi), darunter der Münchner Kouros (Jüngling aus Attika, ca. 540 v. Chr) und der Apoll von Tenea (Kouros aus Tenea bei Korinth, ca. 560 v. Chr.) sowie die Ägineten (Giebelfiguren des Aphaia-Tempels von Ägina, ca. 500 v. Chr.).

Klassische Periode (490–323 v. Chr.)

Unter den bekanntesten Werken sind das Bildnis des Homer (460 v. Chr.), die Statue des Diomedes (430 v. Chr.), die Medusa Rondanini (440 v. Chr.), die Grabstele des Mnesarete (380 v. Chr.), die Statue der Eirene (370 v. Chr.), der Alexander Rondanini (ca. 338 v. Chr.) und der kniende Jüngling Ilioneus (ca. 320 v. Chr.).

Barberinischer Faun

Hellenistische Periode (323–146 v. Chr.)

Bekanntestes Werk aus dieser Zeit ist der Barberinische Faun (220 v. Chr.). Römische Kopien berühmter griechischer Bildwerke aus dieser Zeit sind unter anderen der Knabe mit der Gans (ca 250 v. Chr.) und Die trunkene Alte (ca 200 v. Chr.).

Römische Skulpturen (150 v. Chr. – 550 n. Chr.)

Eine römische Nachahmung im klassischen Stil ist auch der Jünglingskopf aus Bronze (um Christi Geburt). Die Glyptothek besitzt eine reiche Sammlung römischer Portraits, darunter die berühmten Bildwerke, die Marius und Sulla (ca. 40 v. Chr.) sowie die Kaiser Augustus (ca. 40 n. Chr.), Nero (65 n. Chr.), Septimius Severus (200 n. Chr.) und seine Gemahlin Julia Domna (195 n. Chr.) darstellen. Eine Statue mit Schwertgurt heroisiert Domitian als Prinz (um 75 n. Chr.)

Antike im Kunstareal

Der Bestand der Glyptothek wird durch die antike Vasenkunst, die Bronzen und den Goldschmuck in den Antikensammlungen ergänzt, die mit der Glyptothek als ein Museum geführt wird. Griechisch-römische Plastiken, die seit hellenistischer Eroberung in Ägypten entstanden sind, befinden sich im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst. Für die Abgüsse antiker Skulpturen aus anderen Museen der Welt gibt es an der Ostseite des Königsplatzes eine eigene Sammlung.

Bedeutende Ausstellungen (Auswahl)

Direktoren

Rezeption

Die Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen wurde in Anlehnung an die Münchener Glyptothek benannt.

Literatur

  • Alice Klose: Der Wiederaufbau des Neuen Museums in Berlin als Inszenierung der eigenen Geschichte.Der Wandel im Umgang mit Fragmenten im Vergleich mit der Glyptothek in München. Dissertation München 2015 (Digitalisat).
  • Adrian von Buttlar und Bénédicte Savoy: Glyptothek and Alte Pinakthek, Munich. Museums as Public Monuments. In: Carole Paul (Hrsg.). The First Modern Museums of Art. The Birth of an Institution in 18th- and Early-19th-Century Europe. The J. Paul Getty Museum, Los Angeles, CA 2012, ISBN 978-1-60606-120-6, S. 304–329.
  • Carole Paul (Hrsg.): The First Modern Museums of Art. The Birth of an Institution in 18th- and Early-19th-Century Europe. The J. Paul Getty Museum, Los Angeles, CA 2012, ISBN 978-1-60606-120-6.
  • Raimund Wünsche: Glyptothek München. Meisterwerke griechischer und römischer Skulptur. Beck, München 2005, ISBN 3-406-42288-8.
  • Leon Krempel und Anthea Niklaus (Hrsg.): Cornelius, Prometheus, der Vordenker. Beiträge zum Symposium. Zur Eröffnung der Ausstellung: Die Götter Griechenlands. Peter Cornelius (1783–1867). Die Kartons für die Fresken der Glyptothek in München. München 2004.
  • Thorsten Marr: Die Münchner Glypthothek und das Dresdner Albertinum. Zur Vermittlung und Wertschätzung von Museumsausstattungen im 19. Jahrhundert. In: Leon Krempel und Anthea Niklaus (Hrsg.). Cornelius, Prometheus, der Vordenker. Beiträge zum Symposium. Zur Eröffnung der Ausstellung: Die Götter Griechenlands. Peter Cornelius (1783–1867). Die Kartons für die Fresken der Glyptothek in München. München 2004, S. 84–97.
  • Franziska Dunkel: „Keiner, der des Preises würdig ware“? Zum Gutachten über den Architekturwettbewerb für Invalidenhaus, Walhalla und Glyptothek. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 53, 2002, S. 253–281.

Weblinks

Commons: Münchner Glyptothek – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Glyptothek – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Geschichte. In: www.antike-am-koenigsplatz.mwn.de. Abgerufen am 24. November 2015.

Koordinaten: 48° 8′ 46,7″ N, 11° 33′ 56,3″ O