Johann Fischer gen. Walter

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Johann Fischer gen. Walter (auch Walther oder Walder; * 1488 in Kassel; † 2. August 1554) war ein Jurist und landgräflich-hessischer Verwaltungsbeamter und Politiker. Er war u. a. landgräflicher Rat, von 1532 bis 1543 Gesandter bei mehreren Reichstagen, von 1537 bis 1543 Rentmeister in Ziegenhain und 1542 vom Landgrafen bestimmter Testamentsvollstrecker und Mit-Vormund für die Kinder des Landgrafen Philipp I. von Hessen.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er war ein Sohn des Kasseler Hofschneiders Walter Fischer.[2] Im Jahre 1506 immatrikulierte er sich an der Universität Erfurt. 1511 wurde er Riedeselscher Amtmann in Lauterbach. 1520 ist er als weltlicher Chorherr des Kollegiatstifts St. Martin zu Kassel und als in Orléans studierend bekundet. In dieses Jahr fällt ein Schreiben seines Vaters an den hessischen Kanzler Johann Feige wegen der Verwundung seines Sohnes Johann in einem Duell mit einem Mainzer Domherrn.[3]

Bald darauf trat er in den Dienst des Landgrafen Philipp I. von Hessen, wo er im Laufe der Zeit verschiedene hohe Ämter bekleidete. Ab 1523 war er Rat in der landgräflichen Kanzlei zu Kassel. 1526 promovierte er zum Doktor beider Rechte. 1527 scheint er Vogt zu Treysa gewesen zu sein.[4] Im Jahre 1528 waren er und Heinrich Hesse die Gesandten des Landgrafen an den Hof des französischen Königs Franz I., um dort im Zuge der Packschen Händel um Subsidien für Philipps Kampf gegen Habsburg nachzusuchen.[5]

Im Jahre 1532 war er hessischer Gesandter bei den Verhandlungen zur Erweiterung des Schmalkaldischer Bundes[6] sowie bei den parallel zum Reichstag in Regensburg stattfindenden Verhandlungen in Schweinfurt und Nürnberg über einen Friedstand mit den Protestanten.[7] 1532/33 war er einer der drei hessischen Vertreter in Münster, die den Vertrag zwischen der Stadt Münster und ihrem Landesherrn, Bischof Franz von Waldeck, vermittelten, mit dem die Religionsfreiheit – und damit die Einführung des Protestantismus in der Stadt – reichsrechtlich bestätigt wurde.[8] Auch bei den Reichstagen 1541 in Regensburg, 1542 in Speyer, 1542 in Nürnberg, 1543 in Nürnberg, 1544 in Speyer und 1545 in Worms war er, seit 1537 landgräflicher Rat zu Kassel, einer der hessischen Gesandten.[9] Beim Reichstag 1543 verhandelte er u. a. persönlich mit König Ferdinand.[10]

Von mindestens 1537[11] bis 1543[12] war er Rentmeister in Ziegenhain und somit auch verantwortlich für die Finanzen beim Bau der Wasserfestung Ziegenhain in dieser Zeit.[13] In seinem Testament von 1542 benannte Landgraf Philipp ihn auch als einen der Testamentsvollstrecker und Vormünder für die Kinder, Lande und Leute des Landgrafen.[14]

Belehnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Anbetracht ihrer offenkundig wertvollen Dienste belehnte Landgraf Philipp seinen Rat Fischer gen. Walter und seinen Vizekanzler Georg Nußpicker d. J.[15] im Jahre 1534, nach dem Erlöschen des Geschlechts derer von Holzheim, mit jeweils einer Hälfte des Dorfes und der Niedergerichtsbarkeit Elfershausen bei Malsfeld.[16][17] Schon 1537, nachdem die Herren von Elben 1535 im Mannesstamm erloschen waren, gab Landgraf Philipp deren Burgsitz auf der Obernburg in Gudensberg, zusammen mit andern ehemals Elbener Gütern, ebenfalls seinem Rat Johann Fischer gen. Walter zu Lehen.[18]

Weil er zuletzt nur noch unter erheblichen Beschwerden gehen konnte, erhielt er 1552 eine Hausbestellung. Er starb am 2. August 1554.

Ehe und Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seiner Ehe mit einer Tochter des Jakob Ibach († 1521)[19] aus Marburg und dessen Frau Afra (oder auch Aphrone) Ibach entstammten mindestens sechs namentlich bekannte Söhne und Töchter: Christoff, Conrad, Johannes, Alexander, Margarethe und Anna.[20]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Landgrafen-Regesten online Nr. 16324
  2. Fischer, Walter, in Hessische Biografie (LAGIS)
  3. HStAM Fonds 17 d Fischer 3
  4. Allerdings wird er in einem zeitgenössischen Bericht als Johannes Walner bezeichnet; Uta Löwenstein: Die Inventarisierung des Kirchengeräts im Amt Ziegenhain in und nach der Reformationszeit. In: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, Band 88, 1980/81, S. 83-108 (hier S. 84)
  5. Jan Martin Lies: Zwischen Krieg und Frieden. Die politischen Beziehungen Landgraf Philipps des Großmütigen von Hessen zum Haus Habsburg (1534–1541). (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. 231). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2013, ISBN 978-3-666-10116-8, S. 76/76 (Open Access)
  6. Friedrich Küch (Bearb.): Politisches Archiv des Landgrafen Philipp des Grossmütigen von Hessen, Erster Band. Hirzel, Leipzig, 1904, S. 193–200
  7. Rosemarie Aulinger (Bearb.): Deutsche Reichstagsakten. Der Reichstag in Regensburg und die Verhandlungen über einen Friedstand mit den Protestanten in Schweinfurt und Nürnberg 1532. Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen, 1992.
  8. Norbert Nagel: Der Vertrag von Münster vom 14. Februar 1533 (sog. Dülmener Vertrag); Überlieferung, Sprache und Benennung eines landesherrlich-städtischen Religionsfriedens aus der Reformationszeit. In: Niederdeutsches Wort, Beiträge zur niederdeutschen Philologie, Band 46, Aschendorff, Münster, 2006, ISSN 0078-0545, S. 59–133 (hier S. 65) (lwl.org; PDF)
  9. Rosemarie Aulinger und Silvia Schweinzer-Burian (Bearb.): Habsburgische und reichsständische Präsenz auf den Reichstagen 1521—1555.
  10. Silvia Schweinzer-Burian (Bearb.): Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V.: Der Reichstag zu Nürnberg 1543; Erster Teilband. De Gruyter, Berlin/Boston, 2021, ISBN 978-3-11-064004-5, S. 932–934, Nr. 189 (reichstagsakten.de)
  11. HStAM Fonds Urk. 10 No 805
  12. HStAM Fonds 22 a 2 No Cappel 29
  13. Ferdinand von Apell: Die ehemalige Festung Ziegenhain, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde, Neue Folge, 25. Band, Kassel, 1901, S. 192-320 (hier S. 199)
  14. Landgrafen-Regesten online Nr. 16324
  15. Georg (Jörg) Nußpicker d. J. († 1540) war von 1529 bis zu seinem Tod Vizekanzler des Landgrafen Philipp.
  16. Nach dem Tod des letzten Nußpicker, des Hofgerichtsrats Hermann Nußpicker, im Jahre 1590 erhielten die Nachfahren Fischer gen. Walter 1591 auch dessen Hälfte.
  17. Verein für Umwelt- und Naturschutz 1959 Malsfeld, AG Dorfgeschichte: Abschrift und Ergänzung der Geschichte von Elfershausen, Malsfeld, 1984, S. 6.
  18. Hugo Brunner: Geschichte der Stadt Gudensberg und des Landgerichts Maden. MHG 1897, S. 117.
  19. Jakob Ibach war wohl ein Vetter oder Onkel des Reformationspredigers Hartmann Ibach. Eine weitere Tochter der Ibachs heiratete den Juristen und hessischen Rat Johann Helfmann. (Eduard Wintzer: Hartmann Ibach von Marburg, einer der ersten Reformationsprediger Hessens. In: ZVHessG. 44, 1910, S. 115–187 (hier S. 116)).
  20. Annas Grabplatte befindet sich an einer Außenwand der Friedhofskapelle St. Jakob in Felsberg (Anna Gleim geb. Fischer genannt Walter 1565, Felsberg, in: Grabdenkmäler (LAGIS)).