Hyrkanische Wälder

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Nicht zu verwechseln mit dem Herkynischen Wald
Hyrkanische Wälder
UNESCO-Welterbe UNESCO-Welterbe-Emblem

Hyrkanischer Regenwald in der Provinz Gilan, Iran
Vertragsstaat(en): Aserbaidschan Aserbaidschan
Iran Iran
Typ: Natur
Kriterien: (ix)
Referenz-Nr.: 1584bis
UNESCO-Region: Asien und Pazifik
Geschichte der Einschreibung
Einschreibung: 2019  (Sitzung 43)
Erweiterung: 2023

Die Hyrkanischen Wälder (persisch جنگل‌های هیرکانی, aserbaidschanisch Hirkan meşəl) sind Gebirgswälder nahe der südlichen Küste des Kaspischen Meeres in Aserbaidschan und dem Iran. Sie erstrecken sich über eine Fläche von rund 55.000 Quadratkilometern. Ein Teil des iranischen Gebietes der Hyrkanischen Wälder wurde 2019 als UNESCO-Welterbe aufgenommen. 2023 wurde das Welterbe um zwei Gebiete in Aserbaidschan erweitert[1].

Namensherkunft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hyrkanien war in der Antike eine Landschaft an der Südküste des Kaspischen Meeres im heutigen Iran und Turkmenistan. Sein Name war die altgriechische Bezeichnung für altpersisch Varkāna („Land der Wölfe“).

Lage und Biodiversität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbreitung des subtropisch-gemäßigten Regenwaldes

Das Ökosystem, welches im westlichen Teil der antiken Landschaft Hyrkanien am südlichen Kaspischen Meer liegt, erstreckt sich über verschiedene Gebiete, darunter die Lenkoraner Niederung und das Talysch-Gebirge im Südosten Aserbaidschans. Ein Großteil der Fläche, nämlich 30.400 km², befindet sich im Iran. Hier zieht das Waldgebiet entlang der Küste des Kaspischen Meeres die nördlichen Hänge des Elburs-Gebirges hinauf. Die hyrkanischen Wälder gehen nach Süden hin in höheren Lagen in die Steppenwald-Region des Elburs über.

Das Klima dieser Ökoregion ist feucht-subtropisch, in höheren und nördlichen Lagen ozeanisch und in den Gebirgen feuchtkontinental. Der jährliche Niederschlag variiert zwischen 900 mm im Norden bis zu 2900 mm im Süden, was dieses Ökosystem deutlich feuchter macht im Vergleich zu den angrenzenden Wüstenregionen, Halbwüsten und Steppen. Die südlichen Bereiche erfüllen sogar die Bedingungen für einen Regenwald der gemäßigten Breiten, mit einem Niederschlag von 2000 mm im Jahr.

Flora[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wald beim Ghal'eh Rudkhān
Gemäßigter Regenwald im Bezirk Lerik, Aserbaidschan
Seidenbaum

Einst waren die Küstenebenen des Kaspischen Meeres von Schwarzerlen-Wäldern (Alnus glutinosa) bedeckt. Die Flussufer in dieser Küstenebene waren von Silber-Pappeln (Populus alba), Kaukasischen Flügelnüssen (Pterocarya fraxinifolia) und Kaukasischen Erlen (Alnus subcordata) gesäumt. Diese Gebiete sind inzwischen fast vollständig überbaut oder werden landwirtschaftlich genutzt. In den niedrigen Anhöhen des Talysch- und Elbursgebirges finden sich verschiedene Waldtypen, darunter solche mit Eisenholz (Parrotia persica), Kaukasischer Zelkove (Zelkova carpinifolia), Seidenbaum (Albizia julibrissin), Ebenholz (Diospyros lotus), Stechpalmen (Ilex hyrcana), Mäusedorn (Ruscus hyrcanus) sowie Stechwinden (Smilax excelsa).[2] Das Eisenholz ist für das Talysch-Gebirge und Nordiran endemisch und kann in bestimmten Gebieten zu dichten Baumbeständen führen. Das Eisenholz ist für das Talysch-Gebirge und Nordiran endemisch, wobei es zu einer beachtlichen Dichte der Baumbestände kommen kann. Flechtenbewachsene Äste sind hier ineinander verwachsen und im tiefen Schatten des Waldbodens sind lediglich tote Blätter zu finden. Im Herbst nehmen die gelben Blätter des Eisenholz-Baumes eine zarte Fliederfarbe an.[3] Im äußersten Osten des Elburs-Gebirges, insbesondere in der Region Golestan, dominieren Eichen und Ahornbäume die Landschaft. Nach Westen hin, insbesondere in der Region Gilan, kommen Buchen häufiger vor. In den Hyrkanischen Wäldern ist Totholz aufgrund des warm-feuchten Klimas kaum vorhanden, da das abgestorbene Holz schnell verrottet.

Die mittleren Höhen werden von der Orient-Buche (Fagus orientalis), Eichen (Quercus spp.), Hainbuche (Carpinus spp.) und Edelkastanie (Castanea sativa) dominiert. In dieser Buchenwaldstufe befinden sich größere, unzugängliche Urwälder in einer auf der Nordhalbkugel einmaligen Qualität, das heißt in annähernd unberührtem Zustand (selbst ohne jegliche historische Beeinflussung durch frühere Kulturen). Das und die Tatsache, dass diese hyrkanischen Wälder auch während der Eiszeit weitgehend von der Vereisung der Nordhalbkugel verschont blieben, verleiht ihnen heute den Qualitätszustand eines sog. „hot spots“. Darunter versteht man in der internationalen Biodiversitätsdiskussion die Ballung sog. endemischer Arten, die nur an einem Ort und sonst nirgends vorkommen, also einen unwiederbringlichen Genpool darstellen.[4]

Die höheren Gebirgs- und subalpinen Zonen sind durch Steppen, Macchia und die Persische Eiche charakterisiert. Alpine Tundra und Weiden befinden sich in den höchsten Erhebungen.

Fauna[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einst lebte hier der heute ausgerottete Kaspische Tiger (Panthera tigris virgata). Weitere heute noch existierende größere Säugetiere sind der Persische Leopard (Panthera pardus saxicolor = ciscaucasica), der Eurasische Luchs (Lynx lynx), der Braunbär (Ursus arctos), das Wildschwein (Sus scrofa), der Wolf (Canis lupus), der Goldschakal (Canis aureus), die Rohrkatze (Felis chaus), der Transkausische Dachs (Meles canescens), der Rothirsch und der Fischotter (Lutra lutra).[2] Noch im Mittelalter lebte dort wohl auch der Bergwisent.[5] Das Ökogebiet ist außerdem ein wichtiger Rastplatz für Zugvögel zwischen Russland und Afrika. Es bildet ein Schlüsselhabitat für viele Vogelarten. Zu den hervorstehenden Tierarten gehören die Graugans (Anser anser), die Blässgans (Anser albifrons), die Zwergtrappe (Tetrax tetrax), der Braune Sichler (Plegadis falcinellus), der Löffler (Platalea leucorodia), der Nachtreiher (Nycticorax nycticorax), die Rothalsgans (Branta ruficollis), der Wanderfalke (Falco peregrinus), der Krauskopfpelikan (Pelecanus crispus), der Kuhreiher (Bubulcus ibis), der Rallenreiher (Ardeola ralloides), der Rosaflamingo (Phoenicopterus roseus) und die Weißkopfruderente (Oxyura leucocephala)[2].

Naturschutzgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Naturschutzgebiete in Aserbaidschan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gizil-Agach-Staatsreservat – 15,53 km² (WDPA ID 555549403)[6]
  • Hirkan-Nationalpark – 403,58 km² (WDPA ID 313470)[7]

Naturschutzgebiete im Iran[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Golestan-Nationalpark – 885,76 km² (WDPA ID 706)[8]
  • Jahannama-Naturschutzgebiet – 384,03 km² (WDPA ID 17105)[9]
  • Alborz-Naturschutzgebiet – 134 km²
  • Lisar-Naturschutzgebiet – 310,44 km²[10] (WDPA ID 17112)
  • Siah-Keshim-Naturschutzgebiet – 416 km²
  • Dodangeh-Naturschutzgebiet
  • Miankaleh-Naturschutzgebiet – 376 km²
  • Selkeh-Naturschutzgebiet
  • Dashtenaz-Naturschutzgebiet – 56 km²
  • Findiqliq Nationalpark – 24 km²
  • Gasht-Rodkan Naturschutzgebiet – 574 km²
  • Javaherdasht Naturschutzgebiet – 266 km²
  • Beles Kuh Naturschutzgebiet – 135 km²
  • Vaz Naturschutzgebiet – 152 km²
  • Do Dangeh und Boola Naturschutzgebiet – 430 km²

Weltnaturerbe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Fläche von sieben Prozent der hyrkanischen Wälder im Iran wurde im Jahr 2019 von der UNESCO unter dem Titel „Hyrkanische Wälder“ als Stätte des Weltnaturerbes in die Liste des Welterbes aufgenommen. Als Grund für die Aufnahme als Weltnaturerbe nennt die UNESCO die hohe Biodiversität. In der Region kommen aufgrund ihrer verhältnismäßig starken räumlichen Isolation eine große Zahl endemischer, bedrohter oder woanders bereits ausgestorbener Tier- und Pflanzenarten vor.[11]

2023 gab es eine Erweiterung um zwei Gebiete im aserbaidschanischen Hirkan-Nationalpark.

Die Welterbestätte umfasst 17 Gebiete, welche über fünf Provinzen bzw. Rayons verteilt sind. Laut UNESCO sind diese Regionen repräsentativ für die unterschiedlichen Charakteristika der hyrkanischen Region und des Ökosystems der hyrkanischen Wälder. Die 17 Gebiete sind die folgenden:[11]

f1 Karte mit allen Koordinaten der Welterbebestandteile: OSM

ID Name und Ort Land (Provinz/Rayon) Koordinaten Fläche Pufferzone
1584bis-001 Golestan (Nord) Iran (Golestan) 37° 25′ 17″ N, 55° 43′ 27″ O 17.873,18 ha 64.300,77 ha
1584bis-002 Golestan (Süd) Iran (Golestan) 37° 20′ 26″ N, 55° 43′ 32″ O 10.658,08 ha
1584bis-003 Abr (Ost) Iran (Golestan) 36° 48′ 45″ N, 54° 56′ 42″ O 6.672,52 ha 23.323,35 ha
1584bis-004 Abr (West) Iran (Golestan) 36° 48′ 57″ N, 55° 6′ 3″ O 10.991,08 ha
1584bis-005 Jahan Nama Iran (Golestan) 36° 39′ 55″ N, 54° 24′ 6″ O 11.339,73 ha 26.862,83 ha
1584bis-006 Boola Iran (Mazandaran) 36° 5′ 56″ N, 53° 23′ 38″ O 17.516,47 ha 12.344,21 ha
1584bis-007 Alimestan Iran (Mazandaran) 36° 10′ 25″ N, 52° 24′ 14″ O 394,30 ha 845,98 ha
1584bis-008 Vaz (Ost) Iran (Mazandaran) 36° 16′ 45″ N, 52° 7′ 30″ O 2.218,16 ha 3.720,15 ha
1584bis-009 Vaz (West) Iran (Mazandaran) 36° 18′ 27″ N, 52° 3′ 40″ O 4.692,37 ha
1584bis-010 Kojoor Iran (Mazandaran) 36° 32′ 46″ N, 51° 40′ 4″ O 14.891,80 ha 9.628,50 ha
1584bis-011 Chahar-Bagh Iran (Mazandaran) 36° 15′ 31″ N, 51° 13′ 2″ O 6.886,44 ha 2.663,80 ha
1584bis-012 Khoshk-e-Daran Iran (Mazandaran) 36° 43′ 38″ N, 51° 3′ 50″ O 214,47 ha 39,08 ha
1584bis-013 Siahroud-e-Roudbar Iran (Gilan) 36° 53′ 59″ N, 49° 40′ 19″ O 11.197,40 ha 15.897,40 ha
1584bis-014 Gast Roudkhan Iran (Gilan) 37° 3′ 56″ N, 49° 9′ 10″ O 10.541,13 ha 16.015,37 ha
1584bis-015 Lisar Iran (Gilan) 37° 56′ 8″ N, 48° 49′ 56″ O 3.397,61 ha 1.487,35 ha
1584bis-016 Dangyaband Aserbaidschan (Lənkəran) 38° 45′ 16″ N, 48° 40′ 57″ O 2.703,00 ha 20.670,00 ha
1584bis-017 İstisuchay-Tal Aserbaidschan (Astara) 38° 27′ 18″ N, 48° 40′ 45″ O 12.817,00 ha 21.632,00 ha

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Caspian Hyrcanian mixed forests – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. UNESCO World Heritage Centre: Hyrcanian Forests. Abgerufen am 18. September 2023 (englisch).
  2. a b c Caspian Hyrcanian mixed forests (PA0407). World Wildlife Fund, abgerufen am 7. Januar 2011 (englisch).
  3. Ornamental plants from Azerbaijan. Missouri Botanical Garden, abgerufen am 7. Januar 2011 (englisch).
  4. Wilhelm Bode, H. D. Knapp (Hrsg.): Schutz der Biologischen Vielfalt und integriertes Management der Kaspischen Wälder (Nordiran). Bundesamt für Naturschutz, Bonn-Bad Godesberg 2005, ISBN 3-7843-3912-3 (Naturschutz und Biologische Vielfalt, 12; zweisprachig Deutsch/Farsi)
  5. V. G. Heptner, A. A. Nasimovich, A. G. Bannikov: Mammals of the Soviet Union (Mlekopitayushchie Sovetskogo Soyuza). English edition. Volume 1: Artiodactyla and Perissodactyla. Smithsonian Institution Libraries and The National Science Foundation, Washington, D.C. 1988 (übersetzt für die Smithsonian Institution von P. M. Rao, zuerst erschienen bei Vysshaya Shkola Publishers, Moscow 1961), S. 557–599.
  6. Protected Planet | Hirkan State Nature Reserve. Abgerufen am 12. Januar 2023.
  7. Protected Planet | Hirkan National Park. Abgerufen am 12. Januar 2023.
  8. Protected Planet | Golestan (Mohammad Reza Shah). Abgerufen am 12. Januar 2023.
  9. Protected Planet | Jahannama. Abgerufen am 12. Januar 2023.
  10. Protected Planet | Lisar. Abgerufen am 12. Januar 2023.
  11. a b Hyrcanian Forests: Multiple locations (17). UNESCO-Webseite, abgerufen am 24. September 2023 (englisch).