Ludwig Flocken

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Ludwig Lothar Erich Flocken (geb. Schulz; * 11. April 1961 in Solingen) ist ein deutscher Politiker (ehemals AfD).[1] Von 2015 bis 2020 war er Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft.[2] Im Februar 2016 trat er aus der AfD-Fraktion aus und war von diesem Zeitpunkt an fraktionslos. Im Januar 2018 wurde er vom Bundesschiedsgericht der AfD aus der Partei ausgeschlossen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Flocken wuchs in Solingen als Sohn der Handelslehrer Lothar und Maria Schulz auf. Von 1980 bis 1981 studierte Flocken zunächst Mathematik in Bonn, studierte dann aber ab 1982 in Münster, Lübeck und Bergen (Norwegen) Humanmedizin. Die Zulassung als Arzt erfolgte 1988. Zwischen 1988 und 1996[3] arbeitete Flocken unter anderem in Gloucester, Neath, Edinburgh und Dortmund. Seit 1996 ist Flocken Facharzt für Orthopädie. Seit 1998 betreibt er eine Privatpraxis in Bergedorf mit den Schwerpunkten Akupunktur und Chirotherapie. Flocken ließ seine Patienten selbst bestimmen, wie viel sie für die Behandlung bezahlen wollen (Pay What You Want); zudem verpflichtete er seine Patienten zu einer Spende an einen gemeinnützigen Verein, falls sie einen vereinbarten Termin nicht wahrnahmen. Die Hamburger Ärztekammer strengte ein Verfahren an, in dem 2009 festgestellt wurde, dass diese Geschäftsbedingungen nicht mit der Gebührenordnung für Ärzte vereinbar sind.[4][5]

Flocken ist seit 1989 mit einer Musiklehrerin verheiratet und hat fünf Kinder.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Flocken wurde bei der Bürgerschaftswahl 2015 durch 1829 Personenstimmen über die AfD-Landesliste in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt.[6][7] Dort war er Mitglied im Familien-, Kinder- und Jugendausschuss und im Gesundheitsausschuss.[8]

Im März 2015 unterzeichnete Flocken die von Björn Höcke und André Poggenburg initiierte Erfurter Resolution, in der eine konservativere Ausrichtung der Partei gefordert wurde.[9]

Flocken hat im Oktober 2015 an einer Reise nach Dnipropetrovsk, Ukraine teilgenommen. Die von Manuel Ochsenreiter, einem Vertreter der Neuen Rechten, organisierten Reisen werden als Wahlbeobachtungsmissionen bezeichnet und stehen der offiziellen Wahlbeobachtung durch die OSZE gegenüber.[10]

Im Februar 2016 trat er aus der AfD-Fraktion aus und ist seitdem fraktionsloser Abgeordneter. Laut dem Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Bürgerschaftsfraktion Alexander Wolf ist er damit einem Ausschlussverfahren zuvorgekommen. Medienberichten zufolge führten unabgesprochene Kleine Anfragen an den Senat, deren Inhalt von den anderen Fraktionsmitgliedern als fremdenfeindlich bewertet wurde, und seine Teilnahmen an Pegida-Demonstrationen zu dem Zerwürfnis.[11][12] So bezeichnete er beispielsweise in einer Kleinen Anfrage zu den sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015/16 Flüchtlinge als „Angehörige verschiedener nach Deutschland eingedrungener Ethnien“ und bewertete die Vorfälle als „Ausdruck der islamischen Verachtung für den Westen und moderne Frauen“.[13]

Am 27. April 2016 schloss ihn Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) wegen einer „gröblichen Verletzung der Ordnung des Hauses“[14] von der Bürgerschaftssitzung aus. Zunächst wurde er wegen der Aussage „Lassen Sie uns keinen Respekt zeigen vor Intoleranz, Drohungen und Brutalität, keinen Respekt vor einem absurden Ausmaß an Frauenverachtung, vor Menschen, die ihre Frauen genital verstümmeln, als Müllsäcke verkleiden, vergewaltigen und die Vergewaltigten noch bestrafen und ermorden.“[14] ermahnt, und anschließend „Lassen Sie uns keinen Respekt zeigen vor Menschen, die sich von Gottesgelehrten belehren lassen, wie sie ihre Frauen zu schlagen und ihre Babys sexuell zu missbrauchen haben.“[14] Nach einem Ordnungsruf sagte er, er hoffe „inständig, dass diese gottverdammte – wie ihr sagt – Religion in die Wüste zurückkehrt, aus der sie gekommen ist“[14], weswegen die Bürgerschaftspräsidentin ihn anschließend auf Empfehlung des Ältestenrates von der Sitzung ausschloss.[15] Dies war der erste Ausschluss eines Bürgerschaftsabgeordneten seit 23 Jahren.[16] Am 11. Mai 2016 legte Flocken per E-Mail Widerspruch gegen den Ausschluss ein. In der folgenden Sitzung der Bürgerschaft wurde diesem einstimmig nicht stattgegeben.[17]

Am 1. März 2017 schloss ihn Veit abermals von der Sitzung aus.[18] Flocken unterstellte André Trepoll „Deutschenhass“ und hatte Merkels Gesichtsausdruck beim schnellen Weggeben einer Deutschlandfahne als „Ekel“ beschrieben sowie einen Vorgang aus dem Jahr 2008 in Erinnerung gerufen, als drei Teilnehmer des 30. Bundeskongresses der Grünen Jugend so taten, als würden sie auf eine Deutschlandfahne urinieren. Besonders die wiederholt unangemessene Wortwahl wurde von Veit gerügt.[19]

Flocken strebte die Aufstellung für die Direktkandidatur der AfD im Bundestagswahlkreis Hamburg-Bergedorf – Harburg für die Bundestagswahl 2017 an, unterlag jedoch im März 2017 dem Harburger Bezirksabgeordneten Peter Lorkowski.[20]

Am 17. Januar 2018 wurde das Urteil des Bundesschiedsgerichts zum sofortigen Ausschluss Flockens aus der AfD bekannt.[1] Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 22. Januar 2019 eine gegen das Urteil des Bundesschiedsgerichts gerichtete Klage abgewiesen (GeschZ: 55 O 44/18). Gegen das Urteil des Landgerichts Berlin ist Berufung beim Kammergericht eingelegt worden, über die noch nicht entschieden ist.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Ludwig Flocken ist mit sofortiger Wirkung aus der AfD ausgeschlossen / Wolf: „Flocken hat Fraktion und Partei geschadet“ | AfD-Fraktion Hamburg. Abgerufen am 17. Januar 2018 (deutsch).
  2. Vorläufiges Ergebnis der Bürgerschaftswahl 2020: Gewählte Abgeordnete der 22. Hamburgischen Bürgerschaft. (PDF) Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein - Anstalt des öffentlichen Rechts - (Statistikamt Nord)., 24. Februar 2020, abgerufen am 10. März 2020.
  3. Sicherheitskontrolle erforderlich. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 2. August 2017; abgerufen am 1. August 2017.
  4. Basna Bethzero, Vanessa Seifert: Arzt kassiert nach Gefühl. In: Hamburger Abendblatt. 27. November 2007, abgerufen am 23. Februar 2015.
  5. Uta Gensichen: Gericht rügt unorthodoxen Orthopäden. In: Die Tageszeitung. 27. Februar 2009, abgerufen am 23. Februar 2015.
  6. Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 in Hamburg. In: wahlrecht.de. 16. Februar 2015, abgerufen am 23. Februar 2015.
  7. Endergebnis der Bürgerschaftswahl am 15. Februar 2015 (PDF, S. 3) auf den Seiten des Statistikamtes Nord, abgerufen am 22. März 2015.
  8. Abgeordnetenprofil von Dr. Ludwig Flocken@1@2Vorlage:Toter Link/www.hamburgische-buergerschaft.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. hamburgische-buergerschaft.de
  9. AfDler schert rechts aus taz.de, 31. März 2015
  10. Wie sich AfD-Abgeordnete in die Dienste des Kremls stellen. Abgerufen am 29. August 2017.
  11. Zu rechts für die AfD? Abgeordneter Flocken tritt aus Fraktion aus. sh:z, 10. Februar 2016, abgerufen am 11. Februar 2016.
  12. Marco Carini: Nockemann bald allein Zuhaus. taz, 10. Februar 2016, abgerufen am 11. Februar 2016.
  13. Drucksache 21/2811: Schriftliche kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Ludwig Flocken: Rassistische Ausschreitungen der Silvesternacht in Hamburg und Antwort des Senats, (PDF, 15,5 kB), abgerufen am 10. Februar 2016
  14. a b c d Plenarprotokoll 31. Sitzung der Bürgerschaft, Drucksache 21/31 vom 27. April 2016, S. 2088ff, abgerufen am 26. Juni 2017
  15. Rauswurf: Das sagte AfD-Mann Flocken bei seiner Rede abendblatt.de, 27. April 2016
  16. Bürgerschaft schließt Redner aus. In: ndr.de. 27. April 2016, abgerufen am 27. April 2016.
  17. Vorgang zu DS 21/44/21. Hamburgische Bürgerschaft, abgerufen am 24. Mai 2016.
  18. Hamburger-AfD-Politiker-fliegt-aus-Buergerschaftssitzung. In: welt.de. 1. März 2017, abgerufen am 3. März 2017.
  19. Pulleralarm bei den Grünen, Spiegel online vom 5. Juni 2008, abgerufen am 26. Juni 2017.
  20. André Zand-Vakili: AfD hat ihren Direktkandidaten für die Bundestagswahl. In: harburg-aktuell.de. 21. März 2017, abgerufen am 22. Juli 2017.